Bundesministerium der Finanzen
Bekanntmachung
der Begründung
zur Steuerbeamtenausbildungs- und -prüfungsordnung
Nachstehend wird die Begründung zur Steuerbeamtenausbildungs- und -prüfungsordnung (StBAPO) vom 26. Oktober 2022 (BGBl. I S. 1909) bekannt gegeben (Anlage).
Bundesministerium der Finanzen
Im Auftrag
Pedack
A. Allgemeiner Teil
I. Zielsetzung und Notwendigkeit der Regelungen
Um die Möglichkeiten der Digitalisierung in der beruflichen Ausbildung besser nutzen und die Herausforderungen des Veränderungsprozesses aktiv gestalten zu können, bedarf es einer Anpassung der rechtlichen Rahmenbedingungen für die Vorbereitungsdienste der Steuerbeamtinnen und Steuerbeamten der Länder. Der Einsatz digitaler Formate in den Bildungseinrichtungen hat sich nicht zuletzt im Rahmen der COVID-19-Pandemie bewährt und soll fortgesetzt und erweitert werden. Darüber hinaus wird die Möglichkeit eingeräumt, zusätzliche und auch digitale Formate bei der Durchführung von Prüfungen einzusetzen. Die Neuausrichtung wird zugleich zum Anlass genommen, die bisherigen Regelungen der Steuerbeamtenausbildungs- und -prüfungsordnung grundlegend neu zu strukturieren und die Vorschriften insgesamt zu überarbeiten.
II. Wesentlicher Inhalt des Entwurfs
Das Regelungswerk wird grundlegend überarbeitet, um künftig digitale Möglichkeiten in der Ausbildung, in der Organisation des Ausbildungsablaufs und in den Prüfungsverfahren noch besser nutzen zu können. Die Erfahrungen aus der COVID-19-Pandemie werden aufgegriffen und der Einsatz bewährter digitaler Lehrformate wird dauerhaft in der Ausbildung verankert. Die Wahl der Lehrveranstaltungsform richtet sich dabei weiterhin nach den Ausbildungszielen. Zahlreiche Vorschriften ermöglichen zudem künftig einen elektronischen Verfahrensablauf. Dadurch können Prozesse insgesamt erleichtert und beschleunigt werden. Auch im Prüfungsverfahren werden digitale Optionen künftig zugelassen. Das Antwort-Wahl-Verfahren wird als Prüfungsform aufgenommen und inhaltlich ausgestaltet. Klausuren können zudem nunmehr elektronisch als sogenannte E-Klausuren durchgeführt werden. Dem elektronischen Leistungsnachweis steht dabei auch die Möglichkeit einer (rein) elektronischen Korrektur gegenüber. Es bleibt den obersten Finanzbehörden der Länder überlassen, ob und wie sie die neuen Möglichkeiten nutzen.
Inhaltlicher Änderungsbedarf wird darüber hinaus in mehreren Bereichen der Verordnung umgesetzt. Erstens wird ein einheitliches Bewertungssystem für die Leistungsnachweise der Auszubildenden und Studierenden eingeführt. Zweitens wird für die Durchführung der Laufbahnprüfung im gehobenen Steuerverwaltungsdienst die Mindestanzahl der zu bestellenden Beisitzerinnen und Beisitzer des Prüfungsausschusses von drei auf zwei Mitglieder verringert und damit dem Prüfungsausschuss in der Laufbahn des mittleren Steuerverwaltungsdienstes angepasst. Damit können Verfahren bei zahlenmäßig großen Einstellungsjahrgängen organisatorisch einfacher durchführt werden. Drittens wird die Wiederholungsfrist für die Zwischenprüfung im gehobenen Steuerverwaltungsdienst von drei auf sieben Monate verlängert. Das erleichtert eine Terminierung der Wiederholungsprüfungen im Zusammenhang mit nachfolgenden Einstellungsjahrgängen. Viertens wird zudem die Möglichkeit eröffnet, in den Laufbahnprüfungen Kombinationsklausuren aus verschiedenen Prüfungsfächern zu stellen. Das ermöglicht eine flexiblere Zusammenstellung der Prüfungsfächer. Fünftens wird die Durchführung der berufspraktischen Einweisung in die Laufbahn des höheren Steuerverwaltungsdienstes angepasst, um eine größere Flexibilität für die Durchführung der Stationen im Einweisungsjahr zu schaffen.
Die neue Struktur der Steuerbeamtenausbildungs- und -prüfungsordnung schafft eine größere Übersichtlichkeit des Regelungswerks. Aufgrund der Parallelen im Vorbereitungsdienst für den mittleren sowie gehobenen Steuerverwaltungsdienst wurden inhaltsgleiche Vorschriften für beide Laufbahnen ähnlich einem „Allgemeinen Teil“ zusammengefasst sowie der Aufbau innerhalb der Vorschriften des jeweiligen Vorbereitungsdienstes einander angeglichen. Alle Vorschriften werden inhaltlich stärker entsprechend ihres Regelungszusammenhangs aufgegliedert. Darüber hinaus wurden zahlreiche redaktionelle Änderungen vorgenommen.
Die vorliegende Verordnung gilt für alle Beamtinnen und Beamten, die ihre Ausbildung, ihr Studium, ihre Einführung oder ihren Aufstieg nach Inkrafttreten dieser Verordnung beginnen. Eine Verkleinerung der Prüfungsausschüsse in der Laufbahnprüfung des gehobenen Steuerverwaltungsdienstes ist mit Inkrafttreten der Verordnung in allen noch nicht begonnenen Prüfungsverfahren möglich.
III. Alternativen
Keine.
IV. Regelungskompetenz
Die Zuständigkeit des Bundesministeriums der Finanzen zum Erlass dieser Änderungsverordnung folgt aus § 8 des Steuerbeamten-Ausbildungsgesetzes (StBAG).
V. Vereinbarkeit mit dem Recht der Europäischen Union und völkerrechtlichen Verträgen
Die Verordnung ist mit dem Recht der Europäischen Union und dem Völkerrecht vereinbar.
VI. Regelungsfolgen
- 1.
-
Rechts- und VerwaltungsvereinfachungDie Verordnung ist inhaltlich klarer nach Sachzusammenhängen gegliedert. Damit ist eine Rechtsvereinfachung verbunden. Aufgrund der nunmehr zulässigen elektronischen Verwaltungsabläufe wird den Ländern zudem ermöglicht, weitere Verwaltungsvereinfachungen in der Ausbildungsorganisation und Prüfungsdurchführung vorzunehmen.
- 2.
-
NachhaltigkeitsaspekteDas Regelungsvorhaben steht im Einklang mit den Leitprinzipien 1, 5 und 6 der Deutschen Nachhaltigkeitsstrategie der Bundesregierung zu den Punkten der nachhaltigen Entwicklung, sozialem Zusammenhalt und Bildung als Treiber einer nachhaltigen Entwicklung. Die Steuerbeamtenausbildungs- und -prüfungsordnung greift Entwicklungen der Digitalisierung auf und trägt durch die Möglichkeit zum dezentralen Lehren und Lernen zu einer Steigerung der Lebensqualität von Auszubildenden, Studierenden und Lehrenden bei und fördert zugleich ihre digitalen Kompetenzen. Die Digitalisierung von Verwaltungsabläufen in der Ausbildungsdurchführung schafft zugleich Chancen für technologische Innovation und persönliche Weiterbildung. Durch die Möglichkeit neuer Lehr- und Prüfungsformen ermöglicht sie außerdem interdisziplinäre Ansätze und trägt zur Stärkung des Bildungsstandortes Deutschland bei. Durch die Festlegung verbindlicher (Mindest-)Erfordernisse für die Ausbildung durch die Länder werden regional gleichwertige Lebensverhältnisse gesichert. Darüber hinaus wird durch die stetige Fortentwicklung der Steuerbeamtenausbildungs- und -prüfungsordnung ein Beitrag zu einer gleichmäßigen Besteuerung und zur Sicherung des Steueraufkommens geleistet. Dies stellt zugleich eine der Grundlagen der Sicherung eines funktionierenden Staates mit starken Institutionen dar und trägt dazu bei, Deutschlands internationale Verantwortung in einer global auch im steuerlichen Bereich immer stärker vernetzten Welt wahrzunehmen. Insofern begegnet das Regelungsvorhaben auch im Hinblick auf die Sustainable Development Goals (SDGs) 3 (Gesundheit und Wohlergehen), 4 (Hochwertige Bildung), 8 (Menschenwürdige Arbeit und Wirtschaftswachstum) und 16 (Frieden, Gerechtigkeit und starke Institutionen) der Vereinten Nationen keinen Bedenken.
- 3.
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Haushaltsausgaben ohne ErfüllungsaufwandDas Entstehen von Haushaltsausgaben in den Ländern ist davon abhängig, ob und in welcher Form die Länder von den eröffneten Möglichkeiten zur Digitalisierung der Ausbildung und der Prüfung Gebrauch machen. Die Eröffnung dieser Optionen in der Verordnung verursacht keine Haushaltsausgaben.
- 4.
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ErfüllungsaufwandFür Bürgerinnen und Bürger sowie für die Wirtschaft entsteht kein Erfüllungsaufwand. Insbesondere werden für die Wirtschaft keine Informationspflichten neu eingeführt, geändert oder aufgehoben. Die „One-in/one-out“-Regelung der Bundesregierung findet keine Anwendung.Ob in den Bildungseinrichtungen der Länder Erfüllungsaufwand entsteht, hängt davon ab, ob und in welcher Form die Länder von den Möglichkeiten zur Digitalisierung der Ausbildung und der Prüfung Gebrauch machen. Die Eröffnung dieser Optionen in der Verordnung verursacht keinen Erfüllungsaufwand.
- 5.
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Weitere KostenDie Wirtschaft und insbesondere die mittelständischen Unternehmen sind von den Regelungen nicht betroffen. Auswirkungen auf Einzelpreise und das Preisniveau, vor allem das Verbraucherpreisniveau, sind nicht zu erwarten.
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Weitere RegelungsfolgenGleichstellungspolitische Auswirkungen sind nicht zu erwarten. Frauen und Männer sind in gleicher Weise betroffen. Auch eine mittelbare geschlechterbezogene Benachteiligung liegt nicht vor.
VII. Befristung; Evaluierung
Die Verordnung gilt unbefristet. Eine förmliche Evaluation ist nicht vorgesehen.
Der nunmehr in den §§ 86 ff. normierte Bund-Länder-Koordinierungsausschuss prüft fortlaufend die Auswirkungen der Ausbildungs- und Prüfungsinhalte auf die angestrebten Ziele. Eine Anpassung einzelner Vorschriften erfolgt nach Feststellung entsprechenden Bedarfs daher kontinuierlich.
B. Besonderer Teil
Zu § 1 (Gegenstand der Verordnung)
Im Gegensatz zu herkömmlichen Vorbereitungsdienstverordnungen ist der Regelungsgegenstand der Steuerbeamtenausbildungs- und -prüfungsordnung deutlich weiter. Wichtigster Unterschied ist die Regelung von einfachem, mittlerem und gehobenem Steuerverwaltungsdienst in einer gemeinsamen Verordnung, mithin also einer gemeinsamen Regelung dreier verschiedener Laufbahnen, wobei die jeweiligen Besonderheiten in ihren eigenen Regelungsteilen gesondert erfasst werden. Bei der vorliegenden Neustrukturierung der Steuerbeamtenausbildungs- und -prüfungsordnung hatte sich erneut gezeigt, dass die Ausbildung des mittleren wie gehobenen Steuerverwaltungsdienstes trotz zwangsläufiger Unterschiede auch erhebliche Überschneidungen aufweist, so dass eine Zweiteilung der Steuerbeamtenausbildungs- und -prüfungsordnung auch vor dem Hintergrund der Regelungen zum Aufstieg in die nächsthöhere Laufbahn (einschließlich des höheren Steuerverwaltungsdienstes) nicht sachgerecht erschien. Aufgrund der engen Verzahnung der einzelnen Laufbahnen finden sich in der Steuerbeamtenausbildungs- und -prüfungsordnung zudem Vorschriften für die Tätigkeit des Koordinierungsausschusses, dem durch seine umfassende Einbindung in die konkrete Ausgestaltung der Ausbildung und Einführung der Nachwuchskräfte eine tragende Rolle zukommt.
Zu den §§ 2 (Inhalt und Ziel) bis 4 (Verlängerung des Vorbereitungsdienstes)
Die Regelungen zum Vorbereitungsdienst für den einfachen Steuerverwaltungsdienst entsprechen inhaltlich im Wesentlichen der Regelung in § 13 der durch diese Verordnung abgelösten Steuerbeamtenausbildungs- und -prüfungsordnung. Die Vorschrift wurde jedoch klarer gegliedert und Verweisketten wurden aufgelöst.
Zu § 5 (Ziele der Vorbereitungsdienste)
Die im Rahmen der Vorbereitungsdienste zu erwerbende Berufsbefähigung umfasst bisher insbesondere die erforderlichen Fachkenntnisse und berufspraktischen Fähigkeiten, angemessene methodische und soziale Kompetenzen sowie Verständnis für wirtschaftliche und internationale Zusammenarbeit. In einer zunehmend von den technischen Möglichkeiten der Digitalisierung bestimmten modernen Arbeitswelt gehören zur Berufsbefähigung in immer stärkerem Maße auch digitale Kompetenzen.
Als Querschnittkompetenzen können digitale Kompetenzen jedoch einer Vielzahl von Kompetenzfeldern zugeordnet werden. Auch ohne eine explizite Benennung im Zielekatalog der Ausbildung ist eine Einbeziehung der digitalen Kompetenzen in alle Unterrichtsfächer und eine Ausweitung oder Vertiefung der digitalen Grundkenntnisse sowohl von Auszubildenden beziehungsweise Studierenden wie auch von Lehrenden anzustreben. Beamtinnen und Beamte müssen konsequent und sicher mit den sich stetig ändernden Anwendungen umgehen können (Methodik) und sich effizient und selbstbewusst im digitalen Raum bewegen können (Sozial). Hierzu gehört auch, die eigenen Kompetenzen auf die wechselnden Berufsphasen eigenverantwortlich anzupassen. Entsprechend des Europäischen Referenzrahmens für digitale Kompetenzen stehen dabei fünf Felder im Fokus, die auch während der Ausbildung der Beamtinnen und Beamten gelernt und geübt werden müssen: der Umgang mit Informationen und Daten, die Kommunikation und Zusammenarbeit, das Erzeugen digitaler Inhalte, schließlich Sicherheit sowie Problemlösungsfähigkeit.
Zu § 6 (Gliederung der Vorbereitungsdienste)
Die Ausbildung der Beamtinnen und Beamten an den Bildungseinrichtungen und an den Ausbildungsfinanzämtern schließt nicht aus, dass sie im Rahmen der jeweiligen tatsächlichen Gegebenheiten unbeschadet der nachfolgenden Regelungen der vorliegenden Steuerbeamtenausbildungs- und -prüfungsordnung sowohl in Präsenz als auch mithilfe digitaler Formate an einem anderen Ort als der Bildungseinrichtung oder dem Ausbildungsfinanzamt ausgebildet werden können.
Zugleich ist es nicht ausgeschlossen, die Beamtinnen und Beamten zu Ausbildungszwecken anderen Finanzämtern als den Ausbildungsfinanzämtern zuzuweisen, wenn das Ausbildungsgebiet nicht durch das Ausbildungsfinanzamt abgedeckt werden kann (beispielsweise die Ausbildung in Finanzämtern mit Zuständigkeit für die Betriebsprüfung, Steuerfahndung usw.).
Eine besondere Bedeutung kommt der Verpflichtung der Beamtinnen und Beamten zum Selbststudium in Satz 2 bei. Sie stellt zugleich eine Dienstpflicht dar. Im Selbststudium sind die Beamtinnen und Beamten dazu angehalten, sich die Ausbildungsinhalte eigenständig zu erarbeiten.
Zu § 7 (Ausbildungsakte und Einsichtnahme)
Der neugeschaffene § 7 orientiert sich an den üblichen Standards anderer Regelungen über Vorbereitungsdienste und fixiert erstmals die von den zuständigen Stellen ohnehin bereits gelebte Praxis zur Führung einer Ausbildungsakte in einer rechtlich verbindlichen Weise.
Die Aufbewahrungsfrist von mindestens fünf und höchstens zehn Jahren in Absatz 3 ist angelehnt an die Vorschriften zur Aufbewahrung von Personalakten von Beamtinnen und Beamten und soll einen etwaigen Bearbeitungsrückgriff gewährleisten. Die Vernichtung der Ausbildungsakte ist aufgrund datenschutzrechtlicher Vorschriften unumgänglich. Nach Ende der Aktenaufbewahrungsfrist ist die anschließende datenschutzkonforme Vernichtung durch die aktenführende Stelle sicherzustellen. Vorschriften über die Archivierung von Unterlagen bleiben von der Aufbewahrungsfrist unberührt.
Zu § 8 (Ausbildende)
Absatz 1 stellt lediglich Mindestvoraussetzungen hinsichtlich der Anzahl der Ausbildungsreferentinnen bzw. Ausbildungsreferenten auf. Die Oberfinanzdirektion bzw. die Landesfinanzbehörde, die die Aufgaben der Oberfinanzdirektion wahrnimmt, kann auch mehrere Ausbildungsreferentinnen bzw. Ausbildungsreferenten bestellen, wenn ausreichend Personalkapazitäten verfügbar sind. Die Ausbildungsreferentinnen bzw. Ausbildungsreferenten können in diesen Fällen beispielsweise nach Laufbahnen getrennt eingesetzt werden.
Der Begriff der Amtsleitung in Absatz 2 ersetzt die zuvor verwendete Bezeichnung der Vorsteherin oder des Vorstehers. Die Änderung dient einer einheitlichen Begriffsverwendung in der Finanzverwaltung (vgl. gleichlautende Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder zur Neufassung der Geschäftsordnung für die Finanzämter (FAGO 2020) vom 4. Dezember 2020).
Zudem stellt Absatz 2 nur Mindestvoraussetzungen hinsichtlich der Anzahl der Ausbildungsleiterinnen bzw. Ausbildungsleiter auf. Finanzämter, an denen ausreichend Personalkapazitäten verfügbar sind, können auch mehrere Ausbildungsleiterinnen bzw. Ausbildungsleiter bestellen.
Zu § 9 (Ausbildungsplan)
Der Ausbildungsplan kann der Beamtin oder dem Beamten nunmehr auch in digitaler Form zur Verfügung gestellt werden und muss nicht mehr in Papierform ausgehändigt werden.
Zu § 10 (Lehrende)
Die Ausbildung der Beamtinnen und Beamten soll zur Berufsbefähigung führen. Dies setzt voraus, dass alle für die Ausbildung Verantwortlichen – insbesondere die hauptamtlichen Lehrkräfte – den Berufsalltag ausreichend kennen. Nur so können die theoretischen Ausbildungs- bzw. Studienteile zielgerichtet gestaltet werden. Der verpflichtende Praxisaufenthalt in Absatz 5 Satz 2 ermöglicht, dass die Lehrinhalte an die Gegebenheiten der Praxis angepasst werden. Dadurch wird zudem gewährleistet, dass neue Entwicklungen in der Steuerverwaltung in die Ausbildungsinhalte der Bildungseinrichtungen einfließen. Die Verbindung von Theorie und Praxis kann auch durch den Einsatz von nebenamtlichen Gastdozentinnen und -dozenten aus den Finanzämtern geschaffen werden.
Die entsprechende Anwendung des Absatzes 5 auf hauptamtlich Lehrende an der Bundesfinanzakademie in Absatz 6 dient der Klarstellung und trägt dem Umstand Rechnung, dass für die Verwaltung von Steuern im Wesentlichen Landesfinanzbehörden zuständig sind. Der Praxisbezug der Lehrinhalte wird bei hauptamtlich Lehrenden an der Bundesfinanzakademie, die Beschäftigte des Bundes sind, durch entsprechende Praxisaufenthalte (z. B. Hospitation in einem Finanzamt) gesichert.
Zu § 11 (Ausbildungsarbeitsgemeinschaften, Gestaltungspläne)
Berücksichtigt werden sollen in der berufspraktischen Ausbildung nach Absatz 1 je nach Umsetzungsstand in den Ausbildungsstätten auch die Auswirkungen der Digitalisierung, beispielsweise der Umgang mit technisierten Arbeitsprozessen oder veränderten Aufbau- und Organisationseinheiten.
Neu aufgenommen wurde in Absatz 2 die Möglichkeit, Arbeitsgemeinschaften in digitaler und gegebenenfalls ortsunabhängiger Form, z. B. mittels Videotechnik, durchzuführen. Dies soll den Ausbildungsstätten ein größtmögliches Maß an Flexibilität bieten, insofern steht es im Ermessen der jeweiligen Ausbildungsstätte, Arbeitsgemeinschaften in digitaler Form durchzuführen. Gleichwohl ist sicherzustellen, dass der in Absatz 1 genannte Zweck auch bei einer Durchführung in digitaler Form gewahrt wird.
Zu § 12 (Bewertung der Leistungen)
§ 12 legt einen einheitlichen Bewertungsmaßstab für alle schriftlichen Leistungsnachweise fest. Die Einführung eines Leistungspunkte-Bewertungssystems, auf dessen Grundlage die Notenpunktzahlen festzulegen sind, ist auch die Voraussetzung für die Durchführbarkeit von Prüfungen im Antwort-Wahl-Verfahren nach den §§ 16 ff. Ein einheitliches Bewertungssystem soll den Bildungseinrichtungen die Gewährleistung eines gleichmäßigen Bewertungsmaßstabes erleichtern und so zu einer bundesweit gleichmäßigen Bewertung beitragen, ohne dabei das Beurteilungsermessen der Prüferinnen und Prüfer im jeweiligen Einzelfall einzuschränken.
Der bisher in der Steuerbeamtenausbildungs- und -prüfungsordnung verwendete Begriff der „Punktzahl“ wird nunmehr durch den der „Notenpunktzahl“ ersetzt, um eine bessere Abgrenzung zur „Leistungspunktzahl“ zu ermöglichen. Der Begriff der „Leistungspunktzahl“ bezeichnet die Summe der maximal erreichbaren Leistungspunkte des jeweiligen Leistungsnachweises. Der Begriff der „Leistungspunkte“ wiederum bezieht sich auf die individuelle Leistung der zu prüfenden Person.
Absatz 2 verdeutlicht, was sich bereits der Tabelle aus Absatz 1 entnehmen lässt. Die Notenpunktzahl 5 stellt die unterste Schwelle für das Erreichen der Note „ausreichend“ dar. Hierzu ist unumgänglich, dass die oder der Auszubildende bzw. Studierende wenigstens 50 Prozent der maximal erreichbaren Leistungspunkte erreicht.
Der Begriff der „Leistungstests“ in Absatz 2 Satz 2 ist weit zu verstehen und umfasst grundsätzlich alle denkbaren Formen des Leistungsnachweises außerhalb eines Prüfungsverfahrens (z. B. Referat, Präsentation, Projektarbeit, schriftlicher oder mündlicher Test). Speziellere Bewertungsmaßstäbe im Antwort-Wahl-Verfahren ergänzen § 12 (vgl. § 12 Absatz 5).
Der Verweis in Absatz 5 auf § 18 Absatz 1 und 2 dient der Klarstellung, dass bei Leistungsnachweisen im Antwort-Wahl-Verfahren ein spezifischerer Bewertungsmaßstab zu Grunde zu legen ist. § 18 Absatz 1 und 2 stellen damit Sonderregelungen zum einheitlichen Bewertungsmaßstab des § 12 dar.
Zu § 13 (Durchführung der Zwischenprüfung und der Laufbahnprüfung)
Die Berufung der Mitglieder der Prüfungsausschüsse sowie die Bestellung der oder des Vorsitzenden nach Absatz 3 sind formfrei möglich und können somit beispielsweise auch elektronisch erfolgen. Die zuständige Stelle entscheidet selbst, in welcher Form die Berufung der Mitglieder und die Bestellung der oder des Vorsitzenden erfolgt.
Die Zusammensetzung der Mitglieder des Prüfungsausschusses für den schriftlichen Teil der Laufbahnprüfung kann von der Zusammensetzung für den mündlichen Teil der Laufbahnprüfung abweichen; eine Personenidentität ist somit nicht zwingend.
Zu § 14 (Auswahl und Geheimhaltung der Prüfungsarbeiten)
Die bisherige Regelung, die Prüfungsarbeiten getrennt in versiegelten Umschlägen aufzubewahren und erst am Prüfungstag in Anwesenheit der Beamtinnen und Beamten zu öffnen, ist bei elektronisch durchgeführten Prüfungen nicht möglich. Durch die Neuregelung in Absatz 2 wird die Geheimhaltung und Trennung der Prüfungsarbeiten nach Prüfungsgebieten auch auf elektronische Prüfungsarbeiten erweitert. Dadurch soll ein chancengleicher Prüfungsablauf sichergestellt und die Kenntnis der Prüfungsarbeiten durch Beschäftigte auf das erforderliche Minimum reduziert werden. Die Regelung ist beschränkt auf Prüfungsarbeiten, d. h., dass Aufsichtsarbeiten von der Vorschrift grundsätzlich nicht erfasst werden.
Um eine unbefugte Kenntnisnahme nach Absatz 3 Satz 1 auszuschließen, ist es angezeigt, elektronische Prüfungsarbeiten als schreibgeschützte Dateien anzulegen, die sich in einem zugriffsbeschränkten Ordner befinden, der nur von berechtigten Personen genutzt werden kann.
Absatz 3 Satz 2 dient der Verdeutlichung; Geheimhaltungspflichten können sich bereits aus dem Dienst- oder Arbeitsverhältnis der Beschäftigten ergeben.
Zu § 15 (Bewertungsverfahren bei Prüfungsarbeiten)
Zu Absatz 1
§ 15 regelt Kriterien, die in eine Bewertung von Prüfungsarbeiten einfließen.
Neu aufgenommen wurde die Formulierung „in Abhängigkeit von“. Dies soll im Hinblick auf das in den §§ 16 ff. erstmals geregelte Antwort-Wahl-Verfahren zum Ausdruck bringen, dass bei der Bewertung von Prüfungsaufgaben im Antwort-Wahl-Verfahren andere Kriterien als die Richtigkeit der Entscheidung nicht greifen können.
Zu Absatz 2
Unbeschadet des jeder Prüferin und jedem Prüfer zustehenden Beurteilungsspielraums dürfen bei dem Einigungsversuch nach Satz 3 oder der Entscheidung durch den Prüfungsausschuss nach Satz 4 keine anderen als die in Absatz 1 genannten Bewertungsgrundsätze herangezogen werden.
Zu Absatz 3
Als ausreichende Entschuldigung können insbesondere Gründe gewertet werden, die im Rahmen des § 22 zu einem Nachholen der Prüfung oder zu einem Rücktritt von der Prüfung berechtigen würden.
Zu § 16 (Zulässigkeit des Antwort-Wahl-Verfahrens)
Erstmals wird in der Steuerbeamtenausbildungs- und -prüfungsordnung die Möglichkeit eines Antwort-Wahl-Verfahrens verankert. § 16 normiert die allgemeine Zulässigkeit des Antwort-Wahl-Verfahrens für sämtliche schriftlichen Leistungsnachweise, da die Vorschrift aufgrund ihrer Position im Verordnungstext sowohl für den Vorbereitungsdienst des mittleren als auch des gehobenen Steuerverwaltungsdienstes gilt. Mit der Einführung erhalten die Länder bzw. Bildungseinrichtungen eine größtmögliche Flexibilität bei der Erstellung der Aufgaben bzw. bei der Auswahl der Aufgabenarten, wobei den prüfungsrechtlichen Grundsätzen wie dem Fairnessgebot oder der Chancengleichheit bei der Konzeption des Antwort-Wahl-Verfahrens größtmögliche Bedeutung beigemessen wurde.
Die Aufnahme des Antwort-Wahl-Verfahrens bietet zahlreiche Vorteile:
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Es fördert das Training und die Überprüfung der Lesekompetenz und des Textverständnisses.
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Es ermöglicht durch eine sorgfältige Ausrichtung der Aufgaben auf Lernziele, Teilkompetenzen und Lernformen eine genaue Ermittlung der entsprechenden Ausprägung bei den Auszubildenden bzw. Studierenden.
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Die Auszubildenden bzw. Studierenden schulen ihr Verständnis für Bedeutungs- und Formulierungsnuancen umso mehr, je mehr sie sich über Fragestellungen und Begründungsvorgaben von richtigen und falschen Lösungen im Rahmen von vorbereitenden Arbeiten austauschen, was von grundlegender Bedeutung bei der Gesetzesanwendung ist.
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Aufgaben können im Antwort-Wahl-Verfahren hinsichtlich ihres Schwierigkeitsgrades trenngenau gestellt werden.
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Die grundsätzlich möglichen Zufalls- und Rateergebnisse können durch ergänzende Aufgaben reduziert bzw. ausgeschlossen werden.
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Es bietet die Möglichkeit der Leistungsüberprüfung in einem breiten Themenbereich.
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Es ermöglicht entweder digital oder online eine einfache und rationelle Durchführung und Auswertung.
Ob das Antwort-Wahl-Verfahren bei der Abnahme schriftlicher Leistungsnachweise eingesetzt werden soll, sowie ob etwaige schriftliche Leistungsnachweise ganz oder nur teilweise im Antwort-Wahl-Verfahren erbracht werden sollen, entscheidet die oberste Landesbehörde oder die von ihr bestimmte Stelle (§ 14) und bei sonstigen Leistungsnachweisen in der Ausbildung die jeweilige Bildungseinrichtung.
Die Vorschrift ermöglicht bei schriftlichen Leistungsnachweisen auch eine Teilung dahingehend, einen Teil im Antwort-Wahl-Verfahren und einen Teil beispielsweise als Langtextaufgabe abzufragen.
Zu § 17 (Ausgestaltung und Durchführung des Antwort-Wahl-Verfahrens)
In Absatz 1 sind verschiedene „vertypte“ Aufgabenvarianten für das Antwort-Wahl-Verfahren aufgezählt. Die zuständige Stelle entscheidet selbstständig, welche Aufgabenvariante sie im konkreten Leistungsnachweis anwenden möchte. Sie ist nicht an die aufgezählten Aufgabenvarianten gebunden (vgl. Absatz 5).
Bei Kprim-Aufgaben nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 3 handelt es sich um einen Multiple-Choice-Fragetyp mit vier Antwortoptionen, von denen mehrere richtig bzw. falsch sein können und bei der die Auszubildenden bzw. Studierenden bei jeder der vier Antwortoptionen entscheiden, ob sie richtig oder falsch ist.
Absatz 5 erfasst Fälle, die durch die in den Absätzen 2 bis 4 genannten Aufgabentypen noch nicht erfasst sind. Die zuständigen Stellen erhalten damit die Möglichkeit, je nach Aufgabe eine andere Abfrageart zu wählen, wenn sie ihnen geeigneter erscheint als die vorgenannten Aufgabentypen.
Zu § 18 (Bewertungen von Leistungen im Antwort-Wahl-Verfahren)
Zu Absatz 1 und 2
Die Bewertung von Antworten im Antwort-Wahl-Verfahren basiert auf folgenden Erwägungen:
- a)
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Absolute BestehensgrenzeDie absolute Bestehensgrenze wird bei 60 Prozent der erreichbaren Leistungspunkte festgelegt. Dies ist notwendig, weil Fallkonstellationen denkbar sind, in denen ein Bundesland zulässigerweise Aufgaben mit einer höheren Ratewahrscheinlichkeit verwendet (z. B. Einfach-Auswahlaufgaben).Eventuelle Bewertungshärten werden zusätzlich von der durch die Rechtsprechung geforderten relativen Bestehensgrenze (vgl. beispielhaft OVG Lüneburg, Urteil vom 14. November 2018, Az. 2 LB 50/17; OVG Bautzen, Beschluss vom 10. Oktober 2002, Az. 4 BS 328/02; OVG Münster, Beschluss vom 4. Oktober 2006, Az. 14 B 1035/06) abgefangen (siehe nachfolgend Buchstabe b). Die Festlegung einer absoluten Bestehensgrenze von 60 Prozent entspricht zudem den gleichlautenden Anforderungen in anderen Ausbildungsordnungen (vgl. beispielsweise § 42 Absatz 4 der Verordnung über den Vorbereitungsdienst für den gehobenen nichttechnischen Verwaltungsdienst des Bundes – Fachrichtung digitale Verwaltung und Cyber-Sicherheit vom 23. September 2020 und § 22 Absatz 5 der Verordnung über den Vorbereitungsdienst für den gehobenen nichttechnischen Dienst des Bundes in der Sozialversicherung vom 20. November 2014).
- b)
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Relative BestehensgrenzeDamit etwaige Bewertungshärten (z. B. zu hoher Schwierigkeitsgrad, Verteilung der erreichbaren Leistungspunkte hinsichtlich der unterschiedlichen Aufgaben) bei dem Antwort-Wahl-Verfahren abgefangen werden können, wird eine relative Bestehensgrenze normiert, welche von der Rechtsprechung auch gefordert wird (siehe vorhergehend Buchstabe a).
- aa)
-
Die relative Bestehensgrenze wird auf 22 Prozent unterhalb der durchschnittlichen Leistung festgelegt. Sie greift mathematisch in allen Konstellationen, in denen die durchschnittliche Leistung bei mehr als (50/78) 64,1 Prozent und weniger als (60/78) 76,9 Prozent liegt. Sie kommt also bei Anwendung eines 100-Punkte-Schemas (vgl. § 12 Absatz 1) in allen Konstellationen zur Anwendung, bei denen die durchschnittliche Leistung mehr als 64,1 und weniger als 76,9 Leistungspunkte beträgt. Bei der Ermittlung der relativen Bestehensgrenze wurden insgesamt rund 18 000 Prüfungsergebnisse (90 000 einzelne schriftliche Leistungen) der vergangenen Jahre mehrerer Bundesländer im mittleren Steuerverwaltungsdienst und im gehobenen Steuerverwaltungsdienst ausgewertet. Die Prüflinge haben im Durchschnitt etwa 64 Prozent der erreichbaren Leistungspunkte erreicht, was einer Notenpunktzahl (vgl. § 12 Absatz 1) von 8 entspricht. Die Erfüllung der Hälfte der gestellten Anforderungen (vgl. § 12 Absatz 2 Satz 1) entspricht demnach 78 Prozent von 64 Leistungspunkten. Es kann daher allgemein unterstellt werden, dass die Bestehensgrenze gemäß § 12 Absatz 2 Satz 1 um 22 Prozent unterhalb einer sogenannten durchschnittlichen Normalleistung liegt. Dieses Ergebnis entspricht den Erkenntnissen auch in anderen Bereichen. Auch andere Prüfungsordnungen setzen die relative Bestehensgrenze bei Antwort-Wahl-Aufgaben bei 22 Prozent unterhalb der durchschnittlichen Leistung an.
- bb)
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Für die Ermittlung der Mindestleistungspunktzahl und damit auch der relativen Bestehensgrenze wird auf die Ergebnisse aller Teilnehmerinnen und Teilnehmer des jeweiligen Termins abgestellt. So wird gewährleistet, dass die Eigenheiten (z. B. Schwierigkeitsgrad, Aufgabenlänge) einer jeden Aufgabe gesondert berücksichtigt werden. Für die Ablauforganisation in der Praxis bedeutet dies allerdings, dass bei einer manuellen Auswertung die Prüfer bzw. Lehrenden zunächst die Antwort-Wahl-Aufgaben auswerten und die Ergebnisse an die (Prüfungs-)Verwaltung zentral melden, damit auf Grundlage des Absatzes 1 das Ergebnis für den Aufgabenteil des Antwort-Wahl-Verfahrens ermittelt wird. Sofern die Bewertung elektronisch erfolgt, befinden sich diese Daten bereits bei der (Prüfungs-)Verwaltung. Der auf Grundlage dieser Ergebnisse ermittelte Durchschnitt muss dann umgehend den Prüfern bzw. Lehrenden bekanntgegeben werden, damit die Bildung einer Gesamtnote gemäß § 18 Absatz 3 erfolgen kann.
- cc)
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Falls sogenannte Nachschreiber vorkommen sollten, kann wie folgt verfahren werden:
- aaa)
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Sie bilden am jeweiligen Termin eine eigene Kohorte, weil sie eine eigene Aufgabe lösen. Die oben genannten Grenzen gelten auch hier. Bei zu schlechter durchschnittlicher Leistung, greift die Ankergrenze (siehe unten Buchstabe c).
- bbb)
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Bei Nachschreibern kann auch vom Antwort-Wahl-Aufgaben abgesehen werden, um die Abhängigkeitsproblematik hinsichtlich der durchschnittlichen Leistung wegen einer zu geringen Teilnehmerzahl zu vermeiden.
- dd)
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In Wiederholungsprüfungen gelten ebenfalls die oben genannten Grenzen. Zwar zeigt die statistische Auswertung der Prüfungsergebnisse der Bundesländer, dass die durchschnittlichen Prüfungsleistungen niedriger waren als bei den Erstprüfungen, die Personen, die den Leistungsnachweis wiederholen, werden jedoch nicht bevorteilt, weil auch bei ihnen die sogenannte Ankergrenze greift. In Einzelfällen kann bei Wiederholungsleistungen auf Antwort-Wahl-Aufgaben verzichtet werden, vgl. die Ausführungen zu den Nachschreibern.
- c)
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AnkergrenzeAus Gründen der Qualitätssicherung wird in § 18 Absatz 1 Satz 2 Nummer 2 eine sogenannte Ankergrenze festgelegt, die sicherstellen soll, dass die in § 12 Absatz 2 Satz 1 festgelegten Mindestanforderungen erreicht werden müssen. Sie soll verhindern, dass bei außergewöhnlich schlechten durchschnittlichen Leistungen einer Teilnehmergruppe in Folge der relativen Grenze besonders schwache Teilnehmerinnen und Teilnehmer den Leistungsnachweis bestehen, auch wenn diese die gestellten Anforderungen nicht mindestens zur Hälfte erfüllen. Dies ist z. B. dann denkbar, wenn in einem Bundesland eine Teilnehmergruppe besonders leistungsschwach ist, oder bei Wiederholungsprüfungen.Die Kombination aus absoluter, relativer und Ankergrenze gewährleistet die Erreichung eines gleichmäßigen Bewertungsmaßstabes und erfüllt damit die Anforderungen der Rechtsprechung (vgl. beispielhaft BVerwG Beschluss vom 27. August 1987, Az. 7 B 31.87; OVG Lüneburg, Urteil vom 14. November 2018, Az. 2 LB 50/17; OVG Magdeburg, Beschluss vom 30. März 2015, Az. 3 M 7/15). Durch die absolute Bestehensgrenze von 60 Prozent wird die Ratewahrscheinlichkeit unter Zugrundelegung statistischer Berechnungen berücksichtigt. Durch die relative Bestehensgrenze wird wiederum das Leistungsniveau einer Teilnehmergruppe unter gleichzeitiger Berücksichtigung der Eigenheiten der Aufgaben (z. B. Schwierigkeitsgrad und Aufgabenlänge) berücksichtigt. Die Ankergrenze dient der Qualitätssicherung und gleichzeitig der prüfungsrechtlichen Chancengleichheit. Im Zuge der Digitalisierung ist es bereits heute möglich, bei einer entsprechenden technischen Infrastruktur in den Bildungseinrichtungen, Aufgaben im Antwort-Wahl-Verfahren in elektronischer Form bereitzustellen und auch die Leistungsnachweise der Teilnehmerinnen und Teilnehmer direkt elektronisch zu erfassen und unmittelbar danach auszuwerten. Bei Leistungsnachweisen, die ganz oder teilweise im Antwort-Wahl-Verfahren elektronisch durchgeführt werden, ermöglicht die unmittelbare elektronische Auswertung der Leistungsüberprüfung zudem ein schnelles Feedback der Ergebnisse gegenüber den Teilnehmerinnen und Teilnehmern. Aus pädagogischen Gründen ist dies besonders wertvoll, da der aktuelle Leistungsstand unmittelbar nach Abschluss der Leistungsüberprüfung feststeht und die zu Tage getretenen Mängel von den Lehrkräften direkt mit den Betroffenen besprochen werden können.
- d)
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Verfahren zur Ermittlung der Notenpunktzahl bei Antwort-Wahl-Aufgaben(1) Berechnung der durchschnittlichen LeistungDie durchschnittliche Leistung wird aus den erreichten Leistungspunkten aller Teilnehmerinnen und Teilnehmer eines Termins berechnet. Hierzu werden die von den jeweiligen Teilnehmerinnen und Teilnehmern erreichten Leistungspunkte zunächst addiert und anschließend durch die Anzahl der Teilnehmerinnen und Teilnehmer dividiert.(2) Ermittlung der Bestehensgrenzen(2.1) Absolute BestehensgrenzeDie absolute Bestehensgrenze entspricht 60 Prozent der erreichbaren Leistungspunkte. Zur Ermittlung der absoluten Bestehensgrenze werden die im jeweiligen Termin erreichbaren Leistungspunkte mit dem Faktor 0,6 multipliziert.(2.2) Relative BestehensgrenzeDie relative Bestehensgrenze entspricht der um 22 Prozent geminderten durchschnittlichen Leistung. Zur Ermittlung der relativen Bestehensgrenze wird die in Nummer 1 ermittelte durchschnittliche Leistung aller Teilnehmerinnen und Teilnehmer mit dem Faktor 0,78 multipliziert.(2.3) AnkergrenzeDie Ankergrenze bildet die Untergrenze. Zur Ermittlung der Ankergrenze wird die erreichbare Leistungspunktzahl mit dem Faktor 0,5 multipliziert.(3) Ermittlung der Mindestleistungspunktzahl(3.1) Zunächst wird die absolute Bestehensgrenze mit der relativen Bestehensgrenze verglichen. Wird die absolute Bestehensgrenze von der relativen Bestehensgrenze nicht unterschritten, dann entspricht die Mindestleistungspunktzahl der absoluten Bestehensgrenze.(3.2) Unterschreitet die relative Bestehensgrenze im Einzelfall die absolute Bestehensgrenze, dann entspricht die Mindestleistungspunktzahl der relativen Bestehensgrenze. Die Mindestleistungspunktzahl muss mindestens der Ankergrenze entsprechen.(4) Ermittlung der Notenpunktzahl der einzelnen Teilnehmerin oder des einzelnen TeilnehmersNach Ermittlung der Mindestleistungspunktzahl müssen noch die einzelnen erreichten Leistungen der Teilnehmerinnen und Teilnehmer einer Notenpunktzahl zugeordnet werden. Hierbei werden folgende drei Fälle unterschieden:(4.1) Fälle, in denen die erreichte Leistungspunktzahl die Mindestleistungspunktzahl überschreitetIn diesen Fällen muss die Differenz zwischen der erreichten Leistungspunktzahl und der Mindestleistungspunktzahl ermittelt werden. Zusätzlich muss ermittelt werden, wie hoch die Differenz zwischen der erreichbaren Leistungspunktzahl und der Mindestleistungspunktzahl ist. Schließlich muss die zuerst ermittelte Größe durch die zweite Größe dividiert werden. Das Ergebnis wird in Prozent ausgedrückt. Diese Prozentzahl wird anhand der ersten Tabelle im § 18 Absatz 2 einer Notenpunktzahl zugeordnet.(4.2) Fälle, in denen die erreichte Leistungspunktzahl der Mindestleistungspunktzahl entsprichtIn diesen Fällen wird laut § 18 Absatz 1 Satz 1 die Notenpunktzahl 5 vergeben.(4.3) Fälle, in denen die erreichte Leistungspunktzahl die Mindestleistungspunktzahl unterschreitetIn diesen Fällen muss die Differenz zwischen der Mindestleistungspunktzahl und der erreichten Leistungspunktzahl ermittelt werden. Anschließend ist diese Differenz durch die Mindestleistungspunktzahl zu dividieren. Das Ergebnis wird auf die vierte Nachkommastelle ohne Rundung ermittelt und in Prozent ausgedrückt. Diese Prozentzahl wird anhand der zweiten Tabelle im § 18 Absatz 2 einer Notenpunktzahl zugeordnet.
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BeispieleBeispiel 1Bei einem schriftlichen Leistungsnachweis im Antwort-Wahl-Verfahren sind 100 Leistungspunkte erreichbar. An einem Termin nehmen 32 Personen teil. Die erreichten Leistungspunkte sind wie folgt verteilt:
2 Personen erreichen jeweils 45 Leistungspunkte, 90 insgesamt 18 Personen erreichen jeweils 80 Leistungspunkte, 1 440 insgesamt 10 Personen erreichen jeweils 85 Leistungspunkte und 850 insgesamt 2 Personen erreichen jeweils 90 Leistungspunkte. 180 insgesamt (1) Berechnung der durchschnittlichen Leistung
Die Summe aller im Termin erreichten Leistungspunkte entspricht 2 560 Leistungspunkten. Aus der Division dieser Summe mit der Anzahl der teilgenommenen Personen resultiert die durchschnittliche Leistung in diesem Prüfungstermin von 80 Leistungspunkten.(2) Ermittlung der Bestehensgrenzen(2.1) Absolute BestehensgrenzeDie absolute Bestehensgrenze entspricht 60 Prozent der erreichbaren Leistungspunkte. In diesem Beispiel können 100 Leistungspunkte erreicht werden. Die absolute Bestehensgrenze liegt demnach bei 60 Leistungspunkten.(2.2) Relative BestehensgrenzeDie relative Bestehensgrenze entspricht der um 22 Prozent geminderten durchschnittlichen Leistung. Die in Nummer 1 ermittelte durchschnittliche Leistung aller Teilnehmerinnen und Teilnehmer beträgt in diesem Beispiel 80 Leistungspunkte.Berechnung: 80 Leistungspunkte x 0,78 = 62,4 LeistungspunkteDie relative Bestehensgrenze beträgt 62,4 Leistungspunkte.(2.3) AnkergrenzeZur Ermittlung ist die erreichbare Leistungspunktzahl mit dem Faktor 0,5 zu multiplizieren.Berechnung: 100 Leistungspunkte x 0,5 = 50 LeistungspunkteDie Ankergrenze beträgt 50 Leistungspunkte.(3) Ermittlung der Mindestleistungspunktzahl(3.1) Zunächst ist die absolute Bestehensgrenze mit der relativen Bestehensgrenze zu vergleichen. Die relative Bestehensgrenze von 62,4 Leistungspunkten unterschreitet die absolute Bestehensgrenze von 60 Leistungspunkten nicht. Die Mindestleistungspunktzahl entspricht der absoluten Bestehensgrenze, also 60 Leistungspunkten.Der Schritt Nummer 3.2 entfällt in diesem Beispiel, weil die Mindestleistungspunktzahl sich bereits aus § 18 Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 ergibt.(4) Ermittlung der Notenpunktzahl der einzelnen Teilnehmerin oder des einzelnen Teilnehmers(4.1) Fälle, in denen die erreichte Leistungspunktzahl die Mindestleistungspunktzahl überschreitetIn diesem Beispiel gibt es drei Fälle, in denen die einzeln erreichten Leistungspunkte die Mindestleistungspunktzahl von 60 Leistungspunkten überschreiten (Fall 1: 80, Fall 2: 85 und Fall 3: 90) Diese einzelnen Leistungen überschreiten die Mindestleistungspunktzahl wie folgt:Fall 1: 80 – 60 = 20Fall 2: 85 – 60 = 25Fall 3: 90 – 60 = 30Die Differenz zwischen der erreichbaren Leistungspunktzahl von 100 und der Mindestleistungspunktzahl von 60 ist gleich 40 Leistungspunkte.Die Division der soeben ermittelten Werte ergibt folgende Ergebnisse:Fall 1: 20/40 = 0,5000 entspricht 50,00 Prozent Fall 2: 25/40 = 0,6250 entspricht 62,50 Prozent Fall 3: 30/40 = 0,7500 entspricht 75,00 Prozent Aus der Zuordnung der ermittelten Prozentzahlen anhand der ersten Tabelle in § 18 Absatz 2 ergeben sich folgende Notenpunktzahlen:Fall 1: Notenpunktzahl 10Fall 2: Notenpunktzahl 11Fall 3: Notenpunktzahl 13(4.2) Fälle, in denen die erreichte Leistungspunktzahl der Mindestleistungspunktzahl entsprichtEntfällt in diesem Beispiel.(4.3) Fälle, in denen die erreichte Leistungspunktzahl die Mindestleistungspunktzahl unterschreitetIn diesem Beispiel gibt es nur einen Fall, in dem die erreichte Leistungspunktzahl die Mindestleistungspunktzahl von 60 Leistungspunkten unterschreitet. Die Differenz zwischen der Mindestleistungspunktzahl von 60 Leistungspunkten und der erreichten Leistungspunktzahl von 40 Leistungspunkten ist gleich 20 Leistungspunkte.Die so ermittelte Unterschreitung wird durch die Mindestleistungspunktzahl dividiert.20/60 = 0,3 periodischIn Prozent ausgedrückte Unterschreitung: 33,33 Prozent.Anhand der zweiten Tabelle in § 18 Absatz 2 ergibt sich die Notenpunktzahl 3.Beispiel 2Bei einem schriftlichen Leistungsnachweis im Antwort-Wahl-Verfahren sind 100 Leistungspunkte erreichbar. Die durchschnittliche Leistung der Teilnehmerinnen und Teilnehmer eines Termins liegt bei 76 Leistungspunkten. Ein Teilnehmer hat 65 Leistungspunkte erreicht.(1) Berechnung der durchschnittlichen LeistungDie durchschnittliche Leistung ist hier mit 76 Leistungspunkten vorgegeben.(2) Ermittlung der Bestehensgrenzen(2.1) Absolute BestehensgrenzeDie absolute Bestehensgrenze entspricht 60 Prozent der erreichbaren Leistungspunkte. In diesem Beispiel können 100 Leistungspunkte erreicht werden. Die absolute Bestehensgrenze liegt demnach bei 60 Leistungspunkten.(2.2) Relative BestehensgrenzeDie relative Bestehensgrenze entspricht der um 22 Prozent geminderten durchschnittlichen Leistung. Die in Nummer 1 ermittelte durchschnittliche Leistung aller Teilnehmerinnen und Teilnehmer beträgt in diesem Beispiel 76 Leistungspunkte.Berechnung: 76 Leistungspunkte x 0,78 = 59,28 LeistungspunkteDie relative Bestehensgrenze beträgt 59,28 Leistungspunkte.(2.3) AnkergrenzeZur Ermittlung ist die erreichbare Leistungspunktzahl mit dem Faktor 0,5 zu multiplizieren.Berechnung: 100 Leistungspunkte x 0,5 = 50 LeistungspunkteDie Ankergrenze beträgt 50 Leistungspunkte.(3) Ermittlung der Mindestleistungspunktzahl(3.1) Zunächst ist die absolute Bestehensgrenze mit der relativen Bestehensgrenze zu vergleichen. Die relative Bestehensgrenze von 59,28 Leistungspunkten unterschreitet die absolute Bestehensgrenze von 60 Leistungspunkten. Die absolute Bestehensgrenze entspricht in diesem Beispiel nicht der Mindestleistungspunktzahl.(3.2) In diesem Beispiel ist die relative Bestehensgrenze von 59,28 Leistungspunkten kleiner als die absolute Bestehensgrenze, aber mindestens so hoch wie die Ankergrenze von 50 Leistungspunkten. In diesem Beispiel entspricht die Mindestleistungspunktzahl der relativen Bestehensgrenze von 59,28 Leistungspunkten.(4) Ermittlung der Notenpunktzahl der einzelnen Teilnehmerin oder des einzelnen Teilnehmers(4.1) Fälle, in denen die erreichte Leistungspunktzahl die Mindestleistungspunktzahl überschreitetDer Teilnehmer hat 65 Leistungspunkte erreicht und überschreitet damit die Mindestleistungspunktzahl von 59,28 Leistungspunkten um 5,72 Leistungspunkte. Die Differenz zwischen der erreichbaren Leistungspunktzahl von 100 und der Mindestleistungspunktzahl von 59,28 ist gleich 40,72 Leistungspunkte.Die Division der soeben ermittelten Werte ergibt folgendes Ergebnis:5,72/40,72 = 0,1404715… entspricht 14,04 Prozent Aus der Zuordnung der ermittelten Prozentzahl anhand der ersten Tabelle in § 18 Absatz 2 ergibt sich die Notenpunktzahl 6.Weitere Fälle (Nummer 4.2 und 4.3) entfallen in diesem Beispiel.Beispiel 3Bei einem schriftlichen Leistungsnachweis im Antwort-Wahl-Verfahren sind 100 Leistungspunkte erreichbar. Die durchschnittliche Leistung der Teilnehmerinnen und Teilnehmer eines Termins liegt bei 63 Leistungspunkten. Eine Teilnehmerin hat 52 Leistungspunkte erreicht.(1) Berechnung der durchschnittlichen LeistungDie durchschnittliche Leistung ist hier mit 63 Leistungspunkten vorgegeben.(2) Ermittlung der Bestehensgrenzen(2.1) Absolute BestehensgrenzeDie absolute Bestehensgrenze entspricht 60 Prozent der erreichbaren Leistungspunkte. In diesem Beispiel können 100 Leistungspunkte erreicht werden. Die absolute Bestehensgrenze liegt demnach bei 60 Leistungspunkten.(2.2) Relative BestehensgrenzeDie relative Bestehensgrenze entspricht der um 22 Prozent geminderten durchschnittlichen Leistung. Die in Nummer 1 ermittelte durchschnittliche Leistung aller Teilnehmerinnen und Teilnehmer beträgt in diesem Beispiel 63 Leistungspunkte.Berechnung: 63 Leistungspunkte x 0,78 = 49,14 LeistungspunkteDie relative Bestehensgrenze beträgt 49,14 Leistungspunkte.(2.3) AnkergrenzeZur Ermittlung ist die erreichbare Leistungspunktzahl mit dem Faktor 0,5 zu multiplizieren.Berechnung: 100 Leistungspunkte x 0,5 = 50 LeistungspunkteDie Ankergrenze beträgt 50 Leistungspunkte.(3) Ermittlung der Mindestleistungspunktzahl(3.1) Zunächst ist die absolute Bestehensgrenze mit der relativen Bestehensgrenze zu vergleichen. Die relative Bestehensgrenze von 49,14 Leistungspunkten unterschreitet die absolute Bestehensgrenze von 60 Leistungspunkten. Die absolute Bestehensgrenze entspricht in diesem Beispiel nicht der Mindestleistungspunktzahl.(3.2) In diesem Beispiel ist die relative Bestehensgrenze von 49,14 Leistungspunkten kleiner als die absolute Bestehensgrenze und kleiner als die Ankergrenze von 50 Leistungspunkten. Die Mindestleistungspunktzahl entspricht in diesem Beispiel der Ankergrenze von 50 Leistungspunkten.(4) Ermittlung der Notenpunktzahl der einzelnen Teilnehmerin oder des einzelnen Teilnehmers(4.1) Fälle, in denen die erreichte Leistungspunktzahl die Mindestleistungspunktzahl überschreitetDie Teilnehmerin hat 52 Leistungspunkte erreicht und überschreitet damit die Mindestleistungspunktzahl von 50 Leistungspunkten um 2 Leistungspunkte. Die Differenz zwischen der erreichbaren Leistungspunktzahl von 100 und der Mindestleistungspunktzahl von 50 ist gleich 50 Leistungspunkte.Die Division der soeben ermittelten Werte ergibt folgendes Ergebnis:2/50 = 0,0400 entspricht 4,00 Prozent Aus der Zuordnung der ermittelten Prozentzahl anhand der ersten Tabelle in § 18 Absatz 2 ergibt sich die Notenpunktzahl 5.
Weitere Fälle (Nummer 4.2 und 4.3) werden in diesem Beispiel vernachlässigt.Beispiel 4Bei einem schriftlichen Leistungsnachweis im Antwort-Wahl-Verfahren sind 100 Leistungspunkte erreichbar. Die durchschnittliche Leistung der Teilnehmerinnen und Teilnehmer eines Termins liegt bei 72 Leistungspunkten. Eine Teilnehmerin hat 38 Leistungspunkte erreicht.(1) Berechnung der durchschnittlichen LeistungDie durchschnittliche Leistung ist hier mit 72 Leistungspunkten vorgegeben.(2) Ermittlung der Bestehensgrenzen(2.1) Absolute BestehensgrenzeDie absolute Bestehensgrenze entspricht 60 Prozent der erreichbaren Leistungspunkte. In diesem Beispiel können 100 Leistungspunkte erreicht werden. Die absolute Bestehensgrenze liegt demnach bei 60 Leistungspunkten.(2.2) Relative BestehensgrenzeDie relative Bestehensgrenze entspricht der um 22 Prozent geminderten durchschnittlichen Leistung. Die in Nummer 1 ermittelte durchschnittliche Leistung aller Teilnehmerinnen und Teilnehmer beträgt in diesem Beispiel 72 Leistungspunkte.Berechnung: 72 Leistungspunkte x 0,78 = 56,16 LeistungspunkteDie relative Bestehensgrenze beträgt 56,16 Leistungspunkte.(2.3) AnkergrenzeZur Ermittlung ist die erreichbare Leistungspunktzahl mit dem Faktor 0,5 zu multiplizieren.Berechnung: 100 Leistungspunkte x 0,5 = 50 LeistungspunkteDie Ankergrenze beträgt 50 Leistungspunkte.(3) Ermittlung der Mindestleistungspunktzahl(3.1) Zunächst ist die absolute Bestehensgrenze mit der relativen Bestehensgrenze zu vergleichen. Die relative Bestehensgrenze von 56,16 Leistungspunkten unterschreitet die absolute Bestehensgrenze von 60 Leistungspunkten. Die absolute Bestehensgrenze entspricht in diesem Beispiel nicht der Mindestleistungspunktzahl.(3.2) In diesem Beispiel ist die relative Bestehensgrenze von 56,16 Leistungspunkten kleiner als die absolute Bestehensgrenze, aber mindestens so hoch wie die Ankergrenze von 50 Leistungspunkten. Die Mindestleistungspunktzahl entspricht in diesem Beispiel der relativen Bestehensgrenze von 56,16 Leistungspunkten.(4) Ermittlung der Notenpunktzahl der einzelnen Teilnehmerin oder des einzelnen Teilnehmers(4.1) Fälle, in denen die erreichte Leistungspunktzahl die Mindestleistungspunktzahl überschreitetEntfällt in diesem Beispiel.(4.2) Fälle, in denen die erreichte Leistungspunktzahl der Mindestleistungspunktzahl entsprichtEntfällt in diesem Beispiel.(4.3) Fälle, in denen die erreichte Leistungspunktzahl die Mindestleistungspunktzahl unterschreitetDie Differenz zwischen der Mindestleistungspunktzahl von 56,16 Leistungspunkten und der erreichten Leistungspunktzahl von 38 Leistungspunkten ist gleich 18,16 Leistungspunkte.Die so ermittelte Unterschreitung wird durch die Mindestleistungspunktzahl dividiert.18,16/56,16 = 0,32336182 periodischIn Prozent ausgedrückte Unterschreitung: 32,33 Prozent.Anhand der zweiten Tabelle in § 18 Absatz 2 ergibt sich die Notenpunktzahl 3.Beispiel 5Bei einem schriftlichen Leistungsnachweis im Antwort-Wahl-Verfahren sind 120 Leistungspunkte erreichbar. Die durchschnittliche Leistung der Teilnehmerinnen und Teilnehmer eines Prüfungstermins liegt bei 90 Leistungspunkten. Eine Teilnehmerin hat 100 Leistungspunkte erreicht. Ein Teilnehmer hat 65 Leistungspunkte erreicht.(1) Berechnung der durchschnittlichen LeistungDie durchschnittliche Leistung ist hier mit 90 Leistungspunkten vorgegeben.(2) Ermittlung der Bestehensgrenzen(2.1) Absolute BestehensgrenzeDie absolute Bestehensgrenze entspricht 60 Prozent der erreichbaren Leistungspunkte. In diesem Beispiel können 120 Leistungspunkte erreicht werden. Die absolute Bestehensgrenze liegt demnach bei 72 Leistungspunkten.(2.2) Relative BestehensgrenzeDie relative Bestehensgrenze entspricht der um 22 Prozent geminderten durchschnittlichen Leistung. Die in Nummer 1 ermittelte durchschnittliche Leistung aller Teilnehmerinnen und Teilnehmer beträgt in diesem Beispiel 90 Leistungspunkte.Berechnung: 90 Leistungspunkte x 0,78 = 70,2 LeistungspunkteDie relative Bestehensgrenze beträgt 70,2 Leistungspunkte.(2.3) AnkergrenzeZur Ermittlung ist die erreichbare Leistungspunktzahl mit dem Faktor 0,5 zu multiplizieren.Berechnung: 120 Leistungspunkte x 0,5 = 60 LeistungspunkteDie Ankergrenze beträgt 60 Leistungspunkte.(3) Ermittlung der Mindestleistungspunktzahl(3.1) Zunächst ist die absolute Bestehensgrenze mit der relativen Bestehensgrenze zu vergleichen. Die relative Bestehensgrenze von 70,2 Leistungspunkten unterschreitet die absolute Bestehensgrenze von 72 Leistungspunkten. Die absolute Bestehensgrenze entspricht in diesem Beispiel nicht der Mindestleistungspunktzahl.(3.2) In diesem Beispiel ist die relative Bestehensgrenze von 70,2 Leistungspunkten kleiner als die absolute Bestehensgrenze, aber mindestens so hoch wie die Ankergrenze von 60 Leistungspunkten. Die Mindestleistungspunktzahl entspricht der relativen Bestehensgrenze von 70,2 Leistungspunkten.(4) Ermittlung der Notenpunktzahl der einzelnen Teilnehmerin oder des einzelnen Teilnehmers(4.1) Fälle, in denen die erreichte Leistungspunktzahl die Mindestleistungspunktzahl überschreitetDie Teilnehmerin hat 100 Leistungspunkte erreicht und überschreitet damit die Mindestleistungspunktzahl von 70,2 Leistungspunkten um 29,8 Leistungspunkte. Die Differenz zwischen der erreichbaren Leistungspunktzahl von 120 und der Mindestleistungspunktzahl von 70,2 ist gleich 49,8 Leistungspunkte.Die Division der soeben ermittelten Werte ergibt folgendes Ergebnis:29,8/49,8 = 0,598393… entspricht 59,83 Prozent Aus der Zuordnung der ermittelten Prozentzahl anhand der ersten Tabelle in § 18 Absatz 2 ergibt sich die Notenpunktzahl 11.(4.2) Fälle, in denen die erreichte Leistungspunktzahl der Mindestleistungspunktzahl entsprichtEntfällt in diesem Beispiel.(4.3) Fälle, in denen die erreichte Leistungspunktzahl die Mindestleistungspunktzahl unterschreitetDie Differenz zwischen der Mindestleistungspunktzahl von 70,2 Leistungspunkten und der erreichten Leistungspunktzahl des Teilnehmers von 65 Leistungspunkten ist gleich 5,2 Leistungspunkte.Die so ermittelte Unterschreitung wird durch die Mindestleistungspunktzahl dividiert.5,2/70,2 = 0,074 periodischIn Prozent ausgedrückte Unterschreitung: 7,40 Prozent.Anhand der zweiten Tabelle in § 18 Absatz 2 ergibt sich die Notenpunktzahl 4.
Zu Absatz 3
Unter der „zuständigen Stelle“ in Satz 2 ist diejenige Stelle zu verstehen, die nach den Festlegungen dieser Verordnung für die Bewertung der schriftlichen Leistungsnachweise zuständig ist. Die Gewichtung der Aufgabenteile wird originär durch die Aufgabenverfasserin oder den Aufgabenverfasser vorgenommen. Bei Prüfungsaufgaben ist dies die oberste Landesbehörde oder die von ihr bestimmte Stelle (vgl. § 14 Absatz 1 Satz 1).
Zu Absatz 4
Antwort- bzw. Lösungsmöglichkeiten sowie Bewertungen müssen von mindestens zwei Personen entwickelt und gemeinsam festgelegt werden (sogenanntes Zweipersonenprinzip). Die Regelung trägt der Vorverlagerung des Bewertungsermessens beim Antwort-Wahl-Verfahren Rechnung.
Zu Absatz 5
Im Unterschied zur elektronischen Bewertung nach § 19 Absatz 2 ist die bewertende Person bei der automatisierten Bewertung nicht unmittelbar am Bewertungsvorgang beteiligt. Dieser wird vielmehr primär durch eine entsprechende Vorrichtung, Programm oder ähnliches ausgeführt. Die Letztentscheidung und damit -verantwortung verbleibt gleichwohl bei der bewertenden Person. Sie kann in begründeten Fällen von der automatisierten Bewertung abweichen.
In Fällen einer automatisierten Bewertung muss sichergestellt werden, dass Aufgabenstellung, Lösung und Bewertung im Vorfeld durch mindestens zwei Lehrende bzw. Prüferinnen oder Prüfer erstellt werden, da das Prüfungsermessen in die Phase der Aufgabenerstellung vorverlagert wird.
Zu Absatz 6
Bei der Regelung in Satz 1 handelt es sich grundsätzlich um eine Selbstverständlichkeit, sie dient jedoch der Abgrenzung zu Satz 2. Satz 2 dient als Ausgleich dafür, dass bei einer automatisierten Bewertung eine Prüferin bzw. ein Prüfer nicht beteiligt ist. Nach Artikel 22 Absatz 1 der Verordnung (EU) 2016/679 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. April 2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG (Datenschutz-Grundverordnung – DSGVO) hat eine betroffene Person grundsätzlich das Recht, nicht einer ausschließlich auf einer automatisierten Verarbeitung beruhenden Entscheidung unterworfen zu werden, die ihr gegenüber rechtliche Wirkung entfaltet oder sie in ähnlicher Weise erheblich beeinträchtigt. Dies gilt gemäß Artikel 22 Absatz 2 Buchstabe b DSGVO dann nicht, wenn die Entscheidung aufgrund von Rechtsvorschriften der Union oder der Mitgliedstaaten, denen der Verantwortliche unterliegt, zulässig ist und diese Rechtsvorschriften angemessene Maßnahmen zur Wahrung der Rechte und Freiheiten sowie der berechtigten Interessen der betroffenen Person enthalten. Die Bedeutung von Prüfungen für das Erlangen der Laufbahnbefähigung rechtfertigt es, dass Beanstandungen entsprechend von zwei Prüferinnen oder Prüfern, von denen eine oder einer Mitglied des Prüfungsausschusses sein soll, überprüft werden, um die Interessen und die Rechte der betroffenen Auszubildenden bzw. Studierenden angemessen zu wahren. Diese Bedeutung fehlt (allgemeinen) schriftlichen Leistungsnachweisen nach Satz 1, die häufig lediglich den Wissensstand abfragen bzw. der Übung dienen sollen. In diesen Fällen reicht daher eine Überprüfung lediglich durch die oder den Lehrenden aus.
Zu § 19 (E-Klausuren)
Zu Absatz 1
Ähnlich wie § 16 für das Antwort-Wahl-Verfahren regelt § 19 Absatz 1 die grundsätzliche Zulässigkeit von E-Klausuren bei schriftlichen Leistungsnachweisen und führt den Begriff der E-Klausur ein. Die jeweilige
Bildungseinrichtung entscheidet selbst, ob und wie sie die Möglichkeit zur Durchführung von E-Klausuren nutzen möchte. Unbenommen ist die Möglichkeit, einen Teil des schriftlichen Leistungsnachweises in Form der E-Klausur und einen Teil beispielsweise als analoge handschriftliche Arbeit durchzuführen.
Dabei soll bei Durchführung der E-Klausur darauf geachtet werden, dass den Auszubildenden bzw. Studierenden gleichartig ausgestattete Geräte zur Verfügung stehen, um das aus dem Gleichheitssatz nach Artikel 3 des Grundgesetzes (GG) abgeleitete Gebot der Chancengleichheit zu wahren, wobei „gleichartig“ nicht voraussetzt, dass es sich um identische oder baugleiche Geräte handeln muss. Das Erfordernis gleichartiger Geräte bedeutet ferner nicht, dass Auszubildende bzw. Studierende einen Anspruch auf Ausstattung mit solchen Geräten gegenüber dem Dienstherrn oder der Bildungseinrichtung haben.
Zu Absatz 2
Die Bewertung einer E-Klausur muss nicht zwingend elektronisch erfolgen. Sie kann auch beispielsweise ausgedruckt und auf herkömmliche Art bewertet werden.
Zu Absatz 3
Auch schriftliche Leistungsnachweise, die ganz oder teilweise im Antwort-Wahl-Verfahren durchgeführt werden, können elektronisch erbracht werden. Da die Daten dabei zuvor elektronisch erfasst werden (z. B. durch das direkte Bearbeiten der Aufgaben durch die zu prüfende Person mit einem elektronischen Erfassungsgerät), handelt es sich nach der Definition des Absatzes 1 um eine E-Klausur, weshalb sich in Absatz 3 der Verweis auf das Antwort-Wahl-Verfahren findet.
Für die Bewertung der Teile, die im Antwort-Wahl-Verfahren durchgeführt werden, sind aufgrund des Verweises die besonderen Bewertungsregelungen in den §§ 17 und 18 anzuwenden.
Zu Absatz 4
Grundsätzlich gelten für E-Klausuren die gleichen Regelungen wie für schriftliche Leistungsnachweise, die ohne elektronische Geräte erfolgen. Es muss sichergestellt sein, dass die elektronischen Daten (a) eindeutig als zu dieser E-Klausur und dieser Person gehörig identifiziert werden können, (b) eindeutig als von der zu prüfenden Person eingegeben verifiziert und (c) dieser Person eindeutig zugeordnet werden können. Dies ist durch technische Maßnahmen wie beispielsweise eindeutige und unveränderbare Benutzerkennungen, Zeitstempel oder Aufzeichnungen sicherzustellen. Durch geeignete Einschränkung von Zugriffs- und Schreibrechten für die Korrektoren muss die nachträgliche Veränderbarkeit der elektronischen Klausurlösung ausgeschlossen werden.
Zu § 20 (Fehlerberichtigung)
Zu Absatz 1
§ 20 ist Ausfluss eines allgemeinen Rechtsgedankens, unrichtige behördliche Entscheidungen jederzeit korrigieren zu können (vgl. beispielhaft § 42 VwVfG oder § 129 AO). Erfasst sind Unrichtigkeiten, bei denen der Erklärungswille der Behörde von ihrem wahren Willen abweicht, wobei nicht die Richtigkeit der Willensbildung als solche in Frage steht (vgl. auch VGH Mannheim, Urteil vom 12. April 2018, Az. 9 S 98/17; BFH, Urteil vom 8. März 1989, Az. X R 116/87). Es erfolgt lediglich die Korrektur eines Versehens, ohne den Regelungsinhalt des Verwaltungsakts zu verändern (vgl. BVerwG, Urteil vom 15. Mai 1970, Az. VI C 26/66).
Unrichtigkeit im Sinne des § 20 meint keine Rechtswidrigkeit, sondern Fehler, die reine Formalien betreffen und nicht in die Rechtsstellung der oder des Betroffenen eingreifen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 19. Juli 1972, Az. 2 BvR 872/71).
Offenbar ist die Unrichtigkeit, wenn sie für jede Beteiligte oder jeden Beteiligten ohne weiteres ersichtlich ist bzw. geradezu „ins Auge springt“ (vgl. VGH Mannheim, Urteil vom 12. April 2018, Az. 9 S 98/17).
Zu Absatz 2
Die oder der Betroffene hat das unrichtige Prüfungszeugnis zur Wahrung der Rechtsklarheit zurückzugeben. Regelmäßig dürfte schon kein berechtigtes Interesse der oder des Betroffenen am Behalten des unrichtigen Prüfungszeugnisses vorliegen; gegebenenfalls ist ein solches Interesse durch die Betroffene oder den Betroffenen nachzuweisen.
Zu § 21 (Nachteilsausgleich)
Zu Absatz 1
Das Vorliegen einer Schwerbehinderung bzw. einer dieser gleichgestellten Behinderung nach Absatz 1 Satz 1 beurteilt sich nach § 2 Absatz 2 und 3 des Neunten Buchs Sozialgesetzbuch (SGB IX). Satz 2 hingegen orientiert sich an § 2 Absatz 1 SGB IX. Danach sind Menschen mit Behinderungen Menschen, die körperliche, seelische, geistige oder Sinnesbeeinträchtigungen haben, die sie in Wechselwirkung mit einstellungs- und umweltbedingten Barrieren an der gleichberechtigten Teilhabe an der Gesellschaft mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate hindern können. Der Körper- und Gesundheitszustand muss von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweichen. Regelmäßig dürften unter Absatz 1 Satz 2 daher Personen fallen, die einen geringeren Grad der Behinderung (GdB) als 50 haben, bzw. Personen, die einen GdB von 30 oder weniger haben und schwerbehinderten Personen nicht gleichgestellt sind. Die durch die Behinderung entstehenden Nachteile sollen vornehmlich durch geeignete Hilfsmittel oder durch die Einräumung besonderer Prüfungsbedingungen ausgeglichen werden, um das Gebot der Chancengleichheit zu wahren. Die fachlichen Anforderungen dürfen aufgrund der gewährten Erleichterung des Nachteilsausgleichs jedoch nicht herabgesetzt werden. Die Regelungen zum Nachteilsausgleich kommen auch im Rahmen der berufspraktischen Ausbildung bzw. den berufspraktischen Studienzeiten zur Anwendung.
Die Verpflichtung zum rechtzeitigen Hinweis auf die Möglichkeiten des Nachteilsausgleichs in Absatz 1 Satz 3 entspringt der besonderen Fürsorgepflicht des Dienstherrn.
Zu Absatz 2
Die oberste Landesbehörde oder die von ihr bestimmte Stelle stellt die Prüfbeeinträchtigung trotz der Möglichkeit in Absatz 2 Satz 2 in eigener Verantwortung fest und entscheidet selbstständig über die Möglichkeit und gegebenenfalls die Art des Nachteilsausgleichs. Die Chancengleichheit ist auch hinsichtlich der Auszubildenden bzw. Studierenden, die keinen Nachteilsausgleich erhalten, zu wahren.
Die Differenzierung zwischen „amtsärztlich“ und „betriebsärztlich“ in Absatz 2 Satz 2 ist dem Umstand geschuldet, dass einige Bundesländer sich keiner Amtsärzte bedienen, sondern externer Dienstleister, die den Dienststellen durch betriebsärztliche Gutachten die Grundlage personalrechtlicher Entscheidungen liefern. Den Betriebsärzten entsprechen in einigen Bundesländern die Personalärzte, die die gleichen vorgenannten Funktionen wahrnehmen. Die zuständige Stelle entscheidet in eigenem Ermessen, ob sie sich eines ärztlichen Gutachtens bedienen will und ob dieses Gutachten durch einen Amtsarzt, Betriebsarzt oder Privatarzt angefertigt werden soll.
Zu Absatz 3
Die Dokumentation gewährter Nachteilsausgleiche ist nicht an eine bestimmte Form gebunden; sie kann z. B. schriftlich oder elektronisch erfolgen.
Zu § 22 (Säumnis, Verhinderung und Rücktritt bei Prüfungsleistungen)
Zu Absatz 1
Der Prüfungsausschuss trifft seine Entscheidung in eigenem Ermessen unter Berücksichtigung der Umstände des jeweiligen Einzelfalls.
Zu Absatz 2
Die Differenzierung zwischen „amtsärztlich“ und „betriebsärztlich“ ist dem Umstand geschuldet, dass einige Bundesländer sich keiner Amtsärzte bedienen, sondern externer Dienstleister, die den Dienststellen durch betriebsärztliche Gutachten die Grundlage personalrechtlicher Entscheidungen liefern (vgl. auch die Begründung zu § 21 Absatz 2 Satz 2).
Zu Absatz 3
Das Vorliegen eines wichtigen Grundes nach Satz 1 ist für jeden Rücktrittsantrag individuell nach den Besonderheiten des Einzelfalls unter dem Gesichtspunkt der Chancengleichheit zu entscheiden. Als wichtiger Grund können sowohl innere als auch äußere Gründe angesehen werden.
Es obliegt der zu prüfenden Person, etwaige Belastungen, die zur Prüfungsunfähigkeit führen könnten, frühzeitig zu erkennen und diese der Ausbildungsstätte mitzuteilen. Es zählt auch weiter zu ihren bzw. seinen Mitwirkungspflichten, sich um die Frage ihrer oder seiner Prüfungsfähigkeit zu kümmern und einen etwaigen Rücktritt rechtzeitig anzuzeigen. Nimmt eine Beamtin oder ein Beamter trotz der ihr oder ihm bekannten Prüfungsunfähigkeit an der Prüfung teil, so ist es ihr oder ihm grundsätzlich verwehrt, sich nachträglich auf Prüfungsunfähigkeit am Prüfungstag zu berufen.
Zu § 23 (Ordnungsverstöße)
Zu Absatz 1
Das Vorliegen eines schweren Falles nach Satz 2 ist stets nach den Besonderheiten des Einzelfalles unter dem Gesichtspunkt der Chancengleichheit zu entscheiden. Ein schwerer Fall ist regelmäßig dann anzunehmen, wenn der Täuschungsversuch durch grobe Täuschungsmanöver charakterisiert ist, die in besonders hohem Maße die Spielregeln des fairen Wettbewerbs und die Chancengleichheit der anderen, sich korrekt verhaltenden Prüflinge verletzen. Sie liegen nach Umfang und Intensität des Täuschungsverhaltens und dem angestrebten Täuschungserfolg deutlich im oberen Bereich der vorkommenden Fälle (vgl. BVerwG, Beschluss vom 7. Dezember 1976, Az. VII B 157.76).
Zu Absatz 2
Für die Beurteilung als schwerer Fall gelten die Ausführungen zu § 23 Absatz 1 entsprechend.
Zu Absatz 3
Der Prüfungsausschuss trifft seine Entscheidung in eigenem Ermessen unter Berücksichtigung der Umstände des jeweiligen Einzelfalls. Die Erwägungen zu Absatz 1 gelten hier entsprechend.
Zu Absatz 4
Die Einziehungsmöglichkeit des für ungültig erklärten Zeugnisses entspricht einem allgemeinen Rechtssatz zur Rückgabe unwirksamer Urkunden (vgl. etwa § 52 des Verwaltungsverfahrensgesetzes – VwVfG) und verhindert, dass sich Absolventinnen und Absolventen auf eine nicht mehr vorhandene Berufsbefähigung stützen. Dadurch wird die Sicherheit des Rechtsverkehrs geschützt und Missbrauch verhindert.
Zu Absatz 5
Das Anhörungsgebot entspringt sowohl dem allgemeinen Rechtsgedanken des § 28 VwVfG, der oder dem Betroffenen ein faires Verfahren zu ermöglichen und ihre Interessenwahrung sicherzustellen, als auch der Fürsorgepflicht des Dienstherrn (vgl. § 78 des Bundesbeamtengesetzes – BBG), das sich etwa auch in der Anhörungspflicht nach § 109 BBG konkretisiert. Der oder dem Betroffenen muss Gelegenheit gegeben werden, sich zu den für die Entscheidung erheblichen Tatsachen zu äußern. Gegebenenfalls kann die Aufnahme einer (Gegen-)Äußerung der Beamtin oder des Beamten in die Personal- oder Prüfungsakte angezeigt sein.
Zu § 24 (Prüfungsakte und Einsichtnahme)
Zu Absatz 1
Die durch diese Verordnung abgelöste Steuerbeamtenausbildungs- und -prüfungsordnung hatte die Möglichkeit der Einsichtnahme noch an unterschiedlichen Stellen der Verordnung geregelt. Mit der Neustrukturierung wurden diese Regelung einheitlich in § 24 gebündelt sowie die Möglichkeit einer elektronischen Antragstellung neu in das Regelungswerk aufgenommen. Die nach Satz 2 zuständige Stelle entscheidet, in welcher Form der Antrag zu stellen ist.
Der Antrag auf Einsichtnahme ist nach Satz 3 innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe des Prüfungsergebnisses zu stellen. Die Monatsfrist ergibt sich aus der allgemeinen Anfechtungsfrist. Für eine darüberhinausgehende Frist fehlt grundsätzlich bereits das Rechtsschutzbedürfnis.
Zu Absatz 2
Zu den in die Prüfungsakte gehörenden Unterlagen gehören damit alle insbesondere für die §§ 43, 65 und 73 relevanten Unterlagen, aber auch die Niederschriften nach den §§ 45 und 75. Prüfungszeugnisse sind ebenfalls in die Prüfungsakte aufzunehmen.
Zu Absatz 3
Die Aufbewahrung der Prüfungsakte dient einem etwaigen Bearbeitungsrückgriff. Die Bundesländer haben aufgrund eigener landesrechtlicher Vorschriften jeweils unterschiedlich festgelegte Aufbewahrungszeiträume, denen Satz 1 Rechnung trägt. Die Normierung der Aufbewahrungsfristen in dieser Verordnung dient der Rechtsklarheit. Zugleich ergab sich die Notwendigkeit, die Aufbewahrungsfrist für Prüfungszeugnisse der Laufbahnprüfung in Satz 2 auf bis zu 30 Jahre zu ermöglichen, da vereinzelt Fälle aufgetreten waren, in denen ehemaligen Auszubildenden bzw. Studierenden diese Prüfungszeugnisse nach erfolgreichem Abschluss abhandengekommen waren und beispielsweise aufgrund einer Tätigkeit außerhalb des öffentlichen Dienstes auch nicht in einer Personalakte aufbewahrt worden waren. Die zuständige Stelle legt in eigenem Ermessen fest, inwieweit sie den Rahmen von 30 Jahren ausschöpfen möchte und inwieweit die Prüfungszeugnisse in verkörperter oder digitaler Form aufbewahrt werden. Aufgrund datenschutzrechtlicher Erwägungen ist die anschließende Vernichtung der Unterlagen geboten; insofern gelten dieselben Erwägungen wie schon zu § 7 Absatz 3.
Zu Absatz 4
Die Regelung des Absatzes 4 ist erforderlich, da es sich bei den Antragstellerinnen und Antragstellern, die ihre Prüfungen beendet haben oder nicht in das Beamtenverhältnis übernommen wurden, nicht mehr um Beamtinnen und Beamte im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 handelt. Absatz 4 kommt insbesondere bei folgenden Fallgestaltungen zur Anwendung: (a) Bei erstmaligem Nichtbestehen der Zwischenprüfung oder Laufbahnprüfung mit anschließendem Verzicht auf eine Wiederholungsprüfung seitens der oder des Auszubildenden bzw. Studierenden. (b) Bei endgültigem Nichtbestehen der Wiederholungszwischenprüfung oder der Wiederholungslaufbahnprüfung. (c) Beim erstmaligen Nichtbestehen der Laufbahnprüfung, sofern die gesetzliche Bestimmung des Bundeslandes damit eine Beendigung des Beamtenverhältnisses gleichsetzt.
Zu § 25 (Ausbildungsablauf)
§ 25 fasst die bisherigen Vorschriften der §§ 14 und 12 Absatz 2 der abgelösten Steuerbeamtenausbildungs- und -prüfungsordnung nunmehr übersichtlich zusammen. Absatz 4 wurde neu eingefügt und dient der Klarstellung.
Zu § 26 (Ausbildungsstellen)
Zu Absatz 1
Die Einrichtung der Landesfinanzschulen obliegt den Bundesländern, wobei Ausbildungskooperationen zwischen mehreren Ländern zulässig und zwischen einigen bereits fest etabliert sind. Die Länder entscheiden über die Gleichstellung anderer Bildungseinrichtungen mit den Landesfinanzschulen.
Zu Absatz 2
Das Ausbildungsfinanzamt definiert sich grundsätzlich durch die Zuweisung der Beamtin oder des Beamten an ein bestimmtes Finanzamt, um dort ihre bzw. seine Ausbildung zu absolvieren. Es ist gleichwohl nicht ausgeschlossen, die Beamtinnen und Beamten zu Ausbildungszwecken anderen Finanzämtern als den Ausbildungsfinanzämtern zuzuweisen, wenn das Ausbildungsgebiet nicht durch das Ausbildungsfinanzamt abgedeckt werden kann (vgl. die Begründung zu § 6).
Zu § 27 (Verlängerung oder Verkürzung des Vorbereitungsdienstes)
Die Beurteilung in Absatz 1, ob eine Beamtin oder ein Beamter das Ziel des Ausbildungsabschnitts voraussichtlich erreichen können wird oder nicht, erfolgt im Zuge einer wertenden Gesamtbetrachtung ihrer oder seiner bisherigen Leistungen. Bei einer Überschreitung der in Absatz 1 Satz 2 und 3 genannten Zeiträume dürfte in der Regel eine Verlängerung angezeigt sein, außer wenn aus den bisherigen Leistungen der Beamtin oder des Beamten erkennbar wird, dass sie oder er in der Lage sein wird, den verpassten Lernstoff zügig nachzuholen, und das Erreichen der weiteren Ausbildungsziele nicht gefährdet erscheint.
Zu § 28 (Erholungsurlaub)
Durch die Formulierung „Lehrveranstaltungen der Bildungseinrichtungen“ in Satz 2 werden auch digitale Lehrveranstaltungen erfasst, bei denen Beamtinnen und Beamte etwa von zu Hause aus teilnehmen und sich nicht zwangsläufig in der Bildungseinrichtung aufhalten.
Klarstellend ist darauf hinzuweisen, dass keine Urlaubsanrechnung für Veranstaltungen erfolgt, die im Zusammenhang mit den Lehrveranstaltungen stehen (z. B. Anreisetage) oder als solche in Lehr- und Ausbildungsplänen ausgewiesen sind (z. B. Klausur- oder Studientage).
Zu § 29 (Unterrichtsfächer und Gesamtstunden)
Die Wahl der Lehrveranstaltungsform in Absatz 1 Satz 3 (z. B. Vorlesungen, Übungen) darf ausschließlich von sachlichen, d. h. pädagogischen und didaktischen Erwägungen bestimmt sein. Dabei sind auch digitale Lehr- und Lerneinheiten möglich. Der Einsatz digitaler Lehr- und Lerneinheiten soll die – mittlerweile unumgänglichen – digitalen Kompetenzen der Beamtinnen und Beamten fördern. Unter Berücksichtigung der vorgenannten Erwägungskriterien sollen Lehrende daher dazu angehalten werden, verstärkt von geeigneten digitalen Lehr- und Lerneinheiten Gebrauch zu machen und sie den Beamtinnen und Beamten nahezubringen.
Zu § 30 (Übungen)
Die fächerübergreifende Gestaltung der Übungen nach Absatz 1 Satz 2 soll die Beamtinnen und Beamten dazu anhalten, die Verzahnung von Strukturen bei der Rechtsanwendung zu erkennen und fächerübergreifendes Denken einzuüben. Entsprechend ist bei der Ausgestaltung der Übungen auf eine plausible und nachvollziehbare Kopplung verschiedener Fächer Wert zu legen.
Durch die Ausweisung der Übungen als solche in den Stoffgliederungsplänen nach § 31 und in den Lehrplänen gemäß Absatz 3 wird hinsichtlich der in den bundeseinheitlichen Lehrplänen ausgewiesenen Übungsstunden Transparenz hergestellt.
Zu § 31 (Stoffgliederungspläne, Lehrpläne und Abweichungen)
Zu den Absätzen 1 und 2
Stoffgliederungspläne legen nach Fächern getrennt den Stoffumfang und -inhalt und damit die Lehrreihenfolge sowie Rechts- und Verwaltungsgrundlagen fest. Damit bilden sie die Grundlage für eine differenzierte Ausarbeitung des Stoffes im Rahmen der Lehrpläne, die grundsätzlich durch die Bildungseinrichtungen erstellt werden. Die Lehrpläne legen die konkreten Unterrichtsstunden pro Themengebiet fest und beinhalten gegebenenfalls Intensitätsstufen für die jeweilige Unterrichtseinheit. Zur Sicherstellung der Einheitlichkeit der Ausbildung ist der Koordinierungsausschuss gemäß § 87 Nummer 1 Buchstabe a an der Erarbeitung der Stoffgliederungspläne und gemäß § 87 Nummer 1 Buchstabe b an der Erarbeitung der Lehrpläne beteiligt.
Zu Absatz 3
In Anlehnung an die Rechtsprechung des BVerfG (vgl. BVerfG, Beschluss vom 8. Dezember 2009, Az. 2 BvR 758/07 Rn. 91) ist eine grundsätzliche Bedeutung dann anzunehmen, wenn eine über den Einzelfall hinausgehende Frage betroffen ist, deren Klärung im Interesse der einheitlichen Ausbildung der Steuerbeamtinnen und Steuerbeamten oder einer einheitlichen Auslegung und Anwendung der maßgeblichen Vorschriften geboten erscheint.
Zu § 32 (Aufsichtsarbeiten)
Die Zwecke der Aufsichtsarbeiten sind insbesondere Motivierung und Orientierung hinsichtlich der Leistungen der Beamtinnen und Beamten in den einzelnen fachtheoretischen Abschnitten, aber noch vor der Laufbahnprüfung. So soll Beamtinnen und Beamten sowie Lehrenden zum einen ein umfassendes Bild des jeweiligen Leistungsstands vermittelt werden, auch wenn in einem frühen Stadium der Ausbildung nur erste Anwendungskenntnisse in fachlicher und methodischer Hinsicht abgefragt werden können, zum anderen sollen die Beamtinnen und Beamten mithilfe der Aufsichtsarbeiten auf die Laufbahnprüfung vorbereitet werden.
Der Begriff der „Leistungstests“ in Absatz 2 Satz 1 ist weit zu verstehen und umfasst grundsätzlich alle denkbaren Formen des Leistungsnachweises (vgl. auch die Ausführungen zu § 12 Absatz 2).
Die Verweiskette in Absatz 5 ist notwendig, da sich die darin genannten Vorschriften ausschließlich auf Prüfungsarbeiten beziehen, Aufsichtsarbeiten jedoch keine Prüfungsarbeiten im Sinne dieser Verordnung darstellen.
Durch die Regelung in Absatz 6 soll sichergestellt werden, dass in dem unmittelbar der Laufbahnprüfung vorhergehenden Teilabschnitt in den Aufsichtsarbeiten der Fächer der schriftlichen Laufbahnprüfung diese ebenfalls teilweise im Antwort-Wahl-Verfahren durchgeführt werden, wenn dies in der Laufbahnprüfung der Fall ist. In diesen Fällen ist eine Kongruenz zwischen der Form der Aufsichtsarbeiten und der der Laufbahnprüfung zwingend, um die Beamtinnen und Beamten mit der im Vergleich zu Langtextaufgaben neuartigen Prüfungsform des Antwort-Wahl-Verfahrens vertraut zu machen.
Nicht ausgeschlossen ist damit hingegen, die Prüfungen ausschließlich im Langtextformat abzuhalten, auch wenn die vorherigen Aufsichtsarbeiten teilweise im Antwort-Wahl-Verfahren durchgeführt worden sind. Insofern ist davon auszugehen, dass das Langtextformat als „klassische“ Prüfungsart den Beamtinnen und Beamten hinlänglich bekannt und vertraut sein dürfte.
Zu § 33 (Teilbeurteilungen und abschließende Beurteilung)
§ 33 basiert auf § 15 Absatz 3 der abgelösten Steuerbeamtenausbildungs- und -prüfungsordnung. Die Vorschrift wurde sprachlich angepasst und übersichtlicher gestaltet. Inhaltliche Änderungen haben sich nicht ergeben.
Zu § 34 (Gliederung, Ziel und Inhalte)
§ 34 fasst Vorgaben der §§ 7, 9 Absatz 2, § 12 Absatz 1 sowie § 16 Absatz 1 bis 4 der abgelösten Steuerbeamtenausbildungs- und -prüfungsordnung einheitlich zusammen.
Zur berufspraktischen Ausbildung nach Absatz 2 gehört im Hinblick auf die voranschreitende Digitalisierung auch, dass Beamtinnen und Beamte beispielsweise in neuartige technisierte Arbeitsprozesse oder Bearbeitungsmodelle einbezogen und darin geschult werden.
Für die Beurteilung der grundsätzlichen Bedeutung in Absatz 7 gelten die Ausführungen in der Begründung zu § 31 Absatz 3 entsprechend.
Zu § 35 (Beurteilung im Ausbildungsfinanzamt)
Die Amtsleitung ist nach Satz 1 verpflichtet, die Beamtin oder den Beamten vor Beginn des mündlichen Teils der Laufbahnprüfung zu beurteilen. Ein Ermessen hinsichtlich des „ob“ besteht nicht. Da die Beurteilung der Beamtin oder dem Beamten nach Satz 4 bekanntzugeben und zu besprechen ist, sollte sie rechtzeitig vor Beginn des mündlichen Teils der Laufbahnprüfung erfolgen.
Zu § 36 (Ziel und Bestandteile)
§ 36 vereint § 33 Absatz 3 sowie Absatz 4 der abgelösten Steuerbeamtenausbildungs- und -prüfungsordnung. Eine inhaltliche Änderung erfolgte nicht.
Zu § 37 (Prüfungsausschuss)
Zu Absatz 1
Der Prüfungsausschuss entscheidet ausschließlich anhand der in dieser Verordnung festgelegten Bewertungsgrundsätze.
Zu Absatz 2
Bei der Besetzung der Beisitzerinnen und Beisitzer nach Satz 1 Nummer 2 handelt es sich um die Mindestbesetzung. Die zuständige Stelle kann sich auch einer höheren Anzahl an Beisitzerinnen und Beisitzern bedienen.
Unter Satz 2 fallen beispielsweise Beschäftigte, die ihre fachlichen Kenntnisse durch Zusatzqualifikationen oder langjährige Berufserfahrung in einem steuerrechtlichen Gebiet belegen können. Die für die Besetzung des Prüfungsausschusses zuständige Stelle entscheidet, inwieweit die in Betracht kommenden Beschäftigten über die erforderliche Sachkunde verfügen und ihnen somit eine Prüferkompetenz zukommen kann.
Zu Absatz 3
Die eigenständige und unabhängige Urteilsbildung der Mitglieder des Prüfungsausschusses darf nicht eingeschränkt werden (vgl. BVerwG, Beschluss vom 9. Oktober 2012, Az. 6 B 39/12).
Zu Absatz 4
Die bisher nicht vorhandene Regelung zur Herbeiführung von Beschlüssen im schriftlichen oder elektronischen Umlaufverfahren in Satz 3 dient der Verfahrensvereinfachung.
Zu Absatz 5
Die Beratungen des Prüfungsausschusses können auch in digitaler Form, beispielsweise per Videoübertragung, erfolgen.
Zu § 38 (Prüfungsfächer)
§ 38 fasst § 38 Absatz 1 und 4 der abgelösten Steuerbeamtenausbildungs- und -prüfungsordnung übersichtlich zusammen.
Eine inhaltliche Änderung erfolgt insoweit, als nunmehr nach § 38 Absatz 1 Nummer 5 eine Kombination aus den Fächern der Steuererhebung und der Staats- oder Verwaltungskunde möglich ist. Diese Änderung soll der Staats- und Verwaltungskunde zum einen mehr Gewicht verleihen und die Beamtinnen und Beamten zu einer vertieften Auseinandersetzung mit diesem Rechtsgebiet anhalten, zum anderen erhalten die Bildungseinrichtungen so eine größere Flexibilität bei der Aufgabenauswahl. Außerdem entfällt die Möglichkeit, Prüfungsaufgaben ganz oder teilweise als Leistungstest oder in anderer geeigneter Form zu stellen und die Bearbeitungszeit angemessen zu verkürzen. Leistungstests sind somit nur noch in Ausbildungsabschnitten möglich, die nicht unmittelbar auf eine Prüfung vorbereiten bzw. eine Prüfung zum Gegenstand haben.
Zu § 39 (Prüfungsablauf, Niederschrift)
Zu Absatz 1
Die zuständige Stelle entscheidet in eigenem Ermessen und unter Berücksichtigung des Einzelfalls, ob eine ausreichende Entschuldigung vorliegt. Sofern dies nicht der Fall ist, besteht kein Ermessen hinsichtlich der Vergabe der Notenpunktzahl 0. Im Übrigen gelten für nicht oder nicht rechtzeitig abgelieferte Arbeiten die Vorgaben in § 22 (vgl. die Begründung dort) sowie für Ordnungsverstöße insbesondere die Vorgaben in § 23 (vgl. die Begründung dort).
Zu Absatz 2
Der Begriff des Sich-Verständigens in Satz 2 ist weit zu verstehen. Dazu gehören sämtliche Formen menschlicher Kommunikation wie mündliche oder schriftliche Formen, ebenso wie beispielsweise Handzeichen oder der Einsatz bildschirmorientierter oder anderer technischer Mittel. Technische Geräte wie Smartphones, Smartwatches und Ähnliches sind aufgrund der Möglichkeit zum Unterschleif bzw. Betrug vor Beginn der Prüfung durch die zu prüfenden Personen auszuschalten oder bei der Aufsicht abzugeben.
Die Beamtinnen und Beamten sollten rechtzeitig vor einer Prüfung auf die zugelassenen Hilfsmittel hingewiesen werden.
Zu Absatz 3
Vor Ablauf der Abgabezeit abgegebene Prüfungsarbeiten dürfen nicht mehr zur weiteren Bearbeitung an die Beamtin oder an den Beamten zurückgegeben werden.
Zu Absatz 4
Die ständige Aufsicht ist auch dann sicherzustellen, wenn die Prüfung in einem digitalen Format abgelegt wird. Die für die Durchführung der Prüfung zuständige Stelle hat die hierfür erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen. Kann in diesen Fällen eine ständige Aufsicht nicht gewährleistet werden, so ist die Prüfung in Präsenz durchzuführen.
Zu Absatz 5
Die Ausführungen zu § 23 Absatz 1 Satz 2 gelten an dieser Stelle entsprechend. Bei der Laufbahnprüfung handelt es sich um ein Berufszugangserfordernis entsprechend Artikel 12 GG. Der Ausschluss von der Fortsetzung der Arbeit stellt damit einen intensiven Eingriff in dieses Grundrecht dar und bedarf einer besonders sorgfältigen Abwägung.
Zu Absatz 6
Aufgrund der Möglichkeit zur Durchführung der Prüfungen in digitalen Formaten wurde § 39 Absatz 6 der abgelösten Steuerbeamten- und -prüfungsordnung gestrichen. Die Erfassung von Beginn, Ende, Unterbrechungen und etwaigen Unregelmäßigkeiten erfolgt nunmehr ausschließlich in der Niederschrift nach Absatz 6 und nicht mehr auf der Prüfungsarbeit selbst.
Zu § 40 (Information über das Ergebnis des schriftlichen Teils der Laufbahnprüfung)
Die Information über das Ergebnis des schriftlichen Teils der Laufbahnprüfung wird nunmehr in einem eigenen Paragraphen geregelt. Die zuständige Stelle entscheidet, ob die Information in schriftlicher oder elektronischer Weise erfolgt.
Zu § 41 (Zulassung zum mündlichen Teil der Laufbahnprüfung)
§ 41 übernimmt § 43 der abgelösten Steuerbeamten- und -prüfungsordnung weitestgehend inhaltsgleich. Eine Änderung der Zulassungsvoraussetzungen für die mündliche Prüfung erfolgte durch diese Verordnung nicht.
Die jeweiligen landesrechtlichen Vorgaben zu den Anforderungen an eine elektronische Bekanntgabe sind zu beachten.
Zu § 42 (Prüfungsfächer und Prüfungsablauf)
§ 42 übernimmt § 44 der abgelösten Steuerbeamten- und -prüfungsordnung weitestgehend inhaltsgleich.
Die Bereithaltung der Personal- und Ausbildungsakte zur Einsichtnahme in Absatz 2 dient der oder dem Vorsitzenden des Prüfungsausschusses als Vorbereitung für die Vorstellung der zu prüfenden Beamtinnen und Beamten vor dem Prüfungsausschuss. Aufgrund datenschutzrechtlicher Erwägungen ist die Kenntnisnahme des Inhalts der Personal- und Ausbildungsakte auf das für die Prüfungsvorbereitung erforderliche Maß zu beschränken.
Die Dokumentation der Leistungsbewertung der Beamtin oder des Beamten gemäß Absatz 6 Satz 1 ist nicht an eine bestimmte Form gebunden; sie kann z. B. schriftlich oder elektronisch erfolgen.
Zu den §§ 43 (Ermittlung der Endnotenpunktzahl und Ergebnis) bis 46 (Wiederholung)
Die Regelungen zum Ergebnis der Laufbahnprüfung entsprechen inhaltlich im Wesentlichen den Regelungen der §§ 45, 46, 48 und 47 Absatz 2 und 3 der abgelösten Steuerbeamtenausbildungs- und -prüfungsordnung.
Zu § 47 (Gliederung des Studiengangs)
§ 47 fasst die bisherigen Vorschriften der §§ 17 und 12 Absatz 2 der abgelösten Steuerbeamtenausbildungs- und -prüfungsordnung nunmehr übersichtlich zusammen. Absatz 6 wurde neu eingefügt und dient der Klarstellung.
Zu § 48 (Ausbildungsstellen)
Zu Absatz 1
Die Einrichtung der Fachhochschulen der öffentlichen Verwaltung oder gleichstehenden Bildungseinrichtungen obliegt den Bundesländern, wobei Ausbildungskooperationen zwischen mehreren Ländern zulässig und zwischen einigen bereits fest etabliert sind. Die Länder entscheiden über die Gleichstellung anderer Bildungseinrichtungen mit den Fachhochschulen der öffentlichen Verwaltung.
Zu Absatz 2
Es ist nicht ausgeschlossen, die Beamtinnen und Beamten zu Ausbildungszwecken anderen Finanzämtern als den Ausbildungsfinanzämtern zuzuweisen, wenn das Ausbildungsgebiet nicht durch das Ausbildungsfinanzamt abgedeckt werden kann (vgl. die Ausführungen zu den §§ 6 und 26).
Zu § 49 (Verlängerung oder Verkürzung des Vorbereitungsdienstes)
Die Beurteilung, ob eine Beamtin oder ein Beamter das Ziel des Ausbildungsabschnitts voraussichtlich erreichen können wird oder nicht, erfolgt im Zuge einer wertenden Gesamtbetrachtung ihrer oder seiner bisherigen Leistungen. Bei einer Überschreitung der in Absatz 1 Satz 2 und 3 genannten Zeiträume dürfte in der Regel eine Verlängerung angezeigt sein, außer wenn aus den bisherigen Leistungen der Beamtin oder des Beamten erkennbar wird, dass sie oder er in der Lage sein wird, den verpassten Lernstoff zügig nachzuholen, und das Erreichen der weiteren Studienziele nicht gefährdet erscheint (vgl. die Ausführungen zu § 27 Absatz 1).
Zu § 50 (Erholungsurlaub)
Durch die Formulierung „Lehrveranstaltungen der Bildungseinrichtungen“ in Satz 2 werden auch digitale Lehrveranstaltungen erfasst, bei denen Studierende etwa von zu Hause aus teilnehmen und sich nicht zwangsläufig in der Bildungseinrichtung aufhalten.
Klarstellend ist darauf hinzuweisen, dass keine Urlaubsanrechnung für Veranstaltungen erfolgt, die im Zusammenhang mit den Lehrveranstaltungen stehen (z. B. Anreisetage) oder als solche in Lehr- und Ausbildungsplänen ausgewiesen sind (z. B. Klausur- oder Studientage), vgl. die Ausführungen zu § 28.
Zu § 51 (Studienfächer und Gesamtstunden)
Die Wahl der Lehrveranstaltungsform (z. B. Vorlesungen, Übungen, Seminare) in Absatz 1 Satz 3 darf ausschließlich von sachlichen, d. h. pädagogischen und didaktischen Erwägungen bestimmt sein. Dabei sind auch digitale Lehr- und Lerneinheiten möglich. Der Einsatz digitaler Lehr- und Lerneinheiten soll die – mittlerweile unumgänglichen – digitalen Kompetenzen der Beamtinnen und Beamten fördern. Unter Berücksichtigung der vorgenannten Erwägungskriterien sollen Lehrkräfte daher dazu angehalten werden, verstärkt von geeigneten digitalen Lehr- und Lerneinheiten Gebrauch zu machen und sie den Beamtinnen und Beamten nahezubringen.
Zu § 52 (Lerninhalte und Einteilung der Studienfächer)
§ 52 fasst § 18 Absatz 1 bis 3 der abgelösten Steuerbeamtenausbildungs- und -prüfungsordnung zusammen. Inhaltliche Änderungen ergeben sich nicht.
Zu § 53 (Übungen und Seminare)
Zu Absatz 1
Durch die Übungen während der Fachstudien soll den Studierenden die Möglichkeit gegeben werden, ihr Wissen und ihre Fähigkeiten, die sie fächerübergreifend im Rahmen ihrer Ausbildung erworben haben, zu bündeln, zu verzahnen und zu festigen. Die Übungen stellen damit eine entscheidende Schnittstelle zwischen Theorie und Praxis dar. Entsprechend ist bei der Ausgestaltung der Übungen auf eine plausible und nachvollziehbare Kopplung der verschiedenen Fächer Wert zu legen.
Zu Absatz 2
Seminare bieten den Studierenden die Möglichkeit, sich mithilfe wissenschaftlicher Kenntnisse und Methoden vertieft mit einem bestimmten Fachthema zu beschäftigten. Die Studierenden sollen dabei insbesondere das in Vorlesungen erworbene Wissen punktuell vertiefen und zeigen, dass sie sich mit wissenschaftlichem Arbeiten auseinandersetzen und dieses auch anwenden können. Seminare leben von dem Austausch zwischen Studierenden und Lehrenden. Den Studierenden soll daher unter Einsatz sinnvoller didaktischer Methoden die Möglichkeit zu Gruppenarbeit, Diskussionen, Referaten und gegebenenfalls dem Anfertigen einer Seminararbeit Gelegenheit gegeben werden.
Zu Absatz 3
Durch die Ausweisung der Übungen als solche in den Stoffgliederungsplänen nach § 54 und in den Lehrplänen wird hinsichtlich der in den bundeseinheitlichen Lehrplänen ausgewiesenen Übungsstunden Transparenz hergestellt.
Zu § 54 (Stoffgliederungspläne, Lehrpläne und Abweichungen)
Zu den Absätzen 1 und 2
Stoffgliederungspläne legen nach Fächern getrennt den Stoffumfang und -inhalt und damit die Lehrreihenfolge sowie Rechts- und Verwaltungsgrundlagen fest. Damit bilden sie die Grundlage für eine differenzierte Ausarbeitung des Stoffes im Rahmen der Lehrpläne, die grundsätzlich durch die Bildungseinrichtungen erstellt werden. Die Lehrpläne legen die konkreten Unterrichtsstunden pro Themengebiet fest und beinhalten gegebenenfalls Intensitätsstufen für die jeweilige Unterrichtseinheit. Zur Sicherstellung der Einheitlichkeit der Ausbildung ist der Koordinierungsausschuss gemäß § 87 Nummer 1 Buchstabe a an der Erarbeitung der Stoffgliederungspläne und gemäß § 87 Nummer 1 Buchstabe b an der Erarbeitung der Lehrpläne beteiligt (vgl. auch die Ausführungen zu § 31 Absatz 1 und 2).
Zu Absatz 3
In Anlehnung an die Rechtsprechung des BVerfG (vgl. BVerfG, Beschluss vom 8. Dezember 2009, Az. 2 BvR 758/07 Rn. 91) ist eine grundsätzliche Bedeutung dann anzunehmen, wenn eine über den Einzelfall hinausgehende Frage betroffen ist, deren Klärung im Interesse der einheitlichen Ausbildung der Steuerbeamtinnen und Steuerbeamten oder einer einheitlichen Auslegung und Anwendung der maßgeblichen Vorschriften geboten erscheint (vgl. auch die Ausführungen zu § 31 Absatz 3).
Zu § 55 (Aufsichtsarbeiten im Grund- und Hauptstudium)
Die Zwecke der Aufsichtsarbeiten sind insbesondere Motivierung und Orientierung hinsichtlich der Leistungen der Studierenden in den einzelnen Studienabschnitten (vgl. insofern auch Absatz 2), aber noch vor der Laufbahnprüfung. So soll Studierenden und Lehrenden zum einen ein umfassendes Bild des jeweiligen Leistungsstands vermittelt werden, auch wenn in einem frühen Stadium des Studiums nur erste Anwendungskenntnisse in fachlicher und methodischer Hinsicht abgefragt werden können, zum anderen sollen sie mithilfe der Aufsichtsarbeiten auf die Laufbahnprüfung vorbereitet werden.
Der Begriff der „Leistungstests“ in Absatz 1 Satz 4 und nachfolgend in Absatz 3 ist weit zu verstehen und umfasst grundsätzlich alle denkbaren Formen des Leistungsnachweises (vgl. auch die Ausführungen zu § 12 Absatz 2).
Die Wahl von alternativen Leistungstests und einer Verkürzung der Bearbeitungszeit nach Absatz 3 liegt im Ermessen der zuständigen Stelle. Von dieser Möglichkeit darf jedoch nur Gebrauch gemacht werden, wenn sie geeignet ist, den Wissensstand der Studierenden vergleichbar einer Aufsichtsarbeit unter Ausschöpfung der vorgegebenen Zeitstunden wiederzugeben.
Die Verweiskette in Absatz 5 ist notwendig, da sich die darin genannten Vorschriften ausschließlich auf Prüfungsarbeiten beziehen, Aufsichtsarbeiten jedoch keine Prüfungsarbeiten im Sinne dieser Verordnung darstellen.
Durch die Regelung in Absatz 6 soll sichergestellt werden, dass in den Aufsichtsarbeiten der Fächer der Zwischenprüfung und der schriftlichen Laufbahnprüfung diese ebenfalls teilweise im Antwort-Wahl-Verfahren durchgeführt werden, wenn dies in der Zwischenprüfung oder Laufbahnprüfung der Fall ist. In diesen Fällen ist eine Kongruenz zwischen der Form der Aufsichtsarbeiten und der der Zwischenprüfung oder der Laufbahnprüfung zwingend, um die Studierenden mit der im Vergleich zu Langtextaufgaben neuartigen Prüfungsform des Antwort-Wahl-Verfahrens vertraut zu machen.
Nicht ausgeschlossen ist damit hingegen, die Prüfungen ausschließlich im Langtextformat abzuhalten, auch wenn die vorherigen Aufsichtsarbeiten teilweise im Antwort-Wahl-Verfahren durchgeführt worden sind. Insofern ist davon auszugehen, dass das Langtextformat als „klassische“ Prüfungsart den Studierenden hinlänglich bekannt und vertraut sein dürfte. Dieser Gestaltungsspielraum ist insoweit auch notwendig bei Prüfungsarbeiten von Nachschreibern oder bei Wiederholungsprüfungen mit einer geringen Teilnehmerzahl (vgl. auch die Ausführungen zu § 32 Absatz 6).
Zu § 56 (Abschlussklausuren im Grundstudium)
Zu den Absätzen 1 und 2
Die Absätze 1 und 2 entsprechen § 18 Absatz 8 Satz 1 und 2 der abgelösten Steuerbeamtenausbildungs- und -prüfungsordnung. Absatz 1 Nummer 5 wurde um die Möglichkeit zur Kombination zwischen Privatrecht und Öffentlichem Recht ergänzt, da vertiefte Kenntnisse im Privatrecht unumgänglich für ein vollumfängliches Verständnis des Steuerrechts sind. Diese Änderung soll sowohl dem Privatrecht als auch dem Öffentlichen Recht zum einen mehr Gewicht verleihen und Studierende zu einer vertieften Auseinandersetzung mit diesen Rechtsgebieten anhalten; zum anderen erhalten die Bildungseinrichtungen so eine größere Flexibilität bei der Aufgabenauswahl.
Zu Absatz 3
Die Verweiskette ist notwendig, da sich die darin genannten Vorschriften ausschließlich auf Prüfungsarbeiten beziehen, Abschlussklausuren jedoch keine Prüfungsarbeiten im Sinne dieser Verordnung darstellen.
Zu Absatz 4
Durch die Regelung in Absatz 4 soll sichergestellt werden, dass die den Abschlussklausuren vorgelagerten Aufsichtsarbeiten ebenfalls teilweise im Antwort-Wahl-Verfahren durchgeführt werden, wenn dies in den Abschlussklausuren der Fall ist. In diesen Fällen ist eine Kongruenz zwischen der Form der Aufsichtsarbeiten und der der Abschlussklausuren zwingend, um der besonderen Bedeutung der Abschlussklausuren für die Laufbahnprüfung (vgl. § 58 Absatz 1 in Verbindung mit § 73 Absatz 2) gerecht zu werden und die Studierenden mit der im Vergleich zu Langtextaufgaben neuartigen Prüfungsform des Antwort-Wahl-Verfahrens vertraut zu machen.
Nicht ausgeschlossen ist damit hingegen, die Abschlussklausuren ausschließlich im Langtextformat durchzuführen, auch wenn die vorherigen Aufsichtsarbeiten teilweise im Antwort-Wahl-Verfahren gestellt worden sind. Insofern ist davon auszugehen, dass das Langtextformat als „klassische Prüfungsart“ den Studierenden hinlänglich bekannt und vertraut sein dürfte (vgl. auch die Ausführungen zu § 32 Absatz 6 und § 55 Absatz 6).
Zu § 57 (Schriftliche Arbeit im Hauptstudium)
Zu Absatz 1
Satz 1 entspricht § 18 Absatz 9 der abgelösten Steuerbeamtenausbildungs- und -prüfungsordnung.
Durch die Verpflichtung zum Anfertigen einer schriftlichen Arbeit in Satz 1 sollen die Studierenden belegen, dass sie in der Lage sind, ein bestimmtes wissenschaftliches Thema innerhalb einer vorgegebenen Zeit selbstständig unter Zuhilfenahme wissenschaftlicher Erkenntnisse und Methoden zu fertigen.
Satz 2 dient zum einen der Verfahrensvereinfachung durch die freie Wahl der Bildungseinrichtung zur Abgabeform und zum anderen der Ermöglichung des Einsatzes elektronischer Hilfsmittel zur Überprüfung der schriftlichen Arbeit auf Plagiate.
Zu Absatz 2
Die Verweiskette ist notwendig, da sich die darin genannten Vorschriften ausschließlich auf Prüfungsarbeiten beziehen, die schriftliche Arbeit jedoch keine Prüfungsarbeit im Sinne dieser Verordnung darstellt.
Zu § 58 (Beurteilungen und Studiennoten für die Fachstudien)
§ 58 fasst § 18 Absatz 10 und 11 der abgelösten Steuerbeamtenausbildungs- und -prüfungsordnung in einer Vorschrift zusammen. Die Vorschrift wurde sprachlich angepasst und neu strukturiert, inhaltliche Änderungen ergeben sich nicht.
Bei dem Begriff der Studienleistung in Absatz 3 Nummer 1 und Absatz 4 Nummer 1 handelt es sich um die gemäß Absatz 1 Satz 1 nach den Anlagen 12 bis 14 beurteilten Leistungen der Beamtinnen und Beamten.
Zu § 59 (Gliederung, Ziel und Inhalte)
§ 59 basiert auf die §§ 7, 9 Absatz 2, § 12 Absatz 1 und § 24 Absatz 1 bis 4 der abgelösten Steuerbeamtenausbildungs- und -prüfungsordnung. Die Vorschrift wurde strukturell neu gefasst, inhaltliche Änderungen ergeben sich nicht.
Zu den berufspraktischen Studienzeiten nach Absatz 2 gehört im Hinblick auf die voranschreitende Digitalisierung auch, dass Beamtinnen und Beamten beispielsweise in neuartige technisierte Arbeitsprozesse oder Bearbeitungsmodelle einbezogen und darin geschult werden.
Für die Beurteilung der grundsätzlichen Bedeutung in Absatz 7 gelten die Ausführungen in der Begründung zu § 31 Absatz 3 entsprechend.
Zu § 60 (Beurteilung im Ausbildungsfinanzamt)
Die Amtsleitung ist nach Satz 1 verpflichtet, die Beamtin oder den Beamten vor Beginn des mündlichen Teils der Laufbahnprüfung zu beurteilen. Ein Ermessen hinsichtlich des „ob“ besteht nicht. Da die Beurteilung der Beamtin oder dem Beamten nach Satz 4 bekanntzugeben und zu besprechen ist, sollte sie rechtzeitig vor Beginn des mündlichen Teils der Laufbahnprüfung erfolgen (vgl. auch die Ausführungen zu § 35).
Zu § 61 (Prüfungsausschuss)
Zu Absatz 1
Der Prüfungsausschuss entscheidet ausschließlich anhand der in dieser Verordnung festgelegten Bewertungsgrundsätze.
Zu Absatz 2
Die Besetzung des Prüfungsausschusses für den gehobenen Steuerverwaltungsdienst wurde im Zuge der Neustrukturierung der Besetzung für den mittleren Steuerverwaltungsdienst angeglichen, indem nur noch zwei anstatt drei Beisitzerinnen bzw. Beisitzer verpflichtend sind. Da es sich bei der Besetzung der Beisitzerinnen und Beisitzer nach Satz 1 Nummer 2 um die Mindestbesetzung handelt, kann sich die zuständige Stelle jedoch auch einer höheren Anzahl an Beisitzerinnen und Beisitzern bedienen, vgl. auch die Ausführungen zu § 37 Absatz 2.
Unter Satz 2 fallen beispielsweise Beschäftigte, die ihre fachlichen Kenntnisse durch Zusatzqualifikationen oder langjährige Berufserfahrung in einem steuerlichen Gebiet belegen können. Die für die Besetzung des Prüfungsausschusses zuständige Stelle entscheidet, inwieweit die in Betracht kommenden Beschäftigten über die erforderliche Sachkunde verfügen und ihnen somit eine Prüferkompetenz zukommen kann, vgl. auch die Ausführungen zu § 37 Absatz 2.
Zu Absatz 3
Die eigenständige und unabhängige Urteilsbildung der Mitglieder des Prüfungsausschusses darf nicht eingeschränkt werden (vgl. BVerwG, Beschluss vom 9. Oktober 2012, Az. 6 B 39/12; vgl. auch die Ausführungen zu § 37 Absatz 3).
Zu Absatz 4
Die bisher nicht vorhandene Regelung zur Herbeiführung von Beschlüssen im schriftlichen oder elektronischen Umlaufverfahren in Satz 3 dient der Verfahrensvereinfachung (vgl. die Ausführungen zu § 37 Absatz 4 Satz 3).
Zu Absatz 5
Die Beratungen des Prüfungsausschusses können auch in digitaler Form, beispielsweise per Videotechnik, erfolgen.
Zu § 62 (Prüfungsablauf, Niederschrift)
Zu Absatz 1
Die zuständige Stelle entscheidet in eigenem Ermessen und unter Berücksichtigung des Einzelfalls, ob eine ausreichende Entschuldigung vorliegt. Sofern dies nicht der Fall ist, besteht kein Ermessen hinsichtlich der Vergabe der Notenpunktzahl 0. Im Übrigen gelten für nicht oder nicht rechtzeitig abgelieferte Arbeiten die Vorgaben in § 22 (vgl. die Begründung dort) sowie für Ordnungsverstöße insbesondere die Vorgaben in § 23 (vgl. die Begründung dort).
Zu Absatz 2
Der Begriff des Sich-Verständigens in Satz 2 ist weit zu verstehen. Dazu gehören sämtliche Formen menschlicher Kommunikation wie mündliche oder schriftliche Formen, ebenso wie beispielsweise Handzeichen oder der Einsatz bildschirmorientierter oder anderer technischer Mittel. Technische Geräte wie Smartphones, Smartwatches und ähnliches sind aufgrund der Möglichkeit zum Unterschleif bzw. Betrug vor Beginn der Prüfung durch die zu prüfenden Personen auszuschalten oder bei der Aufsicht abzugeben.
Die Beamtinnen und Beamten sollten rechtzeitig vor einer Prüfung auf die zugelassenen Hilfsmittel hingewiesen werden.
Zu Absatz 3
Vor Ablauf der Abgabezeit abgegebene Prüfungsarbeiten dürfen nicht mehr zur weiteren Bearbeitung an die Beamtin oder an den Beamten zurückgegeben werden.
Zu Absatz 4
Die ständige Aufsicht ist auch dann sicherzustellen, wenn die Prüfung in einem digitalen Format abgelegt wird. Die für die Durchführung der Prüfung zuständige Stelle hat die hierfür erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen. Kann in diesen Fällen eine ständige Aufsicht nicht gewährleistet werden, so ist die Prüfung in Präsenz durchzuführen.
Zu Absatz 5
Die Ausführungen zu § 23 Absatz 1 Satz 2 gelten an dieser Stelle entsprechend. Bei der Zwischenprüfung und der Laufbahnprüfung handelt es sich jeweils um ein Berufszugangserfordernis entsprechend Artikel 12 GG. Der Ausschluss von der Fortsetzung der Arbeit stellt damit einen intensiven Eingriff in dieses Grundrecht dar und bedarf einer besonders sorgfältigen Abwägung.
Zu Absatz 6
Aufgrund der Möglichkeit zur Durchführung der Prüfungen in digitalen Formaten wurde § 39 Absatz 5 der abgelösten Steuerbeamtenausbildungs- und -prüfungsordnung nicht in diese Verordnung überführt. Die Erfassung von Beginn, Ende, Unterbrechungen und etwaigen Unregelmäßigkeiten erfolgt nunmehr ausschließlich in der Niederschrift nach Absatz 6 und nicht mehr auf der Prüfungsarbeit selbst.
Zu § 63 (Ziel)
Durch die Zwischenprüfung wird der jeweilige Ausbildungsstand der Studierenden oder des Studierenden ermittelt. Ihr Ergebnis kann dazu dienen, etwaige Defizite bei der Studierenden oder dem Studierenden zu erkennen, um korrigierend auf das weitere Studium einwirken zu können.
Zu § 64 (Prüfungsfächer)
§ 64 fasst § 38 Absatz 1 und 4 der abgelösten Steuerbeamtenausbildungs- und -prüfungsordnung übersichtlich zusammen.
Eine inhaltliche Änderung erfolgt insoweit, als nunmehr nach § 64 Absatz 1 Nummer 5 eine Kombination aus den Fächern Öffentliches Recht mit Privatrecht möglich ist, da vertiefte Kenntnisse im Privatrecht unumgänglich für ein vollumfängliches Verständnis des Steuerrechts sind. Diese Änderung soll sowohl dem Privatrecht als auch dem Öffentlichen Recht zum einen mehr Gewicht verleihen und Studierende zu einer vertieften Auseinandersetzung mit diesen Rechtsgebieten anhalten; zum anderen erhalten die Bildungseinrichtungen so eine größere Flexibilität bei der Aufgabenauswahl. Außerdem entfällt die Möglichkeit, Prüfungsaufgaben ganz oder teilweise als Leistungstest oder in anderer geeigneter Form zu stellen und die Bearbeitungszeit angemessen zu verkürzen. Leistungstests sind somit nur noch in Studienabschnitten möglich, die nicht unmittelbar auf eine Prüfung vorbereiten bzw. eine Prüfung zum Gegenstand haben.
Zu § 65 (Ermittlung der Endnotenpunktzahl und Ergebnis)
§ 65 entspricht § 41 der abgelösten Steuerbeamtenausbildungs- und -prüfungsordnung. Eine inhaltliche Änderung erfolgte nicht.
Zu § 66 (Bekanntgabe des Ergebnisses der Zwischenprüfung)
§ 66 entspricht § 42 Absatz 1 und 2 der abgelösten Steuerbeamtenausbildungs- und -prüfungsordnung. Eine inhaltliche Änderung erfolgte nicht. Je nach Ausgestaltung der landesrechtlichen Bekanntgabevorschriften (vgl. für den Bund: § 41 Absatz 2 und 2a VwVfG) ist sowohl eine schriftliche als auch eine elektronische Bekanntgabe des Ergebnisses möglich.
Zu § 67 (Wiederholung)
Zu Absatz 1
Die Zwischenprüfung gilt beispielsweise dann als nicht bestanden, wenn der Prüfungsausschuss die Prüfung nach § 22 Absatz 1 für nicht bestanden erklärt oder die Beamtin oder der Beamte die bereits begonnene Prüfung ohne ausreichende Entschuldigung abbricht.
Zu Absatz 2
Durch die Neustrukturierung der Steuerbeamtenausbildungs- und -prüfungsordnung wurde der Prüfungswiederholungszeitraum in Satz 1 von drei auf sieben Monate erweitert. Beamtinnen und Beamte, die unverschuldet an der Wiederholung der Zwischenprüfung gehindert waren, müssen somit nicht unmittelbar die Entlassung aus dem Beamtenverhältnis fürchten (vgl. § 22 Absatz 4 des Beamtenstatusgesetzes – BeamtStG). Diese Beamtinnen und Beamten können je nach Ausgestaltung des Ausbildungs- und Prüfungsablaufs in dem jeweiligen Bundesland gegebenenfalls gemeinsam mit Prüflingen aus dem nachfolgenden Jahrgang geprüft werden. Durch die Ausdehnung des Wiederholungszeitraums erhält die Bildungseinrichtung zudem einen größeren Spielraum für die Terminfestsetzung bei der Wiederholungsprüfung und kann Prüfungstermine gegebenenfalls sinnvoll miteinander verbinden.
Zu Absatz 3
Satz 1 wurde im Rahmen der Neustrukturierung dieser Verordnung neu formuliert. Er regelt nunmehr das endgültige Nichtbestehen der Zwischenprüfung, was hinsichtlich der Entlassung aus dem Beamtenverhältnis auf Widerruf nach § 22 Absatz 4 BeamtStG zwingende Voraussetzung ist. Ausdrücklich ausgenommen sind hiervon Beamtinnen und Beamte, die die Sieben-Monats-Frist nach Absatz 2 Satz 1 unverschuldet, beispielsweise aufgrund von Krankheit, nicht einhalten konnten. Die Feststellung, dass der Vorbereitungsdienst bei endgültigem Nichtbestehen beendet ist, dient der Klarstellung, denn die Beendigung des Beamtenverhältnisses kraft Gesetzes ergibt sich in diesen Fällen bereits aus § 22 Absatz 4 BeamtStG.
Nach Satz 2 bleibt es den Ländern unbenommen, beispielsweise abweichend von § 22 Absatz 4 BeamtStG vorzugeben, zu welchem Zeitpunkt die Beamtin oder der Beamte aus dem Beamtenverhältnis entlassen wird.
Zu den §§ 68 (Ziel) und 69 (Prüfungsfächer des schriftlichen Teils der Laufbahnprüfung)
Die Regelungen zur Laufbahnprüfung für den gehobenen Steuerverwaltungsdienst entsprechen inhaltlich im Wesentlichen den Regelungen in § 33 Absatz 3 Satz 1 und 2, Absatz 4 sowie § 38 Absatz 1 und 4 der abgelösten Steuerbeamtenausbildungs- und -prüfungsordnung. Die Vorschriften wurden klarer gegliedert, eine inhaltliche Änderung erfolgte nur insoweit, als dass die Möglichkeit entfällt, Prüfungsaufgaben ganz oder teilweise als Leistungstest oder in anderer geeigneter Form zu stellen und die Bearbeitungszeit angemessen zu verkürzen. Leistungstests sind somit nur noch in Studienabschnitten möglich, die nicht unmittelbar auf eine Prüfung vorbereiten bzw. eine Prüfung zum Gegenstand haben.
Zu § 70 (Information über das Ergebnis des schriftlichen Teils der Laufbahnprüfung)
Die Information über das Ergebnis des schriftlichen Teils der Laufbahnprüfung wird nunmehr in einem eigenen Paragraphen geregelt. Die zuständige Stelle entscheidet, ob die Information in schriftlicher oder elektronischer Weise erfolgt.
Zu § 71 (Zulassung zum mündlichen Teil der Laufbahnprüfung)
Eine Änderung der Zulassungsvoraussetzungen für den mündlichen Teil der Laufbahnprüfung erfolgte durch die Neustrukturierung der Steuerbeamtenausbildungs- und -prüfungsordnung nicht.
Die Möglichkeit in Absatz 4, der Studierenden oder dem Studierenden die Nichtzulassung zum mündlichen Teil der Laufbahnprüfung elektronisch bekanntzugeben, dient der Verfahrensvereinfachung. Die jeweiligen landesrechtlichen Vorgaben zu den Anforderungen an eine elektronische Bekanntgabe sind zu beachten.
Zu den §§ 72 (Mündlicher Teil der Laufbahnprüfung) bis 76 (Wiederholung)
Die Regelungen zur Laufbahnprüfung für den gehobenen Steuerverwaltungsdienst entsprechen inhaltlich im Wesentlichen den Regelungen in den §§ 44, 45, 46, 48 und 47 Absatz 2 und 3 der abgelösten Steuerbeamtenausbildungs- und -prüfungsordnung. Die Vorschriften wurden klarer gegliedert, eine inhaltliche Änderung erfolgte nicht.
Die Bereithaltung der Personal- und Ausbildungsakte zur Einsichtnahme in § 72 Absatz 2 dient der oder dem Vorsitzenden des Prüfungsausschusses als Vorbereitung für die Vorstellung der zu prüfenden Beamtinnen und Beamten vor dem Prüfungsausschuss. Aufgrund datenschutzrechtlicher Erwägungen ist die Kenntnisnahme des Inhalts der Personal- und Ausbildungsakte auf das für die Prüfungsvorbereitung erforderliche Maß zu beschränken.
Die Dokumentation der Leistungsbewertung der Beamtin oder des Beamten gemäß Absatz 6 Satz 1 ist nicht an eine bestimmte Form gebunden; sie kann z. B. schriftlich oder elektronisch erfolgen.
Zu § 77 (Übernahmemöglichkeiten in die Laufbahn des mittleren Steuerverwaltungsdienstes)
Die Regelung zur Übernahmemöglichkeit in die Laufbahn des mittleren Steuerverwaltungsdienstes entspricht inhaltlich der Regelung in § 47 Absatz 4 der abgelösten Steuerbeamtenausbildungs- und -prüfungsordnung.
Betroffenen Beamtinnen und Beamten soll durch die Zuerkennung der Befähigung für den mittleren Steuerverwaltungsdienst gleichwohl die Möglichkeit gegeben werden, in der Steuerverwaltung eingesetzt zu werden, um ihr erworbenes Wissen nutzen zu können. Im Falle der Zuerkennung der Laufbahnbefähigung für den mittleren Steuerverwaltungsdienst werden die betroffenen Beamtinnen und Beamten in der Laufbahn des mittleren Steuerverwaltungsdienstes (neu) eingestellt. Ein Anspruch auf Zuerkennung der Laufbahnbefähigung für den mittleren Steuerverwaltungsdienst besteht grundsätzlich nicht. Über die Zuerkennung der Laufbahnbefähigung für den mittleren Steuerverwaltungsdienst entscheidet die zuständige Stelle nach eigenem Ermessen unter Berücksichtigung der bisherigen fachlichen und persönlichen Eignung der Beamtin oder des Beamten.
Zu den §§ 78 (Aufstieg in den mittleren Steuerverwaltungsdienst) bis 80 (Aufstieg in den höheren Steuerverwaltungsdienst)
Grundlage für das Aufstiegsverfahren in die nächsthöhere Laufbahn bildet § 6 StBAG. Gemäß § 6 Absatz 2 und 3 StBAG durchlaufen die Beamtinnen und Beamten im Aufstiegsverfahren in den mittleren bzw. gehobenen Steuerverwaltungsdienst die für ihre Laufbahn vorgesehene Einführungszeit. Diese Einführungszeit ist wiederum als Vorbereitungsdienst für den mittleren bzw. gehobenen Steuerverwaltungsdienst in der Steuerbeamtenausbildungs- und -prüfungsordnung geregelt. Der Aufstieg in die Laufbahn des höheren Steuerverwaltungsdienstes richtet sich gemäß § 6 Absatz 5 StBAG wiederum nach landesrechtlichen Vorschriften, da die bildungs- und berufsqualifizierenden Voraussetzungen für diese Laufbahn grundsätzlich nicht über die in der Steuerbeamtenausbildungs- und -prüfungsordnung abschließend geregelten Vorbereitungsdienste erworben werden können.
Die Regelungen zum Aufstiegsverfahren entsprechen inhaltlich den Regelungen in den §§ 31 und 32 der abgelösten Steuerbeamtenausbildungs- und -prüfungsordnung. Die Vorschriften wurden klarer gegliedert, eine inhaltliche Änderung erfolgte nicht.
Zu § 81 (Ziel)
Zu Absatz 1
Die Länder bieten geeignete Bildungsangebote unter Beachtung der fachlichen Anforderungen und didaktischer Grundsätze in eigenem Ermessen an. Sie sollen dafür Sorge tragen, dass dabei nur fachlich und persönlich geeignete Lehrende eingesetzt werden und dass die Beamtinnen und Beamten die zusätzlichen Bildungsangebote unter Beachtung der ihnen übertragenen berufspraktischen Aufgaben sinnvoll und in einer förderlichen Weise wahrnehmen können.
Die Bildungsangebote können auch in einem geeigneten Umfang in digitaler Form angeboten werden. Den Beamtinnen und Beamten soll dabei Gelegenheit zum gegenseitigen Austausch gegeben werden.
Zu Absatz 2
Beamtinnen und Beamte sind zur Teilnahme an den ergänzenden und den fortführenden Studien verpflichtet. In den ergänzenden und den fortführenden Studien erwerben die Nachwuchskräfte des höheren Steuerverwaltungsdienstes grundlegende steuerfachliche, methodische, soziale und personale Kompetenzen zur Leitung von Organisationseinheiten in einem Finanzamt. Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit des Verwaltungshandelns sowie die europäischen und internationalen Bezüge des Steuerrechts werden dabei berücksichtigt.
Die ergänzenden und fortführenden Studien können auch in einem geeigneten Umfang in digitaler Form angeboten werden. Den Beamtinnen und Beamten soll dabei Gelegenheit zum gegenseitigen Austausch gegeben werden.
Die Dienststellen haben dafür Sorge zu tragen, dass sich die Beamtinnen und Beamten während dieser Zeit vorrangig den ergänzenden oder fortführenden Studien widmen können. Etwaige notwendige Dienstverpflichtungen sind währenddessen auf ein Mindestmaß zu beschränken.
Zu den §§ 82 (Ablauf) und 83 (Allgemeine Grundsätze für die berufspraktische Einweisung)
Die Regelungen zur Einführung in den höheren Steuerverwaltungsdienst entsprechen inhaltlich den Regelungen in den §§ 26, 27 Absatz 1 und § 28 der abgelösten Steuerbeamtenausbildungs- und -prüfungsordnung. Die Vorschrift wurde klarer gegliedert, eine inhaltliche Änderung erfolgte nicht.
Zu § 84 (Durchführung der berufspraktischen Einweisung)
Die berufspraktische Einweisung der Beamtinnen und Beamten des höheren Steuerverwaltungsdienstes nach Absatz 2 muss im Gegensatz zu § 29 Absatz 2 Nummer 2 der abgelösten Steuerbeamtenausbildungs- und -prüfungsordnung nicht mehr in der Besitz- und Verkehrssteuerabteilung erfolgen. Durch die Erweiterung der möglichen Einsatzgebiete erhält die die Beamtinnen und Beamten einweisende Stelle zugleich mehr Flexibilität bei der Einsatzplanung.
Die ursprüngliche Bezeichnung „Vorsteherin“ bzw. „Vorsteher“ in Absatz 3 wurde durch die der „Amtsleitung“ ersetzt (vgl. auch die Begründung zu § 8).
Zu § 85 (Abschluss und Verlängerung der Einführung)
§ 85 entspricht § 30 der abgelösten Steuerbeamtenausbildungs- und -prüfungsordnung. Eine inhaltliche Änderung erfolgte nicht.
Zu den §§ 86 (Bildung und Mitglieder) bis 89 (Arbeitsausschüsse)
Die Regelungen zum Koordinierungsausschuss entsprechen inhaltlich den Regelungen in § 50 der abgelösten Steuerbeamtenausbildungs- und -prüfungsordnung. Die Vorschriften wurden klarer gegliedert und Verweisketten aufgelöst, eine inhaltliche Änderung erfolgte jedoch nicht.
Die in § 9 Absatz 1 und § 50 Absatz 2 Nummer 1 Buchstabe a der abgelösten Steuerbeamtenausbildungs- und -prüfungsordnung verwendeten Begriffe Unterrichtsplan und Studienplan werden nicht übernommen. Diese Änderung wird vorgenommen, weil es insoweit keiner Richtlinien durch den Koordinierungsausschuss bedarf, denn die (Studien-)Fächer und ihre Stundenanzahl sind in den Anlagen 2 und 11 unmittelbar durch diese Verordnung festgelegt (vgl. § 29 Absatz 1 und § 51 Absatz 1).
Zu § 90 (Beteiligung der Personalvertretungen)
§ 90 entspricht § 51 der abgelösten Steuerbeamtenausbildungs- und -prüfungsordnung. Eine inhaltliche Änderung erfolgte nicht.
Zu § 91 (Übergangsvorschrift)
Diese neue Stammverordnung gilt für alle Auszubildenden bzw. Studierenden, die ihren Vorbereitungsdienst nach dem Inkrafttreten dieser Verordnung aufgenommen haben. Für Auszubildende und Studierende, die ihren Vorbereitungsdienst davor aufgenommen haben, gelten übergangsweise die Regelungen der abgelösten Steuerbeamtenausbildungs- und -prüfungsordnung in der Fassung der Bekanntmachung vom 29. Oktober 1996.
Zusätzlich wurde den Ländern die Möglichkeit eröffnet, § 61 Absatz 2 auch für Sachverhalte anzuwenden, bei denen das Studium vor Inkrafttreten dieser Verordnung aufgenommen worden ist. Die in § 61 Absatz 2 im Vergleich zu der Vorgängerregelung des § 34 Absatz 2 Satz 2 verkleinerte Besetzung der Prüfungsausschüsse bei Prüfungen im gehobenen Steuerverwaltungsdienst (vgl. die Ausführungen zu § 61 Absatz 2) soll den Ländern eine Verfahrensvereinfachung sowie einen sinnvollen Ressourceneinsatz bei begrenzter Personalausstattung ermöglichen. Nicht ausgeschlossen ist es, die Besetzung wie bei der Vorgängerregelung zu belassen, da § 61 Absatz 2 Nummer 2 nur die Mindestbesetzung regelt. Nicht zulässig ist hingegen eine Verkleinerung bereits eingesetzter Prüfungsausschüsse für begonnene Prüfungen.
Zu § 92 (Inkrafttreten, Außerkrafttreten)
Diese Stammverordnung tritt am Tag nach ihrer Verkündung in Kraft. Der Empfehlung des Arbeitsprogramms Bessere Rechtsetzung und Bürokratieabbau 2018, Regelungsvorhaben möglichst zum ersten Tag des auf die Verkündung folgenden Quartals in Kraft zu setzen (Quartalsregelung) wurde nicht gefolgt. Diese Entscheidung folgt den ausdrücklich geltend gemachten Interessen der Finanzverwaltungen der Länder als Regelungsadressaten an einem möglichst zeitnahen Inkrafttreten der Neuregelung.
Auf Wunsch der Länder ist ein zeitiges Inkrafttreten der Neuregelung u. a. angezeigt, um im Hinblick auf die erhebliche Bindung von Personalkapazitäten bei der Prüfungsabnahme mit der Möglichkeit verkleinerter Prüfungsausschüsse (vgl. §§ 37, 61) reagieren zu können. Ein erhöhter Erfüllungsaufwand durch ein Inkrafttreten am Tag nach der Verkündung ist hingegen nicht erkennbar und würde zudem in der Gewichtung dahinter zurücktreten.
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