Bundesministerium
für Digitales und Verkehr
Bekanntmachung
der Richtlinie
über die Gewährung von Billigkeitsleistungen nach Maßgabe
von § 53 der Bundeshaushaltsordnung
zur Aufrechterhaltung des Seelotswesens
Präambel
Auf Grund der seit Mitte März 2020 durch den Ausbruch von COVID-19 zu verzeichnenden Verkehrsrückgänge und Verlagerungen von Verkehrsströmen, die für den Bund und die Lotsenbrüderschaften unvorhersehbar waren, können in einzelnen Lotsenbrüderschaften existenzgefährdende Defizite entstehen. Die freiberuflichen Seelotsen sind nicht berechtigt, Kurzarbeitergeld zu beziehen. Anderweitige Kompensationsbemühungen blieben ohne Ergebnis.
Eine Billigkeitsleistung angelehnt an geltende Bestimmungen zur Kurzarbeit dient dem Interesse des Bundes zur Aufrechterhaltung des Seelotswesens. Ohne die finanzielle Unterstützung des Bundes in Form der Kompensation der Einkommenseinbußen kann nicht gewährleistet werden, dass qualifizierte Lotsdienste weiterhin vorhanden sind. Massive Verdienstausfälle bergen die Gefahr, dass die Lotsen einen anderen Beruf wählen, um ihren Lebensunterhalt sichern zu können.
Die lang anhaltenden Auswirkungen der COVID-19-Pandemie und die unsichere Einkommenslage der Seelotsen bestehen auch im Jahr 2022 fort, da unvorhergesehene Corona bedingte Verkehrsrückgänge und Verkehrsverlagerungen, wie z. B. in der Passagier- und Kreuzschifffahrt, nicht auszuschließen sind.
Grundsätze
(1) Das Bundesministerium für Digitales und Verkehr gewährt auf Grundlage der im Bundeshaushalt ausgebrachten Ausgabeermächtigung Mittel für Billigkeitsleistungen an Lotsenbrüderschaften im Zuständigkeitsbereich des Bundes nach Maßgabe dieser Richtlinie.
(2) Die Billigkeitsleistung erfolgt nach Maßgabe von § 53 der Bundeshaushaltsordnung und dieser Richtlinie und stellt eine freiwillige Leistung aus dem Bundeshaushalt dar. Diese Leistungen werden bei der zukünftigen Tarifierung des Lotsgeldes angemessen berücksichtigt und kommen damit der Schifffahrt zugute.
(3) Über Anträge auf Gewährung einer Billigkeitsleistung entscheidet die Generaldirektion Wasserstraßen und Schifffahrt als Aufsichtsbehörde für das Seelotswesen (im Weiteren: Bewilligungsbehörde).
(4) Ein Anspruch auf Gewährung der Billigkeitsleistung besteht nicht. Die Bewilligungsbehörde entscheidet aufgrund pflichtgemäßen Ermessens und nach Maßgabe dieser Grundsätze im Rahmen der verfügbaren Haushaltsmittel.
(5) Die Unwirksamkeit, Rücknahme oder der Widerruf von Bescheiden der Bewilligungsbehörde sowie die Erstattung von Ausgleichszahlungen und deren Verzinsung richten sich nach dem Verwaltungsrecht des Bundes (§§ 43, 48, 49 und 49a des Verwaltungsverfahrensgesetzes).
(6) Für die Billigkeitsleistung nach dieser Richtlinie dürfen der Antragsteller sowie dessen Mitglieder keine anderweitigen staatlichen COVID-19-bedingten Unterstützungsleistungen (Bund, Land) erhalten haben, soweit der Zeitraum, für den diese Leistungen gezahlt werden, sich mit dem Zeitraum, für den die hier vorgesehene Ausgleichszahlung gezahlt wird, überschneidet. Dazu sind rechtsverbindliche Erklärungen abzugeben. Anderweitige Unterstützungsleistungen im Sinne dieser Richtlinie werden im Fall ihrer Gewährung von der beantragten Ausgleichsleistung in Abzug gebracht. Die geplante Billigkeitsleistung ist eine Subvention im Sinne des § 264 des Strafgesetzbuches. Auf die Strafbarkeit im Fall eines Subventionsbetrugs wird ausdrücklich hingewiesen.
Antragsberechtigung; Gegenstand der direkten Billigkeitsleistung
(1) Antragsberechtigt zur Gewährung einer Billigkeitsleistung sind die Lotsenbrüderschaften Ems, Weser I, Weser II/Jade, Elbe, NOK I, NOK II Kiel/Lübeck/Flensburg, Wismar/Rostock/Stralsund.
(2) Gegenstand der Billigkeitsleistung ist ein finanzieller Teilausgleich der Sollbetriebseinnahme pro tatsächlich in der Lotsenbrüderschaft vorhandenem Lotsen. Es werden nur Liquiditätsengpässe unterstützt, die auf Verkehrsrückgänge wegen des Ausbruchs von COVID-19 in dem Zeitraum vom 1. Januar 2022 bis zum 30. Juni 2022 zurückzuführen sind.
Bemessungsgrundlage und Höhe der direkten Billigkeitsleistung
(1) Die Ausgleichszahlung wird als nicht rückzahlbarer Zuschuss gewährt. Die Regelung des § 1 Absatz 6 Satz 2 bleibt hiervon unberührt.
(2) Bemessungsgrundlage für die Billigkeitsleistung sind
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die Höhe der tatsächlichen Betriebseinnahme aller Mitglieder einer Lotsenbrüderschaft (Ist-Seelotsen) am Monatsende,
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der Bestand an Ist-Seelotsen zum Monatsende,
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alle Fixkosten für Steuerlast, Versicherungen, Altersvorsorge, Körperschaftsbeitrag für die Bundeslotsenkammer, Kosten für technische Hilfsmittel und sonstige anteilsmäßige Ausgaben für die Lotsenbrüderschaft pauschaliert pro Ist-Seelotse in Höhe von 7 434 Euro.
(3) Die Billigkeitsleistung soll das Nettoeinkommen eines Seelotsen in Anlehnung an die Regelungen zum Kurzarbeitergeld sichern. Die Bewilligungsbehörde stockt dafür die monatlich tatsächlich erreichte Betriebseinnahme pro Ist-Seelotse der beantragenden Lotsenbrüderschaft auf 90 % auf. Bezugsgröße der Billigkeitsleistung ist der Jahresstartwert der Sollbetriebseinnahme für das Jahr 2022 in Höhe von 12 751 Euro. Nettoeinkommen ist die Bezugsgröße abzüglich der Fixkosten gemäß Absatz 2 Nummer 3 pro Ist-Seelotse der beantragenden Seelotsenbrüderschaft. Die Bewilligungsbehörde weist der Antragstellerin die Billigkeitsleistungen als Gesamtsumme zu.
Bewilligungsverfahren, Antragsinhalt
(1) Anträge sind vollständig und schriftlich in Papierform oder vorzugsweise elektronisch an die Bewilligungsbehörde (gdws@wsv.bund.de) zu richten. Darüber hinaus sind in dem Antrag die in § 3 Absatz 2 Nummer 1 und 2 benannten Angaben zu machen und die in § 1 Absatz 6 genannte Erklärung beizufügen. Im Antrag sind weiter der Vorname, der Familienname, der Tag der Geburt und die steuerliche Identifikationsnummer nach § 139b der Abgabenordnung aller betroffenen Seelotsen sowie die auf sie jeweils entfallenden Billigkeitsleistungen anzugeben.
(2) Ein Antrag kann nur für einen in der Vergangenheit liegenden Monat gestellt werden. Anträge müssen spätestens bis zum 30. September 2022 gemäß Absatz 1 bei der Bewilligungsbehörde eingegangen sein.
(3) Der Bewilligungsbehörde bleibt vorbehalten, nachträglich ergänzende Verfahrensvorgaben (z. B. Einrichtung eines elektronischen Antragsverfahrens) zu machen oder Nachweise einzufordern.
(4) Anträge, die unvollständig gestellt werden, werden von der Bewilligungsbehörde nicht bearbeitet und an den Antragsteller zurückgegeben.
(5) Die Anträge werden in der Reihenfolge des Eingangs der vollständigen Antragsunterlagen bearbeitet. Die Auszahlung erfolgt nach Bewilligung des Antrags unbar auf das von der Lotsenbrüderschaft benannte Konto. Die Anträge werden an den Antragsteller zurückgegeben, wenn keine Haushaltsmittel mehr zur Verfügung stehen.
(6) Die Bewilligungsbehörde kann bei der Antragsbearbeitung und insbesondere zur Prüfung der Voraussetzungen für die Billigkeitsleistung andere Behörden des Bundes, des Landes oder Dritte hinzuziehen. Der Antragsteller hat hierin im Auftrag seines Mitglieds gemäß Artikel 6 der Datenschutz-Grundverordnung einzuwilligen. Diese Einwilligung umfasst auch die Einwilligung, dass die Finanzbehörden der Bewilligungsbehörde die für die Antragsbearbeitung zweckdienlichen Auskünfte durch Übermittlung dem Steuergeheimnis unterliegender Daten erteilen dürfen.
(7) Die unter den vorstehenden Voraussetzungen bezogenen Billigkeitsleistungen sind steuerbar und nach den allgemeinen steuerrechtlichen Regelungen im Rahmen der Gewinnermittlung der Seelotsen zu berücksichtigen. Für Zwecke der Festsetzung von Steuervorauszahlungen sind die Billigkeitsleistungen nicht zu berücksichtigen. Die Bewilligungsbehörde teilt den zuständigen Finanzbehörden von Amts wegen die auf einen Seelotsen jeweils entfallende Billigkeitsleistung unter Angabe des Vornamens, des Familiennamens, des Tags der Geburt und der steuerlichen Identifikationsnummer nach § 139b der Abgabenordnung des Seelotsen mit; dabei sind die Vorgaben der Abgabenordnung sowie der Mitteilungsverordnung zu beachten. Die Bewilligungsbehörde kann die Lotsenbrüderschaft mit der Übermittlung dieser Daten an die Finanzverwaltung beauftragen (§ 87d der Abgabenordnung in Verbindung mit Artikel 28 der Datenschutz-Grundverordnung); Absatz 1 Satz 3 ist in diesem Fall nicht anzuwenden.
(8) Der Antragsteller weist seine Mitglieder darauf hin, dass die auf das jeweilige Mitglied anteilig entfallende Billigkeitsleistung
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von diesem zu versteuern ist und
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der Finanzverwaltung unter Angabe seines Vornamens, seines Familiennamens, des Tags seiner Geburt und seiner steuerlichen Identifikationsnummer mitgeteilt wird und
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die Bewilligungsstellen von den Finanzbehörden Auskünfte über das Mitglied einholen dürfen, soweit dies für die Bewilligung, Gewährung, Rückforderung, Erstattung, Weitergewährung oder das Belassen der Billigkeitsleistungen erforderlich ist (§ 31a der Abgabenordnung).
Prüfungsrecht der Bewilligungsbehörde und ihres Beauftragten
sowie des Bundesrechnungshofs
(1) Der Antragsteller hat die erforderlichen Unterlagen bereitzuhalten und die notwendigen Auskünfte zu erteilen, damit die Bewilligungsbehörde die tatsächliche Ausgleichszahlungshöhe sowie anderweitige Kompensationsmaßnahmen überprüfen kann. Entsprechendes gilt für seine Mitglieder. Der Bundesrechnungshof ist berechtigt, in gleicher Weise zu prüfen.
(2) Über Zweifelsfälle der Auslegung dieser Richtlinie entscheidet das Bundesministerium für Digitales und Verkehr.
Inkrafttreten, Außerkrafttreten
Diese Richtlinie tritt am Tag nach der Veröffentlichung im Bundesanzeiger in Kraft und tritt am 31. Dezember 2022 außer Kraft.
Bundesministerium
für Digitales und Verkehr
Im Auftrag
Frank Deutscher
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