Bundesministerium
für Wirtschaft und Klimaschutz
Bekanntmachung
des Interessenbekundungsverfahrens
zur geplanten Förderung von Leuchtturmprojekten
zum Hochlauf der industriellen Produktionskapazitäten im Bereich Photovoltaik
Um die Pariser Klimaziele zu erreichen und die Energieversorgung in Deutschland langfristig sicherzustellen, sollen die Erzeugung von Strom aus erneuerbaren Quellen und die Stromnetze deutlich ausgebaut werden. Gleichzeitig zeigt sich aufgrund der vielfältigen Krisen, aber auch neuer geostrategischer Gegebenheiten infolge des Angriffskrieges von Russland auf die Ukraine, dass die Funktionsfähigkeit internationaler industrieller Wertschöpfungsnetze nicht per se verlässlich gegeben ist. Daher ist neben einer Diversifizierung der Wertschöpfungsketten im Streben nach strategischer, technologischer und energiepolitischer Souveränität der Hochlauf der Produktion der Transformationsindustrien in Deutschland und der EU dringend erforderlich. Bei einem Roundtable von Bundesminister Habeck mit Vertreterinnen und Vertretern der Industriebranchen Photovoltaik (PV), Windenergie und Stromnetze wurde ein Stakeholderdialog zu industriellen Produktionskapazitäten für die Energiewende (StiPE) initiiert, der im Dezember 2022 in der Erarbeitung von elf Handlungsfeldern mit Handlungsempfehlungen erfolgreich gipfelte. Eine der dabei ausgesprochenen Empfehlungen und als prioritär erachteten Maßnahmen ist die Investitionskostenförderung (CAPEX) von Produktionsstätten für Transformationstechnologien, primär PV-Industrie.
Das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) beabsichtigt daher, auf Grundlage von Abschnitt 2.8 „Beihilfen für die Beschleunigung von Investitionen in Sektoren, die für den Übergang zu einer klimaneutralen Wirtschaft von strategischer Bedeutung sind“ Randnummer 86 der Mitteilung der Europäischen Kommission (KOM) zum Befristeten Rahmen für staatliche Beihilfen zur Stützung der Wirtschaft infolge des Angriffs Russlands auf die Ukraine – Krisenbewältigung und Gestaltung des Wandels – TCTF (ABl. C 101 vom 17.3.2023, S. 3) in Ausnahmefällen Beihilfen für ausgewählte Leuchtturmprojekte zur Herstellung von für den Übergang zu einer klimaneutralen Wirtschaft erforderlichen Solarmodulen und insbesondere der dafür benötigten Schlüsselkomponenten sowie die Gewinnung, Verarbeitung und das Recycling der dafür erforderlichen einschlägigen Rohstoffe zu gewähren. Die Förderung steht unter dem Vorbehalt der Verfügbarkeit von Haushaltsmitteln und unter dem Vorbehalt der beihilferechtlichen Genehmigung der Europäischen Kommission.
Unter den im Folgenden und der vorgenannten Mitteilung der KOM genannten Voraussetzungen können Beihilfen für den genannten Zweck bis zur Höhe der Subvention, die der Beihilfeempfänger nachweislich für eine gleichwertige Investition in einem Drittstaat außerhalb des EWR erhalten könnte, genehmigt werden. Der Standort für Investitionsvorhaben liegt entweder ausschließlich in einem C-Fördergebiet nach der Fördergebietskarte der Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur“ (GRW) oder in mindestens drei EWR-Staaten, sofern ein wesentlicher Teil der Investitionskosten für die Produktionsanlagen in mindestens zwei Fördergebieten und ein erheblicher Teil dieser wesentlichen Investition in einem A-Fördergebiet im Sinne der geltenden Fördergebietskarten getätigt wird.
Das BMWK plant die Gewährung von Förderungen nach Maßgabe der Bundeshaushaltsordnung und der dazu erlassenen Verwaltungsvorschriften sowie insbesondere nach Maßgabe der oben genannten Mitteilung der KOM; eine substantielle Kofinanzierung der Bundesländer (analog GRW) wird vorausgesetzt. Ein Rechtsanspruch auf Gewährung einer Zuwendung besteht nicht. Die Bewilligungsbehörde wird nach pflichtgemäßem Ermessen im Rahmen der verfügbaren Haushaltsmittel entscheiden. Die Gewährung der Einzelbeihilfen ist einzelnotifizierungs- bei der und genehmigungspflichtig durch die KOM. Die nationale Entscheidung über die Gewährung der Beihilfen muss gemäß dem befristeten Beihilferahmen spätestens am 31. Dezember 2025 erfolgen.
Potenzielle Beihilfeempfänger können
bis zum Stichtag 15. August 2023 |
kurze Projektskizzen an nachfolgende Stelle elektronisch einreichen, mit denen ihr Interesse an einer Förderung bekundet wird:
Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz
E-Mail: Buero-IVE5@bmwk.bund.de
Die Frist gilt nicht als Ausschlussfrist; verspätet eingehende Interessenbekundungen in Form von Projektskizzen können aber möglicherweise nicht mehr berücksichtigt werden. Weder mit der Veröffentlichung dieses Interessenbekundungsverfahrens noch mit der Einreichung von Projektskizzen geht eine verbindliche Zusage einer zukünftigen Förderung einher. Das Interessenbekundungsverfahren steht unter dem Vorbehalt der Verfügbarkeit von Haushaltsmitteln.
Ziel ist der Aufbau von einer Gesamtproduktionskapazität von rund 10 GW/a entlang der Wertschöpfungskette. Die Projekte sollten einen Produktionsaufbau umfassen, der mit der Produktion von mindestens 2 GW/a PV-Modulen korreliert. Voraussetzung für die Förderung ist der Nachweis eines Marktversagens; die Förderung zielt deshalb auf Vorhaben ab, die neueste technologische und nachhaltige Entwicklungen zugrunde legen. Der Beihilfeempfänger muss sich verpflichten, für die Herstellung die mit Blick auf Umweltemissionen fortschrittlichste marktverfügbare Umwelttechnologie zu verwenden. Als förderwürdig werden insbesondere Vorhaben entlang der PV-Wertschöpfungskette erachtet, die, soweit zutreffend, nach Abschluss der Förderung die folgenden technologischen Standards und Anforderungen erfüllen:
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Aufbau einer möglichst geschlossenen Wertschöpfungskette (Silizium bis PV-Module), möglichst einschließlich erforderlicher Produktionsanlagen/Maschinen
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Resilienz und Diversifizierung in der Wertschöpfungskette
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Energiebedarf je produzierter Einheit (z. B. Ingot, Wafer, Modul) (Energieeffizienz)
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CO2-Fußabdruck je produzierter Einheit
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Nachweis über den CO2-Fußabdruck und Energieaufwand bei Zulieferkomponenten
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Nachweis über Einhaltung der ESG-Standards und das Nichtvorhandensein von Zwangs-/Kinderarbeit bei Zulieferkomponenten
Ferner werden folgende technologische Standards und Anforderungen bei der Beurteilung der Förderwürdigkeit berücksichtigt:
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Modulwirkungsgrad: > 24 %
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Degradation < 0,2 % p. a. (ab 1 Jahr nach Montage)
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Kein Einsatz von Lötprozessen bei der PV-Modulherstellung
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Recyclingfähigkeit der PV-Module (Deklaration der „Inhaltsstoffe“), Design für Recycling, Deklaration der Inhaltsstoffe, Angaben zu Rücknahmesystem
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Nachweis eines gesamten CO2-Fußabdrucks < 18 g CO2/kWh (lebensdauerbezogen)
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Materialeinsatz je produzierter Einheit (Ressourceneffizienz); Vermeidung der Nutzung kritischer Rohstoffe
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Garantie von mindestens 25 Jahren auf die Module
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Verwendung von antimon-freiem Solarglas
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Nachweis zur Reduzierung der Nutzung von Blei/Wismut, Ziel: möglichst Bleifreiheit, kein Austausch durch Wismut der herzustellenden PV-Module/-Komponenten
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Keine Verwendung/Erzeugung von Stickoxiden bei der PV-Zellherstellung
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Keine Verwendung von PFAS-Chemikalien
Über die Einhaltung aller oben genannten Kriterien ist der Projektskizze eine verbindliche Eigenerklärung beizufügen. Entsprechende Nachweise sind gegebenenfalls vor Gewährung der Förderung vorzulegen.
Die Projektskizze soll im PDF-Format eingereicht werden und sollte einen Umfang von 15 DIN-A4-Seiten inklusive Deckblatt nicht überschreiten (Schriftart Arial, Schriftgröße mindestens 11 Punkt, einfacher Zeilenabstand, Rand mindestens 2 cm). In der Projektskizze müssen die inhaltlichen und formalen Voraussetzungen für eine Förderung nachgewiesen werden.
Die Projektskizze soll folgender Gliederung folgen:
- 1.
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Deckblatt mit Kontaktdaten (Name, Adresse des Hauptsitzes, Telefon, E-Mail-Adresse, Hauptwirtschaftstätigkeit [NACE-Code]) des potenziellen Beihilfeempfängers/der potenziellen Beihilfeempfänger sowie eines Ansprechpartners
- 2.
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Erklärung, dass es sich nicht um ein Unternehmen in Schwierigkeiten handelt
- 3.
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Zusammenfassung des Projekts (maximal eine Seite: Titel, Kennwort, Ziele, Vorgehen, angestrebte Ergebnisse, Wirtschaftlichkeit, geschätzte Kosten für das Projekt insgesamt und geschätzter Förderbedarf)
- 4.
-
Darstellung des Projekts:
- a)
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Standort(e) der geplanten Investition entweder im C-Fördergebiet der GRW oder – falls im Nicht-Fördergebiet – Angaben zu den aufgelegten verbundenen Investitionen in mindestens zwei beteiligten EWR-Staaten und betroffenen Regionen (mindestens zwei Fördergebietsregionen, davon ein erheblicher Teil der wesentlichen Investitionen in mindestens einem A-Fördergebiet) und Betrag der aufgelegten verbundenen Investitionen; Erklärung, dass es sich nicht um eine Produktionsverlagerung zwischen EU-Mitgliedstaaten handelt
- b)
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Verortung der beteiligten Partner in der europäischen und weltweiten PV-Wertschöpfungskette, Ziele des Vorhabens, Abdeckung der Wertschöpfungskette
- c)
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Stand von Forschung, Technologie und Markt, Patentlage, Beschreibung relevanter Patente, Lizenzen und Normen, beabsichtigte Verbesserung gegenüber dem Stand der Technik
- d)
-
Marktpotenzial, Marktumfeld, wirtschaftliche und technische Konkurrenzsituation im Binnenmarkt
- e)
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Projektzeit- und -arbeitsplan, Meilensteine und Zwischenziele; voraussichtlicher Beginn und Abschluss der Investition
- f)
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Ausgefüllte tabellarische Übersicht zu technologischen Standards und/oder Anforderungen
- g)
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Darlegung der möglichen Höhe der Subvention, die der Beihilfeempfänger nachweislich (stichhaltige Nachweise) für eine gleichwertige Investition an einem konkreten Standort in einem Drittstaat außerhalb des EWR erhalten würde (Darstellung eines konkreten kontrafaktischen Szenarios (siehe insbesondere Annex 2 TCTF)); dabei soll die Höhe der angestrebten Förderung in Bezug zur zu schaffenden Produktionskapazität gesetzt werden
- –
-
Finanzierungs- und Investitionsplan, grobes finanzielles Mengengerüst mit tabellarischer Finanzierungsübersicht (Angabe von Investitionskosten und damit verbundenen Kosten [Sachkosten bzw. -ausgaben und Personenmonaten, gegebenenfalls weiteren Kosten bzw. Ausgaben])
- –
-
Insgesamt beihilfefähige Kosten
- –
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Beihilfebetrag, der für die Durchführung der Investition in dem betreffenden Gebiet erforderlich ist
- –
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Beihilfeintensität
- –
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Finanzierungslücke, möglichst einschließlich Berechnungen des Kapitalwerts für das faktische und kontrafaktische Szenario, mit einer Schätzung von Investitionskosten, Betriebskosten, Einnahmen und Endwert für beide Szenarien (im Excel-Format); hierzu sind im weiteren Verfahren ebenfalls stichhaltige Nachweise zu erbringen
- 5.
-
Begründung der Notwendigkeit und Angemessenheit staatlicher Förderung mit Nachweis, dass die geplante Investition ohne die Beihilfe nicht im EWR getätigt würde, unter Berücksichtigung des technischen und wirtschaftlichen Risikos sowie der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des potenziellen Beihilfeempfängers; ferner Darlegung, inwiefern die Investition nach Abschluss der Förderung in der Region erhalten werden soll
- 6.
-
Nachweis über Rechte an geistigem Eigentum für die Herstellung der Produkte sowie der dafür gegebenenfalls benötigten und zu importierenden Vorprodukte
- 7.
-
Angaben zur intendierten Förderung (Kofinanzierung) eines Bundeslandes oder mehrerer Bundesländer – soweit möglich/zutreffend bereits mit konkreten Angaben zu erfolgtem Austausch mit entsprechenden Stellen der Länder (Gespräche, Schreiben, Kontakte)
- 8.
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Darlegung der regionalökonomischen Auswirkungen des Vorhabens (u. a. direkte und indirekte Arbeitsmarkt- und Wertschöpfungseffekte)
- 9.
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Ausführungen zur Anbindung des Projekts an deutsche/europäische/EWR-Wertschöpfungsketten
- 10.
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Ergänzende Ausführungen zur nachhaltigen und umweltverträglichen Produktion, sofern diese nicht die oben genannten technologischen Anforderungen betreffen
- 11.
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Motivation der Auswahl von Fertigungsstandorten und angebundener Forschungs- und Entwicklungskapazität vor dem Hintergrund des potenziellen Beitrags zu Wachstum, Beschäftigung, Ausbildungsmaßnahmen, FuEuI-Tätigkeiten, Clusterbildung und möglicher Beitrag des Vorhabens zum ökologischen und digitalen Wandel in der regionalen Wirtschaft, Wettbewerbsfähigkeit, energiepolitischer und technologischer Souveränität
- 12.
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Intendierte Spill-Over-Effekte (national und europäisch) in wissenschaftlich-technischen und wirtschaftlichen Kategorien, Beiträge zur Stärkung des europäischen Wirtschaftsstandorts und Wertschöpfungskette (Angabe von Aktivitäten mit Zielort/-region, Zielgruppe, Inhalt)
- 13.
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Abschätzung der Auswirkungen auf den Binnenmarkt (positive und negative Wirkungen), Ausführungen zu möglichen Marktverzerrungen; insbesondere Nachweis, dass Beihilfe keine kohäsionsabträglichen Auswirkungen hätte.
Es steht den Antragstellern frei, weitere Punkte anzufügen, die ihrer Auffassung nach für eine Beurteilung ihres Projekts von Bedeutung sind. Mit der Einreichung einer Skizze und/oder damit verbundener Unterlagen und Informationen erklären sich Antragstellende damit einverstanden, dass diese zum Zwecke der Bewertung sowie der Vorbereitung einer etwaigen Förderung an einen durch das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz zu beauftragenden Projektträger weitergeleitet und durch diesen sowie das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz verarbeitet werden. Die Verarbeitung der Daten erfolgt im Rahmen der Aufgabenerfüllung des BMWK gemäß Artikel 6 Absatz 1 Satz 1 Buchstabe e Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) in Verbindung mit § 3 Bundesdatenschutzgesetz (BDSG). Weitere Informationen zum Umgang mit personenbezogenen Daten im BMWK sind der Datenschutzerklärung unter https://www.bmwk.de/Navigation/DE/Service/Datenschutzerklaerung/datenschutzerklaerung.html zu entnehmen.
In einer zweiten Verfahrensstufe erhalten die Einreichenden detaillierte Informationen zum weiteren Vorgehen. Vom BMWK kann ein Projektträger benannt werden, der die operative Durchführung der geplanten Förderung unterstützen soll.
Bundesministerium
für Wirtschaft und Klimaschutz
Im Auftrag
Bernhard Kluttig
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