Bundesministerium
für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit
und Verbraucherschutz
Bekanntmachung
einer Stellungnahme der Strahlenschutzkommission
„Elektromagnetische Felder des Mobilfunks im Zuge des
aktuellen 5G-Netzausbaus
Technische Aspekte und biologische Wirkungen
im unteren Frequenzbereich
(FR1, bis ca. 7 GHz)“
Nachfolgend wird die Stellungnahme der Strahlenschutzkommission (SSK), verabschiedet in der 317. Sitzung der Kommission 9./10. Dezember 2021, bekannt gegeben (Anlage).
S II 2 – 1702/004-2022.0002
Bundesministerium
für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit
und Verbraucherschutz
Im Auftrag
Engelhardt
Elektromagnetische Felder des Mobilfunks im Zuge des
aktuellen 5G-Netzausbaus
Technische Aspekte und biologische Wirkungen im
unteren Frequenzbereich (FR1, bis ca. 7 GHz)
Stellungnahme der Strahlenschutzkommission
Verabschiedet in der 317. Sitzung der Strahlenschutzkommission am 9./10. Dezember 2021
Vorwort
In Deutschland wurde im Jahr 2019 mit der Einführung des Mobilfunks der fünften Generation (5G) begonnen. Dies ist die konsequente Weiterentwicklung der bisherigen digitalen zellulären Mobilfunksysteme 2G, 3G und 4G, welche alle mittels der Aussendung hochfrequenter elektromagnetischer Felder arbeiten. Der 5G-Mobilkommunikationsstandard bietet neue, über Sprachkommunikation und Breitband-Datenübertragung hinausgehende Möglichkeiten und wird daher als Kerntechnologie für die Digitalisierung der Industrie, automatisierte und vernetzte Verkehrssysteme, Internet der Dinge und viele andere technische Entwicklungen angesehen.
Vor dem Hintergrund der Einführung des 5G-Mobilfunks wurde die SSK vom Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit im April 2019 beauftragt, zu beurteilen, ob auch unter Einbeziehung der in den letzten zehn Jahren neu publizierten Forschungsergebnisse zu gesundheitlichen Wirkungen hochfrequenter elektromagnetischer Felder die im Jahr 2011 von der SSK publizierte Bewertung des aktuellen Wissensstands über die biologischen Auswirkungen des Mobilfunks weiterhin Gültigkeit besitzt oder angepasst werden muss.
Zur Erfüllung dieses Beratungsauftrages bildete die Strahlenschutzkommission eine dem Ausschuss „Nichtionisierende Strahlen“ zuarbeitende Arbeitsgruppe, der folgende Mitglieder angehörten:
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Dr. Christian Bornkessel, Technische Universität Ilmenau
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Prof. Dr. Heidi Danker-Hopfe, Charité – Universitätsmedizin Berlin
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PD Dr. Thomas Kleine-Ostmann, Physikalisch-Technische Bundesanstalt, Braunschweig
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Prof. Dr. Mats-Olof Mattsson, SciProof International; Strömstad Akademi (S)
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Prof. Dr. Martin Röösli, Schweizerisches Tropen- und Public Health-Institut, Basel (CH)
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Dipl.-Ing. Gernot Schmid, Seibersdorf Labor GmbH (A)
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Prof. Dr. Myrtill Simkó, SciProof International; Strömstad Akademi (S)
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Prof. Dr. Matthias Wuschek, Technische Hochschule Deggendorf.
Unterstützt wurde die Arbeitsgruppe durch Herrn Dipl.-Ing. Dirk Geschwentner und Frau Dr. Blanka Pophof (als Vertretung des Bundesamts für Strahlenschutz).
Prof. Dr. Matthias Wuschek
Vorsitzender der |
Dr. Beate Volkmer
Vorsitzende des Ausschusses |
Prof. Dr. Werner Rühm
Vorsitzender der |
Inhalt
Zusammenfassung
Einleitung
Teil I:
Technische Aspekte der 5G-Technologie im FR1
Teil II:
Biologische und gesundheitliche Auswirkungen von Mobilfunksignalen
Anhang
Detaillierte Betrachtung neuerer Studien im Zeitraum 2018 bis 2020
Literatur
Glossar
Abkürzungsverzeichnis
Zusammenfassung
Im Auftrag des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit sollte die Strahlenschutzkommission (SSK) beurteilen, ob aus aktueller Sicht der Forschung die Grundlagen, auf denen die in Deutschland geltenden Grenzwerte für Hochfrequenzimmissionen (Sendeanlagen und Endgeräte) basieren, weiterhin uneingeschränkt Gültigkeit besitzen. Auslöser für diesen Auftrag war der Start des 5G-Mobilfunknetzausbaus in Deutschland im Jahr 2019.
Das vorliegende Dokument befasst sich nur mit den biologischen und gesundheitlichen Aspekten von Hochfrequenzfeldern im bisher bereits intensiv für die Mobilkommunikation genutzten Frequenzbereich bis etwa 7 GHz (FR1). Diesen nutzen auch die Anlagen der aktuell deutschlandweit im Aufbau befindlichen 5G-Netze. Zusätzlich werden besondere technische Aspekte der neuen 5G-Technologie betrachtet und ihre Auswirkungen auf die zu erwartende Hochfrequenzimmission und die Exposition der Bevölkerung beurteilt. Eine Bewertung von 5G-Anwendungen im zukünftig erstmals im Bereich der Mobilkommunikation intensiver genutzten Millimeterwellenbereich oberhalb 20 GHz (FR2) wird in einer separaten Stellungnahme der SSK vorgenommen werden.
Im ersten Teil der Stellungnahme (Teil I, Kapitel 1 bis 5) werden wichtige immissionsrelevante technische Aspekte von 5G-Mobilfunksystemen vorgestellt sowie einige Fragestellungen zu Immissionsminimierung, Standardisierung und den aktuellen rechtlichen Regelungen des Immissionsschutzes bei hochfrequenten elektromagnetischen Feldern behandelt. Im zweiten Teil (Teil II, Kapitel 1 bis 6) erfolgt eine Aktualisierung des Standes der Forschung zu biologischen und gesundheitlichen Auswirkungen hochfrequenter Felder im Frequenzbereich FR1.
Bezüglich der technischen Aspekte der 5G-Technologie (Teil I, Kapitel 1 bis 5 dieses Dokuments) nimmt die SSK zusammenfassend wie folgt Stellung:
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Bezüglich Frequenzbereich und Signalstruktur besteht bei den Anlagen der aktuell in Deutschland im Aufbau befindlichen 5G-Netze (Frequenzbereich FR1) kein grundsätzlicher Unterschied zu Sendeanlagen des LTE-Mobilfunkstandards (4G). Auch bezüglich der von Endgeräten erzeugten Hochfrequenzimmission sind keine nennenswerten Unterschiede im Vergleich zum 4G-Standard zu erkennen.
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Eine Zunahme der von Basisstationen verursachten Mobilfunkimmissionen ist überall dort zu erwarten, wo gegenwärtig die Versorgungssituation als nicht zufriedenstellend angesehen wird bzw. Kapazitätsengpässe auftreten. Hierbei ist jedoch zu berücksichtigen, dass aufgrund der technologieneutralen Vergabe der Funkfrequenzen eine daraus resultierende Immissionserhöhung generell auch mit einem Netzausbau durch eine andere Technologie als 5G zu erwarten wäre.
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Bislang nur im Frequenzbereich um 3,6 GHz verwendete elektronische Strahlsteuerungs-Techniken (Beamforming) bei 5G-Basisstationsantennen können zwar zu einer lokalen Zunahme der maximal möglichen Immission an denjenigen Orten führen, die sich im Abdeckungsbereich eines aktuell ausgebildeten Antennenbeams befinden. Gleichermaßen wird dafür die Immission an den von der Antennenabstrahlung „ausgesparten“ Orten sinken. Die Beamforming-Technik sorgt erstmalig dafür, dass die von der Basisstation erzeugten Hochfrequenzfelder und damit auch die Immissionen hauptsächlich dort in der Funkzelle auftreten, wo sie auch für die Kommunikation gebraucht werden.
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Die persönliche Gesamtexposition wird auch beim 5G-Mobilfunk nicht durch die Basisstationen, sondern in der Regel durch das eigene Endgerät dominiert. Eine Verbesserung der Funkversorgung führt zu einer verringerten Sendeleistung der Endgeräte und damit zu einer effektiven Reduzierung der persönlichen Gesamtexposition.
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Die in Deutschland geltenden Rechtsvorschriften zum Schutz der Allgemeinbevölkerung vor Hochfrequenzimmissionen der 26. BImSchV in Verbindung mit der Verordnung über das Nachweisverfahren zur Begrenzung elektromagnetischer Felder (BEMFV) sind grundsätzlich geeignet, die Sicherheit in der Umgebung der aktuell im Aufbau befindlichen 5G-Mobilfunkbasisstationen zu gewährleisten. Vergleichbares gilt durch die Vorschriften der Produktsicherheit auch für die Endgeräte.
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Aus Sicht der Minimierung von Mobilfunkimmissionen erscheint die Umrüstung von Anlagen älterer Mobilfunksysteme (GSM, UMTS, LTE) auf den 5G-Standard wegen einer dann deutlich geringeren Leistung der permanent (d. h. unabhängig von der aktuell herrschenden Auslastung der Anlage) in die Zelle gesendeten Always-on-Signale effizienter als die Minimierung der Anlagenanzahl durch die Erlaubnis, dass die Basisstationen auch alle Teilnehmer fremder Netzbetreiber annehmen dürfen (nationales Roaming).
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Mit 5G gewinnt die softwaregesteuerte Leistungsregelung von Anlagen im Vergleich zur Steuerung durch die Hardware noch mehr an Bedeutung. Es sollten daher Aspekte und Lösungsansätze zur softwaregestützten Überwachung von Anlageparametern oder für die messtechnische Bestimmung von Hochfrequenzimmissionen durch die betreffenden Mobilfunksendeanlagen frühzeitig in der Standardisierung eines Funksystems eingebracht werden. Damit könnten den Vollzugsbehörden Schnittstellen zur Überwachung von Anlagenparametern verfügbar gemacht werden oder beispielsweise Hersteller früher mit der Entwicklung geeigneter Messgeräte und -verfahren beginnen.
Zum Stand der Forschung bezüglich biologischer und gesundheitlicher Auswirkungen hochfrequenter Felder im Frequenzbereich FR1 (Teil II, Kapitel 1 bis 6) nimmt die SSK wie folgt Stellung:
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Auf Basis des aktuellen Standes der Forschung bezüglich biologischer Wirkungen von Hochfrequenzimmissionen für die Frequenzbereiche im FR1, die derzeit für 2G, 3G und 4G und zukünftig vermehrt auch für den 5G-Mobilfunk verwendet werden, kann gefolgert werden, dass derzeit keine belastbaren Hinweise für gesundheitliche Risiken bei Expositionen von Personen unterhalb der in Deutschland gültigen Grenzwertvorgaben für Sendeanlagen und Endgeräte vorliegen.
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Daraus resultiert die Feststellung, dass auch aus aktueller Sicht der Forschung die in Deutschland derzeit geltenden Grenzwerte für Hochfrequenzimmissionen sowie die Vorgaben zur Produktsicherheit in ihrer Schutzfunktion ausreichend sind.
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Es besteht hierbei eine grundsätzliche Übereinstimmung mit den Schlussfolgerungen anderer internationaler Expertengremien, die in den letzten etwa zehn Jahren vergleichbare Bewertungen durchgeführt haben.
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Obwohl unter experimentellen Bedingungen kurzfristige biologische Wirkungen bei Expositionen im Bereich der Grenzwerte in Einzelfällen beobachtet wurden, sind nach heutigem Kenntnisstand damit keine akuten oder langfristigen gesundheitlichen Auswirkungen verbunden. Derartige Expositionen können im Alltag vor allem bei der Nutzung von Mobiltelefonen auftreten, sie sind hingegen im Umfeld von Basisstationen sehr unwahrscheinlich.
Aus den in dieser Stellungnahme diskutierten Aspekten ergeben sich folgende besonders relevante Themen, bei denen die Datenlage noch verbesserungswürdig erscheint, weshalb sie durch zukünftige Forschungsprojekte bearbeitet werden sollten (siehe auch Teil I, Kapitel 5 sowie Teil II, Kapitel 6 und 7):
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Aufbau einer Datenbank mit belastbaren Daten zu den durch 5G erzeugten mittleren und maximalen Immissionen sowie der Exposition der Bevölkerung.
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Untersuchungen zur Funktion und Verlässlichkeit der Verfahren zur adaptiven Leistungsregelung (Power-Lock) bei 5G-Anlagen mit Beamforming-Antennen einschließlich der Prüfung der Einführung von Nachweisverfahren zum sicheren Betrieb des Power-Lock.
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Die Entwicklung zukünftiger Mobilfunk-Technologien (z. B. 6G) sollte frühzeitig mit Forschungsprojekten begleitet werden, die sich mit einer eventuell durch die neuen Technologien bedingten Immissionsveränderung beschäftigen. Zudem sind frühzeitig Verfahren zur Bestimmung der Immissionen durch diese neuen Systeme zu entwickeln und zu erproben.
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Offene Fragen gibt es auch bei der Dosimetrie bezüglich des Energieeintrages in das biologische Gewebe, insbesondere im Zusammenhang mit der gleichzeitigen Exposition von mehreren Quellen, und zu neuartigen Expositionssituationen, wie sie bei neuen Anwendungen entstehen können.
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Generell noch nicht restlos geklärt ist die Frage, ob die Signalcharakteristik (z. B. Modulation) für biologische Effekte eine Rolle spielt oder ob nur die aufgenommene Energie maßgebend ist. Während diese Fragestellung in epidemiologischen Studien aufgrund der Vielzahl von HF-EMF-Quellen im Alltag schwierig zu klären ist, kann sie in experimentellen Ansätzen systematisch untersucht werden.
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Die zugrundeliegenden zellulären Wirkmechanismen für biologische Effekte bei Expositionen im Bereich der Grenzwerte sind noch nicht abschließend geklärt, wie z. B. Einflüsse auf das oxidative Gleichgewicht oder geschlechts- und altersspezifische Effekte auf das EEG. Solche Effekte müssen sich nicht zwangsläufig ungünstig auf die Gesundheit auswirken. Allerdings ist bei bestimmten Effekten (z. B. mögliche Kanzerogenität, mögliche Gentoxizität) weitere Forschung zur Klärung noch offener Fragen erforderlich, wie z. B. die Bedeutung von kleinen Temperaturveränderungen oder möglichen Unterschieden in der individuellen Empfindlichkeit.
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Es gibt relativ wenig epidemiologische Daten von guter Qualität zu Langzeitwirkungen. Große prospektive Kohortenstudien, wie z. B. die laufende COSMOS-Studie (Schüz et al. 2011), sind geeignet, um eine Vielzahl von möglichen Auswirkungen auf Gesundheit, Verhalten und Lebensqualität durch verschiedene Expositionen im Alltag zu untersuchen und sind auch in Zukunft wichtig (z. B. zur Langzeitwirkung von Handynutzung.
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Im Hinblick auf den geplanten Einsatz von Millimeterwellen (5G FR2 bzw. 6G) empfiehlt sich, experimentelle Forschung auch in diesem Frequenzbereich zu forcieren.
Einleitung
Vor dem Hintergrund der Einführung des Mobilfunks der fünften Generation (5G) wurde die SSK vom Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit im April 2019 beauftragt, zu beurteilen, ob auch unter Einbeziehung der in den letzten zehn Jahren neu publizierten Forschungsergebnisse zu gesundheitlichen Wirkungen von Hochfrequenzfeldern die im Jahr 2011 von der SSK publizierte Bewertung des aktuellen Wissensstandes über die biologischen Auswirkungen des Mobilfunks weiterhin Gültigkeit besitzt oder angepasst werden muss. Konkret bat das BMU um
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Hinweise und Empfehlungen, die bei der Einführung von 5G in Deutschland aus Sicht der SSK beachtet werden sollten, insbesondere zur Minimierung der Exposition der Bevölkerung,
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Vorschläge, wie in allen Entwicklungsphasen einer Funktechnologie die Berücksichtigung von Aspekten des Schutzes vor elektromagnetischen Feldern verbessert werden kann,
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eine Bewertung des mit der Einführung von 5G einhergehenden Forschungsbedarfs.
Zudem sollte der Einfluss der bei 5G-Basisstationen erstmals eingesetzten Antennen mit elektronischer Strahlschwenkung sowie softwaregesteuerter Leistungsbegrenzung (sogenannte adaptive Antennen) und sich daraus ergebende besondere Aspekte der Immissionsbewertung näher diskutiert werden.
Unter anderem nach Begutachtung der Resultate des Deutschen Mobilfunkforschungsprogramms (DMF) stellte die SSK in ihrer damaligen Stellungnahme („Biologische Auswirkungen des Mobilfunks – Gesamtschau –“; SSK 2011) fest, dass sich auch durch damals aktuelle Forschungsergebnisse keine neuen Hinweise auf bisher noch nicht bedachte gesundheitliche Auswirkungen durch die hochfrequenten Felder des Mobilfunks ergeben, so dass die den bestehenden Grenzwerten zugrundeliegenden Schutzkonzepte nicht in Frage gestellt werden müssen.
Allerdings wurde auch angemerkt, dass die Gesamtproblematik der biologisch-medizinischen Wirkungen der Felder des Mobilfunks nicht endgültig geklärt werden konnte, sondern noch weiterer Forschungsbedarf gesehen wurde. Zudem wurde festgestellt, dass aufgrund der weiterhin dynamischen Entwicklung neuer Funktechnologien und der Nutzung neuer Frequenzen und Übertragungsverfahren eine begleitende Forschung, Immissionskontrolle und Expositionsbeurteilung sinnvoll erscheint.
Diese Empfehlung wird nun in der hier vorliegenden Stellungnahme aufgegriffen. Begleitend zur Einführung des Mobilfunks der fünften Generation soll eine Aktualisierung des aktuellen Standes der Forschung auf dem Gebiet der biologischen und gesundheitlichen Auswirkungen von hochfrequenten Feldern in für den Mobilfunk relevanten Frequenzbereichen erfolgen. Zudem soll auch ein Einblick in die technischen Neuerungen gegeben werden, die bei 5G-Mobilfunknetzen erstmals zum Einsatz kommen (z. B. adaptive Antennen), und Fragen zur absoluten Größe der Exposition und zu möglichen Minimierungsansätzen diskutiert werden.
Technologie und Anwendungsfelder des 5G-Mobilfunks können sehr unterschiedlich sein. Die Erweiterung der bestehenden Mobilfunknetze mit Systemen der fünften Generation hat in Deutschland bereits begonnen. Hierbei kommen aktuell Anlagen zum Einsatz, die bezüglich ihrer technischen Parameter und ihres Arbeitsfrequenzbereichs den herkömmlichen Systemen der vierten Generation (LTE) stark ähneln.
In der Zukunft sieht die technische Standardisierung jedoch auch neuartige Anwendungen für den 5G-Mobilfunk vor, wobei hier auch Frequenzbereiche oberhalb von etwa 20 GHz erschlossen werden sollen (sogenannter „Millimeterwellenbereich“), die bisher in der Mobilkommunikation kaum verwendet wurden.
Die eingesetzte Arbeitsgruppe hat sich zu Beginn ihrer Arbeit entschlossen, aufgrund dieser zwei deutlich unterschiedlichen Entwicklungsfelder der 5G-Technologie auch zwei getrennte Stellungnahmen zu erarbeiten. Das vorliegende Dokument befasst sich zunächst nur mit den technischen, biologischen und gesundheitlichen Aspekten des 5G-Mobilfunks im bisher bereits intensiv für die Mobilkommunikation genutzten Frequenzbereich bis etwa 7 GHz (FR1). Die Bewertung der 5G-Technologie für den zukünftig erstmals intensiver genutzten Millimeterwellenbereich (FR2) wird in einer separaten Stellungnahme dokumentiert werden.
Zunächst werden im ersten Teil der Stellungnahme (Teil I, Kapitel 1 bis 5) wichtige immissionsrelevante technische Parameter von 5G-Mobilfunksystemen im Frequenzbereich FR1 vorgestellt sowie einige Fragestellungen zu Immissionsminimierung, Standardisierung und den aktuellen rechtlichen Regelungen besprochen. Im zweiten Teil (Teil II, Kapitel 1 bis 7) erfolgt eine Aktualisierung des Standes der Forschung zu biologischen und gesundheitlichen Auswirkungen hochfrequenter Felder des Mobilfunks im Frequenzbereich FR1.
Wirkungen hochfrequenter Felder des Mobilfunks auf elektrisch oder elektronisch betriebene Implantate (z. B. Herzschrittmacher, Defibrillatoren) sind nicht Gegenstand der vorliegenden Stellungnahme, da Fragestellungen auf diesem Gebiet zum (technischen) Fachgebiet der Betriebssicherheit von elektrischen und elektronischen Geräten in elektromagnetischen Feldern bzw. allgemein zur Elektromagnetischen Verträglichkeit (EMV) von Anlagen und Geräten zu zählen sind. Die Strahlenschutzkommission ist der Auffassung, dass eine Betrachtung dieser komplexen Thematik unter dem Blickwinkel der Elektromagnetischen Verträglichkeit (EMV) im Rahmen der technischen Standardisierung von elektrisch oder elektronisch betriebenen Implantaten durchzuführen ist.
Ferner beschäftigt sich die vorliegende Stellungnahme ausschließlich mit gesundheitlichen Risiken für den Menschen, nicht aber mit Risiken für dessen Umwelt (Flora und Fauna).
Technische Aspekte der 5G-Technologie im FR1
Inhalt Teil I
1 Technische Vorstellung von 5G und Vergleich mit den etablierten Mobilfunktechnologien
1.1 Anforderungen an 5G und absehbare Anwendungsszenarien
1.2 Frequenzen, Modulations- und Zugriffsverfahren
1.3 MIMO (Multiple Input Multiple Output), adaptive Antennen
1.4 Funkzellenstruktur und Sendeleistungen
1.5 Endgeräte
2 Wichtige immissionsrelevante Parameter und Auswirkungen auf Immission und Exposition im Vergleich zu 2G/3G/4G
2.1 Frequenzen
2.2 Sende- und Strahlungsleistungen
2.3 Abstrahlcharakteristik
2.4 Netzausbau in Deutschland
2.5 Immission durch Endgeräte
3 Rechtliche Regelungen zum Schutz vor Hochfrequenzimmissionen
3.1 Grenzwerte
3.2 Genehmigung und Kontrolle von ortsfesten Funkanlagen
4 Sonstige technische Aspekte
4.1 Zeitliche Emissionsbegrenzung bei Massive-MIMO-Antennen („Smart-Power-Lock“)
4.2 Einfluss von nationalem Roaming auf die Immission durch Mobilfunk-Basisstationen
4.3 Technische Normung und Qualitätssicherung
5 Stellungnahme der SSK zu den technischen Aspekten der 5G-Technologie im Frequenzbereich FR1
1 Technische Vorstellung von 5G und Vergleich mit den etablierten Mobilfunktechnologien
In diesem Kapitel werden die wichtigsten technischen Aspekte der 5G-Mobilfunktechnik in möglichst allgemeinverständlicher Form beschrieben. Insbesondere wird dabei auf jene Merkmale und Eigenschaften eingegangen, die im Hinblick auf die resultierenden Immissionen als relevant anzusehen sind.
1.1 Anforderungen an 5G und absehbare Anwendungsszenarien
5G ist die konsequente Weiterentwicklung der bisherigen digitalen zellulären Mobilfunksysteme (2G, 3G, 4G). Der 5G-Mobilkommunikations-Standard bietet neue, über Sprachkommunikation und Breitband-Datenübertragung hinausgehende Möglichkeiten und wird daher als Kerntechnologie für die Digitalisierung der Industrie, automatisierte und vernetzte („autonome“) Verkehrssysteme, Internet der Dinge (IoT) und viele andere technische Entwicklungen angesehen.
Stand bei Einführung von 2G (auch GSM genannt) noch die Sprachtelefonie als wesentlichster Nutzen im Vordergrund, steigerte sich nach und nach der Bedarf, nicht nur Sprache, sondern auch Daten über das Mobilfunknetz zu übertragen. Waren es zunächst nur kurze Textmeldungen (SMS) oder andere geringe zu übertragende Datenmengen, die mit den schon in 2G vorhandenen Möglichkeiten (GPRS, EDGE) übermittelt werden konnten, steigerte sich der Bedarf an noch schnellerer Übertragung noch größerer Datenmengen unter anderem durch die Einführung von Smartphones und der damit einhergehenden mobilen Internetnutzung rasch weiter. Dem wurde durch die Weiterentwicklung der Mobilfunktechnik in Form von 3G (UMTS) und insbesondere durch 4G (LTE) Rechnung getragen.
Mit 5G wird nun nicht nur eine deutliche weitere Steigerung der möglichen Übertragungsrate erfolgen, sondern es sollen zusätzlich auch Möglichkeiten für eine äußerst zuverlässige (fehlerfreie und abbruchsichere) Datenübertragung mit sehr kurzen Verzögerungszeiten (Latenzzeiten) und für die gleichzeitige Einbindung einer enorm großen Anzahl von Endgeräten ins Mobilfunknetz geschaffen werden (Stichwort „Internet of Things“). In einigen Bereichen, wie dem automatisierten und vernetzten Fahren oder der industriellen Kommunikation, konkurriert 5G mit WLAN-basierten Kommunikationslösungen gemäß der Standardfamilie IEEE 802.11 (vgl. SSK 2019). Im Wesentlichen werden die Einsatzgebiete von 5G sehr häufig anhand von drei Eckpfeilern beschrieben:
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Breitbandkommunikation (enhanced Mobile Broadband, eMBB1)
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Echtzeitkommunikation (ultra-Reliable and Low Latency Communications, URLLC)
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Massenkommunikation (massive Machine Type Communications, mMTC).
Davon ausgehend werden die konkret absehbaren Anwendungsszenarien oft in Form einer Dreiecksgrafik mit den oben genannten Hauptmerkmalen an den Eckpunkten dargestellt (Abb. 1-1).
Im Bereich der Breitbandkommunikation bilden vor allem der mobile Internetzugang mit der Möglichkeit hoher Übertragungsraten (z. B. Videostreaming) sowie die Realisierung von Breitband-Internetzugängen für Benutzer in Gegenden ohne ausreichende Kabel- oder Glasfaser-Infrastruktur zwei Anwendungsschwerpunkte. Sie wurden bereits unmittelbar nach dem Start des kommerziellen 5G-Betriebes im Herbst 2019 in Angriff genommen und werden weiter ausgebaut. Für diese Anwendungsfälle muss das 5G-Netz – flexibel je nach konkreter Netzauslastung und Benutzerbedürfnissen – Übertragungsraten im Bereich von mehreren hundert MBit/s bis zu einigen GBit/s bereitstellen. Zu diesem Zweck ist es einerseits notwendig, für 5G mehr Frequenzbandbreite pro Übertragungskanal (Kanalbandbreite) zur Verfügung zu stellen als dies bisher bei 2G, 3G und 4G der Fall war, und andererseits die zur Verfügung stehenden Kanalbandbreiten sehr effizient und angepasst an das jeweilige Datenverkehrsaufkommen zu nutzen. Es bestehen im Bereich der Breitbandkommunikation jedoch keine besonderen Anforderungen im Hinblick auf Latenzzeiten oder die Anzahl der gleichzeitig bedienbaren Endgeräte.
- Abb. 1-1:
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Beispiele von Anwendungen, bei denen 5G eine zentrale Rolle spielen soll, dargestellt in Form eines Dreiecks mit den wesentlichen 5G-Merkmalen an den Eckpunkten. Die Lage der einzelnen Anwendungen relativ zu den Eckpunkten spiegelt näherungsweise den Bedarf der jeweiligen Anwendung an diesen Merkmalen wider.
Bei der Echtzeitkommunikation stellen sich die Anforderungen an das 5G-Netz deutlich anders dar. Eine der absehbaren Schlüsselanwendungen in diesem Bereich sind beispielsweise automatisierte und vernetzte Verkehrssysteme, bei denen Fahrzeuge untereinander (Vehicle to Vehicle, V2V) und allgemein Fahrzeuge mit diversen anderen Systemen (Vehicle to Everything, V2X) über das Mobilfunknetz kommunizieren müssen. Einen weiteren Einsatzbereich der Echtzeitkommunikation bilden automatisierte Industrieprozesse (z. B. Robotersteuerungen), bei denen Sensor- und Steuersignale drahtlos übertragen werden, um teure und unflexible Verkabelung zu vermeiden. Die Datenübertragung erfolgt dabei über private 5G-Netze (Campusnetze). In den genannten Fällen ist die Menge der pro Zeit zu übertragenden Daten relativ gering, die Daten müssen jedoch mit besonders hoher Zuverlässigkeit und sehr kurzen Latenzzeiten (typischerweise < 1 ms) übertragen werden. Anders als im Fall der Breitbandkommunikation ist für Echtzeitkommunikation daher – neben einer veränderten Netzwerkarchitektur mit entsprechender, an die Netzwerkperipherie verlagerter Server- bzw. Rechenleistung – auch eine besonders feingliedrige Zeitrahmenstruktur der Übertragung notwendig.
Im Bereich der Massenkommunikation sind Szenarien denkbar, in denen das Netzwerk in der Lage sein muss, mehrere zehntausend Endgeräte innerhalb einer Funkzelle zu bedienen. Die Anforderungen hinsichtlich Datenraten und Latenzzeiten sind von untergeordneter Bedeutung.
Innerhalb der von diesen drei Eckpfeilern der 5G-Technik aufgespannten Fläche finden sich eine Vielzahl künftiger Anwendungen mit unterschiedlichen Anforderungen bezüglich Datenübertragungsbandbreite (ein Maß für die maximal mögliche Datenübertragungsrate), Latenzzeit, Zuverlässigkeit und der Anzahl der zu bedienenden Endgeräte (Abb. 1-1). Hierzu können beispielsweise im Rahmen des sogenannten „Network Slicing“ (ein Begriff für die hochflexiblen Eigenschaften der 5G-Netzinfrastuktur) mehrere getrennte virtuelle Netzwerke mit verschiedenen Qualitätsanforderungen („Quality of Service“) auf der gemeinsamen physikalischen Netzinfrastruktur unabhängig voneinander betrieben werden.
Die gleichzeitige Erfüllung all dieser aus physikalischer Sicht völlig unterschiedlichen Anforderungen innerhalb eines einzigen physikalischen Funknetzwerks erfordert ein hohes Maß an Flexibilität hinsichtlich der Zuordnung der vorhandenen Ressourcen zu den einzelnen Anwendungen bzw. Benutzern, welche die bisherigen Mobilfunkgenerationen nicht bereitstellen können.
Diese erforderliche Flexibilität wird durch die vom 3rd Generation Partnership Project (3GPP) erarbeiteten Spezifikationen für 5G realisiert, wobei die Standardisierung von 5G nach wie vor nicht abgeschlossen ist, sondern laufend weiter vorangetrieben wird. Die Kernspezifikationen wurden jedoch 2019 (als sogenanntes Release 15) vom Europäischen Institut für Telekommunikationsnormen (ETSI) veröffentlicht (ETSI 2019) und bilden die Basis der gegenwärtig bereits kommerziell betriebenen 5G-Netzwerke.
1.2 Frequenzen, Modulations- und Zugriffsverfahren
In der zweiten (2G) und dritten (3G) Mobilfunkgeneration sind die physikalischen Spezifikationen vergleichsweise einfach und wenig flexibel festgelegt.
Bei 2G (GSM) erfolgt die Kommunikation auf Basis eines kombinierten FDMA/TDMA Zugriffsverfahrens. D. h., eine Sprach- oder Datenübertragung erfolgt auf einem (200 kHz breiten) Frequenzkanal, der von der jeweiligen Basisstation dieser Sprach- oder Datenübertragung zugeordnet wird (FDMA). Durch ein Zeitschlitzverfahren (TDMA) können auf jedem dieser Frequenzkanäle bis zu maximal acht Sprach- oder Datenübertragungen gleichzeitig abgewickelt werden. Zur Steigerung der erzielbaren Datenraten können bei den speziellen GSM-Funkdiensten GPRS und EDGE auch bis zu vier Zeitschlitze für eine Datenverbindung zusammengefasst werden. Zum Einbuchen der Endgeräte ins Netz sowie zu Synchronisationszwecken strahlt jede 2G-Basisstation unabhängig vom aktuellen Datenverkehrsaufkommen permanent ein Broadcast-Signal (d. h. ein Signalisierungssignal, BCCH) mit konstanter mittlerer Sendeleistung ab. Gegenwärtig werden 2G-Netzwerke in Deutschland vor allem im Frequenzbereich2 um 900 MHz (900-MHz-Band) und zum Teil noch im Frequenzbereich um 1 800 MHz (1 800-MHz-Band) betrieben (siehe Tab. 1-1). Die Trennung der beiden Übertragungsrichtungen von der Basisstation zum Endgerät (Downlink, DL) und vom Endgerät zur Basisstation (Uplink, UL) erfolgt bei 2G durch Übertragung auf unterschiedlichen Frequenzen (Frequency Division Duplex, FDD).
Bei 3G (UMTS) erfolgen Sprach- und Datenübertragung auf einem 5 MHz breiten Frequenzkanal, wobei die einzelnen, gleichzeitig bestehenden Sprach- und Datenverbindungen durch ein Code-Multiplexverfahren (CDMA Zugriffsverfahren) voneinander getrennt werden. Zum Einbuchen der Endgeräte ins Netz und zu Synchronisationszwecken strahlt jede 3G-Basisstation unabhängig vom aktuellen Datenverkehrsaufkommen permanent Pilotsignale (z. B. CPICH) mit konstanter mittlerer Sendeleistung und spezieller, der jeweiligen Basisstation zugeordneter Codierung ab. Gegenwärtig werden 3G-Netzwerke in Deutschland im 2 100-MHz-Band betrieben (siehe Tab. 1-1). Für die Trennung von Downlink und Uplink wurden in den 3G-Spezifikationen sowohl Übertragung auf unterschiedlichen Frequenzen (FDD) als auch ein Zeitschlitzverfahren (Time Division Duplex, TDD) vorgesehen. In Deutschland wird von den Netzbetreibern ausschließlich die Variante mit FDD verwendet.
Für die Übertragung von stark fluktuierenden Datenmengen (pro Benutzer) mit hohen Spitzenwerten an benötigter Datenrate, wie in der Praxis immer mehr gefordert, stießen GSM und UMTS zunehmend an ihre Grenzen. Zum einen, weil die einem Benutzer maximal zuweisbare Kanalbandbreite relativ gering ist (200 kHz bei GSM bzw. 5 MHz bei UMTS), und zum anderen, weil in den GSM- und UMTS-Spezifikationen keine bzw. keine effizienten Mechanismen vorgesehen sind, um die insgesamt vorhandenen Frequenz- und Zeitressourcen flexibel an die Benutzerbedürfnisse anzupassen.
Dem Bedarf einer flexibleren Zuordnung von Ressourcen zu einzelnen Benutzern bzw. Benutzerklassen wurde erstmals bei 4G (LTE) Rechnung getragen. Dabei kommt für die Übertragung das im Vergleich zu 2G und 3G gänzlich unterschiedliche Zugriffsverfahren OFDMA (Orthogonal Frequency Division Multiple Access) zur Anwendung. Der zur Verfügung stehende Frequenzbereich wird bei OFDMA in kleine Sub-Frequenzbereiche (bei LTE jeweils unveränderbar 15 kHz breit) unterteilt, in denen jeweils eine mit Daten modulierbare Trägerfrequenz (der sogenannte Subcarrier) abgestrahlt wird. Insgesamt stehen bei LTE maximal 1 200 Subcarrier zur Verfügung, wobei jedoch nicht alle für die Datenübertragung genutzt werden. Je nach Anzahl der für eine Datenübertragung verwendeten Subcarrier können in 4G damit benutzer- bzw. anwendungsspezifisch unterschiedliche Signalbandbreiten bis zu maximal 18 MHz realisiert werden. Um mehrere Sprach- oder Datenverbindungen nicht nur entlang der Frequenzachse (in unterschiedlichen Subcarrier-Paketen) parallel abwickeln zu können, sondern auch entlang der Zeitachse, ist bei LTE zusätzlich ein Zeitschlitzverfahren vorgesehen. Die einem Nutzer bzw. einem Dienst für die Kommunikation zugeordnete Kanalbandbreite und Zeit kann vom 4G-Netzwerk dynamisch verändert werden. Damit kann im 4G-Netzwerk flexibel auf die Benutzerbedürfnisse reagiert werden, und die spektrale Effizienz gegenüber der 2G- und 3G-Technologie wird damit deutlich erhöht.
Jedoch können nicht alle verfügbaren Ressourcen für die Übertragung von Benutzerdaten verwendet werden, da ein gewisser Anteil für die Synchronisation und das Einbuchen von Endgeräten sowie zur Übertragung anderer essenzieller Systemdaten benötigt wird. LTE-Basisstationen strahlen zu diesem Zweck mehrere Funkzellen-spezifische (Always-on-)Signale permanent periodisch, d. h. unabhängig vom aktuellen Datenverkehrsaufkommen, ab.
Zur weiteren Erhöhung der erzielbaren Datenrate ist in den LTE-Spezifikationen auch „Carrier Aggregation“ vorgesehen. Darunter versteht man die Möglichkeit, Subcarrier-Gruppen aus physikalisch getrennten Frequenzintervallen zu einem virtuellen Übertragungsfrequenzband zusammenzufassen. Da die in den einzelnen Frequenzbereichen (vgl. Tab. 1-1) zur Verfügung stehenden Kanalbandbreiten auf mehrere Mobilfunkanbieter aufgeteilt sind, steht für jeden Anbieter in jedem Frequenzbereich nur eine begrenzte Kanalbandbreite zur Verfügung (teilweise sogar weniger als die bei LTE mögliche maximale Kanalbandbreite von 20 MHz). Mit der Bündelung von Subcarrier-Gruppen aus unterschiedlichen Frequenzbereichen zu einem virtuellen (und physikalisch in Summe wesentlich verbreiterten) Übertragungsfrequenzband durch Carrier Aggregation kann die erzielbare Datenrate daher deutlich gesteigert werden. Die in 4G verfügbaren Mechanismen zur flexiblen Zuordnung von Übertragungsressourcen ermöglichen im Hinblick auf Breitbandkommunikation bereits Datenübertragungsraten von mehreren hundert MBit/s im realen Netzbetrieb.
Für die Trennung von Uplink und Downlink wurden in den LTE-Spezifikationen sowohl die Übertragung auf unterschiedlichen Frequenzen (FDD) als auch ein Zeitschlitz-Duplexverfahren3 (TDD) vorgesehen. In der Praxis wird bei LTE vorwiegend FDD verwendet. LTE wird gegenwärtig in mehreren unterschiedlichen Frequenzbändern betrieben (siehe Tab. 1-1).
- Tab. 1-1:
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Zusammenfassende Gegenüberstellung der unterschiedlichen Mobilfunkgenerationen bezüglich erzielbarer Datenraten und Kanalbandbreiten sowie genutzter Frequenzbereiche
Bezeichnung | maximale Datenrate | Kanalbandbreite | Start2 | Frequenzbereiche3 | |
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2G | GSM (GPRS, EDGE) |
54 kBit/s (GPRS) 256 kBit/s (EDGE) |
200 kHz | 1992 | 900-MHz-Band 880 MHz bis 915 MHz (FDD, UL) 925 MHz bis 960 MHz (FDD, DL) |
1 800-MHz-Band 1 710 MHz bis 1 785 MHz (FDD, UL) 1 805 MHz bis 1 880 MHz (FDD, DL) |
|||||
3G | UMTS (HSPA, HSPA+) |
384 kBit/s 7,2 MBit/s (HSPA) 42 MBit/s (HSPA+) |
5 MHz | 2004 | 2 100-MHz-Band 1 920 MHz bis 1 980 MHz (FDD, UL) 2 110 MHz bis 2 170 MHz (FDD, DL) |
4G | LTE LTE-A |
300 MBit/s (LTE) 1 GBit/s (LTE-A) |
1,4 MHz 3 MHz 5 MHz 10 MHz 15 MHz 20 MHz |
2010 | 700-MHz-Band 703 MHz bis 733 MHz (FDD, DL) 758 MHz bis 788 MHz (FDD, UL) |
800-MHz-Band 791 MHz bis 821 MHz (FDD, DL) 832 MHz bis 862 MHz (FDD, UL) |
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900-MHz-Band 880 MHz bis 915 MHz (FDD, UL) 925 MHz bis 960 MHz (FDD, DL) |
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1 800-MHz-Band 1 710 MHz bis 1 785 MHz (FDD, UL) 1 805 MHz bis 1 880 MHz (FDD, DL) |
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2 100-MHz-Band 1 930 MHz bis 1 960 MHz (FDD, UL) 2 110 MHz bis 2 170 MHz (FDD, DL) |
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2 600-MHz-Band 2 500 MHz bis 2 570 MHz (FDD, UL) 2 570 MHz bis 2 620 MHz (TDD) 2 620 MHz bis 2 690 MHz (FDD, DL) |
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5G | NR | 10 GBit/s5 | FR1: bis 100 MHz1 |
2019 | 3 600-MHz-Band4 3 400 MHz bis 3 800 MHz (TDD) |
FR2: bis 400 MHz1 |
20216 | 24,25 GHz bis 27,5 GHz |
- 1
- dynamisch veränderlich.
- 2
- Start des kommerziellen Betriebs in Deutschland.
- 3
- Stand Ende Juli 2021.
- 4
- Nur in diesem Band wird aktuell ein 5G-Signal von eigens dafür vorgesehenen Antennen abgestrahlt. Im Gegensatz dazu gibt es auch die Möglichkeit, in den 4G-Bändern durch spektrale Aufteilung eines 4G-Signals eine 5G-Übertragung zu realisieren (DSS, Dynamic Spectrum Sharing).
- 5
- Der Wert von 10 GBit/s wird heute als theoretisch erzielbare Übertragungsgeschwindigkeit in FR2 angenommen. In FR1 liegt dieser Wert deutlich niedriger, im Bereich von 1 GBit/sbis 3 GBit/s. Bisher veröffentlichte Tests in gegenwärtigen 5G-Netzen berichten von Maximalgeschwindigkeiten im Downlink bis zu ca. 800 MBit/s in FR1.
- 6
- Das Antragsverfahren bei der BNetzA für lokale breitbandige Frequenznutzungen im Frequenzbereich 24,25 GHzbis 27,5 GHz hat am 1. Januar 2021 begonnen.
Die 5G-Technologie setzt direkt auf dem OFDMA-basierten Ansatz von LTE auf. Dies ist schon allein aufgrund von Kompatibilitätsgründen notwendig, da der Übergang von 4G zu 5G nicht abrupt und unabhängig von 4G erfolgt. Vielmehr werden zunächst 4G und 5G ineinandergreifend parallel arbeiten, d. h. in der ersten Phase wird die physikalische Ebene von 5G (Funktechnik), auch „New Radio“ (NR) genannt, mit dem Kernnetz von 4G im Hintergrund betrieben, und erst im Laufe der nächsten Jahre wird der Ausbau des 5G-Kernnetzes vorangetrieben.
Um die eingangs erwähnten, vom 5G-Netz zu bedienenden unterschiedlichen Anwendungsfelder (Breitband-, Echtzeit- und Massenkommunikation) realisieren zu können, sind bei 5G im Vergleich zu LTE (4G) insbesondere größere Kanalbandbreiten, eine feingliedrigere Struktur entlang der Zeitachse sowie effiziente Mechanismen notwendig, mit denen die verfügbaren Ressourcen flexibel den unterschiedlichen Anwendungen und Benutzern zugeordnet werden können. Dabei spielt die Erhöhung der spektralen Effizienz eine zentrale Rolle, nicht allein zur Erhöhung der Ausbeute an Datenübertragungsraten, sondern auch zur Erhöhung der Energieeffizienz. Für den Endnutzer reduziert sich so der Energieaufwand für die Übertragung einer gegebenen Datenmenge. Dadurch werden bei hohen Datenübertragungsraten akzeptable Akkulaufzeiten der Endgeräte möglich.
Gegenüber 4G größere Kanalbandbreiten für 5G-Netze sind im gegenwärtig von Mobilfunkanwendungen genutzten Frequenzbereichen (< 6 GHz) nur sehr eingeschränkt verfügbar. Im August 2019 wurden in Deutschland Lizenzen im Frequenzbereich 3 400 MHz bis 3 700 MHz und 1 920 MHz bis 2 170 MHz vergeben, die auch für den Betrieb von 5G benutzt werden können. Die an die einzelnen Bewerber vergebenen Frequenzblöcke haben im Frequenzbereich 3 400 MHz bis 3 700 MHz Breiten zwischen 50 MHz und 90 MHz und im Frequenzbereich 1 920 MHz bis 2 170 MHz von 20 MHz. Dies ist zwar zwei- bis fünfmal mehr als beispielsweise im 2 600-MHz-Band für LTE verfügbar ist, jedoch ist in Anbetracht der überproportionalen Zunahme der zu übertragenden Datenmengen absehbar, dass die damit zur Verfügung gestellten Bandbreiten mittel- und langfristig nicht ausreichen werden. Deshalb wird in den 5G-Spezifikationen zwischen zwei unterschiedlichen Frequenzbereichen FR1 und FR2 unterschieden. Nur im FR1 ist eine flächendeckende Abdeckung des Landes mit Mobilfunkempfang denkbar, da die potenzielle Reichweite einer Basisstation mit zunehmender Sendefrequenz deutlich abnimmt.
FR2 umfasst den Frequenzbereich 24,25 GHz bis 52,6 GHz, in dem, zumindest mittelfristig, ausreichend Bandbreite verfügbar ist, der jedoch bisher nicht bzw. nicht flächendeckend für Mobilfunkanwendungen verwendet wurde. Da die Frequenzbelegungspläne in diesem Frequenzbereich auf internationaler Ebene noch nicht finalisiert sind und damit auch die nationalen Vergabeverfahren noch nicht überall begonnen haben, befindet sich der kommerzielle Betrieb von 5G in FR2 aktuell noch in der Anfangsphase. Hingegen hat der kommerzielle Betrieb im Bereich FR1, konkret im Frequenzbereich 3 400 MHz bis 3 700 MHz, in Deutschland bereits begonnen. Zusätzlich wird 5G auch in einigen der darunter liegenden, derzeit auch noch von UMTS4 oder LTE genutzten Frequenzbändern und für die Flächenversorgung insbesondere im 700-MHz-Band eingesetzt. Zusätzlich zu den oben genannten Frequenzbändern zur Nutzung in den öffentlichen Mobilfunknetzen wurden im Sommer 2020 auch Frequenzbänder für 5G-Campusnetze im Frequenzbereich 3 700 MHz bis 3 800 MHz von der Bundesnetzagentur vergeben. Im Folgenden wird daher im Wesentlichen auf 5G im Frequenzbereich FR1 eingegangen.
Die notwendige, gegenüber 4G erweiterte Flexibilisierung der Ressourcenzuteilung entlang der Frequenzachse erfolgt bei 5G im Wesentlichen dadurch, dass der Abstand (bzw. die Kanalbandbreite) der OFDMA-Subcarrier in diskreten Schritten zwischen 15 kHz und 480 kHz variiert werden kann, wobei in FR1 nur Subcarrier-Abstände bis 60 kHz vorgesehen sind. Mit einer gegenüber LTE deutlich höheren Maximalanzahl von Subcarriern können damit in FR1 maximale Kanalbandbreiten von bis ca. 100 MHz erreicht werden. Mit der Flexibilisierung der Subcarrier-Abstände kann eine Optimierung der Übertragung für unterschiedliche Anwendungsszenarien erreicht werden. Große Subcarrier-Abstände eignen sich für Anwendungen mit kurzen erforderlichen Latenzzeiten bzw. in Szenarien mit geringen Laufzeitunterschieden (d. h. kleinräumige Szenarien), während großräumige Szenarien (mit größeren Laufzeitunterschieden) kleinere Subcarrier-Abstände erfordern. Entlang der Zeitachse bleibt die übergeordnete 4G-Rahmenstruktur aus Kompatibilitätsgründen zwar erhalten, die Länge der Slots kann bei 5G jedoch variiert und insbesondere gegenüber 4G deutlich reduziert werden, was kürzere Latenzzeiten ermöglicht.
Zur Trennung von Uplink (UL) und Downlink (DL) ist in den 5G-Spezifikationen für das 3 600-MHz-Band ausschließlich TDD vorgesehen5, wobei als weiterer Mechanismus zur Flexibilisierung der Ressourcenverteilung die Zuordnung einzelner Slots zu Downlink oder Uplink dynamisch variiert werden kann.
Vereinfacht zusammengefasst ist 5G hinsichtlich der physikalischen Ebene durch Flexibilisierung der Zuordenbarkeit der vorhandenen Ressourcen zu einzelnen Nutzern bzw. Diensten aus 4G hervorgegangen.
Zusätzlich wurden in den 5G-Spezifikationen aus Gründen der Energieeffizienz die sogenannten Always-on-Signale gegenüber 4G reduziert.
1.3 MIMO (Multiple Input Multiple Output), adaptive Antennen
Die oben beschriebene Vergrößerung der verfügbaren Kanalbandbreite und die Flexibilisierung der Ressourcenzuordnung sind nur zwei der in den 5G-NR-Spezifikationen festgelegten Mechanismen zur Erreichung des angestrebten Ziels der Realisierung eines Mobilfunknetzes, das gleichermaßen für eMBB-, URLLC- und mMTC-Anwendungen geeignet ist. Vor allem in Hinblick auf eine Maximierung der spektralen Effizienz und die Zuverlässigkeit der Funkverbindungen stellen Multiple-Input-Multiple-Output-(MIMO)-Techniken einen weiteren Pfeiler von 5G NR dar. Im FR2 ist der Einsatz von MIMO-Techniken (insbesondere Beamforming) schon deshalb erforderlich, weil die Funkfelddämpfung im mm-Wellenbereich im Vergleich zu FR1 deutlich erhöht ist und nur durch adaptive Ausformung der Antennencharakteristik akzeptabel überwunden werden kann. MIMO-Techniken waren bzw. sind auch schon (optionaler) Bestandteil der 4G-Spezifikationen und werden in den gegenwärtigen LTE-Netzwerken bereits häufig eingesetzt. In 5G NR spielt MIMO (in einer gegenüber 4G technisch deutlich gesteigerten Form, deshalb oft auch als Massive-MIMO bezeichnet) jedoch eine zentrale Rolle. Die wesentliche Neuerung gegenüber den bereits bei früheren Mobilfunkgenerationen eingesetzten (vergleichsweise einfachen) MIMO-Techniken ist bei 5G NR der Einsatz von sogenannten adaptiven Antennensystemen, die z. B. „Multi-User-MIMO“ ermöglichen.
Bei herkömmlichen Basisstationsantennen der früheren Mobilfunkgenerationen (mit typischerweise entlang einer Vertikalachse angeordneten Dipolen) wird die abgestrahlte Sendeleistung gemäß der für die betrachtete Antenne spezifischen (und statischen) Abstrahlcharakteristik (Antennenpattern) in den Raum abgestrahlt. Typische Antennengewinne liegen dabei zwischen 6 dBi bis 8 dBi (Rundstrahlantennen) bzw. zwischen 12 dBi bis 18 dBi (Sektorantennen, einschließlich 4G mit MIMO). Sobald derartige Antennen montiert sind, ist im Wesentlichen vorgegeben, wohin (in welchen Raumbereich) die an der Basisstation verfügbare Sendeleistung gestrahlt wird, unabhängig davon, ob, wo bzw. wie viele Endgeräte sich in diesem Raumbereich befinden bzw. wie viel Bedarf an Datenrate (und damit Empfangsleistung) in diesem Raumbereich besteht6. Diese nicht-selektive Abstrahlung von Sendeleistung kommt einer „Verschwendung“ von Sendeleistung gleich und führt damit zu einer Abnahme der spektralen Effizienz.
Zur signifikanten Steigerung der spektralen Effizienz ist in 5G NR daher der Einsatz adaptiver Antennen vorgesehen, mit deren Hilfe die von der Basisstation abgestrahlte Sendeleistung selektiv in jenen Raumbereichen konzentriert werden kann, wo sie tatsächlich erforderlich ist. Derartige Antennen bestehen aus einer größeren Zahl7 entlang eines zweidimensionalen Rasters angeordneten Elementarantennen (typischerweise Dipole), die simultan einzeln gespeist werden können. Durch entsprechende Phasenverschiebungen der Signale zwischen den Elementarantennen kann die Antennencharakteristik (Form des Richtdiagramms) sowie die Senderichtung in weiten Grenzen dynamisch verändert werden. Für die dynamische Veränderung der Abstrahlcharakteristik hat sich der Begriff Beamforming und für die kontrollierte Steuerung der Hauptsenderichtung der Begriff Beamsteering etabliert. Mit derartigen Antennensystemen ist es daher grundsätzlich möglich, die Sendekeule (den „Beam“) der Antenne einem sich bewegenden Benutzer räumlich nachzuführen. Des Weiteren besteht die Möglichkeit, die in der Basisstation verfügbare Sendeleistung auf mehrere gleichzeitig abgestrahlte Beams aufzuteilen und die Hauptstrahlrichtungen dieser Beams unabhängig voneinander zu variieren. Bei Aufteilung der Sendeleistung auf mehrere Beams wird die von den einzelnen Beams in einer gewissen Distanz zur Antenne maximal erzeugte Feldstärke immer kleiner sein, als die in gleicher Entfernung maximal erzeugte Feldstärke bei Ausformung nur eines einzigen Beams. Die typischerweise maximal erzielbaren Antennengewinne von gegenwärtig eingesetzten 5G NR Antennen im 3 600-MHz-Band liegen bei ca. 23 dBi bis 25 dBi. Um den Endgeräten das Einbuchen in Funkzellen mit Beamforming zu ermöglichen, werden die Synchronisations- und Signalisierungssignale innerhalb der Funkzelle mittels eines oder mehrerer Beams ausgestrahlt, die den von der Funkzelle abgedeckten Raumbereich statisch ausleuchten oder zyklisch überstreichen (Beamsweeping).
Aufgrund physikalischer Gegebenheiten ist zu erwarten, dass Beamforming, Beamsteering und Beamsweeping im FR 1 nur im DL, d. h. nur an der Basisstationsantenne, und dort mit hoher Wahrscheinlichkeit auch nur in Frequenzbereichen oberhalb von 2,5 GHz eingesetzt werden.
Die durch diese Massive-MIMO-Technik geschaffene Möglichkeit der simultanen Abstrahlung mehrerer Beams innerhalb einer Basisstation bildet – neben der bereits oben beschriebenen Flexibilisierung der Ressourcenzuordnung bei 5G – eine zusätzliche Möglichkeit zur Erhöhung der spektralen Effizienz und der Schaffung eines Raum-Multiplex. Dadurch können beispielsweise in einer Zelle unterschiedliche Anwendungen besonders effizient bedient werden.
- Abb. 1-2:
-
Schematische Darstellung des Beamformings anhand eines Vergleichs der (statischen) Abstrahlcharakteristik einer herkömmlichen Antenne (links) und einer MIMO-Antenne bei Aussendung eines Beams (rechts). Dunkle Bereiche kennzeichnen höhere Feldstärken, helle Bereiche kennzeichnen geringere Feldstärken. Die Hauptsenderichtung und die Form der Beams ist bei MIMO-Antennen dynamisch (softwaregesteuert) veränderlich (in der Abbildung angedeutet durch Pfeile).
1.4 Funkzellenstruktur und Sendeleistungen
Neben der Erweiterung bestehender Basisstationsstandorte durch 5G-Technik ist insbesondere in Bereichen mit hoher Benutzerdichte und gleichzeitig hohen Datenraten im Zuge des 5G-Ausbaus auch eine Verdichtung der Netzstruktur erforderlich. Dazu werden vermutlich, vor allem im städtischen Bereich, zusätzlich sogenannte Kleinzellen (Small Cells) mit maximalen Zellenradien im Bereich von einigen zehn bis zu wenigen hundert Metern entstehen. Neben der bereits von den etablierten Mobilfunktechnologien bekannten Antennenmontage auf alleinstehenden Masten und Dachkonstruktionen werden damit im öffentlichen Raum vermehrt Kleinzellen-Antennen bzw. Basisstationsmodule, vor allem auf Straßen- bzw. Stadtmöbeln (Ampelanlagen, Verteilerschränken, Laternenmasten, Litfaßsäulen etc.), montiert werden.
Die Strahlungsleistung von Kleinzellen wird in Deutschland vermutlich typischerweise unterhalb von 10 W äquivalenter isotroper Strahlungsleistung (EIRP) bleiben, um den Verwaltungsaufwand für eine Vielzahl von Standortbescheinigungen zu vermeiden.8
1.5 Endgeräte
Wie auch bei den früheren Mobilfunkgenerationen, treten 5G-Endgeräte gegenwärtig vor allem in Form von Mobiltelefonen (Smartphones) und in Form von diversen anderen elektronischen Geräten (Laptop Computer, Tablets, Breitbandmodems für Internetzugang etc.) mit integrierten 5G-Funkmodulen in Erscheinung. Im Zuge der Verbreitung und Etablierung der 5G-Technologie werden jedoch weitere Formen von 5G-tauglichen Endgeräten hinzukommen. Grundsätzlich sind diesbezüglich der Phantasie hinsichtlich anwendungsspezifischer 5G-Endgeräte keine Grenzen gesetzt. Wie auch schon bei den früheren Mobilfunkgenerationen kann jedes Objekt, dessen Einbindung in ein 5G-Netzwerk sinnvoll ist, mit einem 5G-Funkmodul ausgestattet werden und wäre demnach als 5G-Endgerät zu bezeichnen. Beispiele für gegenwärtig bereits absehbare Formen von 5G-tauglichen Endgeräten sind mit entsprechenden Funkmodulen ausgestattete Fahrzeuge, diverse elektronische und elektrische (Haushalts-)Geräte, Roboter und diverse Komponenten von Produktionsanlagen. Auf den Aspekt der Immissionen durch Endgeräte wird in Abschnitt 2.5 eingegangen.
2 Wichtige immissionsrelevante Parameter und Auswirkungen auf Immission und Exposition im Vergleich zu 2G/3G/4G
In diesem Kapitel werden, basierend auf den Ausführungen im Kapitel 1, wichtige immissionsrelevante Parameter der aktuell in Deutschland im Ausbau befindlichen 5G-Netze zusammengefasst und in ihren Auswirkungen auf die Immission und Exposition im Vergleich zu den etablierten Mobilfunktechniken 2G (GSM), 3G (UMTS) und 4G (LTE) diskutiert. Die expositionsrelevanten Parameter umfassen dabei die folgenden Punkte:
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Frequenzen
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Sende- und Strahlungsleistungen
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Verteilung der abgestrahlten Leistung (Abstrahlcharakteristik)
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Netzausbau in Deutschland.
2.1 Frequenzen
Derzeit ist in Deutschland der Betrieb von öffentlichen Mobilfunknetzen auf mehreren durch die Bundesnetzagentur zugeteilten Frequenzbändern im Bereich von 700 MHz bis 3,7 GHz zugelassen, der einen Teil des 5G-Frequenzbereiches FR1 umfasst. Die Frequenzen sind dabei technologieneutral zugeteilt worden, d. h. in der Regel ist eine spezielle Mobilfunktechnik nicht an ein spezielles Frequenzband gebunden. Die deutschen Mobilfunkbetreiber werden die 5G-Technik jedoch zunächst in den Frequenzbereichen um 2,1 GHz (derzeitiger UMTS-Bereich) und 3,4 GHz bis 3,7 GHz ausrollen, in denen nach Abschluss der Frequenzauktion am 2. August 2019 von der Bundesnetzagentur über die Vergabe von Frequenzblöcken entschieden wurde. Darüber hinaus ist auch die Nutzung des Bereichs bei 700 MHz und 1,8 GHz bereits gestartet worden. Neben der Vergabe von Lizenzen an Mobilfunknetzbetreiber wurde auch die Vergabe von Frequenzblöcken zum Betrieb lokaler Netze (3,7 GHz bis 3,8 GHz) gestartet, um Firmen die Einrichtung autarker Kommunikationslösungen zu ermöglichen.
Die genannten Frequenzen werden schon seit langem für Funkanwendungen eingesetzt: Der Bereich bei 700 MHz wurde bis 2019 durch Fernsehrundfunk genutzt, bei 2,1 GHz werden die UMTS-Netze betrieben, und der Frequenzbereich zwischen 3,4 GHz und 3,7 GHz war ursprünglich für WiMAX-Mobilfunknutzung freigegeben.
Daraus ergibt sich, dass die für diese Frequenzbereiche bereits vorliegenden Erkenntnisse zu möglichen biologischen und gesundheitlichen Auswirkungen auch bei einer neuen Nutzung durch 5G relevant bleiben. Hierauf wird detailliert in Teil II der vorliegenden Stellungnahme eingegangen.
Eine Besonderheit bei der Frequenznutzung von 5G ist das „Dynamic Spectrum Sharing“ (DSS). Hierbei wird ein gemeinsamer Frequenzbereich gleichzeitig durch LTE und 5G genutzt und damit die wertvolle Ressource Frequenz effizienter genutzt. Die Zuteilung erfolgt dabei dynamisch, d. h. je nach Nachfrage durch den Nutzer. DSS wird derzeit beispielsweise von der Deutschen Telekom bei 2,1 GHz und von Vodafone bei 1,8 GHz eingesetzt.
Grundsätzlich ist bei Befriedigung des Bedarfs steigender Datenbandbreite mit Mobilfunktechnik auch eine Zunahme der Immission durch Basisstationen zu erwarten. Hierbei sind grundsätzlich folgende Fälle zu unterscheiden:
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Es werden neue 5G-Basisstationen in Regionen errichtet, die bislang unterversorgt waren oder in denen die Kapazität erhöht werden soll. Ein Vergleich der zu erwartenden Immissionsveränderung sollte vor dem Hintergrund eines alternativen Mobilfunkausbaus mit einer etablierten Mobilfunktechnik (z. B. LTE) erfolgen. Hierbei sind folgende Fälle zu unterscheiden:
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Errichtung von neuen 5G-Basisstationen mit Massive-MIMO-Antennen (Beamforming); dies erfolgt derzeit in Deutschland im Frequenzbereich 3,4 GHz bis 3,8 GHz. Da dieser Frequenzbereich bislang nur lokal mit WiMAX, aber nicht flächendeckend genutzt wurde, ist dieser Fall generell mit einer Erhöhung der elektromagnetischen Immission verbunden, die aber auch durch den Mobilfunkausbau mit einer alternativen Technologie (4G) stattfinden würde. Durch das eingesetzte Beamforming bei 5G sind die maximal möglichen EIRP-Werte höher als im Fall der etablierten Mobilfunknetze, d. h. die maximal möglichen Immissionen an einem definierten Ort werden sich im Vergleich zum Ausbau mit etablierten Mobilfunktechniken ohne Beamforming erhöhen. Es ist hier allerdings zu diskutieren, ob bzw. wie häufig diese theoretische maximale Immission an einem Ort überhaupt relevant ist, da sie nur dann auftritt, wenn sich ein einzelner Nutzer in der Zelle befindet und dieser alle Ressourcen auf sich bündelt. Außerdem ist zu berücksichtigen, dass Beamforming vom Standard her auch bei LTE möglich wäre. Bei der zeitlich und örtlich gemittelten Immission ist hingegen gegenüber einem Ausbau mit z. B. LTE (ohne Beamforming) eine Immissionsreduzierung möglich, da die Immission durch das Beamforming zielgerichtet auf die Orte gelenkt wird, an denen eine aktive Verbindung zu einem Endgerät besteht, und umliegende Orte quasi „ausgespart“ werden.
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Errichtung von neuen 5G-Basisstationen ohne Massive-MIMO-Antennen; dies erfolgt derzeit in Deutschland im Frequenzbereich 700 MHz. Da dieser Frequenzbereich bislang in Deutschland nicht flächendeckend für DVB-T genutzt wurde, ist auch dieser Fall zwar generell ebenfalls mit einer Erhöhung der elektromagnetischen Immission verbunden. Da jedoch Antennen mit statischem Beam, d. h. ohne Beamforming eingesetzt werden, sind die maximal und zeitlich bzw. örtlich gemittelten Immissionen vergleichbar zu einem Ausbau mit einer etablierten Mobilfunktechnik. Wie noch im Abschnitt 4.2 detailliert erörtert wird, könnte die Reduzierung des permanent abgestrahlten Signalisierungsanteils bei 5G sogar zu einer geringfügigen Verringerung der mittleren Immission führen, die vor allem in Zeiten geringer Auslastung der Basisstation deutlich wird.
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Umwidmung bislang genutzter Mobilfunkfrequenzbereiche, d. h. 5G ersetzt eine bislang am Standort betriebene etablierte Mobilfunktechnologie. Dies erfolgt in Deutschland derzeit beispielsweise in den Frequenzbereichen 1,8 GHz und 2,1 GHz, bei dem 5G (ggf. zusammen mit 4G als DSS) die bislang dort eingesetzte GSM- oder UMTS-Technik ersetzt. Sofern sich die verwendeten Sendeleistungen gegenüber dem vorangegangenen Zustand nicht verändern, kommt es in diesem Fall nicht zu einer Veränderung der maximalen sowie mittleren Immission, da auch dieselben Antennen eingesetzt werden wie vor der Umwidmung des Frequenzbereiches.
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Integration von 5G in Kleinzellen: Zukünftig wird die 5G-Technologie auch in Kleinzellen eingesetzt werden. Allerdings ist hier davon auszugehen, dass Kleinzellen nicht exklusiv für eine 5G-Versorgung errichtet werden, sondern bei neuen Kleinzellen 5G zusätzlich zu bereits etablierten Technologien (z. B. LTE) integriert wird bzw. bei schon bestehenden Kleinzellen 5G eine andere Technologie ersetzt (z. B. UMTS). Da bei Kleinzellen die EIRP auf 10 W begrenzt ist, wird sich bei bestehenden Kleinzelleninstallationen die Immission nicht wesentlich ändern. Durch neue Kleinzellen kommt es zwar insgesamt zu einem entsprechenden Anstieg der Immission; dies betrifft aber gleichermaßen alle in die Kleinzelle integrierten Funkdienste und ist somit nicht 5G-spezifisch.
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High-Power-High-Tower (HPHT)-Anwendungen: Zusätzlich zu Mobilfunkanwendungen werden derzeit auch Möglichkeiten erforscht, mit Hilfe des 5G-Standards terrestrischen Rundfunk (Downlink-only-Modus) zu verbreiten. Dafür werden bestehende Rundfunksendetürme (High-Tower, z. B. Wendelstein) genutzt, über die mit dem 5G-Standard Rundfunkdienste mit zu etablierten Techniken vergleichbaren Strahlungsleistungen (100 kW effektive Strahlungsleistung (ERP), High-Power) über konventionelle Rundfunkantennen abgestrahlt werden. Da sich diese Projekte aber noch in einem experimentellen Stadium befinden, werden sie hier nicht weiter betrachtet (Nonkonform 2019, IRT 2021).
Generell ist zu beachten, dass die persönliche Gesamtimmission nicht nur aus der Immission durch Basisstationen besteht, sondern bei aktivem Endgerätegebrauch auch aus der Immission durch das Endgerät und im Regelfall von dieser dominiert wird (siehe Abschnitt 2.5).
2.2 Sende- und Strahlungsleistungen
Aufgrund des zu 4G identischen verwendeten OFDMA-Verfahrens ist die spektrale Sendeleistung von 5G-Basisstationen ähnlich der von 4G-Basisstationen. In Abhängigkeit vom genutzten Frequenzbereich bzw. den hierbei maximal verfügbaren Bandbreiten pro Betreiber von z. B. 10 MHz bei 700 MHz, 20 MHz bei 2,1 GHz, 90 MHz bei 3,4 GHz bis 3,7 GHz und 100 MHz bei 3,7 GHz bis 3,8 GHz ist auch die Kanalsendeleistung (d. h. die in einem Funkkanal innerhalb eines definierten Frequenzintervalls abgestrahlte Sendeleistung) vergleichbar zu 4G oder steigt entsprechend der genutzten Bandbreite an; diesem Anstieg sind aber durch die immissionsschutzrechtliche Gesetzgebung (Standortbescheinigungsverfahren) Grenzen gesetzt.
Im Gegensatz zur Sendeleistung beinhaltet die für die Immissionsbetrachtung relevantere äquivalente isotrope Strahlungsleistung (EIRP) neben der Sendeleistung auch den die Bündelungsfähigkeit der Antennen beschreibenden Antennengewinn. Während der Antennengewinn bei den unter etwa 2,5 GHz eingesetzten 5G-Antennen identisch zu dem der etablierten Mobilfunktechniken im selben Frequenzbereich ist, kann der Gewinn bei den im Frequenzbereich 3,4 GHz bis 3,8 GHz eingesetzten Massive-MIMO-Antennen mit etwa 23 dBi bis 25 dBi (Ericsson 2019) um bis zu fünffach größer sein als bei konventionellen Antennen im vergleichbaren Frequenzbereich (typisch 12 dBi bis 18 dBi für Sektorantennen). Bei diesen Massive-MIMO-Antennen kann also die EIRP bei 5G durch das Beamforming entsprechend der Differenz von 25 dBi bis 18 dBi bei gleicher Sendeleistung um bis zu fünfmal größer werden als bei Basisstationen ohne Beamforming. Immissionsrelevant ist in dem Zusammenhang allerdings auch, ob und wenn ja wie häufig und in welchen zeitlichen Abständen die maximale Sendeleistung und der maximale Antennengewinn gleichzeitig auftreten und auf denselben Immissionsort einwirken (siehe auch Abschnitt 4.1).
Kleinzelleninstallationen werden in Deutschland pro Standort hingegen typisch mit einer EIRP von kleiner als 10 W betrieben; hierbei werden jedoch primär Antennen ohne Beamforming eingesetzt.
Bezüglich der technischen Spezifikationen von 5G sind in 3GPP (3GPP 2019) und ETSI (ETSI 2020) Angaben zur maximalen EIRP verschiedener Basisstationsklassen festgelegt: Bei Pikozellen für die Versorgung innerhalb von Gebäuden beträgt die maximale EIRP 2 W und bei Mikrozellen 50 W. Für Makrozellen ist die maximale EIRP nicht begrenzt. Unabhängig davon sind natürlich die durch die immissionsschutzrechtliche Gesetzgebung (Standortbescheinigungsverfahren, siehe Abschnitt 3.2) vorgegebenen Grenzen einzuhalten.
2.3 Abstrahlcharakteristik
Der größte Unterschied von 5G zu den herkömmlichen Mobilfunktechniken ergibt sich in der Abstrahlcharakteristik der verwendeten Basisstationsantennen. Nach derzeitigem Stand werden im Frequenzbereich von 3,4 GHz bis 3,8 GHz Massive-MIMO-Antennen verwendet, die über Strahlformungs- (Beamforming) und Strahlschwenkmechanismen (Beamsweeping) verfügen. Über die Strahlformung und Strahlschwenkung hinaus ergeben sich durch die Massive-MIMO-Technik folgende immissionsrelevante Unterschiede zu 2G/3G/4G-Basisstationen hinsichtlich einer Aufteilung des Abstrahlungsdiagramms in einen Signalisierungsteil und einen Verkehrsdatenteil:
Bei konventionellen 2G/3G/4G-Basisstationen und 5G-Basisstationen unterhalb etwa 2,5 GHz sind Signalisierung und Verkehrsdaten in einem Strahl (Beam) konzentriert, dessen Abstrahlverhalten sich zeitlich nicht ändert. Bei 5G-Massive-MIMO-Basisstationen im Frequenzbereich 3,4 GHz bis 3,8 GHz hingegen wird das Abstrahldiagramm in einen Teil mit Signalisierungsdaten (Broadcast Beam) und einen Teil mit Verkehrsdaten unterteilt (Traffic Beams). Der Broadcast Beam sendet Steuersignale aus und wird entweder zyklisch durch mehrere Ausrichtungen geschaltet oder ist statisch. Die Traffic Beams werden dynamisch auf die Endgeräte ausgerichtet, wobei je nach Anzahl der Nutzer bzw. Ausbreitungsbedingungen mehrere räumlich getrennte Beams gebildet werden können. Daher ist die zeitlich gemittelte Immission an einem definierten Immissionsort in hohem Maße davon abhängig,
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ob auf den Immissionsort gerade ein Traffic Beam ausgerichtet wird und wie viele funktechnische Ressourcen (d. h. Frequenzträger und Zeiteinheiten) diesem Beam zugewiesen sind
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wie viele Traffic Beams gleichzeitig in andere Richtungen gesendet werden
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wie lange der Traffic Beam in einem normativen Sechs-Minuten-Zeitraum auf den Immissionsort ausgerichtet ist.
Aufgrund von Beamforming und Beamsweeping kann die verfügbare Sendeleistung also deutlich selektiver und bedarfsorientierter auf bestimmte Bereiche konzentriert werden, als dies bei den früheren Mobilfunktechniken der Fall war. Dies bedeutet, dass eine Zunahme der Immission nur dort zu erwarten ist, wo eine große Dichte an aktiven Endgeräten besteht. In anderen örtlichen Bereichen, die nicht durch den Beam erfasst werden, wird die mittlere Immission hingegen sinken. Insgesamt kommt es hier also zu einer Verschiebung der Immission im Vergleich zu konventionellen Mobilfunktechniken. Wie in Abschnitt 2.5 näher beschrieben ist jedoch zu beachten, dass in diesen Bereichen nicht nur die Immissionen durch die Basisstationen (Downlink), sondern auch jene durch die Endgeräte selbst (Uplink) relevant sein können. An welchen Orten sich in welchem Ausmaß die Mobilfunkimmissionen im Zuge des 5G-Ausbaus verändern werden, ist daher stark abhängig von der Dichte, der Verteilung und dem Verhalten der Nutzer*innen und damit nur schwer allgemeingültig vorherzusagen.
Die maximale Immission am Immissionsort wird bei Massive-MIMO-Antennen dann erzeugt, wenn nur ein einziger Traffic Beam mit maximalem Gewinn und maximaler Sendeleistung ausgebildet und auf den Immissionsort ausgerichtet wird. Im Gegensatz zu konventionellen 2G-4G-Basisstationen und 5G-Basisstationen unterhalb von etwa 2,5 GHz ergibt sich bei 5G-Massive-MIMO-Antennen im Frequenzbereich von 3,4 GHz bis 3,8 GHz also eine entsprechend der erhöhten Bandbreite und des erhöhten Antennengewinns vergrößerte maximale Immission. So lässt sich beispielsweise bei einer 5G-Basisstation im Frequenzbereich von 3,4 GHz bis 3,8 GHz durch Bandbreitenerhöhung eine etwa 22fach größere maximale Leistungsflussdichte in Hauptstrahlrichtung erwarten als bei einer LTE-Basisstation im Frequenzbereich 1 800 MHz9. Hierbei ist jedoch zu berücksichtigen, dass aufgrund der technologieneutralen Vergabe eine Erhöhung der maximalen Immission in vergleichbarem Umfang generell auch mit einem Aufbau durch eine andere Technologie (z. B. 4G mit Beamforming) als 5G zu beobachten wäre.
Über die konkreten durch 5G erzeugten mittleren und maximalen Immissionen liegen derzeit noch keine belastbaren messtechnischen Daten vor. Erste Ergebnisse wird ein durch das Bundesamt für Strahlenschutz betreutes Forschungsvorhaben „Berücksichtigung aktueller Mobilfunkantennentechnik bei der HF-EMF-Expositionsbestimmung“ liefern.
2.4 Netzausbau in Deutschland
Die deutschen Mobilfunknetzbetreiber haben unterschiedliche Strategien im Auf- und Ausbau des 5G-Basisstationsnetzwerkes; dabei sind jedoch auch die bei der Versteigerung der 5G-Frequenzen vorgegebenen Versorgungsauflagen zu beachten. In der Entscheidung der Präsidentenkammer der Bundesnetzagentur für Elektrizität, Gas, Telekommunikation, Post und Eisenbahnen vom 26. November 2018 (BNetzA 2018b) sind prozentuale Versorgungsauflagen für Haushalte, Straßen und Schienenwege mit einer Mindestdatenrate (50 MBit/s bis 100 MBit/s) und einer maximalen Latenz (10 ms) definiert. Darüber hinaus fordert (BNetzA 2018a) von den Teilnehmern der Frequenzauktion, bis Ende 2022 1 000 „5G-Basisstationen“ zu errichten. Diese Auflagen gelten für alle Bieter, die im Rahmen der vorgenannten Frequenzauktion Frequenzen erworben haben.
Neben typischen Dach- oder Maststandorten (Makrozellen) können 5G-Basisstationen prinzipiell auch als Kleinzellenstandorte zur Erhöhung der Kapazität in flächenmäßig begrenzten Versorgungsbereichen errichtet werden.
Obwohl Kleinzellen eine Strahlungsleistung von nur einigen Watt aufweisen, befinden sie sich aufgrund ihrer geringeren Installationshöhe (typische Integration in „Stadtmöbel“, siehe Abschnitt 1.4) näher an Personen. Erste systematische Untersuchungen bei 4G (Kopacz et al. 2018, Menzel und Wuschek 2018) zeigen, dass die Immissionen durch Kleinzellen zwar grundsätzlich unterhalb der Grenzwerte (BImSchV 2013) bleiben, in allgemein zugänglichen Bereichen bei Kleinzellen aber kleinräumig durchaus größer sein können als bei typischen Dach- oder Maststandorten.
Wie bereits im Abschnitt 2.1 beschrieben, ist die realistischerweise zu erwartende Zunahme der Mobilfunkimmissionen eine Folge des steigenden Bedarfs an Datenbandbreite und nicht eine Folge der 5G-Technik selbst. Ein Versuch, den steigenden Datenbandbreitenbedarf mittels der herkömmlichen Mobilfunktechnologien (4G) zu befriedigen, würde aufgrund deren gegenüber 5G schlechteren Effizienz mit großer Wahrscheinlichkeit zu einer stärkeren Zunahme der Mobilfunkimmissionen führen, als dies mit der Einführung von 5G der Fall ist. Diese Aussage bleibt höchstwahrscheinlich auch unter der Annahme gültig, dass die Verfügbarkeit von 5G den Bandbreitenbedarf zusätzlich etwas steigern wird (Reboundeffekt).
2.5 Immission durch Endgeräte
Gemäß 5G-Spezifikationen beträgt die maximale Sendeleistung der Endgeräte im Frequenzbereich von 3,4 GHz bis 3,8 GHz 200 mW. In anderen in Deutschland mit 5G nutzbaren Frequenzbändern sind theoretisch auch 400 mW (2,5 GHz bis 2,7 GHz) bzw. 1 250 mW (700 MHz Band) möglich, wobei die letztgenannte Leistungsklasse mit großer Wahrscheinlichkeit nur für spezielle Anwendungen und nicht für körpernah betriebene mobile Endgeräte zum Einsatz kommen wird. Die maximalen, zeitlich gemittelten Sendeleistungen typischer Endgeräte liegen somit bei 5G in etwa in der gleichen Größenordnung wie auch bei den früheren Mobilfunkgenerationen. Bei 3G und 4G sind größere zeitliche Schwankungen der abgegebenen effektiven Sendeleistung der Endgeräte ausschließlich durch die Sendeleistungsregelung bedingt, da die eigentliche Signalform aufgrund der Modulation bzw. des Zugriffsverfahrens (CDMA bzw. OFDMA) stochastischen Charakter aufweist und praktisch ausschließlich FDD als Duplexverfahren zur Anwendung kommt. 5G-Endgeräte können aufgrund des bei 5G in einigen Frequenzbereichen (z. B. 3,4 GHz bis 3,8 GHz) verwendeten TDD dagegen die Sendeleistung auch „pulsartig“, d. h. in Form von Schwingungspaketen („Bursts“) abgeben, wobei die Dauer der Schwingungspakete, je nach zugewiesenen Ressourcen, im Bereich von 0,25 ms bis zu mehreren Millisekunden variieren kann. Ähnlich wie bei GSM (2G) ist dieser gepulsten Sendeleistungsabstrahlung die Sendeleistungsregelung überlagert. Aufgrund der Kombination von variabler Schwingungspaket-Länge und gleichzeitig effizienterer Sendeleistungsregelung ist der Dynamikbereich der abgestrahlten Sendeleistung von 5G-Endgeräten aber größer zu erwarten als bei 2G-Endgeräten. Erste Daten aus urbanen 5G-Netzwerken im kommerziellen Betrieb in Australien und Südkorea (Joshi et al. 2020) zeigen zeitlich gemittelte Sendeleistungen der Endgeräte bis zu maximal 21 mW, bei einem Uplink/Downlink Verhältnis von 1/3. Der Mittelwert und das 95. Perzentil der zeitlich gemittelten Sendeleistung aller betrachteter Endgeräte lagen bei weniger als 1 mW bzw. weniger als 4 mW. Der Spitzenwert der Sendeleistung der 5G-Endgeräte lag im Uplink-Burst in 50 % aller gesammelten Datenpunkte unterhalb von 100 mW. Diese Werte sind um einen zirka Faktor 2 größer als vergleichbare Werte aus 4G-Netzwerken (Joshi et al. 2017) und damit in der gleichen Größenordnung. Anzumerken ist, dass den Daten aus den 4G-Netzwerken in Joshi et al. 2017 naturgemäß eine wesentlich größere Stichprobe zugrunde liegt als den Daten aus den 5G-Netzwerken in (Joshi et al. 2020).
Im Hinblick auf die Gesamtexposition der Bevölkerung ist anzumerken, dass die von den Endgeräten verursachten Hochfrequenzimmissionen einen erheblichen Anteil an der Gesamtexposition der Bevölkerung ausmachen, da die Endgeräte typischerweise körpernah betrieben werden. Basierend auf einem kumulativen Dosismaß zeigen Daten aus dem EU-Projekt GERONIMO, dass mehr als 88 % der Exposition des Gehirns eine Folge des Mobiltelefongebrauchs (inklusive Mobiltelefone anderer Benutzer) sind, und dass Mobiltelefone auch für mehr als 41 % der Ganzkörperexposition verantwortlich sind. Mobilfunk-Basisstationen tragen demgegenüber nur ca. 4 % zur Gehirndosis bzw. ca. 8 % zur Ganzkörperdosis bei (van Wel et al. 2021). Insofern sollte in der Diskussion über mögliche gesundheitliche Auswirkungen von Mobilfunkstrahlung bzw. über die Immissionsminderung der von den Endgeräten verursachten Exposition besondere Aufmerksamkeit geschenkt werden, zumal der Anteil der Personen, die keine Mobilfunkgeräte nutzen, zunehmend verschwindend klein wird. Physikalisch zu erwarten und auch durch Messungen in kommerziellen Netzwerken bestätigt (Joshi et al. 2017) sinkt die mittlere von den Endgeräten abgestrahlte Sendeleistung, je größer die Dichte an Basisstationen ist. Der Grund dafür ist, dass das Netzwerk die Sendeleistung der Endgeräte auf das für die störungsfreie Kommunikation notwendige Mindestmaß zurückregelt, um die Akkulaufzeit der Endgeräte zu erhöhen und Funkstörungen in anderen Teilen des Funknetzwerks zu minimieren. Durch ein dichteres Netz an Basisstationen sinkt die mittlere Distanz zwischen Endgeräten und Basisstationen, und damit steigt gleichzeitig die funktechnische Qualität des Übertragungskanals, was ein Absenken der Endgeräte-Sendeleistung erlaubt, ohne signifikante Qualitätseinbußen der Übertragung zu erleiden. Auch wenn gegenwärtig aufgrund des noch frühen Ausbaustadiums der 5G-Netzwerke valide Daten aus der Praxis noch nicht vorliegen, deuten Modellrechnungen darauf hin, dass sich durch einen Vollausbau von 5G-Netzwerken die Gesamtexposition (im Sinne eines kumulativen Dosismaßes) für Mobiltelefonnutzer deutlich verringert, während sie für Nichtnutzer nur geringfügig (auf geringem Niveau) zunimmt (UVEK 2019, Kühn et al. 2020).
3 Rechtliche Regelungen zum Schutz vor Hochfrequenzimmissionen
In Deutschland liefert das Bundes-Immissionsschutzgesetz (BImSchG 2020) die rechtliche Grundlage für die Festlegung von Grenzwerten für elektromagnetische Felder in der 26. BImSchV (Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes, BImSchV 2013). Die Verordnung enthält unter anderem Vorgaben für die Errichtung und den Betrieb von ortsfesten Hochfrequenzanlagen (Frequenzbereich: 9 kHz bis 300 GHz), zu denen grundsätzlich auch ortsfeste Funkanlagen und damit auch 5G-Basisstationen zählen. In der Verordnung über das Nachweisverfahren zur Begrenzung elektromagnetischer Felder (BEMFV 2002) werden die Vorgehensweisen zur Prüfung der Einhaltung der Grenzwerte der 26. BImSchV für ortsfeste Funkanlagen im Detail geregelt. Zur Konkretisierung der 26. BImSchV existieren ferner Durchführungshinweise der Bund/Länder-Arbeitsgemeinschaft für Immissionsschutz (LAI 2014).
3.1 Grenzwerte
Für den Hochfrequenzbereich (9 kHz bis 300 GHz) werden in der 26. BImSchV die Referenzwerte und Summationsvorschriften aus den ICNIRP-Empfehlungen von 1998 (ICNIRP 1998) bzw. der EU-Ratsempfehlung 1999/519/EG übernommen (EG 1999).
Die Grenzwerte für ortsfeste Hochfrequenzanlagen sind gemäß den Vorgaben der 26. BImSchV bei höchster betrieblicher Anlagenauslastung der verursachenden Anlagen unter Einbeziehung der Hochfrequenz-Vorbelastung durch andere ortsfeste Hochfrequenzanlagen an allen Orten einzuhalten, die zum dauerhaften oder vorübergehenden Aufenthalt von Menschen bestimmt sind. Sie gelten, sofern an einem Anlagenstandort eine Strahlungsleistung von 10 W EIRP erreicht oder überschritten wird.
Nach § 3 BEMFV sind darüber hinaus für ortsfeste Funkanlagen im Frequenzbereich von 9 kHz bis 50 MHz die zulässigen Werte für aktive Körperhilfen (wie z. B. Herzschrittmacher) nach den Normen DIN EN 50527-1 (Ausgabe Januar 2011) und DIN EN 50527-2-1 (Ausgabe Mai 2012) zu berücksichtigen.
3.2 Genehmigung und Kontrolle von ortsfesten Funkanlagen
Die Überprüfung der Einhaltung der BEMFV erfolgt für ortsfeste Funkanlagen durch die Bundesnetzagentur für Elektrizität, Gas, Telekommunikation, Post und Eisenbahnen (BNetzA), welche dem Bundesministerium für Wirtschaft und Energie untersteht.
Die Inbetriebnahme oder wesentliche Änderung einer ortsfesten Funkanlage mit mehr als 10 W EIRP (z. B. einer Mobilfunkbasisstation) ist vom Betreiber bei der BNetzA zwei Wochen vor Inbetriebnahme anzuzeigen. Die Außerbetriebnahme ist unverzüglich anzuzeigen.
Der Zeitpunkt der Inbetriebnahme bzw. der Außerbetriebnahme einer ortsfesten Funkanlage in öffentlichen Funknetzen, die eine EIRP von mehr als 0,1 W und weniger als 10 W aufweist (z. B. eine Kleinzellen-Basisstation), ist der BNetzA innerhalb von vier Wochen nach der In- oder Außerbetriebnahme zu melden.
Obwohl formal die Länder für die Sicherstellung der Einhaltung der 26. BImSchV zuständig sind, wurde durch die BEMFV festgelegt, dass bei Funkanlagen in der Praxis die Überprüfung der Grenzwerteinhaltung durch die BNetzA erfolgt. Diese findet bereits vor Inbetriebnahme der Anlage statt. Zusätzliche Kontrollen bei bereits in Betrieb befindlichen Anlagen sind in gewissem Umfang sowie bei Mitteilung Dritter oder bei erkannten Auffälligkeiten vorgesehen.
Die Einhaltung der Vorgaben der 26. BImSchV wird bei ortsfesten Funkanlagen mit mehr als 10 W EIRP (also auch bei den hier relevanten 5G-Basisstationen) durch das „Standortbescheinigungsverfahren“ der BNetzA sichergestellt. Bei Neuerrichtung oder wesentlicher Änderung einer Funkanlage muss der Betreiber der BNetzA alle für die Berechnung der in der Umgebung der Anlage auftretenden elektromagnetischen Felder notwendigen technischen und sonstigen Anlagendaten (z. B. Werkpläne) zur Verfügung stellen. Die BNetzA errechnet anschließend aus diesen Daten unter Einbeziehung aller weiteren am Standort vorhandenen Anlagen und unter Berücksichtigung der Hochfrequenz-Hintergrundimmission, die durch in der näheren Umgebung befindliche Funkanlagenstandorte verursacht werden, einen „standortbezogenen Sicherheitsabstand“ für die höchste betriebliche Anlagenauslastung.
Die Standortbescheinigung wird erteilt, wenn der standortbezogene Sicherheitsabstand innerhalb des „kontrollierbaren Bereichs“ liegt (d. h. der Bereich, bei dem der Zugang nicht allgemein, sondern nur unterwiesenen Personen möglich ist). Die Anlage darf also nur dann betrieben werden, wenn sich innerhalb des standortbezogenen Sicherheitsabstands keine Personen aufhalten können, es sei denn, es handelt sich um bezüglich der Exposition gegenüber Hochfrequenzfeldern unterwiesene Personen, die sich z. B. aufgrund beruflicher Tätigkeiten (z. B. Wartungspersonal, Dachdecker) innerhalb des Sicherheitsabstandes aufhalten müssen.
Es ist auch möglich, die endgültige Standortbescheinigung erst nach vor Ort durchgeführten Messungen zu erteilen. In diesem Fall wird durch Messungen überprüft, ob an allen unbeschränkt zugänglichen Orten um die Anlage die Vorgaben der 26. BImSchV eingehalten werden. Daher werden in Standortbescheinigungen, die auf messtechnischen Untersuchungen basieren, keine Sicherheitsabstände explizit ausgewiesen.
Die Messvorschriften der BNetzA wurden auf 5G-Anlagen erweitert (BNetzA 2020a). Zusätzlich führt die BNetzA stichprobenartige Überprüfungsmessungen bzw. Messungen auf Anforderung durch.
Die Standortbescheinigung wird für die vom Betreiber beantragte Anlagenkonfiguration erteilt. Sofern durch technische Veränderungen an den Anlagen des Standortes von dieser beantragten Betriebsweise wesentlich abgewichen wird (insbesondere dann, wenn die vorgesehenen Änderungen zu einer Vergrößerung des standortbezogenen Sicherheitsabstandes führen könnten), ist für den weiteren Betrieb zunächst notwendig, dass der Betreiber bei der BNetzA eine neue Standortbescheinigung beantragt. Ohne diese ist der Betrieb des Standortes mit den veränderten Parametern nicht zulässig.
Nach aktueller Aussage der BNetzA sind für die Bewertung des Schutzes von Personen in elektromagnetischen Feldern die in 5G-Netzen eingesetzten Techniken selbst zweitrangig (BNetzA 2020b). Wie bei jeder anderen Funkanlage auch ist vielmehr die beantragte maximale Anlagenauslastung mit den damit verbundenen Immissionen maßgeblich. Eine Sonderstellung nimmt deshalb die 5G-Technik in Bezug auf den Personenschutz nicht ein.
Auch eine ausschließliche Bewertung von 5G-Anlagen macht in Bezug auf den Personenschutz wenig Sinn, da zur Gewährleistung des Schutzes in elektromagnetischen Feldern von Funkanlagen alle relevanten Immissionen durch Funkanlagen zu betrachten sind (Summenimmission). Die erteilten Standortbescheinigungen der BNetzA beziehen sich immer auf alle relevanten Aussendungen der am Standort vorhandenen Anlagen (BNetzA 2020b).
Weiterhin stellt die BNetzA fest, dass sämtliche technische Parameter der Anlagen im Sinne des Schutzes von Personen in elektromagnetischen Feldern grundsätzlich zu Ungunsten des Antragstellers angenommen werden, was impliziert, dass auch die besonderen Eigenschaften von 5G-Beamforming-Antennen auf die in der Umgebung entstehenden Immissionen mittels sehr konservativer Annahmen berücksichtigt werden.
Aufgrund der in Deutschland aktuell geltenden Durchführungspraxis kann also davon ausgegangen werden, dass auch an Funkanlagenstandorten, die mit 5G-Basisstationsantennen ausgestattet oder erweitert werden, die Einhaltung der Schutzvorgaben der 26. BImSchV für die Allgemeinbevölkerung sichergestellt ist.
Bezüglich den bei 5G erstmals vorgeschlagenen Strategien zum Einbezug statistischer Parameter in die Immissionsbetrachtungen bei Verwendung von Beamforming-Antennen und den sich als Konsequenz daraus ergebenden Sicherheitsvorkehrungen (dynamische Leistungsbegrenzung; Smart-Power-Lock) sei auf die Ausführungen in Abschnitt 4.1 verwiesen.
4 Sonstige technische Aspekte
4.1 Zeitliche Emissionsbegrenzung bei Massive-MIMO-Antennen (Smart-Power-Lock)
Die valide strahlenschutztechnische Bewertung von Mobilfunkimmissionen stellt relativ große Anforderungen an die Mess- und Bewertungsmethodik. Hauptgrund dafür sind die im Allgemeinen zeitlich schnell veränderlichen Immissionsgrößen aufgrund von Sendeleistungsregelung, Übertragungsprotokoll, variablem Datenverkehrsaufkommen, Veränderungen im Wellenausbreitungspfad (z. B. durch bewegliche Objekte) und, insbesondere bei 5G, die dynamisch veränderliche Antennencharakteristik (Beamforming, Beamsweeping). All diese Einflussgrößen führen am betrachteten Immissionsort im Allgemeinen zu zeitlich stark fluktuierenden Immissionsgrößen, deren Sechs-Minuten-Mittelwert mit dem Grenzwert zu vergleichen ist. Da das Erzwingen der maximalen Anlagenauslastung von außen nicht ohne weiteres möglich ist, stellt eine Immissionsmessung in der Praxis aus den genannten Gründen immer nur eine Momentaufnahme der Immissionssituation dar. In den vergangenen Jahren wurden daher, spezifisch für die unterschiedlichen Mobilfunktechnologien, spezielle Mess- und Bewertungsmethoden entwickelt, die es erlauben, aus vor Ort ermittelten Immissionsmesswerten auf die maximal zu erwartenden Immissionsspitzenwerte hochzurechnen (DIN EN 62232). In Anbetracht der Tatsache, dass der zugrundeliegende Grenzwert jedoch mit dem maximal zu erwartenden Sechs-Minuten-Mittelwert der Immissionen zu vergleichen ist, führt eine Bewertung des hochgerechneten Immissionsspitzenwertes zwar zur korrekten Worst-Case-Betrachtung, zwangsläufig aber auch zu einer Überschätzung der typisch auftretenden Immission und damit zu sehr großen Sicherheitsabständen zu den Antennen des Anlagenstandortes. Eine Abhilfe stellen auf Basis realistischer Annahmen bzw. Messungen entwickelte statistische Modelle dar. Speziell für 5G mit Massive-MIMO-Antennen zeigen plausible und nachvollziehbare Simulationsrechnungen eines Mobilfunk-Komponentenherstellers, dass in 95 % aller denkbaren Szenarien die von der Basisstation abgestrahlte Sendeleistung (EIRP) weniger als 25 % des theoretischen Maximalwertes beträgt (Thors et al. 2017). Der für die unterschiedlichen betrachteten Szenarien definierte Parameterraum umfasste dabei alle Expositions-relevanten Größen, wie z. B. räumliche Verteilung der Endgeräte in der Funkzelle, Download-Verhalten der Benutzer, Antennenparameter, Sendeleistungsregelung etc. Geht man von diesen Ergebnissen aus, dann würden die aufgrund der üblichen Worst-Case-Betrachtungen ermittelten Sicherheitsabstände um etwa den Faktor 2 größer sein als bei der in Thors et al. abgeleiteten Sendeleistung (95 %-Perzentil) von 25 % der maximalen Sendeleistung10. Bezieht man die genannten Simulationsergebnisse in die Betrachtungen ein, könnten die Sicherheitsabstände um die Antennen verkleinert (und die Standortgenehmigung vereinfacht) werden, vorausgesetzt, dass auch in den verbleibenden 5 % aller möglichen Szenarien die gesetzlich vorgegebenen Immissionsgrenzwerte nicht überschritten werden. Aus diesem Grund wird seitens der Netzbetreiber und Komponentenhersteller die Implementierung eines sogenannten Safe-Power-Lock bzw. Smart-Power-Lock vorgesehen. Darunter versteht man einen Regelkreis in der Software der adaptiven Antennensysteme, der die abgestrahlte Sendeleistung, unter Berücksichtigung der Sechs-Minuten-Mittelwertbildung, derart steuert, dass die geringeren Sicherheitsabstände ausreichend sind. Als einfaches Beispiel sei eine Basisstationsantenne mit maximaler Sendeleistung Pmax angenommen, für die sich bei Worst-Case-Betrachtung ein Sicherheitsabstand von 20 m ergeben würde. Bei Zugrundelegung der oben genannten Simulationsergebnisse kann ein Betreiber für die Standortbescheinigung eine Sendeleistung von nur 0,25 ∙ Pmax beantragen, wenn er gleichzeitig sicherstellt, dass der Smart-Power-Lock dafür sorgt, dass der Sechs-Minuten-Mittelwert der Immissionen auch in 10 m Abstand die gesetzlich festgelegten Immissionsgrenzwerte nicht überschreitet, auch wenn die Anlage kurzfristig deutlich mehr als nur 0,25 ∙ Pmax abstrahlt.
Aus technischer Sicht stellt der Smart-Power-Lock daher grundsätzlich ein plausibles Instrument zur Begrenzung der Exposition von Personen dar.
Kürzlich veröffentlichte Dokumente (Adda et al. 2020, BAKOM 2021) zeigen anhand von Einzelpunktmessungen an ausgewählten 5G-Basisstationen im kommerziellen Betrieb, dass das Konzept Smart-Power-Lock grundsätzlich funktioniert. Eine erschöpfende und flächendeckende messtechnische Validierung des Smart-Power-Lock im gesamten zugänglichen Bereich in der Umgebung einer Basisstation ist jedoch aufgrund der Vielzahl relevanter und dynamisch veränderlicher Systemparameter in der Praxis nicht machbar. Es erscheint daher empfehlenswert, den 5G-Ausbau mit entsprechenden Messkampagnen im Hinblick auf die Zuverlässigkeit des Smart-Power-Lock zu begleiten, um eine belastbare Stichprobe von Messergebnissen in möglichst vielen unterschiedlichen Situationen zu erhalten. In diesem Zusammenhang existieren noch offene Fragen im Hinblick auf die Entwicklung von Messmethoden zur effizienten und unabhängigen Validierung des Smart-Power-Locks.
Eine weitere Fragestellung betrifft die Überlagerung der Immissionen verursacht von unterschiedlichen Basisstationen (Antennen). Diese Frage ist grundsätzlich allgemein zu stellen und nicht spezifisch für 5G, erlangt jedoch im Zusammenhang mit Smart-Power-Lock weitere Bedeutung. Hintergrund ist die Tatsache, dass der Gesetzgeber in Deutschland den Schutz der Bevölkerung vor elektromagnetischen Feldern gegenwärtig auf Immissionsgrenzwerten aufsetzt und nicht auf Expositionsgrenzwerten für Personen. Zweifellos ist gegenwärtig bei Einhaltung der Immissionsgrenzwerte in nahezu allen praktisch relevanten Expositionsszenarien sichergestellt, dass auch die Exposition von Personen unterhalb der Grenzwerte bleibt. Sofern bei der Festlegung von Sicherheitsabständen zu Sendeanlagen die Immissionsanteile aller anderen Sendeanlagen, die an den betrachteten Orten noch relevante Immissionsanteile erzeugen, ausreichend berücksichtigt werden, wird auch in Zukunft eine immissionsbasierte Grenzwertsetzung als ausreichend angesehen werden können. Aufgrund der steigenden Dichte von Hochfrequenzquellen mit immer komplexeren Abstrahleigenschaften wird es in der Praxis aber zunehmend komplizierter, bei der Bewertung der Immissionen einer konkreten Anlage auch alle von anderen Quellen stammenden Immissionsanteile adäquat zu berücksichtigen. Ein Netzwerk von 5G-Basisstationen mit adaptiver Antennentechnik mit Smart-Power-Lock ist ein eindrucksvolles Beispiel für derartig komplexe Hochfrequenzquellen hoher Dichte. Selbst wenn jede Basisstation für sich einen einwandfrei funktionierenden Smart-Power-Lock implementiert hat, verbleibt die Frage, ob dies in der Praxis ausreichend ist, um sicherzustellen, dass Personen, die sich im Bereich mehrerer solcher Basisstationen bewegen, nicht oberhalb der Grenzwerte exponiert werden. Auch im Hinblick auf diesen Aspekt gibt es weitere offene Fragen in Zusammenhang mit dem Smart-Power-Lock.
4.2 Einfluss von nationalem Roaming auf die Immission durch Mobilfunk-Basisstationen
Gemäß Beratungsauftrag soll in dieser Stellungnahme auch darauf eingegangen werden, ob und ggf. wie stark die von Mobilfunkbasisstationen verursachten Hochfrequenzimmissionen bei Einführung eines nationalen Roamings verringert werden könnten, falls dies durch den Gesetzgeber zugelassen würde.
Unter nationalem Roaming versteht man die Erlaubnis, dass über die Basisstationen eines Netzbetreibers auch Verbindungen zu Teilnehmern fremder inländischer Netze aufgebaut werden dürfen, so dass eine bestimmte Region bereits dann für alle Netzbetreiber eines Landes versorgt ist, wenn dort nur einer der Betreiber eine Funkinfrastruktur errichtet hat. Nationales Roaming ist derzeit in Europa nur im Ausnahmefall zulässig, was in der Praxis dazu führt, dass alle Netzbetreiber landesweit jeweils eine eigene Netzinfrastruktur errichten müssen.
Nationales Roaming darf nicht verwechselt werden mit der häufig praktizierten gemeinsamen Nutzung von Anlagenstandorten (Site Sharing). In diesem Fall baut jeder Betreiber weiterhin komplett eigene Funkinfrastruktur auf. Selbst wenn Betreiber sich nicht nur den Anlagenstandort, sondern auch die Funkinfrastruktur (Sender, Antennen) teilen (was unter bestimmten Umständen zulässig ist), werden von jedem Netz eigene Funksignale erzeugt und abgestrahlt, so dass die Immissionssituation unverändert bleibt.
Um die Auswirkungen eines nationalen Roamings auf die Immissionssituation beurteilen zu können, muss man zunächst verstehen, welche Signale von einer Basisstation in die Funkzelle abgestrahlt werden. Hierbei unterscheidet man die folgenden beiden Klassen von Signalen:
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„Signalisierungssignale“, die unabhängig von der aktuellen Auslastung der Anlage permanent (Always-on-Signale) abgestrahlt werden, und
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„Verkehrssignale“, die nur bei Bestehen einer Kommunikationsverbindung zu einem Endgerät in die Zelle abgestrahlt werden.
Die permanenten Signalisierungssignale stellen also die unvermeidliche Grundimmission dar, die durch die Basisstation in der Funkzelle erzeugt wird.
Im Folgenden wird zunächst vereinfachend von einer Funknetzkonfiguration ausgegangen, die nur aus Basisstationsstandorten besteht, von denen mehr als ein Netzbetreiber Mobilfunksignale in eine Funkzelle abstrahlt. Zudem wird angenommen, dass jeder Betreiber den gleichen Mobilfunkstandard sowie identische Systemtechnikparameter (Sendeleistung, Antennentyp und -ausrichtung, Montagehöhe der Antenne etc.) verwendet. Betrachtet man zunächst die Signalisierungssignale, ergibt sich eine Summation der Beiträge von den Systemen der einzelnen Betreiber. Sind am Standort also beispielsweise immer drei Betreiber (z. B. die in Deutschland aktuell operierenden Netzbetreiber Deutsche Telekom, Vodafone und Telefónica) mit ihren Anlagen vertreten, verdreifacht sich durch die parallel aufgebauten Netze die permanent in die Zelle abgestrahlte Signalisierungsleistung und damit auch die von ihr verursachte Immission.
Bei Zulassung von nationalem Roaming würde in der Funkzelle die Immission durch die Signalisierungssignale im Idealfall um den Faktor 3 (leistungsbezogen) zurückgehen.
Bei den Verkehrssignalen ist die Situation anders: Die Grundgesetze der Nachrichtenübertragung besagen, dass zur Übertragung einer bestimmten Informationsmenge in einem Frequenzkanal mit gegebener Bandbreite eine bestimmte Signalleistung notwendig ist. Verwenden die einzelnen Betreiber individuelle Systemtechnik, strahlen sie die zur Versorgung ihrer aktuell vorhandenen Kommunikationsverbindungen notwendige Leistung separat über ihre Antennen ab.
Würde hingegen im Rahmen eines nationalen Roamings ein Betreiber dies für die anderen beiden Anbieter mit übernehmen, müsste er in seinem Frequenzkanal die für die Versorgung aller Teilnehmer notwendige Summenleistung abstrahlen. Für die Immission in der Umgebung würde sich also bei den Verkehrssignalen keine Verringerung ergeben, es bleibt also nur die Reduktion der Signalisierungsimmission.
Realistisch erscheint dieses Szenario allerdings nur für ländliche Gebiete mit vergleichsweise geringem Verkehrsaufkommen. Hier ist es zumindest denkbar, dass ein Anlagenstandort auch die Verkehrslast der anderen beiden Betreiber ohne Kapazitätsprobleme mit übernehmen kann.
Insbesondere in Funkzellen mit größerem Verkehrsaufkommen (Ortskerne, Städte, Gewerbegebiete, Verkehrswege etc.) ist die Anlage eines einzelnen Betreibers zumindest in Zeiten großen Verkehrsaufkommens (Busy Hours) nicht mehr in der Lage, den zu übertragenden Verkehr abzuwickeln, d. h. sie ist überlastet. Damit es zu keinen Abweisungen von Verbindungswünschen oder einer Reduktion der Übertragungsgeschwindigkeit kommt, muss die Kapazität des einzigen noch vorhandenen Netzes gesteigert werden. Hierzu stehen dem Betreiber folgende Optionen zur Verfügung:
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Kapazitätserhöhung durch Abstrahlung zusätzlicher Funksignale über den vorhandenen Basisstationsstandort (Erhöhung der verfügbaren Übertragungsbandbreite). Die zusätzlich in Betrieb genommenen Funksysteme strahlen jedoch wiederum eigene Signalisierungssignale ab, was den Erfolg der durch das Roaming erzielten Immissionsverringerung teilweise bzw. im Extremfall komplett egalisieren kann.
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Kapazitätssteigerung durch Aufteilung einer Funkzelle in beispielsweise zwei oder drei kleinere Zellen mit jeweils eigenen Sendeanlagen. Jedoch müssen die in den zusätzlichen Zellen installierten Sender wieder individuelle Signalisierungssignale abstrahlen, was letztlich genauso zu einer Verringerung des Minimierungserfolgs führt, wie es bei der ersten Option der Fall ist.
Da eine Netzverdichtung, d. h. eine zusätzliche Inbetriebnahme von Senderstandorten, mit erheblichen Kosten verbunden ist, erscheint es wenig realistisch, dass bei Zulassung des nationalen Roamings die Betreiber in Regionen mit hohem Verkehrsaufkommen auf den Ausbau unabhängiger Netze verzichten würden.
Um einen Eindruck zu geben, welches Immissions-Einsparungspotenzial sich bezüglich der permanent abgestrahlten Signalisierungssignale absolut gesehen ergibt, finden sich in folgender Tabelle Angaben darüber, wieviel Prozent der verfügbaren Sendeleistung von den vier aktuell gebräuchlichen Mobilfunkstandards typisch als permanente (Always-on-)Signalisierungssignale abgestrahlt wird. Dieser Anteil ist in gewissen Grenzen variabel, da er insbesondere von der Signalbandbreite abhängig ist.
- Tab. 4-2:
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Vergleichende Gegenüberstellung des typisch permanent in die Funkzelle durch die Always-on-Signalisierungssignale abgestrahlten prozentualen Anteils der gesamten verfügbaren Sendeleistung für die vier aktuell gebräuchlichen Mobilfunkstandards.
Mobilfunkstandard | Typischer prozentualer Anteil der Signalisierungsleistung |
Quelle |
---|---|---|
GSM (2G) | ca. 25 % bis 100 % | (Wuschek 2019) |
UMTS (3G) | ca. 10 % bis 20 % | (Bornkessel et al. 2006) |
LTE (4G) | ca. 10 % bis 25 % | (Kurz et al. 2017) |
5G NR | ca. < 1 % bis 3 % | (Kottkamp et al. 2019) |
Aus Tab. 4-2 können folgende Erkenntnisse gewonnen werden:
- –
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Der prozentuale Anteil der als Always-on-Signalisierungsleistung permanent in die Funkzelle abgestrahlten Leistung nimmt bei den neueren Mobilfunkstandards gegenüber den älteren in der Tendenz ab. Der Grund dafür liegt in der Tatsache, dass mit abnehmendem Anteil an Signalisierungsleistung mehr Leistung für die Nutzdatenübertragung zur Verfügung steht, was die Übertragungskapazität der Funkzelle vergrößert. Die Verringerung des Anteils der permanent abgestrahlten Signalisierungsleistung war und ist also immer ein Ziel bei der Weiterentwicklung der Mobilfunktechnologie.
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Besonders gering (nochmals um etwa den Faktor 10 gegenüber 3G/4G) ist die von 5G-Systemen permanent in die Zelle abgestrahlte Always-on-Signalisierungsleistung. Darunter versteht man den Anteil der Gesamtleistung, die von einer Mobilfunkanlage u. a. zum Zweck der Signalisierung und Synchronisation der Endgeräte permanent, d. h. unabhängig von der aktuellen Auslastung der Anlage in die Funkzelle abgestrahlt wird. Werden also in einem Frequenzband beispielsweise 3G/4G- durch 5G-Systeme ersetzt (bei gleichbleibenden Sendeleistungen und Antennenparametern), resultiert daraus nicht nur eine Verbesserung der Übertragungskapazität, sondern zu Zeiten mit geringer Anlagenauslastung (also z. B. nachts) eine kleinere Immission in der Umgebung. Der Ersatz von Anlagen der älteren Mobilfunkgenerationen durch 5G-Systeme ist also aus Sicht der Immissionsminimierung durchaus positiv zu bewerten.
An den oben diskutierten Folgen eines nationalen Roamings auf die von Basisstationen verursachten Immissionen würde sich im Wesen nichts ändern, wenn man anstatt von einer Konzentration der Anlagen der einzelnen Betreiber auf jeweils gemeinsame Standorte vom umgekehrten Extremfall ausgeht, dass die Betreiber grundsätzlich nur eigene Standorte besitzen und keine gemeinsame Nutzung praktiziert wird. In diesem Fall könnten dann bei nationalem Roaming zwar Anlagenstandorte komplett aufgegeben werden, die für die Versorgung einer bestimmten Region notwendige abgestrahlte Leistung würde hingegen nicht anders ausfallen. Die aktuell existierenden Netze besitzen eine Struktur zwischen den beiden oben betrachteten Extremfällen, d. h. an manchen Anlagenstandorten ist aktuell nur ein Betreiber vertreten, es existieren jedoch auch eine Vielzahl von Standorten mit Anlagen von zwei oder allen drei Betreibern.
Der absolute Erfolg einer Immissionsminimierung durch nationales Roaming ist also sehr stark davon abhängig, welchen Mobilfunkstandard man betrachtet. Bei einem GSM-Netz könnte durch nationales Roaming prinzipiell die permanente Abstrahlung einer nennenswerten Menge an Hochfrequenzleistung eingespart werden. Bei 5G-Anlagen hingegen führt das Roaming absolut gesehen nur zu einer sehr geringen Verringerung der Immission. Die Immissionseinsparung ist hier deutlich kleiner als die typische Streubreite der Ausgangsleistung von Basisstationssendern und somit mehr oder weniger vernachlässigbar.
Aus Sicht der Minimierung von Mobilfunkimmissionen ist daher die Umrüstung von Anlagen älterer Mobilfunksysteme (GSM, UMTS, LTE) auf den 5G-Standard wegen einer dann deutlich geringeren Leistung der permanent in die Zelle gesendeten Signalisierungssignale effizienter als die Minimierung der Anlagenanzahl durch nationales Roaming.
4.3 Technische Normung und Qualitätssicherung
Die internationale Normung im Bereich der Mess- und Berechnungsverfahren zur Ermittlung von Sicherheitsabständen um Mobilfunkbasisstationen muss permanent an die technischen Weiterentwicklungen im Bereich des Mobilfunks angepasst werden. Dies gilt insbesondere für die neue Mobilfunkgeneration 5G.
Die für Standardisierung des Mobilfunksystems 5G verantwortliche Organisation (3GPP) schenkt dem Immissions- und Personenschutz keine nennenswerte Bedeutung, da sie dies als nicht zu ihrem Aufgabenbereich zählend ansieht. Man kann daher beobachten, dass erst im Rahmen der Einführung der neuen Technologie auf Druck von staatlichen Institutionen bzw. den Netzbetreibern entsprechende Verfahren – zum Teil im Nachgang – durch die Systemtechniklieferanten entwickelt werden (z. B. Smart-Power-Lock). Dies führt zu Technologieunterschieden bei Produkten verschiedener Hersteller und damit zu größeren Aufwendungen zur Sicherstellung einer verlässlichen Immissionsermittlung.
Zudem wird bei 5G noch deutlicher, als es bei früheren Mobilfunksystemen der Fall war, dass Softwaresteuerung einen immer größeren Einfluss auf die Ausprägung der Signalabstrahlung einer Mobilfunkbasisstation ausübt, was sich stark auf die Überprüfbarkeit von immissionsrelevanten technischen Parametern einer Anlage auswirkt. Beispielsweise waren im GSM-Zeitalter die Sender noch sehr hardwaredominiert aufgebaut, so dass es beispielsweise keines großen technischen Aufwands bedurfte, vor Ort die Ausgangsleistung eines Senders zu messen oder die Abstrahlrichtung einer Basisstationsantenne zu kontrollieren. Das Abstrahlverhalten einer 5G-Beamforming-Antenne kann hingegen durch Software in weiten Grenzen verändert werden. Dadurch wird es einer kontrollierenden Instanz erschwert, die aktuelle Konfiguration einer Anlage ohne Zugriff auf die Betriebssoftware einzuschätzen. Auch die von einer 5G-Antenne mit Beamforming abgestrahlte Gesamtleistung ist vor Ort nicht mit einfachen Mitteln bestimmbar, da keine Schnittstelle mehr existiert, an der die Leistung für Messzwecke abgegriffen werden kann.
Aus Sicht des Strahlenschutzes ist daher zu fordern, dass Aspekte und Lösungsansätze insbesondere zur softwaregestützten Überwachung von Anlageparametern oder für die messtechnische Bestimmung von Hochfrequenzimmissionen durch die betreffenden Mobilfunksendeanlagen bereits frühzeitig in der Standardisierung des Funksystems mit eingebracht werden, so dass für Vollzugsbehörden Schnittstellen zur Überwachung von Anlagenparametern verfügbar werden oder beispielsweise Hersteller früher mit der Entwicklung geeigneter Messgeräte und -verfahren beginnen können.
Für die Netzbetreiber werden zumindest bei mit Beamforming-Antennen ausgestatteten 5G-Anlagen geeignete, nachvollziehbare Qualitätssicherungsmaßnahmen und -prozesse zunehmend bedeutsam, denn nur dadurch wird es möglich sein, bei derart stark durch Softwareeinstellung in ihren Emissionseigenschaften veränderbaren Antennen eine seriöse Systemüberwachung sicherstellen zu können.
5 Stellungnahme der SSK zu den technischen Aspekten der 5G-Technologie im Frequenzbereich FR1
Die Ergebnisse des technischen Teils dieser Stellungnahme können wie folgt zusammengefasst werden:
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Bezüglich Frequenzbereichs und Signalstruktur (Modulationsverfahren, zeitliche Charakteristika) besteht bei den Anlagen der aktuell in Deutschland im Aufbau befindlichen 5G-Netze (Frequenzbereich FR1) kein grundsätzlicher Unterschied zu Sendeanlagen des LTE-Mobilfunkstandards (4G). Auch bezüglich der von Endgeräten erzeugten Hochfrequenzimmission sind keine nennenswerten Unterschiede im Vergleich zum 4G-Standard zu erkennen.
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Eine Zunahme der von Basisstationen verursachten Mobilfunkimmissionen ist überall dort zu erwarten, wo gegenwärtig die Versorgungssituation als nicht zufriedenstellend angesehen wird („Funklöcher“ oder nicht zufriedenstellende Übertragungsraten) bzw. Kapazitätsengpässe auftreten und daher neue Anlagenstandorte notwendig sind, oder an vorhandenen Standorten zur Kapazitätssteigerung zusätzliche Systeme (beispielsweise im 3,6-GHz-Band) in Betrieb genommen werden. Hierbei ist jedoch zu berücksichtigen, dass aufgrund der technologieneutralen Vergabe der Funkfrequenzen eine daraus resultierende Immissionserhöhung generell auch mit einem Netzausbau durch eine andere Technologie als 5G zu erwarten wäre. Infolge der höheren Effizienz von 5G kann sogar erwartet werden, dass die Zunahme der Immissionen weniger deutlich ausfällt als beim Ausbau mit einer älteren Mobilfunktechnik.
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Bislang nur im Frequenzbereich um 3,6 GHz verwendete Beamforming-Techniken bei 5G-Basisstationsantennen können zu einer lokalen Zunahme der maximal möglichen Immission an denjenigen Orten führen, die sich im Abdeckungsbereich eines aktuell ausgebildeten Beams befinden. Gleichermaßen wird die Immission aber in den von der Antennenabstrahlung „ausgesparten“ Orten sinken. Die Beamforming-Technik sorgt erstmalig dafür, dass die Hochfrequenzfelder und damit auch die Immissionen hauptsächlich dort in der Funkzelle auftreten, wo sie auch für die Kommunikation gebraucht werden. Orte, zu denen im Versorgungsbereich der Anlage meist kein nennenswerter Datenverkehr erfolgt, werden auch weniger exponiert.
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Für die persönliche Gesamtexposition sind auch beim 5G-Mobilfunk nicht die Basisstationen, sondern in der Regel die eigenen Endgeräte maßgeblich. Eine Verbesserung der Funkversorgung führt zu einer verringerten Sendeleistung der Endgeräte und damit zu einer effektiven Reduzierung der persönlichen Gesamtimmission. Entscheidend für diese Reduzierung wäre die mit verminderter Energie durchgeführte Kommunikation der Endgeräte mit den Basisstationen.
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Die in Deutschland geltenden Rechtsvorschriften zum Schutz der Allgemeinbevölkerung vor Hochfrequenzimmissionen der 26. BImSchV in Verbindung mit der BEMFV sind grundsätzlich geeignet, die Sicherheit in der Umgebung der aktuell im Aufbau befindlichen 5G-Mobilfunkbasisstationen zu gewährleisten. Durch die Vorschriften der Produktsicherheit gilt dies in vergleichbarer Weise auch für die Endgeräte.
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Die durch die Einführung von neuartigen Sendeantennen (Beamforming) bei 5G-Anlagen notwendige Aktualisierung der Mess-, Berechnungs- und Bewertungsvorschriften wurde durch die BNetzA umgesetzt. Es kann also auch zukünftig davon ausgegangen werden, dass Personen der Allgemeinbevölkerung in Deutschland keinen von Mobilfunksendeanlagen ausgehenden Hochfrequenzimmissionen ausgesetzt sind, welche die Vorgaben der 26. BImSchV überschreiten.
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Mit Blick auf die Minimierung von Mobilfunkimmissionen erscheint es effizienter, die Anlagen älterer Mobilfunksysteme (GSM, UMTS, LTE) auf den 5G-Standard umzurüsten, als die Anzahl der Anlagen durch nationales Roaming zu reduzieren, d. h. alle Teilnehmer fremder Netzbetreiber an den Basisstationen zuzulassen. Der Grund ist, dass beim 5G-Standard die Leistung der permanent (d. h. unabhängig von der aktuell herrschenden Auslastung der Anlage) in die Zelle gesendeten Always-on-Signalisierungssignale deutlich niedriger ausfällt.
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Mit 5G gewinnt die softwaregesteuerte Leistungsregelung von Anlagen im Vergleich zur Steuerung durch die Hardware noch mehr an Bedeutung. Es sollten daher frühzeitig Aspekte und Lösungsansätze zur softwaregestützten Überwachung von Anlageparametern oder für die messtechnische Bestimmung von Hochfrequenzimmissionen durch die betreffenden Mobilfunksendeanlagen in der Standardisierung eines Funksystems eingebracht werden. Damit könnten den Vollzugsbehörden Schnittstellen zur Überwachung von Anlagenparametern verfügbar gemacht werden oder Hersteller früher mit der Entwicklung geeigneter Messgeräte und -verfahren zur Bestimmung der Immission durch diese Systeme beginnen.
Aus den im technischen Teil diskutierten Aspekten ergeben sich folgende Themen, bei denen die Datenlage noch verbesserungswürdig erscheint, weshalb sie durch zukünftige Forschungsprojekte bearbeitet werden sollten:
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Aufbau einer Datenbank mit belastbaren Daten zu den durch 5G erzeugten mittleren und maximalen Immissionen sowie der Exposition der Bevölkerung.
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Untersuchungen zur Funktion und Verlässlichkeit der Verfahren zur adaptiven Leistungsregelung (Power-Lock) bei 5G-Anlagen mit Beamforming-Antennen einschließlich der Prüfung der Einführung von Nachweisverfahren zum sicheren Betrieb des Power-Lock.
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Die Entwicklung zukünftiger Mobilfunktechnologien (z. B. 6G) sollte frühzeitig mit Forschungsprojekten begleitet werden, die sich mit möglicherweise resultierenden Immissionsveränderung beschäftigen. Zudem sind frühzeitig Verfahren zu entwickeln und zu erproben, mit denen die Immissionen durch diese neuen Systeme bestimmt werden können.
Biologische und gesundheitliche Auswirkungen von Mobilfunksignalen
Inhalt Teil II
1 Einleitung
2 Stellungnahme der SSK von 2011
3 Stellungnahmen von Expertengremien nach 2011
4 Zusammenfassende Darstellung der aktuell vorliegenden Literatur zu biologischen und gesundheitlichen Auswirkungen hochfrequenter Felder
4.1 Aussagekraft verschiedener Studienarten
4.2 Krebs
4.2.1 Epidemiologie
4.2.2 Tier- und zellexperimentelle Studien
4.3 Gehirn und Nervensystem
4.3.1 Verhalten und kognitive Funktionen
4.3.1.1 Epidemiologie
4.3.1.2 Humanexperimentelle Studien
4.3.1.3 Tierexperimentelle Studien
4.3.2 Zerebraler Blutfluss und Hirnstoffwechsel
4.3.2.1 Humanexperimentelle Studien
4.3.2.2 Tierexperimentelle Studien
4.3.3 Ereigniskorrelierte und evozierte Potenziale
4.3.3.1 Humanexperimentelle Studien
4.3.3.2 Tierexperimentelle Studien
4.3.4 Ruhe-EEG im Wachzustand (Humanexperimentelle Studien)
4.3.5 Schlaf-EEG (Humanexperimentelle Studien)
4.3.6 Autonomes Nervensystem und kardiovaskuläres System (Humanexperimentelle Studien)
4.3.7 Neurodegenerative Erkrankungen
4.3.7.1 Epidemiologie
4.3.7.2 Tier- und zellexperimentelle Studien
4.4 Symptome und Wohlbefinden
4.4.1 Epidemiologie
4.4.2 Experimentelle Humanstudien
4.5 Immunsystem und Hämatologie (tier- und zellexperimentelle Studien)
4.6 Fertilität und Fortpflanzung
4.6.1 Epidemiologie
4.6.2 Tier- und zellexperimentelle Studien
4.7 Andere Organsysteme
4.7.1 Experimentelle Humanstudien
4.7.2 Tierexperimentelle Studien
4.8 Gentoxikologie
4.8.1 Tierexperimentelle Studien
4.8.2 Zellexperimentelle Studien
4.9 Oxidativer Stress
4.9.1 Tierexperimentelle Studien
4.9.2 Zellexperimentelle Studien
4.10 Mechanistische Untersuchungen
5 Bewertung der Studienlage
5.1 Methodische Aspekte bei der Bewertung von Studien zur Mobilfunktechnologie in den verschiedenen Forschungsbereichen
5.1.1 Epidemiologie
5.1.2 Experimentelle Humanstudien
5.1.3 Tier- und zellexperimentelle Studien
5.1.4 Interpretation der statistischen Kenngrößen
5.1.5 Unterschied zwischen Gefährdung und Risiko
5.2 Zusammenfassende Bewertung der SSK
6 Stellungnahme der SSK zu biologischen und gesundheitlichen Auswirkungen von Mobilfunksignalen
7 Offene Fragen
Anhang
Detaillierte Betrachtung neuerer Studien im Zeitraum 2018-2020
A-1 Krebs
A-1.1 Epidemiologie (Details zu Abschnitt 9.2.1)
A-1.2 Tierexperimentelle Studien (Details zu Abschnitt 9.2.2)
A-1.3 Zellexperimentelle Studien (Details zu Abschnitt 9.2.2)
A-2 Gehirn und Nervensystem
A-2.1 Verhalten und kognitive Funktionen (Details zu Abschnitt 9.3.1)
A-2.1.1 Epidemiologie
A-2.1.2 Humanexperimentelle Studien
A-2.1.3 Tierexperimentelle Studien
A-2.2 Zerebraler Blutfluss und Hirnstoffwechsel (Details zu Abschnitt 9.3.2)
A-2.2.1 Humanexperimentelle Studien
A-2.2.2 Tierexperimentelle Studien
A-2.3 Ereigniskorrelierte und evozierte Potenziale (Details zu Abschnitt 9.3.3)
A-2.3.1 Humanexperimentelle Studien
A-2.3.2 Tierexperimentelle Studien
A-2.4 Ruhe-EEG im Wachzustand (Details zu Abschnitt 9.3.4)
A-2.4.1 Humanexperimentelle Studien
A-2.5 Schlaf-EEG (Details zu Abschnitt 9.3.5)
A-2.5.1 Humanexperimentelle Studien
A-2.6 Autonomes Nervensystem und kardiovaskuläres System (Details zu Abschnitt 9.3.6)
A-2.6.1 Humanexperimentelle Studien
A-2.7 Neurodegenerative Erkrankungen (Details zu Abschnitt 9.3.7)
A-2.7.1 Epidemiologie
A-2.7.2 Tier- und zellexperimentelle Studien
A-3 Symptome und Wohlbefinden
A-3.1 Epidemiologie (Details zu Abschnitt 9.4.1)
A-3.2 Experimentelle Humanstudien (Details zu Abschnitt 9.4.2)
A-4 Immunsystem und Hämatologie (Tier- und zellexperimentelle Studien, Details zu Abschnitt 9.5)
A-5 Fertilität und Fortpflanzung
A-5.1 Epidemiologie (Details zu Abschnitt 9.6.1)
A-5.2 Tierexperimentelle Studien (Details zu Abschnitt 9.6.2)
A-5.2.1 Embryonalentwicklung
A-5.2.2 Weibliche Fertilität
A-5.2.3 Männliche Fertilität
A-5.3 Zellexperimentelle Studien (Details zu Abschnitt 9.6.2)
A-6 Andere Organsysteme
A-6.1 Experimentelle Humanstudien (Details zu Abschnitt 9.7.1)
A-6.2 Tierexperimentelle Studien (Details zu Abschnitt 9.7.2)
A-7 Gentoxikologie
A-7.1 Tierexperimentelle Studien (Details zu Abschnitt 9.8.1)
A-7.2 Zellexperimentelle Studien (Details zu Abschnitt 9.8.2)
A-8 Oxidativer Stress
A-8.1 Tierexperimentelle Studien (Details zu Abschnitt 9.9.1)
A-8.2 Zellexperimentelle Studien (Details zu Abschnitt 9.9.2)
A-9 Mechanistische Untersuchungen (Details zu Abschnitt 9.10)
1 Einleitung
Hintergrund
Im zweiten Teil der vorliegenden Stellungnahme soll eine Aktualisierung des wissenschaftlichen Erkenntnisstandes bezüglich biologischer und gesundheitlicher Auswirkungen von Hochfrequenzfeldern im bisher bereits intensiv für die Mobilkommunikation genutzten Frequenzbereich bis etwa 7 GHz erfolgen. Daher wurde eine Sichtung der aktuellen Literatur vorgenommen. Allerdings ist die Literatur wegen erheblicher Forschungsanstrengungen auf diesem Gebiet in den vergangenen 20 Jahren sehr umfangreich geworden, eine Einzelanalyse und Darstellung aller aktuell verfügbaren wissenschaftlichen Arbeiten hätten daher den Umfang dieser Stellungnahme gesprengt.
Der Beratungsauftrag erbittet zu diesem Punkt zwar eine Aktualisierung des wissenschaftlichen Erkenntnisstandes, stellt aber hierbei insbesondere auf den Vergleich mit früheren Mobilfunkstandards ab. Es soll also insbesondere die Frage beantwortet werden, ob 5G-Mobilfunksysteme bezüglich ihrer möglichen biologischen und gesundheitlichen Auswirkungen anders beurteilt werden müssen, als es bei den bisherigen Mobilfunksystemen der Fall ist.
Ebenso wie der technische Teil beschränkt sich auch der zweite Abschnitt dieser Stellungnahme ausschließlich auf den Frequenzbereich der aktuell in Deutschland im Aufbau befindlichen 5G-Basisstationen (FR1; d. h. bis etwa 7 GHz). Die technische, biologische und gesundheitliche Bewertung von 5G-Anwendungen im zukünftig erstmals im Bereich der Mobilkommunikation intensiver genutzten Millimeterwellenbereich oberhalb 20 GHz (FR2) wird in einer separaten Stellungnahme der SSK vorgenommen werden.
Wie im technischen Teil dieser Stellungnahme bereits erläutert, wird durch das Standortbescheinigungsverfahren der Bundesnetzagentur sichergestellt, dass auch bei Betrieb von Mobilfunksendeanlagen nach dem 5G-Standard an allgemein zugänglichen Bereichen um die Antennen die Grenzwerte der 26. BImSchV eingehalten werden. Es kann also auch zukünftig davon ausgegangen werden, dass Personen der Allgemeinbevölkerung in Deutschland keinen von Mobilfunksendeanlagen ausgehenden Hochfrequenzimmissionen ausgesetzt sind, welche die Vorgaben der 26. BImSchV überschreiten. Vergleichbares gilt für die Endgeräte: Durch die geltenden Vorgaben der Produktsicherheit wird für diese Geräte ebenfalls gewährleistet, dass der Nutzer durch die emittierten Hochfrequenzfelder nicht oberhalb der Grenzwerte exponiert wird.
Im technischen Teil dieser Stellungnahme wurde zudem bereits festgestellt, dass bezüglich des Frequenzbereichs und der Signalstruktur (z. B. Modulationsverfahren, zeitliche Charakteristika) bei den aktuell in Deutschland im Aufbau befindlichen 5G-Basisstationen kein grundsätzlicher Unterschied insbesondere zu den Sendeanlagen des LTE-Mobilfunkstandards (4G) besteht.
Gestufte Vorgehensweise
Durchgeführt wird die Bewertung des aktuellen Standes der Forschung im Bereich biologischer und gesundheitlicher Auswirkungen von Hochfrequenzfeldern in den folgenden drei Schritten:
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Da die vorliegende Stellungnahme die letzte umfassende Bewertung der SSK aktualisieren soll, werden zunächst die wesentlichen Aussagen der Empfehlung der SSK aus dem Jahr 2011 nochmals vorgestellt (Kapitel 2).
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Wegen der ausgeprägten gesellschaftlichen Diskussion zum Thema „Mobilfunk und Gesundheit“ hat in den letzten etwa zehn Jahren eine Reihe von internationalen Kommissionen, Expertengruppen und Organisationen zusammenfassende Bewertungen oder Empfehlungen vorgelegt, die jeweils ihrerseits auf Analysen der zum Zeitpunkt ihrer Erstellung vorhandenen wissenschaftlichen Literatur basieren. Daher erfolgt im zweiten Schritt zunächst eine Zusammenstellung der Ergebnisse und Schlussfolgerungen dieser Expertengutachten, sofern sie auf einer Bewertung von Originalliteratur basieren (Kapitel 3).
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Im dritten Schritt (Kapitel 4) werden für alle wichtigen biologischen Endpunkte die Bewertungen aus den seit 2011 publizierten Expertenberichten vorgestellt. Damit ist der Stand der wissenschaftlichen Erkenntnis bis zum Jahr 2017 abgedeckt. Zusätzlich werden diese ergänzt durch die Resultate aus neueren Studien, die ab 2018 veröffentlicht wurden, so dass diese in die vorliegenden zusammenfassenden nationalen und internationalen Expertenbewertungen teilweise noch nicht einbezogen werden konnten. Damit ist in der Gesamtschau der komplette, aktuell verfügbare wissenschaftliche Kenntnisstand in die Betrachtungen eingeflossen. Details zu den einbezogenen Studien ab 2018 finden sich im Anhang der vorliegenden Stellungnahme.
2 Stellungnahme der SSK von 2011
Zur Thematik von möglichen biologischen Wirkungen hochfrequenter elektromagnetischer Felder des Mobilfunks unterhalb der geltenden Grenzwerte hat die SSK im Jahr 2011 eine Stellungnahme „Biologische Auswirkungen des Mobilfunks – Gesamtschau –“ abgegeben (SSK 2011). In dieser Stellungnahme werden die Ergebnisse des Deutschen Mobilfunk Forschungsprogramms (DMF) zusammengefasst und in einen internationalen Zusammenhang gestellt.
Das Deutsche Mobilfunk Forschungsprogramm wurde in den Jahren 2002 bis 2008 durchgeführt und umfasste 54 Forschungsprojekte aus den Themenbereichen Biologie, Epidemiologie, Dosimetrie und Risikokommunikation. Die Strahlenschutzkommission hatte im Vorfeld des DMF Forschungsbedarf zu verschiedenen Themengebieten festgestellt und den folgenden Fragenkatalog erstellt, der durch die Projekte des DMF aufgegriffen wurde. Die Fragen sowie die diesbezüglichen Einschätzungen der SSK aus der Stellungnahme (SSK 2011) sind in nachfolgender Tabelle dargestellt:
- Tab. 2-3:
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Fragen und Antworten zu gesundheitsrelevanten Auswirkungen hochfrequenter elektromagnetischer Felder aus der Stellungnahme der SSK von 2011 (SSK 2011).
Frage | Antwort/Bewertung (SSK 2011) |
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Gibt es eine potenzielle krebsinitiierende oder krebspromovierende Wirkung? |
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Gibt es eine Beeinflussung der Blut-Hirn-Schranke? |
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Gibt es eine Beeinflussung neurophysiologischer und kognitiver Prozesse sowie des Schlafes durch Mobilfunkfelder? |
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Gibt es Elektrohypersensibilität und Befindlichkeitsstörungen durch Mobilfunkfelder? |
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Gibt es Effekte chronischer Exposition auf das Blut und das Immunsystem? |
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Gibt es Auswirkungen chronischer Exposition auf die Reproduktion und Entwicklung? |
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Sind Kinder einem erhöhten gesundheitlichen Risiko ausgesetzt? |
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Ferner wurde zur Untersuchung der Frage, ob Hochfrequenzfelder gentoxische Effekte hervorrufen, im Rahmen des Deutschen Mobilfunk Forschungsprogramms ein Ringversuch zur Abklärung methodischer Schwierigkeiten durchgeführt. Der Vergleich ergab signifikante Unterschiede zwischen den Laboren. Es wurde daher festgehalten, dass die Evidenz für das Vorliegen gentoxischer Wirkungen als sehr gering einzustufen ist, allerdings wird die Aussagekraft dieser Schlussfolgerung durch die methodisch begründbare Variabilität der experimentellen Daten der vorliegenden Studie abgeschwächt.
Aufgrund der oben dokumentierten Ergebnisse hat die SSK in ihrer Stellungnahme festgestellt, dass die den bestehenden Grenzwerten zugrunde liegenden Schutzkonzepte nicht in Frage gestellt sind. Zusätzlich wurde angemerkt, dass die Gesamtproblematik der biologisch-medizinischen Wirkungen der Felder des Mobilfunks noch nicht abschließend geklärt werden konnte, so dass aufgrund der weiterhin dynamischen Entwicklung neuer Funktechnologien noch begleitender Forschungsbedarf besteht.
3 Stellungnahmen von Expertengremien nach 2011
Die seit der SSK-Bewertung im Jahr 2011 publizierten Bewertungen der möglichen gesundheitlichen Auswirkungen hochfrequenter elektromagnetischer Felder durch nationale und internationale wissenschaftliche Komitees sind in Tab. 3-4 zusammengefasst. Hierbei wurden nur Gremien berücksichtigt, die von öffentlichen Institutionen ein Mandat bekamen und deren Zusammensetzung von den Institutionen bestimmt wurde. Diese Stellungnahmen unterscheiden sich hinsichtlich
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des Zeitraums, aus dem Studien berücksichtigt wurden,
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der berücksichtigten biologischen Endpunkte sowie
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hinsichtlich des Ausmaßes, in dem Originalliteratur gesichtet wurde (siehe Tab. 3-4).
Auch wenn es Unterschiede in der Herangehensweise bei der Erarbeitung der Stellungnahmen gibt – beispielsweise wegen unterschiedlicher Aufgabenstellungen – ist dennoch festzuhalten, dass grundsätzlich alle Gremien die zum jeweiligen Zeitpunkt öffentlich verfügbare wissenschaftliche Literatur nutzten. Dabei legten sie jeweils ihre eigenen Qualitätskriterien für die Auswahl fest. Die Qualitätskriterien sind in den einzelnen Stellungnahmen beschrieben.
Einige der Bewertungsgremien führten explizit eine Evidenzklassifizierung durch (Scientific Committee on Emerging and Newly Identified Health Risks, SCENIHR, der Europäischen Kommission; Arbeitsgruppe Mobilfunk und Strahlung im Auftrag des Eidgenössischen Departements für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation, UVEK). Dabei wurde vom UVEK (UVEK 2019) die Terminologie und Definition des EU-Projekts EFHRAN (European Health Risk Assessment Network on Electromagnetic Fields Exposure, 2009-2012) verwendet (vgl. Sienkiewicz et al. 2012), die auch für die vorliegende Stellungnahme übernommen wird. Der Vorteil dieser Klassifizierung liegt darin, dass sie breit gefasst ist und für alle biologischen und gesundheitlichen Effekte und Disziplinen angewendet werden kann. Die bisher von der SSK genutzte Klassifizierung (SSK 2011) ist dagegen, wie die IARC-Klassifizierung (IARC 2013), explizit auf die Bewertung der Evidenz für Kanzerogenität entwickelt und angewendet worden. Die EFHRAN-Klassifizierung umfasst vier Stufen der Evidenz:
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„Ausreichende Evidenz“ für einen Zusammenhang bedeutet, dass ein Zusammenhang zwischen Exposition und Effekt in mehreren Studien von unabhängigen Forschenden oder mit verschiedenen Untersuchungsprotokollen bestätigt wurde. Die Expositions-Wirkungs-Beziehung ist übereinstimmend und andere Einflussfaktoren (Confounder) können mit zufriedenstellender Sicherheit ausgeschlossen werden.
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„Begrenzte Evidenz“ liegt vor, wenn der beobachtete Effekt nur auf wenigen Studien beruht oder ungeklärte Fragen hinsichtlich Studiendesign, Durchführung oder Interpretation der Studien bestehen. Andere Einflussfaktoren können in den vorliegenden Studien nicht mit zufriedenstellender Sicherheit ausgeschlossen werden.
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Bei „unzureichender Evidenz“ lassen die Qualität, Übereinstimmung oder statistische Aussagekraft der vorliegenden Studien keine eindeutigen Schlussfolgerungen zu.
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„Evidenz für Abwesenheit eines Effekts“ besteht, wenn in mehreren Studien von unabhängigen Forschenden mit unterschiedlichen Untersuchungsprotokollen an mindestens zwei Spezies oder zwei Zelltypen und bezogen auf einen ausreichenden Bereich von Feldintensitäten keine Effekte beobachtet wurden.
Die Schlussfolgerungen der in Tab. 3-4 aufgelisteten Berichte werden im Kapitel 4 noch detaillierter beschrieben. Insgesamt kommen die einzelnen Gremien zu sehr ähnlichen Schlussfolgerungen bezüglich der Evidenz bei den betrachteten Effekten. Übereinstimmend wurde festgestellt, dass die von Mobiltelefonen und anderen mobilen Kommunikationsgeräten sowie von den dazugehörigen Sendeanlagen ausgehenden Hochfrequenzfelder keine Gefahr für die menschliche Gesundheit darstellen, solange die Exposition auf Maximalwerte begrenzt wird, die den ICNIRP-Empfehlungen (ICNIRP 2020a) entsprechen oder vergleichbar zu diesen sind (z. B. lokale SAR für Kopf/Rumpf < 1,6 W kg-1 bzw. 2 W kg-1 bzw. Ganzkörper-SAR < 0,08 W kg-1). Zwar sehen einige Bewertungen mögliche biologische Auswirkungen durch Hochfrequenzexposition in der Größenordnung der Grenzwerte, insbesondere Auswirkungen auf das Gehirn sowie in Zellen auf den oxidativen Stress und die Zellmembran. Jedoch kommt keines der Gremien zum Schluss, dass damit negative gesundheitliche Auswirkungen verbunden sind. Allerdings betonen mehrere Berichte, dass bei diesen Effekten noch Unsicherheiten bezüglich langfristiger Auswirkungen der Handynutzung vorhanden sind. Darüber hinaus sind die zugrundeliegenden zellulären Wirkmechanismen für solche Effekte noch nicht abschließend geklärt. Daher wird darauf hingewiesen, dass zumindest bei bestimmten Effekten (z. B. mögliche Kanzerogenität, mögliche Gentoxizität) weitere Forschung erforderlich ist. Zudem wird von den Gremien häufig darauf hingewiesen, dass zwar insgesamt eine große Anzahl an veröffentlichten Studien vorliegt, jedoch können viele davon nicht in die Bewertung einbezogen werden, da der Studienansatz und/oder die Qualität der Durchführung nicht den wissenschaftlichen Mindestanforderungen genügen (vgl. Abschnitt 5.1).
- Tab. 3-4:
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Seit 2011 veröffentlichte Expertenberichte zum Themenbereich „Biologische und gesundheitliche Effekte durch Hochfrequenz-Exposition“, die auf Originalpublikationen basieren.
Gremium | Jahr | Referenz | Kommentar |
---|---|---|---|
AGNIR (Advisory Group on Non-ionising Radiation), Großbritannien |
2012 | (AGNIR 2012) | Bewertung des Frequenzbereichs 100 kHz bis 300 GHz.
Aktualisierung der Stellungnahme von 2003. Berücksichtigung vor Publikationen ab 2003. |
ANSES (Agence Nationale de Sécurité Sanitaire de l’Alimentation, de l’Environnement et du Travail), Frankreich |
2013 | (ANSES 2013) | Wissenschaftliche Veröffentlichungen (Originalartikel, Berichte, graue Literatur usw.), veröffentlicht vom 1. April 2009 bis 31. Dezember 2012. |
2016 | (ANSES 2016) | Wissenschaftliche Artikel, die zwischen dem 1. Januar 2005 und dem 28. Februar 2014 veröffentlicht wurden. | |
2018 | (ANSES 2018) | Übersicht basierend auf wissenschaftlichen Artikeln in unabhängigen Fachzeitschriften, Expertenberichten europäischer und internationaler Organisationen, ANSES-finanziertenForschungsberichten usw., die von April 2009 bis Juli 2016 veröffentlicht wurden. | |
2019 | (ANSES 2019) | Übersicht basierend auf:
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ARPANSA (Australian Radiation Protection and Nuclear Safety Agency), Australien |
2014 | (ARPANSA 2014) | Übersicht basierend auf Publikationen aus den Jahren 2000 bis 2012 sowie bis dahin veröffentlichten Expertenstellungnahmen (ICNIRP 2009, SCENIHR 2009, AGNIR 2012). |
FDA (Food and Drug Administration), USA |
2020 | (FDA 2020) | Berücksichtigung relevanter und verfügbarer, Expertengeprüfter wissenschaftlicher Studien, die bezüglich des Endpunkts Krebs im Zusammenhang mit hochfrequenten elektromagnetischen Feldern veröffentlicht wurden:
|
Health Council of the Netherlands, Niederlande |
2013 | (Health Council of the Netherlands 2013) |
Übersicht basierend auf epidemiologischen Studien, deren Ergebnisse in den Jahren 2009 bis Juli 2012 publiziert wurden. |
2014 | (Health Council of the Netherlands 2014) |
Übersicht basierend auf relevanten tierexperimentellen Studien, die bis zum 12. September 2012 publiziert wurden. | |
2016 | (Health Council of the Netherlands 2016) |
Übersicht über Studien ausschließlich zum Thema Krebs im Zusammenhang mit hochfrequenten elektromagnetischen Feldern, basierend auf epidemiologischen Studien und Ergebnissen aus tierexperimentellen Studien, die im Zeitraum 14. August 2011 bis 29. Mai 2015 publiziert wurden. | |
2020 | (Health Council of the Netherlands 2020a, 2020b) |
Detaillierte Informationen zur Arbeitsweise sind nicht verfügbar.
Vier Empfehlungen des Ausschusses an das niederländische Parlament zu Bereichen mit niedrigerer und höherer Frequenz, Forschungsbedarf sowie Anwendung der ICNIRP-Richtlinien (ICNIRP 2020a). |
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Norwegian Institute of Public Health, Norwegen |
2012 | (NIPH 2012) | Bewertung des Frequenzbereichs 100 kHz bis 300 GHz;
Basis: Originalliteratur und Expertenberichte. |
SCENIHR (Scientific Committee on Emerging and Newly Identified Health Risks), Europa |
2015 | (SCENIHR 2015) | Bewertungen aller Frequenzbereiche;
Aktualisierung der Stellungnahme von 2009; insbesondere Berücksichtigung von Originalveröffentlichungen in internationalen Fachjournalen in englischer Sprache (2009 bis 2014); umfasst auch Metaanalysen, jedoch keine Übersichtsartikel. |
SSM (Strålsäkerhetsmyndigheten; Swedish Radiation Safety Authority), Schweden |
2013 | (SSM 2013) | Berücksichtigt Veröffentlichungen mit potenzieller Relevanz für die Bewertung, die seit dem vorherigen Bericht in englischsprachigen, peer-reviewed wissenschaftlichen Zeitschriften veröffentlicht wurden;
umfasst Publikationen aus dem Zeitraum 2011 bis 2012. |
2014 | (SSM 2014) | Umfasst Publikationen, die bis September 2013 veröffentlicht wurden. | |
2015 | (SSM 2015) | Umfasst Publikationen, die von Oktober 2013 bis September 2014 veröffentlicht wurden. | |
2016 | (SSM 2016) | Umfasst Publikationen, die von Oktober 2014 bis September 2015 veröffentlicht wurden. | |
2018 | (SSM 2018) | Umfasst Publikationen, die von Oktober 2015 bis März 2017 veröffentlicht wurden. | |
2019 | (SSM 2019) | Umfasst Publikationen, die von April 2017 bis März 2018 veröffentlicht wurden. | |
2020 | (SSM 2020) | Umfasst Publikationen, die von April 2018 bis Dezember 2018 veröffentlicht wurden. | |
UVEK (Eidgenössisches Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation), Schweiz |
2019 | (UVEK 2019) | Bewertung von Publikationen, die zwischen dem 1. Januar 2014 und Ende November 2018 veröffentlicht wurden, wenn bestimmte Bedingungen erfüllt waren:
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4 Zusammenfassende Darstellung der aktuell vorliegenden Literatur zu biologischen und gesundheitlichen Auswirkungen hochfrequenter Felder
In diesem Abschnitt folgt für jeden evaluierten Endpunkt ein Überblick über den aktuellen wissenschaftlichen Kenntnisstand. Dieser basiert auf den in Kapitel 3 aufgelisteten, nach 2011 veröffentlichten Expertenbewertungen sowie zusätzlich den ab 2018 neu publizierten Studien, die in den Expertenberichten mehrheitlich noch nicht berücksichtigt wurden. Damit ist in der Gesamtschau der komplette, aktuell verfügbare Kenntnisstand in die Betrachtungen eingeflossen.
Um dem interessierten Laien die Lesbarkeit dieses Kapitels zu erleichtern, werden die betrachteten neueren Studien hier nicht zu detailliert vorgestellt, dies erfolgt erst im Anhang dieser Stellungnahme.
4.1 Aussagekraft verschiedener Studienarten
Für die Bewertung gesundheitsbezogener Auswirkungen eines chemischen Stoffes oder einer physikalischen Einwirkung werden in der Regel Studienergebnisse aus verschiedenen Bereichen herangezogen: Studien an Menschen (Epidemiologie, experimentelle Humanstudien), Tieren („in vivo“), Zellen („in vitro“) und In-silico-Studien („in silico“). Die Daten aus den unterschiedlichen Bereichen ermöglichen eine integrative Bewertung, wobei alle Arten der Studien gewisse Einschränkungen haben. Die verschiedenen Bereiche der Studien sind wie folgt charakterisiert:
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Epidemiologie Studien untersuchen das Auftreten und die Verteilung von Krankheiten in Populationen, um die zugrunde liegenden Risikofaktoren zu ermitteln, aus denen vorbeugende Maßnahmen abgeleitet werden können. Langzeitrisiken am Menschen können nur mit epidemiologischen Studien empirisch untersucht werden. Der Vorteil von epidemiologischen Studien liegt in der hohen ökologischen Validität. Das heißt, dass beispielsweise Umweltrisiken bei realistisch auftretenden Expositionen und im Zusammenspiel mit anderen Faktoren untersucht werden können. Das bedeutet aber auch, dass Expositionen oberhalb von Grenzwerten nicht untersucht werden können. Aus ethischen und praktischen Gründen sind epidemiologische Studien zu Umweltrisiken in der Regel beobachtend und daher anfällig für Bias (Confounding, umgekehrte Kausalität, Fehler in der Expositionsabschätzung etc.).
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Humanexperimentelle Studien untersuchen Effekte von Exposition unter kontrollierten Versuchsbedingungen. Sie können als randomisierte kontrollierte Studien (RCT) durchgeführt werden, was im klinischen Kontext als Goldstandard eines Forschungsdesigns angesehen wird, da damit der Einfluss von anderen Faktoren weitgehend kontrolliert werden kann. Da humanexperimentelle Studien ausschließlich Akuteffekte von Exposition untersuchen können, ergänzen sie epidemiologische Studien und können zur Aufklärung von Mechanismen beitragen. Aus ethischen Gründen werden Expositionen oberhalb von Grenzwerten in der Regel nicht untersucht.
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Tierexperimentelle Studien (In-vivo-Studien) liefern Informationen über die Auswirkungen auf einen ganzen lebenden Tierorganismus und zeigen das gesamte Repertoire an Körperstrukturen und -funktionen wie Nervensystem, endokrinen Systemen und Immunantworten. In-vivo-Studien sind für die Beurteilung von Gesundheitsrisiken von großer Bedeutung, insbesondere wenn sie epidemiologische Befunde bestätigen. Es gibt jedoch Extrapolationsprobleme mit inter- und intraspezifischen Variationen, d. h. die Übertragung der Ergebnisse von einer Spezies auf eine andere, insbesondere auf den Menschen, ist mit Unsicherheiten behaftet.
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Zellexperimentelle Studien (In-vitro-Studien) untersuchen toxikologische, mechanistische und andere relevante Effekte auf zellulärer und molekularer Ebene. Damit soll zum Verständnis der Entwicklung von Krankheiten oder zellulärer Veränderungen anhand einer Vielzahl biologischer Endpunkte beigetragen werden. In-vitro-Tests erlauben die Untersuchung von biologischen Prozessen unter kontrollierten Bedingungen. Sie können zur Identifizierung von Gefahrstoffen verwendet werden, ihre Nützlichkeit für die Bewertung eines Gesundheitseffektes ist jedoch begrenzt (SCENIHR 2009).
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In-silico-Studien sind in erster Linie Computersimulationen biologischer Experimente, die immer mehr an Bedeutung gewinnen. Durch computergestützte Simulation, z. B. von biochemischen Prozessen in lebenden Organismen, können nun Experimente im Computer simuliert werden und die errechneten Resultate wie andere experimentelle Beobachtungen gehandhabt werden. Der Vorteil liegt in ihrer Effizienz und dass dadurch Tierversuche ersetzt werden können. Jedoch sind die nötigen Modellannahmen immer mit Unsicherheiten verbunden.
Es soll darauf hingewiesen werden, dass epidemiologisch ermittelte Befunde eine stärkere Rolle bei der Bewertung gesundheitlicher Risiken spielen als humanexperimentelle Studien bzw. In-vivo-,In-vitro- und/oder In-silico-Ergebnisse. Das gilt jedoch nur, wenn die Evidenzqualität von epidemiologischen Studien als hoch eingestuft wird und mögliche Fehlerquellen von untergeordneter Bedeutung sind. Die Ergebnisse aus einem Studientyp (bzw. einer Evidenzlinie) allein, also ohne untermauernde Ergebnisse aus den anderen Bereichen, werden in der Bewertung geringer eingeschätzt.
4.2 Krebs
4.2.1 Epidemiologie
Die IARC hat im Jahr 2011 hochfrequente elektromagnetische Felder als möglicherweise krebserzeugend für den Menschen (Gruppe 2B) klassifiziert (IARC 2013). In INTERPHONE und schwedischen Studien wurden positive Zusammenhänge zwischen der langjährigen, intensiven Nutzung von drahtlosen Telefonen und Gliomen sowie Akustikusneurinomen beobachtet. Aufgrund der Inkonsistenz der verschiedenen Studienresultate und möglichem Selektions- sowie Informationsbias wurde die Evidenz aus epidemiologischen Studien von der Arbeitsgruppe der IARC nur als begrenzt eingeschätzt. Die Evidenz aus In-vitro-Studien war ebenfalls begrenzt. Seither erschienene Expertenberichte kamen zu dem Schluss, dass es wenig Evidenz für die Entstehung von Tumoren im Kopfbereich im Zusammenhang mit der Nutzung von Mobiltelefonen gibt. Die FDA (FDA 2020) schrieb in ihrem Bericht, dass epidemiologische Daten vom 1. Januar 2008 bis 8. Mai 2018 weiterhin ihre frühere Schlussfolgerung unterstützten, dass es keinen quantifizierbaren kausalen Zusammenhang zwischen HF-EMF und Tumorentwicklung gebe. Der niederländische Bericht (Health Council of the Netherlands 2020a, 2020b) kam zu dem Schluss, dass ein Zusammenhang zwischen langfristiger Mobiltelefonnutzung und Tumoren im Kopf- und Halsbereich nicht nachgewiesen sei, aber auch nicht ausgeschlossen werden könne. Der UVEK-Bericht (UVEK 2019) bewertete die Evidenz als „begrenzt“. Ähnliche Aussagen finden sich in anderen, früher publizierten Expertenberichten.
Die Resultate von epidemiologischen Studien zu bösartigen Hirntumoren im Zusammenhang mit Mobiltelefonnutzung zeigten mehrheitlich kein erhöhtes Risiko (Roosli et al. 2019). Vereinzelt beobachtete erhöhte Risiken in Fall-Kontrollstudien könnten methodisch bedingt sein und auf eine systematische Überschätzung der retrospektiv erhobenen Telefonnutzungsdauer von Hirntumorpatienten im Vergleich zu gesunden Kontrollpersonen zurückzuführen sein bzw. auf eine Unterschätzung bei Gesunden. Andererseits könnten zufällige Fehler in der Expositionsabschätzung bei Kohortenstudien zu einer Unterschätzung eines eventuellen Risikos führen. Angesichts dieser Unsicherheiten wurden in den letzten Jahren zeitliche Trends in den Erkrankungsraten in mehreren Ländern untersucht und mit der Zunahme der Mobiltelefonnutzung verglichen.
Der neueste Bericht der Expertengruppe der Schwedischen Strahlenschutzbehörde (SSM 2020) betonte, dass Analysen der zeitlichen Trends in den Erkrankungsraten in mehreren Ländern keine Hinweise fanden, dass die Inzidenz12 der Tumoren mit einer gewissen Verzögerung angestiegen sei, nachdem die Mehrheit der Bevölkerung in den entsprechenden Ländern begonnen habe, Mobiltelefone zu benutzen.
Zusätzlich ist anzumerken, dass der Vergleich der zeitlichen Entwicklung von Krankheitsraten mit anderen Faktoren als schwaches epidemiologisches Studiendesign gilt, da diese von anderen Faktoren beeinflusst werden können. Aus mehreren Gründen sind solche Zeitreihenanalysen aber für den spezifischen Zusammenhang zwischen Handynutzung und Hirntumoren aussagekräftig: Erstens kann die zeitliche Entwicklung von Hirntumoren in vielen Ländern anhand etablierter Krebsregisterdaten evaluiert werden. Zweitens braucht es für solche Analysen im Gegensatz zu Kohorten- und Fall-/Kontrollstudien keine individuellen Expositionsabschätzungen mit entsprechenden Fehlerquellen. Auf Populationsebene lässt sich die Veränderung des Mobiltelefongebrauchs mit kleiner Fehlerquote bestimmen. Da sich der Mobiltelefongebrauch in den letzten 30 Jahren praktisch in der ganzen Bevölkerung durchgesetzt hat, müsste sich ein potenzielles Risiko in den Krebshäufigkeiten manifestieren. Drittens gibt es keinen anderen bekannten Umweltrisikofaktor für Hirntumoren, der sich in den letzten Jahren ebenfalls stark verändert hätte und damit eine Zunahme wegen Mobilfunknutzung verschleiern könnte. Der wichtigste externe Faktor sind Dosen von ionisierender Strahlung, wie sie beispielsweise bei CT-Scans oder therapeutischer Bestrahlung (Mathews et al. 2013, Pearce et al. 2012) zur Anwendung kommen. Dieser Faktor hat in den letzten Dekaden ebenfalls zugenommen.
Ein limitierender Faktor für solche Zeitreihenanalysen sind jedoch zeitliche Veränderungen der Diagnostik und Kodierungspraxis. Durch den vermehrten Einsatz von bildgebenden Verfahren werden heutzutage mehr Erkrankungen diagnostiziert als früher. Dies gilt es bei der Interpretation von solchen Studien zu berücksichtigen. Von daher ist die Aussagekraft solcher Zeitreihenanalyse asymmetrisch. Das Fehlen einer nachweisbaren Zunahme von Hirntumoren in der letzten Dekade bedeutet mit großer Sicherheit, dass ein potenzielles Risiko der Mobilfunkstrahlung klein sein muss oder sich nur bei seltenen Tumortypen oder spezifischen Bevölkerungsgruppen manifestiert. Umgekehrt könnte eine Zunahme der Erkrankungsraten neben Mobilfunknutzung auch auf eine Zunahme der Exposition gegenüber ionisierender Strahlung oder Veränderung der Screening- oder Diagnosepraxis zurückgeführt werden. Das kann dazu führen, dass Tumore entdeckt werden, die sonst unentdeckt geblieben wären. Zum Beispiel besteht kein Zweifel, dass die Zunahme von Schilddrüsentumoren in vielen Ländern auf veränderte Screening-Praktiken zurückzuführen ist (Li et al. 2020b). So sind auch vereinzelte Beobachtungen einer Zunahme von Glioblastomen mit großer Wahrscheinlichkeit auf eine Änderung in der diagnostischen Kodierungspraxis zurückzuführen, da gleichzeitig andere Arten von Hirntumoren abgenommen haben, jedoch die Gesamtzahl konstant blieb (vgl. A-1.1, Absatz 7).
Zu Tumoren im Zusammenhang mit Sendeanlagen gibt es nur wenige Studien, und diese hauptsächlich zu TV- und Radiosendern, welche konsistent keinen Effekt fanden. Die Höhe der Exposition in diesen Studien lag deutlich unterhalb der ICNIRP-Richtwerte (ICNIRP 2020a) und war erheblich kleiner als bei Nutzung von EMF-emittierenden Geräten in Körpernähe.
4.2.2 Tier- und zellexperimentelle Studien
In den ausgewerteten Tierversuchen fanden die Expertengremien keine überzeugenden Hinweise auf krebserzeugende Wirkungen aus den HF-Feldern. Die Gesamtbewertung der überwiegend negativen (keine Auswirkungen) Tierversuche wurde von SCENIHR mit „starker Evidenz für das Fehlen einer Wirkung“ („strong evidence for the absence of an effect“) bewertet (SCENIHR 2015). Die Bewertung durch ANSES (ANSES 2019) (SAR-Werte über 2 W kg-1) ergab, dass bei erwachsenen Tieren keine Auswirkungen beobachtet wurden, während die Tumorentwicklung nach lebenslanger Exposition der Tiere aufgrund fehlender Daten nicht bewertet werden konnte. Die FDA bewertete alle Daten bis August 2018 (inklusive der unten diskutierten NTP-Studie) auf das Krebsrisiko durch HF-EMF in vivo (ca. 125 Veröffentlichungen) und fand keinen kausalen Zusammenhang zwischen HF-Exposition und Tumorentwicklung. Der Health Council of the Netherlands (2020) wertete kürzlich vier neuere Tierstudien für den Frequenzbereich 700 MHz bis 2 200 MHz aus, die zu unterschiedlichen Ergebnisse führten. Das Gremium kam zu dem Schluss, dass sowohl positive als auch negative Auswirkungen auf die Kanzerogenität von HF-Feldern möglich sind: Eine der Tierstudien zeigte nämlich keine Wirkung von HF-EMF auf implantierte Hirntumore (Smith-Roe et al. 2020), zwei Studien zeigten ein erhöhtes Risiko (NTP 2018b, Falcioni et al. 2018), während eine Studie eine positive Wirkung der Exposition zeigte (verzögertes Wachstum von implantierten Tumorzellen; Kryukova et al. 2016).
Im Jahr 2018 wurden zwei Tierstudien zu den langfristigen krebserzeugenden Wirkungen von HF-EMF veröffentlicht. Eine Studie stammt vom US National Toxicology Program (NTP 2018a, 2018b) und die andere vom italienischen Cesare Maltoni Cancer Research Center, Ramazzini-Institut (RI; Falcioni et al. 2018). Die NTP-Studie (Ratten und Mäuse) untersuchte Auswirkungen von Expositionen, wie sie für den menschlichen Kopf beim Gebrauch von Mobiltelefonen maximal zulässig sind (1,6 W kg-1 bzw. 2 W kg-1) und auch noch deutlich darüber (bis zu 6 W kg-1). Im Unterschied zum Menschen wurde bei den Tieren jedoch nicht nur der Kopf exponiert, sondern der Gesamtkörper, so dass hier eine Expositionssituation vorliegt, die sich deutlich oberhalb der für den Menschen zulässigen Ganzkörperexposition (0,08 W kg-1) bewegt. Die Studie des Ramazzini-Instituts untersuchte den Einfluss von GSM-Ganzkörperimmissionen auf Ratten bis etwa zu einer Größenordnung, wie sie als Ganzkörpergrenzwerte in der Nähe von Sendeanlagen maximal zulässig sind (0,1 W kg-1). Ein zentraler Befund der Studien ist eine Erhöhung der Anzahl von bösartigen Herzschwannomen13 bei männlichen, aber nicht bei weiblichen Ratten. Diese Tumoren waren in der RI-Studie bei 50 V m-1 (geschätzte SAR 0,1 W kg-1) und in der NTP-Rattenstudie bei allen SAR-Werten häufiger. In einigen Fällen traten bei männlichen Ratten in der NTP-Studie Hirngliome auf, bei allen drei SAR-Werten bei Tieren, die einem GSM-Feld ausgesetzt waren, und bei 6 W kg-1 (d. h. weit über den Teilkörpergrenzwerten für Kopf und Rumpf von 2 W kg-1) bei Tieren, die einem CDMA-Feld ausgesetzt waren. Einige Einzelbefunde verschiedener anderer Tumorarten (Phäochromozytom, Haut- und Lungentumore, Lymphome, Lebertumore) wurden dokumentiert, waren aber im Vergleich zu Kontrollbedingungen nicht statistisch signifikant erhöht und wurden von NTP als „mehrdeutiger Befund“ erfasst.
Beide Studien wurden sehr gut durchgeführt, denn sie verwendeten beide den sogenannten „Good Laboratory Practice“-Standard, und in beiden Studien wurde eine ausreichend hohe Anzahl von Tieren in die Untersuchungen einbezogen. Dennoch bestehen auch wichtige Mängel in diesen Studien. So wurde zum Beispiel von der ICNIRP (ICNIRP 2020b) kommentiert, dass es keine Verblindung14 am Anfang der pathologischen Untersuchungen gegeben hätte. Darüber hinaus gebe es Schwächen bei der Interpretation der statistischen Analysen. Die Möglichkeit, dass die aufgetretenen Effekte zufälliger Natur gewesen sein könnten, sei nicht diskutiert worden (keine Korrektur für multiples Testen). Außerdem widersprächen sich die Ergebnisse der beiden Studien in Bezug auf die Expositions-Wirkungs-Beziehung. Weiterhin wurde in Kuhne et al. (Kuhne et al. 2020) diskutiert, dass in der NTP-Studie offene Fragen zu den Auswirkungen durch die Exposition auf die Körpertemperatur bestünden. Berechnungen dieser Autoren legen nahe, dass die Temperaturmessungen in einer Pilotstudie an jüngeren (leichteren) Tieren durchgeführt wurden, was zu einer Unterschätzung der durch die Exposition verursachten Temperaturschwankungen bei den älteren (schwereren) Tieren in der Hauptstudie geführt habe. Diese Unterschätzung werde bei älteren Tieren aufgrund ihrer größeren Körpermasse sogar noch größer. Die Temperaturschwankungen nähmen zu, wenn die Tiere größer würden (um ≥ 1,4 K bei älteren männlichen Ratten), was zu thermischem Stress führen könne, welcher wiederum ein beeinflussender Faktor für das Studienergebnis gewesen sein könne.
In-vitro-Studien, die speziell für die Karzinogenese relevant sind, wurden selten durchgeführt. Diese Studientypen wurden auch nur von einzelnen Gremien bewertet. Zwei kürzlich durchgeführte Studien weisen nach Ansicht der SSK Schwächen in verschiedenen Qualitätsaspekten auf und liefern daher fragwürdige Ergebnisse (Details siehe Anhang A-1.3).
4.3 Gehirn und Nervensystem
4.3.1 Verhalten und kognitive Funktionen
4.3.1.1 Epidemiologie
Gemäß den Expertenberichten gibt es wenig Hinweise für einen Einfluss von HF-EMF auf das Verhalten. Während Zusammenhänge mit Fernfeldquellen nur sporadisch aufgetreten sind und kein einheitliches Muster zeigten, fanden einige epidemiologische Studien einen Zusammenhang zwischen Verhaltensproblemen und Mobiltelefonnutzung vor allem bei Jugendlichen. Solche Zusammenhänge wurden aber vor allem in Querschnittsstudien beobachtet. Das SCENIHR (SCENIHR 2015) schrieb zum Beispiel, dass diese Studien methodische Schwächen hätten. Der UVEK-Bericht (UVEK 2019) schätzte die Evidenz für einen Zusammenhang als „unzureichend“ ein. Der niederländische Bericht (Health Council of the Netherlands 2020a, 2020b) kam zum Schluss, dass weder positive noch negative Effekte ausgeschlossen werden könnten, und ANSES (ANSES 2016) schrieb, dass es nicht möglich sei, eine Schlussfolgerung zu ziehen, ob ein Zusammenhang bestehe oder nicht. Die wenigen neuesten Längsschnittstudien15, welche nicht nur die Nutzungsdauer, sondern auch die damit verbundenen Emissionen in die Auswertung miteinbeziehen, deuteten jedoch darauf hin, dass solche Zusammenhänge eher nicht auf HF-EMF zurückzuführen sind, sondern auf andere Aspekte der Mobiltelefonnutzung, wie problematischer (d. h. zum Beispiel exzessiver) Gebrauch, Abhängigkeit und Schlafdeprivation bei übermäßiger Nutzung. Es gibt auch Hinweise für umgekehrte Kausalität, das heißt, Verhaltensprobleme bei Kindern und Jugendlichen führen zu einer häufigeren Mobiltelefonnutzung, und nicht umgekehrt.
Die epidemiologische Evidenz für einen Einfluss von HF-EMF auf kognitive Funktionen ist gemäß dem ANSES-Bericht „inadequate“ (ANSES 2013) oder „limited“ (ANSES 2016). In den anderen Berichten wurde die Evidenz in erster Linie anhand von experimentellen Studien beurteilt, da es bisher nur wenige Längsschnittstudien zu kognitiven Effekten gibt und die Aussagekraft von Querschnittsstudien einschränkt ist. Entsprechend machen die Berichte kaum Aussagen zu möglichen Langzeitwirkungen. In den wenigen neuesten Längsschnittstudien wurde mehrheitlich keine Assoziation zwischen HF-EMF und kognitiven Funktionen beobachtet. Eine Ausnahme bilden die Resultate einer prospektiven Kohortenstudie an 843 Jugendlichen aus der Schweiz (Foerster et al. 2018). In dieser Untersuchung war die Entwicklung des räumlichen Gedächtnisses über ein Jahr negativ mit der kumulativen HF-EMF Gehirndosis assoziiert, nicht aber mit sogenannten Negativ-Kontrollexpositionsvariablen, wie die Anzahl von Textnachrichten oder Online-Gaming. In den Querschnittstudien waren vereinzelt signifikant aufgetretene Zusammenhänge sowohl positiv wie negativ. Insgesamt lässt sich daraus schließen, dass es „unzureichende Evidenz“ für einen Zusammenhang gibt sowohl in Bezug auf Fernfeld- wie auch auf Nahfeldexpositionen von körpernahbetriebenen Kommunikationsgeräten.
4.3.1.2 Humanexperimentelle Studien
In ihrer Stellungnahme aus dem Jahr 2011 kam die SSK (SSK 2011) zu dem Schluss, dass es keine belastbaren Hinweise darauf gebe, dass eine Exposition mit hochfrequenten elektromagnetischen Feldern einen Einfluss auf kognitive Funktionen hat. Zu einer ähnlichen Einschätzung kamen auch AGNIR (AGNIR 2012), das Norwegian Institute of Public Health (NIPH 2012), ANSES (ANSES 2013), SSM (SSM 2013, 2014, 2016, 2018) sowie UVEK (UVEK 2019). ANSES (ANSES 2016) stellte darüber hinaus fest, dass es auch für Kinder nur wenige Anhaltspunkte gebe, die auf Effekte durch Hochfrequenzexposition auf kognitive Prozesse schließen lassen. Auch SCENIHR (SCENIHR 2015) bewertete die Literatur zusammenfassend dahingehend, dass es „keine Evidenz“ für eine Beeinflussung kognitiver Funktionen beim Menschen gebe. Der Health Council of the Netherlands (Health Council of the Netherlands 2020a, 2020b) bewertete 46 humanexperimentelle Studien. Die Mehrheit der Studien (31) fand keinen Effekt. In sieben Studien wurde eine Beeinträchtigung der kognitiven Leistung unter HF-Exposition beobachtet, während in acht Studien eine verbesserte kognitive Leistung unter Exposition beobachtet wurde. Basierend auf dieser Datenlage kam das Gremium zu dem Schluss, dass für die Frequenzbereiche 700 MHz bis 2 200 MHz und 2,2 GHz bis 5,0 GHz sowohl positive als auch negative Effekte auf die Kognition möglich seien.
Zwei der drei in Abschnitt A-2.1.2 ausführlicher beschriebenen Studien, die seit 2018 zum Einfluss von HF-EMF auf kognitive Funktionen publiziert wurden und die in der Bewertung durch den Health Council of the Netherlands (Health Council of the Netherlands 2020a, 2020b) nicht berücksichtigt sind, untersuchten die selektive Aufmerksamkeit. In beiden Studien (mit variierender Expositionsdauer 3 Stunden bzw. 20 Minuten vor Durchführung des Tests und ähnlichen SAR-Werten einer GSM- und LTE-Exposition: 1,8 W kg-1 bzw. 1,6 W kg-1) waren die Testergebnisse nicht durch HF-Exposition beeinflusst. Eine negative Beeinflussung der schlafbezogenen Konsolidierung des emotionalen, prozeduralen und deklarativen Gedächtnisses16 durch WLAN-Exposition (2,45 GHz, maximale SAR: < 25 mW kg-1, Sechs-Minuten-Mittelwert: < 6,4 mW kg-1) wurde ebenfalls nicht beobachtet. Die statistisch signifikant verbesserte deklarative Gedächtnisleistung am Morgen nach WLAN-Exposition ist vermutlich als Zufallsbefund zu werten. Da auch die neueren Studien keinen Anhalt für akute Effekte, insbesondere keinen Anhalt für negative Effekte erkennen ließen, hat die Bewertung durch die SSK (SSK 2011) nach wie vor Gültigkeit.
4.3.1.3 Tierexperimentelle Studien
SCENIHR (SCENIHR 2015) kam zu dem Schluss, dass einige Studien zwar einen Effekt bei nichtthermischer Exposition auf Lernen, Gedächtnis oder Verhalten nahe legten, derzeit jedoch keine schlüssigen Beweise vorlägen. Einige der Ergebnisse seien widersprüchlich und in vielen Fällen bestünden Fragezeichen in Bezug auf Exposition, Verblindung, ordnungsgemäße Kontrollen und Dosimetrie.
ANSES (ANSES 2013) fand „begrenzte Evidenz“ („limited evidence“) für eine verbesserte kognitive Funktion (verbesserte Gedächtnisfunktion in einem Y-Labyrinth-Test, verbesserte Ergebnisse in einem kognitiven Interferenztest), insbesondere bei sehr alten Mäusen, aber „unzureichende Evidenz“ („inadequate evidence“) für Auswirkungen auf Angstzustände und motorische Aktivität. Die jüngste ANSES-Bewertung (ANSES 2019), die nur Studien mit SAR-Werten > 2 W kg-1 umfasste, konnte weder bei jungen noch bei erwachsenen Tieren Wirkungen dokumentieren.
Der Health Council of the Netherlands (Health Council of the Netherlands 2020a, 2020b) hat seit 1992 insgesamt fast einhundert In-vivo-Studien für die Frequenzbereiche 700 MHz bis 2 200 MHz und 2,2 GHz bis 5,0 GHz ausgewertet. Die Schlussfolgerung dieses Gremiums war, dass sowohl positive als auch negative oder gar keine Auswirkungen auf Verhalten und Kognition aufträten, d. h. die Ergebnisse seien inkonsistent.
Auch einige neue Studien zeigten Expositionseffekte in Tierversuchen (Details: siehe Anhang A-2.1.3). Viele Ergebnisse sind jedoch widersprüchlich bzw. mehrdeutig und lassen keine weiteren Schlussfolgerungen auf Gesundheitsauswirkungen zu.
4.3.2 Zerebraler Blutfluss und Hirnstoffwechsel
4.3.2.1 Humanexperimentelle Studien
In der Stellungnahme der SSK (SSK 2011) wurden Studien zum zerebralen Blutfluss und zum Hirnstoffwechsel als Ergebnisparameter nicht diskutiert. Dies gilt auch für die meisten anderen in Tab. 3-4 aufgelisteten Expertenberichte. AGNIR (AGNIR 2012) erwähnte eine Studie mit unklaren Expositionsangaben, die an einer größeren Stichprobe durchgeführt wurde. Das Norwegian Institute of Public Health (NIPH 2012) sowie SSM (SSM 2013, 2015) und SCENIHR (SCENIHR 2015) wiesen auf inkonsistente Ergebnisse aus den wenigen vorliegenden Studien hin. SSM (SSM 2013) diskutierte zwei PET-Studien, von denen eine Effekte beobachtet hatte und eine nicht. Neuere Studien liegen zu diesen Endpunkten nicht vor.
4.3.2.2 Tierexperimentelle Studien
Gemäß den Expertenberichten lieferten Studien zum Einfluss von HF-EMF-Exposition auf den Hirnstoffwechsel inkonsistente Ergebnisse, auf neurotoxische Effekte ließe sich aus den biologischen Veränderungen jedoch nicht schließen. Relevante neuere Studien fehlten.
Zuvor hatten einige Studien zur Blut-Hirn-Schranke in Ratten und Mäusen darauf hingewiesen, dass diese Struktur selbst bei niedrigen SAR-Werten beschädigt werden könne, was zu einer erhöhten Permeabilität führen könne. Es wurden zahlreiche Replikationsstudien durchgeführt, von denen die überwiegende Mehrheit selbst bei höheren SAR-Werten (mehr als 2 W kg-1) keine Veränderungen der Permeabilität feststellte. Relevante neuere Studien fehlen.
4.3.3 Ereigniskorrelierte und evozierte Potenziale
4.3.3.1 Humanexperimentelle Studien
Es gibt vergleichsweise wenige Studien, welche einen Einfluss hochfrequenter elektromagnetischer Felder auf im EEG als ereigniskorrelierte (EKP) oder evozierte Potenziale (ERP) ablesbare Reaktionen des Gehirns auf externe Reize (z. B. visuelle oder akustische Stimuli) untersucht haben. Die in der Stellungnahme der SSK (SSK 2011) zusammenfassend diskutierten Arbeiten ließen keinen Einfluss elektromagnetischer Felder auf entsprechende Ergebnisparameter erkennen. SCENIHR (SCENIHR 2015) und SSM (SSM 2013, 2016, 2018) kamen zu dem Schluss, dass Ergebnisse hierzu inkonsistent seien. Im Bericht des Health Council of the Netherlands (Health Council of the Netherlands 2020a, 2020b) wurden Studien zu evozierten Potenzialen leider nicht gesondert diskutiert, sondern sind unter der Überschrift Elektrische Hirnaktivität zusammen mit anderen EEG-Studien subsummiert. Der tabellarischen Zusammenstellung von Studien ist zu entnehmen, dass insgesamt 27 Studien für den Frequenzbereich 700 MHz bis 2 200 MHz berücksichtigt wurden, davon drei Studien an Kindern und fünf Studien an Patient*innen mit neurologischen Erkrankungen (Narkolepsie mit Kataplexie, Multiple Sklerose und Epilepsie). Von den an Kindern und Patient*innen durchgeführten Studien ließ sich in jeweils einer Studie kein Effekt beobachten, während die übrigen einen Effekt zeigten, der jedoch nicht eindeutig in seiner Bedeutung als ungünstig oder günstig eingeordnet werden konnte. Von den übrigen 19 an gesunden Erwachsenen durchgeführten Studien zeigten elf keine Beeinflussung der evozierten Potenziale durch HF-Exposition, bei den acht Studien, in denen Effekte beobachtet wurden, ist die gesundheitliche Relevanz nicht eindeutig zu bewerten. Die signifikanten Ergebnisse der einzigen neueren Studie (Dalecki et al. 2018), in der vereinzelt statistisch signifikante Ergebnisse für Amplituden und Latenzen visuell evozierter Potenziale für unterschiedliche GSM-Expositionen (geringere [SAR: 1 W kg-1] und höhere [SAR: 2 W kg-1] im Vergleich untereinander und im Vergleich zu Sham) sowie leichte und schwierige Zielreize untersucht wurden, wurden von den Autoren angesichts mangelnder Konsistenz innerhalb der Studie sowie angesichts multipler Testungen als Zufallsbefunde gewertet.
4.3.3.2 Tierexperimentelle Studien
Der Health Council of the Netherlands (Health Council of the Netherlands 2020a, 2020b) bewertete 23 Studien im Frequenzbereich 700 MHz bis 2 200 MHz und 20 Studien im Frequenzbereich 2,2 GHz bis 5,0 GHz in den Kategorien elektrische Gehirnaktivität und Signalübertragung im Gehirn. Nur wenige dieser Studien haben evozierte Potenziale untersucht. Das Gremium gelangte zu dem Schluss, dass die Auswirkungen von HF-EMF auf die elektrische Aktivität des Gehirns, einschließlich evozierter Potenziale, wahrscheinlich seien. Zusätzliche neuere Studien an Ratten zeigten auch Auswirkungen auf akustisch evozierte und visuell evozierte Potenziale mit SAR-Werten unter 2 W kg-1.
4.3.4 Ruhe-EEG im Wachzustand (Humanexperimentelle Studien)
Einer der zwei am häufigsten untersuchten Ergebnisparameter in humanexperimentellen Studien ist neben dem Schlaf-EEG (siehe Abschnitt 4.3.5) das Ruhe-EEG. Hier wird untersucht, welchen Einfluss eine HF-EMF-Exposition auf die Aktivität des Gehirns hat, wenn es keinen externen Stimuli ausgesetzt ist. Es muss jedoch unterschieden werden, ob das Ruhe-EEG mit geöffneten oder geschlossenen Augen abgeleitet wird. Bei geöffneten Augen ist ein in der Regel standardisierter visueller Input vorhanden, während bei geschlossenen Augen kein externer Stimulus verarbeitet wird. Die SSK (SSK 2011) stellte weiteren Forschungsbedarf insbesondere hinsichtlich der Altersabhängigkeit von Effekten heraus sowie die Notwendigkeit zur Verwendung stringenter Versuchsprotokolle. Die Bewertung der Ergebnisse zum Einfluss von Hochfrequenzexposition auf das Ruhe-EEG variiert in den Expertenberichten seit 2011. AGNIR (AGNIR 2012) wies darauf hin, dass Effekte klein und inkonsistent seien (ohne dass dabei explizit zwischen Studien zum Ruhe- und zum Schlaf-EEG unterschieden wird). Das Norwegian Institute of Public Health (NIPH 2012) stellte heraus, dass Effekte klein und transient sowie darüber hinaus nicht von Symptomen begleitet seien. Im Bericht von SCENIHR (SCENIHR 2015) wurden Aussagen zum Einfluss auf das EEG nicht immer explizit nach Schlaf- und Wach-EEG differenziert. Es wurde darauf hingewiesen, dass beobachtete Effekte klein seien und von unklarer physiologischer Relevanz. Der UVEK-Bericht (UVEK 2019) kam zu dem Schluss, dass es „ausreichende Evidenz“ für einen Einfluss von Mobilfunkexposition auf Hirnströme gebe, wobei nicht zwischen Schlaf- und Wach-EEG unterschieden wird. Im Bericht des Health Council of the Netherlands (Health Council of the Netherlands 2020a, 2020b) wurde ebenfalls nicht strikt zwischen Schlaf- und Wach-EEG unterschieden. Von den 64 bewerteten humanexperimentellen Studien für den Frequenzbereich 700 MHz bis 2 200 MHz beschäftigen sich 27, wie unter Abschnitt 4.3.3.1 bereits erwähnt, mit evozierten Potenzialen, 18 Studien analysierten die elektrische Hirnaktivität im Schlaf und 19 das im Wachzustand gemessene Ruhe-EEG. Vier der Studien zum Wach-EEG fanden keine Effekte, in den 15 Studien, die Effekte fanden, konnte nicht eindeutig gesagt werden, ob sie als günstig oder ungünstig zu bewerten seien. Ferner wurde die Richtung der Abweichung nicht berücksichtigt, die sich in einer geringeren oder höheren spektralen Power des EEGs17 unter Exposition ausdrückt. Zwei nahezu zeitgleich erschienene Reviews zum Wach-EEG (Wallace und Selmaoui 2019, Danker-Hopfe et al. 2019) zeigten die Inkonsistenzen in der vermeintlichen Konsistenz von Effekten differenzierter auf. Die Ergebnisse zu diesem Outcome Parameter wurden als konsistent dargestellt, weil sie einfach häufig zu beobachten seien. Inkonsistent wird es u. a. dann, wenn es um die betroffenen Frequenzbänder geht und um die Richtung des Effekts: höhere Power bei Exposition vs. niedrigere Power bei Exposition. Dies wurde auch durch die in den Berichten der SSM (SSM 2015, 2016, 2018, 2019) diskutierten Arbeiten sowie durch die neue Literatur (vgl. Anhang A-2.4.1) nachdrücklich belegt. Drei der vier im Anhang diskutierten Studien untersuchten die Hirnaktivität mittels EEG. Nakatani-Enomoto et al. (Nakatani-Enomoto et al. 2020) fanden bei Exposition mit einem LTE-Signal (1 950 MHz, maximale SAR: 2 W kg-1) keine Effekte. Loughran et al. (Loughran et al. 2019) fanden bei einer Exposition mit einem GSM-Signal (920 MHz, maximale SAR: 2 W kg-1) im Vergleich zur Sham Exposition eine (bei Testung mit einseitiger Irrtumswahrscheinlichkeit) signifikant höhere EEG-Power im Alpha-Frequenzbereich18 (hier 8 Hz bis 12 Hz). Bei Exposition mit einem geringeren SAR-Wert (maximale SAR: 1 W kg-1) ließen sich in dieser Studie keine signifikanten Unterschiede im Vergleich zur Sham Exposition beobachten. Einen ebenfalls signifikanten Effekt von HF-Exposition (LTE 1 750 MHz, maximale SAR: 1,8 W kg-1, UMTS 1 947 MHz, durchschnittliche SAR < 2 W kg-1) auf die EEG-Power in Alpha-Frequenzband wurde von Vecsei et al. (Vecsei et al. 2018a) beobachtet. Im Gegensatz zu Loughran et al. (Loughran et al. 2019) wurde in dieser Studie allerdings eine Reduktion der Power beobachtet. Die in der Stellungnahme der SSK aus dem Jahr 2011 (SSK 2011) bereits geäußerte Notwendigkeit zur Anwendung stringenterer und standardisierter Versuchsprotokolle, die auch im Review von Danker-Hopfe et al. (Danker-Hopfe et al. 2019) geäußert wurde, muss an dieser Stelle noch einmal betont werden. Diese widersprüchlichen Ergebnisse machen deutlich, dass die oft zitierte Homogenität der Ergebnisse bzw. eine „ausreichende Evidenz“ hinsichtlich eines HF-EMF-Effekts auf das Wach-EEG nicht belastbar ist.
4.3.5 Schlaf-EEG (Humanexperimentelle Studien)
Bei Studien zum Einfluss hochfrequenter elektromagnetischer Felder auf den Schlaf muss zwischen verschiedenen Endpunkten unterschieden werden. Zum einen kann Schlaf auf der Ebene einer subjektiv erlebten Schlafqualität erfasst werden, d. h. auf der Symptomebene (siehe Abschnitt 4.4.2). Zum anderen kann Schlaf mittels einer als Polysomnographie bezeichneten Methode gemessen werden, d. h., es können objektive Maße zur Beschreibung des Schlafes herangezogen werden. Aus dem Elektroenzephalogramm (EEG), dem Elektrookulogramm (EOG) zur Registrierung von Augenbewegungen und dem Elektromyogramm (EMG) zur Registrierung des Muskeltonus können u. a. Informationen zur Schlafinitiierung, zur Schlafkontinuität sowie zur Zusammensetzung des Schlafes nach Schlafstadien (Makrostruktur des Schlafes19) abgeleitet werden. Diese Methode wird u. a. bei schlafgestörten Patient*innen für diagnostische Zwecke eingesetzt. Schließlich lässt sich das im Schlaf abgeleitete EEG auch für eine nach Schlafstadien und Zeitabschnitten in der Nacht differenzierte quantitative Analyse (Powerspektralwerte) heranziehen. Das EEG im Schlaf unterscheidet sich vom Wach-EEG nicht nur hinsichtlich des Vigilanzniveaus20 (unterschiedliche Schlafstadien bzw. Schlaftiefen), sondern auch dadurch, dass externe Einflussfaktoren weitestgehend kontrolliert bzw. ausgeschlossen sind.
Daten zu Effekten auf die Makrostruktur des Schlafes wurden von ANSES (ANSES 2013) als „inadequate“ bewertet. Nach den Expertenberichten von SSM (SSM 2015, 2018) sowie der in Abschnitt A-2.5.1 aufgelisteten Studien sind entsprechende Effekte u. a. vor dem Hintergrund unterschiedlicher Expositionsdauern sowie einer variierenden Zahl betrachteter Ergebnisparameter als inkonsistent einzuordnen.
Bezüglich der quantitativen Aspekte des Schlaf-EEGs kam die SSK (SSK 2011, Seite 25) zu dem Schluss: „Eine abschließende Wertung im Hinblick auf Effekte auf das Schlaf-EEG ist derzeit noch nicht möglich, weiterer Forschungsbedarf ist daher gegeben.“ Zu dieser Einschätzung gelangte auch die Swedish Radiation Safety Authority (SSM 2010). Ein erster Schritt könnte darin bestehen, dass die an dieser Thematik arbeitenden Gruppen zur verstärkten Zusammenarbeit angeregt werden, um vergleichende Paralleluntersuchungen durchzuführen. Darüber hinaus sollte eine mögliche Altersabhängigkeit über die gesamte Lebensspanne, d. h. nicht nur bei Kindern, sondern auch bei älteren Personen untersucht werden. Für die nicht nach Schlaf und Wach differenzierten Aussagen zum EEG von AGNIR (AGNIR 2012), dem Norwegian Institute of Public Health (NIPH 2012) sowie UVEK (UVEK 2019) sei auf Abschnitt 4.3.4 verwiesen. Der Health Council of the Netherlands (Health Council of the Netherlands 2020a, 2020b) behandelte den Schlaf in einem eigenen Kapitel. Vermutlich beziehen sich die Aussagen in diesem Kapitel allerdings ausschließlich auf die Makrostruktur des Schlafes. Es wurden 23 humanexperimentelle Studien zum Thema Schlaf bewertet, zwölf davon zeigten keine Effekte. Die übrigen elf Studien zeigten Effekte. In vier Studien wurden sowohl schlafbegünstigende Effekte als auch schlafstörende Effekte beobachtet, in sieben Studien ließen sich die beobachteten Effekte nicht eindeutig im Sinne einer schlafstörenden oder schlafbegünstigenden Wirkung interpretieren. Der Health Council of the Netherlands (Health Council of the Netherlands 2020a, 2020b) kam zu dem Schluss, dass im Frequenzbereich 700 MHz bis 2 200 MHz Effekte möglich seien. Für den Frequenzbereich 2,5 GHz bis 5,0 GHz konnte keine Aussage gemacht werden.
Insgesamt wurden 18 Studien zur Mikrostruktur des Schlafes (Powerspektralwerte) im Kapitel zur elektrischen Hirnaktivität des Berichts des Health Council of the Netherlands mitberücksichtigt. Von ihnen ließ ein Drittel (sechs Studien) keinen Effekt einer HF-Exposition auf Powerspektralwerte erkennen. Für die zwölf Studien, die einen Effekt beobachtet haben, konnte nicht eindeutig bewertet werden, ob der Effekt ungünstig oder günstig ist. ANSES (ANSES 2013) fasste die bis zu diesem Zeitpunkt vorliegenden Studien dahingehend zusammen, dass es ausreichend Daten gebe, die einen Anstieg der Powerspektralwerte für den Frequenzbereich von Schlafspindeln bei Kurzzeitexposition belegen. SCENIHR (SCENIHR 2015) kam dagegen zu der Einschätzung, dass unter Berücksichtigung der Vielfalt der hochfrequenten elektromagnetischen Felder, der Variabilität in der Dauer der Exposition, der Anzahl berücksichtigter Elektroden, der unterschiedlichen statistischen Methoden sowie der
Tatsache, dass Effekte weder auf den NREM-Schlaf noch auf den Spindelfrequenzbereich beschränkt sind, eine abschließende Bewertung nicht möglich sei. Die Inkonsistenz der Ergebnisse wurde auch durch die in den Expertenberichten der SSM (SSM 2015, 2016) diskutierten Arbeiten sowie durch die im Anhang A-2.5.1 aufgelisteten neueren Arbeiten belegt. Lowden et al. (Lowden et al. 2019) fanden bei Exposition mit einem UMTS-Signal (maximale SAR: 1,6 W kg-1) für die Dauer von drei Stunden vor dem Schlaf eine Reduktion der Power im langsamen Spindelfrequenzbereich im REM-Schlaf. Danker-Hopfe et al. (Danker-Hopfe et al. 2020a) beobachteten dagegen bei einer achtstündigen WLAN-Exposition (2,45 GHz, maximale SAR: < 25 mW kg-1, Sechs-Minuten-Mittelwert: < 6,4 mW kg-1) über die gesamte Nacht eine Reduktion der globalen, an 19 Elektroden abgeleiteten EEG-Power im Alpha-Frequenzband im NREM-Schlaf. Es zeigte sich also auch hier – wie beim Ruhe-EEG – eine Inkonsistenz der Ergebnisse, woraus sich nur eine „begrenzte Evidenz“ („limited evidence“) für Effekte auf die Powerspektralwerte des Schlafes ableiten lässt. Danker-Hopfe et al. (Danker-Hopfe et al. 2020b) untersuchten mögliche Geschlechtsunterschiede in Effekten einer HF-Exposition (GSM: maximale SAR: 2 W kg-1; TETRA maximale SAR: 6 W kg-1) auf die Makrostruktur des Schlafes bei älteren Personen. Insgesamt fanden sich bei Frauen deutlich mehr signifikante Effekte als bei Männern, die sich jedoch nicht im Sinne eines schlafstörenden Einflusses deuten lassen. Eggert et al. (Eggert et al. 2020) untersuchten für die gleichen Expositionen die Bedeutung des Alters im Hinblick auf Effekte einer HF-Exposition bei Männern. Es ließen sich einige Unterschiede in den Effekten beobachten, jedoch scheinen Geschlechtsunterschiede, insbesondere im Alter, ausgeprägter zu sein als die altersbedingten Unterschiede bei Männern. Vor dem Hintergrund inkonsistenter Ergebnisse ist für die Zukunft eine nach Alter und/oder Geschlecht stratifizierte Auswertung anzuraten.
4.3.6 Autonomes Nervensystem und kardiovaskuläres System (Humanexperimentelle Studien)
In der Stellungnahme der SSK aus dem Jahr 2011 (SSK 2011) wurden Parameter, die dem autonomen Nervensystem zuzuordnen sind, nicht berücksichtigt. Dies gilt auch für andere in Tab. 3-4 gelistete Expertenberichte. AGNIR (AGNIR 2012) und das Norwegian Institute of Public Health (NIPH 2012) stellten heraus, dass es zu diesem Thema wenige Studien gebe und dass die Studien, die vorliegen, keine Hinweise auf einen negativen Einfluss von HF-EMF-Exposition auf das Herz-Kreislaufsystem lieferten. ANSES (ANSES 2013) bewertete die Evidenz für einen Einfluss auf die Herzratenvariabilität und den Blutdruck als „inadequate“. Mit zwei Ausnahmen ließen die in SCENIHR (SCENIHR 2015) sowie in den SSM Berichten (SSM 2013, 2014, 2015, 2016, 2018, 2019) diskutierten Studien keinen Effekt auf die Herzratenvariabilität und andere Parameter des autonomen Nervensystems erkennen. Der Health Council of the Netherlands (Health Council of the Netherlands 2020a, 2020b) bewertete insgesamt 24 humanexperimentelle Studien zu HF-Effekten im Frequenzbereich 700 MHz bis 2 200 MHz auf das autonome Nervensystem und das kardiovaskuläre System. Darunter waren zwei Studien an Kindern und sechs Studien an Personen, die sich als elektrosensitiv bezeichnen. In 20 Studien wurde kein Effekt von HF-Exposition beobachtet, drei Studien führten zu Ergebnissen, die auf ein erhöhtes Risiko unter Exposition schließen lassen und bei einer Studie ist der Effekt nicht zu werten. Die Autoren bewerteten die Ergebnisse dahingehend, dass eine Assoziation zwischen HF-Exposition und dem autonomen Nervensystem sowie dem kardiovaskulären System aus diesen Studien nicht abgeleitet werden könne. Für den Frequenzbereich 2,2 GHz bis 5,0 GHz ließen sich ebenfalls keine Effekte erkennen. Die drei Studien aus den Jahren 2018 bis 2020, die unterschiedliche Endpunkte untersuchten, ließen keinen HF-Effekt auf die elektrodermale Aktivität als Reaktion auf einen akustischen Stimulus erkennen. Die zwei Studien, die u. a. die Herzratenvariabilität untersuchten, zeigten inkonsistente Ergebnisse.
4.3.7 Neurodegenerative Erkrankungen
4.3.7.1 Epidemiologie
Zu neurodegenerativen Erkrankungen gibt es praktisch keine epidemiologischen Studien und entsprechend werden solche Auswirkungen kaum explizit in Expertenberichten diskutiert. Gemäß ANSES ist die epidemiologische Evidenz „inadequate“. Im niederländischen Bericht wurde ein Einfluss von HF-EMF auf neurodegenerative Erkrankungen als möglich erachtet. Diese Schlussfolgerung stützt sich aber nur auf In-vitro- und In-vivo-Studien. Neben methodischen Schwierigkeiten ist ein inhärentes Problem für die epidemiologische Forschung, dass in der Anfangsphase der Mobilfunknutzung die Entscheidung, eine solche Technologie zu nutzen, von den kognitiven Fähigkeiten abhing. Es erstaunt daher nicht, dass die größte bisherige Studie zur Thematik vor einigen Jahren sogar für Mobilfunknutzende eine negative Korrelation mit Demenz fand. Dies ist aber kein Beleg für eine protektive Wirkung, sondern mit großer Wahrscheinlichkeit auf umgekehrte Kausalität zurückzuführen. Der kognitive Zustand beeinflusst die Handynutzung, und nicht umgekehrt.
Für andere neurodegerenative Erkrankungen gibt es aus den wenigen vorliegenden Studien kaum Hinweise für Zusammenhänge.
4.3.7.2 Tier- und zellexperimentelle Studien
Die jüngsten Bewertungen von Expertengremien berücksichtigten nur sehr wenige Studien zu neurodegenerativen Erkrankungen, und alle bezogen sich auf die Alzheimer-Krankheit. Die Mehrheit der Studien fand keine Auswirkungen der Exposition. Drei In-vivo-Studien, in denen transgene Mäuse (mit fünf menschlichen Mutationen) verwendet wurden, zeigten eine vorteilhafte Wirkung auf das Gedächtnis, eine Verringerung des Beta-Amyloid-Peptids21
(Kennzeichen der Alzheimer-Krankheit), eine verringerte Neuroentzündung und einen erhöhten Hirnstoffwechsel nach einer Langzeitexposition von acht Monaten (SAR 5 W kg-1 oder 6 W kg-1).
Die wenigen neueren Studien (einschließlich In-vitro-Studien) zeigten inkonsistente Ergebnisse und tragen nicht zu weiteren Schlussfolgerungen bei.
4.4 Symptome und Wohlbefinden
4.4.1 Epidemiologie
Während akute Effekte auf das Befinden mit experimentellen, doppelblinden und randomisierten Studien22 zuverlässig untersucht werden können, braucht es epidemiologische Studien, um mögliche Langzeitauswirkungen zu untersuchen.
In den meisten epidemiologischen Studien mit methodisch guter Expositionsabschätzung wurde keine Beeinträchtigung des Wohlbefindens durch langfristige Exposition gegenüber körperfernen HF-EMF-Quellen beobachtet. So traten bei exponierten Personen unspezifische Symptome wie Kopfschmerzen und Schlafprobleme nicht häufiger auf als bei weniger exponierten Personen. In allen diesen Untersuchungen waren die Expositionsunterschiede jedoch sehr gering. Die Trennschwelle zur höchst exponierten Gruppe lag zwischen 0,07 V m-1 und 0,2 V m-1. Entsprechend sind diese Studien nicht aussagekräftig für längerfristige Expositionen gegenüber höheren Werten, zum Beispiel > 1 V m-1. Jedoch reflektieren diese Studien, dass solche Expositionen mit einem Mittelwert von > 1 V m-1 in der Umwelt sehr selten sind. Die Expertenberichte kamen relativ konsistent zum Schluss, dass bei guter Evidenzqualität akute Symptome durch EMF unterhalb der Grenzwerte ausgeschlossen werden könnten. Diese Einschätzung beruhte aber in den meisten Berichten auf der kombinierten Evidenz von experimentellen Humanstudien und epidemiologischen Studien. Im UVEK-Bericht (UVEK 2019) wurde die Evidenz explizit separat beurteilt. Für langfristige Auswirkungen wurde die Evidenz als „unzureichend“ bis „Abwesenheit eines Effekts“ eingeschätzt. In Bezug auf die Evidenzeinschätzung „unzureichend“ wurde im Bericht festgehalten, dass es keine Studien zu Langzeitexposition von mehr als 3 V m-1 bis 6 V m-1 gebe, um Aussagen über Wirkungen von Fernfeldexpositionen in diesem Expositionsbereich zu machen.
In mehreren Studien wurde eine negative Korrelation zwischen der Dauer der Mobiltelefonnutzung und dem Befinden beobachtet. Vertiefte Abklärungen deuten aber darauf hin, dass dies nicht auf die HF-EMF-Exposition zurückzuführen sei, sondern auf andere Aspekte der Mobiltelefonnutzung oder methodische Unzulänglichkeiten. Dieser Punkt wurde zum Beispiel im neuesten Expertenbericht der schwedischen Strahlenschutzbehörde (SSM 2020) oder im niederländischen Bericht (Health Council of the Netherlands 2020a, 2020b) betont.
4.4.2 Experimentelle Humanstudien
In der Stellungnahme der SSK von 2011 (SSK 2011) findet sich keine Aussage zu Symptomen und Wohlbefinden. Die nur ein Jahr später erschienenen Expertenberichte von AGNIR (AGNIR 2012) und vom Norwegian Intitute of Public Health (NIPH 2012) fassten die Ergebnisse der vorliegenden humanexperimentellen Studien dahingehend zusammen, dass zwischen Exposition und Symptomen kein Kausalzusammenhang bestehe. Dies gilt laut SCENIHR (SCENIHR 2015) bei Kurzzeitexposition für die Allgemeinbevölkerung ebenso wie für Kinder und Jugendliche und für Personen, die sich selbst als elektrohypersensitiv bezeichnen. Diese Einschätzung wird für elektrohypersensitive Personen auch von ANSES (ANSES 2018) geteilt. Das UVEK (UVEK 2019) kam zu der Schlussfolgerung, dass seit 2014 kaum mehr Provokationsstudien zu akuten Effekten von Hochfrequenzexposition auf das Befinden durchgeführt worden seien. Sie fassten zusammen, dass es schon damals Evidenz dafür gegeben habe, dass kein diesbezüglicher Zusammenhang bestehe. Obwohl Symptome und Befindlichkeit in Studien, die nach 2014 publiziert wurden, keine primären Ergebnisparameter mehr waren, wurden sie auch in neueren Studien (SSM 2018; Abschnitt A-3.2) vereinzelt mit untersucht. Der Health Council of the Netherlands (Health Council of the Netherlands 2020a, 2020b) kam basierend auf 36 Studien für den Frequenzbereich 700 MHz bis 2 200 MHz zu dem Schluss, dass HF-Exposition nicht zu kurzfristig auftretenden Symptomen führe. In der einzigen der 36 Studien, in der ein Effekt beobachtet wurde, wirkte sich die Exposition in Richtung einer erhöhten Ruhe/Gelassenheit aus. Für die höheren Frequenzbereiche liegen keine Daten aus humanexperimentellen Studien vor. In einer neueren Studie zur UMTS-Exposition (SAR: 1,6 W kg-1) konnten ebenfalls keine Akuteffekte auf Symptome und Schläfrigkeit beobachtet werden. In drei der im Abschnitt A-3.2 beschriebenen vier neueren Studien wurden Auswirkungen von HF-Exposition auf die subjektive Schlafqualität untersucht. Während WLAN-Exposition keinen Einfluss hatte, ließen die bei Exposition mit TETRA (SAR: 6 W kg-1) bzw. GSM (SAR: 2 W kg-1) beobachteten Effekte eher auf einen besseren Schlaf unter Exposition schließen.
4.5 Immunsystem und Hämatologie (tier- und zellexperimentelle Studien)
ANSES (ANSES 2019) berücksichtigte vier In-vitro- und In-vivo-Studien an Jungtieren (Ratten oder Mäuse) bezüglich des Immunsystems und fand keine Wirkung durch die Felder. Des Weiteren wurden keine Studien zu diesem Thema bei erwachsenen Tieren gefunden.
Für den Untersuchungszeitraum nach 2019 wurden in Bezug auf das Immunsystem fünf weitere In-vivo- und fünf In-vitro-Studien identifiziert, wobei die Untersuchungen bezüglich der Endpunkte sowie der verwendeten lebenden Systeme sehr heterogen sind. Insbesondere ist die Qualität der Expositions- und experimentellen Bedingungen in einigen Studien sehr fraglich. Daher kann eine Bewertung nicht erfolgen.
4.6 Fertilität und Fortpflanzung
4.6.1 Epidemiologie
Erst kürzlich wurde erstmals eine prospektive Kohortenstudie publiziert (Hatch et al. 2021), welche grundlegende Qualitätsanforderungen erfüllte und bei rund 3 000 Männern keinen Einfluss von einem Mobiltelefon in der vorderen Hosentasche auf die Spermienqualität und die Zeitdauer bis zu einem erfolgreichen Eintritt der Schwangerschaft bei der Partnerin beobachtete. Die Qualität der zuvor publizierten epidemiologischen Studien war durchweg ungenügend, was auch in den Expertenberichten thematisiert wird. Im UVEK-Bericht (UVEK 2019) wurde die Evidenz für einen Effekt auf die Spermienqualität als „unzureichend“ eingeschätzt. ANSES (ANSES 2013) kam zum Schluss, dass die Evidenz „begrenzt“ („limited“) sei. Eine Schwäche der damals vorliegenden Studien war, dass nicht die Exposition der Hoden abgeschätzt wurde, sondern die Analysen stützen sich praktisch ausschließlich auf selbstberichtete Mobiltelefonnutzung. Zudem haben die wenigsten Studien andere Lebensstilfaktoren in die Analyse miteingeschlossen, welche einen Einfluss auf die Spermienqualität haben könnten und mit Handynutzung korrelieren. Weiter sind viele dieser Studie nicht populationsbasiert, sondern mit Freiwilligen von Fertilitätskliniken durchgeführt worden.
In Bezug auf die weibliche Fortpflanzung gibt es keine epidemiologischen Studien von genügender Qualität. Die wenigen Studien zu Embryonalentwicklung und anderen Krankheitsbildern im Zusammenhang mit der Geburt geben schwache Hinweise für einen Zusammenhang zwischen Mobilfunknutzung und fötalem Wachstum, aber nicht zu anderen gesundheitlichen Folgen. In diesen Studien wurde jedoch keine Expositionsabschätzung für den Fötus durchgeführt, und es bleibt unklar, ob andere Lebensstilfaktoren, wie Stress, welche mit der Mobiltelefonnutzung korrelieren, die Ursache für die beobachteten Zusammenhänge sind. In den Expertenberichten wird das Thema nicht aufgegriffen oder angegeben, dass die Datenlage „inadequate“ für eine Evidenzbewertung sei, obwohl der niederländische Bericht einen Zusammenhang als möglich erachtet – basierend auf einer epidemiologischen Studie, welche Hinweise für ein erhöhtes Risiko für Frühgeburten fand, jedoch keinen Einfluss auf das fötale Wachstum sowie Geburtsgewicht.
4.6.2 Tier- und zellexperimentelle Studien
SCENIHR (SCENIHR 2015) kam zu dem Schluss, dass es insgesamt starke Hinweise auf das Fehlen von Auswirkungen („strong evidence for the absence of an effect“) von HF-Feldern auf die weibliche oder männliche Fertilität sowie auf die Embryonalentwicklung gebe, die sowohl auf menschlichen als auch auf tierischen Daten beruhten. Das UVEK (UVEK 2019) kam mehr oder weniger zu dem gleichen Ergebnis, wies jedoch darauf hin, dass einige Tierstudien selbst bei niedrigen SAR-Werten negative Auswirkungen auf die Spermienqualität festgestellt hätten. Der Health Council of the Netherlands (Health Council of the Netherlands 2020a, 2020b) bewertete In-vivo-Studien so, dass im Frequenzbereich 700 MHz bis 2 200 MHz keine Aussage über die männliche Fertilität möglich sei, während Studien im Frequenzbereich 2,5 GHz bis 5,0 GHz mögliche Auswirkungen auf diesen Endpunkt zeigten. Dieses Komitee stellte fest, dass Auswirkungen auf die Schwangerschaftsergebnisse und die Embryonalentwicklung für beide Frequenzbereiche möglich seien.
Mehrere neuere In-vivo-Studien wurden auch veröffentlicht. Einige von ihnen zeigten negative Auswirkungen auf verschiedene Endpunkte, selbst bei SAR-Werten unterhalb der üblichen Grenzwertempfehlungen (Details siehe Anhang A-5.2.3). Die Ergebnisse sind inkonsistent und zeigen keine Abhängigkeit von der Expositionsintensität (SAR-Werte) oder der Expositionsdauer.
Kürzlich wurden Studien zu Auswirkungen niedriger (0,15 W kg-1) und höherer (bis zu 4 W kg-1) SAR-Werte auf Spermatozyten und Leydig-Zellen23in vitro von Ratten auf den Testosteronspiegel sowie auf oxidativen Stress und Gentoxizität veröffentlicht. Die Studien sind nach Ansicht der SSK sehr unterschiedlich und aus gesundheitlicher Sicht schwer zu bewerten (Details siehe Anhang A-5.2.3).
4.7 Andere Organsysteme
4.7.1 Experimentelle Humanstudien
In der Stellungnahme der SSK aus dem Jahr 2011 (SSK 2011) wurden keine humanexperimentellen Studien zu Effekten hochfrequenter elektromagnetischer Felder auf andere Organsysteme bewertet. Das Norwegian Institute of Public Health (NIPH 2012) fasste bis dahin vorliegende Studien zum Einfluss auf die Melatoninsekretion zusammen und kam zu dem Schluss, dass es keine Hinweise auf negative Effekte durch HF-EMF gebe. In den SSM-Berichten aus den Jahren 2015, 2016 sowie aus den Jahren 2018 und 2019 (SSM 2015, 2016, 2018, 2019) wurden einzelne Studien zu den Ergebnisparametern Hautdurchblutung nach einem thermischen Reiz, Kortisol im Speichel, verschiedene Proteine, elektrodermale Aktivität sowie zum Schwellenwert für Schmerzwahrnehmung beschrieben, die vorwiegend keine Effekte gefunden haben. Die zwei neueren im Anhang beschriebenen Studien (siehe Abschnitt A-6) ließen ebenfalls keinen Effekt von HF-Exposition auf den Schwellenwert für einen thermischen Reiz bei gesunden Erwachsenen sowie auf die Konzentration verschiedener im Speichel gemessener Biomarker (Alpha-Amylase, Immunglobulin A und Kortisol) bei elektrohypersensiblen Personen erkennen.
4.7.2 Tierexperimentelle Studien
SCENIHR (SCENIHR 2015) bewertete eine große Anzahl von In-vitro-Studien, wobei die meisten Studien zu nicht gentoxischen Endpunkten keine Effekte im Bereich zulässiger Grenzwerte feststellten, obwohl in einigen Studien DNA-Strangbrüche und Spindelstörungen beobachtet wurden.
In den zehn identifizierten Studien wurden verschiedene Organsysteme nach Exposition durch HF-EMF und SAR-Werte unterhalb der Grenzwerte, hauptsächlich an Ratten, untersucht. Untersucht wurden die Funktionen der Nieren, der Nebennierenaktivität, der Bauchspeicheldrüse, der Leber und des Herzens sowie spezifische Blutparameter und Spermien. In einer Studie wurden die Mikrostruktur und der Knochenstoffwechsel des Oberschenkelknochens von Mäusen analysiert. Einzelne Veröffentlichungen umfassten molekulare Analysen von induziertem oxidativem Stress, relevante Marker für Apoptose oder solche, die mit stressspezifischen Signalkaskaden assoziiert sind (Hitzeschockproteine, HIF-1α, NF-κβ). Zwei Veröffentlichungen können hier nicht berücksichtigt werden, da die Expositionsbedingungen nicht nachvollziehbar sind. In den verbleibenden Studien reichten die Ergebnisse von „ohne Effekte“ bis zu „akute Nierenschäden“, über „adaptive Reaktionen“ auf die HF-EMF-Exposition sowie die „Aktivierung der thermoregulatorischen Signalkaskaden“. Zusammenfassend ergeben diese Studien sowie die Studien der früheren Bewertungen kein einheitliches Bild oder eine Tendenz bezüglich HF-EMF-induzierter Effekte in einzelnen spezifischen Organsystemen in vivo.
4.8 Gentoxikologie
4.8.1 Tierexperimentelle Studien
Die meisten Gremien (FDA 2020, SCENIHR 2015, SSM 2015, 2016, 2018) bewerteten den Kenntnisstand bezüglich der Effekte der gentoxischen In-vivo-Studien nach HF-EMF-Exposition mit „nicht schlüssig“, da die Datenlage aufgrund der unterschiedlichen Studienqualitäten und der Versuchsanordnungen sehr heterogen sei. ANSES (ANSES 2019) beschrieb, dass die analysierten In-vivo-Daten keinen Hinweis auf Gentoxizität lieferten.
Das National Toxicology Program (NTP 2018a, 2018b) testete zwei gängige HF-EMF-Expositionen in einem zweijährigen Bioassay auf die Krebsentstehung in Nagetieren, welches auch die Endpunkte der Gentoxizität umfasste (Smith-Roe et al. 2020). Mit der Verwendung des alkalischen Comet-Assays wurden mögliche DNA-Schädigungen in Zellen aus drei Gehirnregionen, Leberzellen und peripheren Blutleukozyten bewertet, während mit Hilfe des Mikronukleus-Assays Chromosomenschädigung in unreifen und reifen peripheren Bluterythrozyten beurteilt wurden. Die Ergebnisse des Comet-Assays zeigten einen signifikanten Anstieg der DNA-Schädigung im Frontalcortex männlicher Mäuse (GSM- und CDMA-Modulation), in Leukozyten weiblicher Mäuse (nur CDMA) und im Hippocampus männlicher Ratten (nur CDMA). Bei Ratten oder Mäusen wurden keine signifikanten Erhöhungen der Mikronuklei in roten Blutkörperchen beobachtet. Die beschriebenen Effekte wurden bei sehr hohen Expositionen identifiziert (Ganzkörperexposition: 6 W kg-1 bei Ratten und 10 W kg-1 bei Mäusen). Diese Werte übersteigen die für die Allgemeinbevölkerung maximal zulässige HF-Ganzkörperexposition um ein Vielfaches.
In einer Studie wurden gentoxische Effekte in Haarfollikelzellen des menschlichen Gehörgangs an Personen untersucht, die sich mit Hilfe einer Selbsterklärung als keine Mobiltelefonnutzer, Nutzung für 0 Minuten bis 30 Minuten pro Tag, Nutzung für 30 Minuten bis 60 Minuten pro Tag und Nutzung länger als 60 Minuten pro Tag identifizierten. Die Autoren untersuchten die DNA-Schädigung in den HF-EMF-Expositionsgruppen, wobei die DNA-Schädigung mit der täglichen Expositionsdauer zunahm.
Es wurden DNA-Schäden in Mausspermatozoen festgestellt (905 MHz, 2,2 W kg-1), wobei es keine Hinweise auf histologische Veränderungen gab und kein erhöhter oxidativer Stress in den Zellen nachgewiesen wurde. Im Gegensatz dazu beeinträchtigte die HF-EMF-Exposition die Vitalitäts- und Motilitätsprofile reifer epididymaler Spermien (Epididymis: Nebenhoden, vgl. https://www.emf-portal.org/de/glossary/1842), während weder die Befruchtungskompetenz der Spermien noch ihre Fähigkeit, die frühe Embryonalentwicklung zu unterstützen, beeinträchtigt waren.
Drei weitere In-vivo-Studien wurden nach HF-EMF-Exposition identifiziert und in allen wurden gentoxische Wirkungen aufgezeigt. In einem Fall wurden die Effekte nur bei sehr hohen SAR-Werten identifiziert. Eine andere Studie basiert auf der Selbstdeklaration von Handynutzern, und in einer wurden Mausspermatozoen untersucht, wobei die Auswirkungen offenbar weder die Befruchtungskompetenz der Spermien noch ihre Fähigkeit zur Unterstützung der frühen Embryonalentwicklung beeinträchtigten.
Es wurden bereits zahlreiche Studien zur Gentoxizität von HF-EMF durchgeführt. Die Datenlage ist aufgrund der unterschiedlichen Qualität der Studien sowie der verwendeten Expositionsparameter (z. B. Expositionen mit sehr hohen SAR) sehr heterogen. Unter Berücksichtigung der Ergebnisse der Studien, die die Qualitätskriterien erfüllen, kann festgestellt werden, dass die Induktion von DNA-Schäden durch HF-EMF-Exposition unterhalb der Grenzwertempfehlungen ausgeschlossen werden kann.
4.8.2 Zellexperimentelle Studien
Die meisten Gremien (SCENIHR, SSM) bewerteten den Kenntnisstand bezüglich der Effekte der gentoxischen Studien nach HF-EMF-Exposition mit „begrenzter Evidenz“ („limited evidence“), obwohl direkte DNS-schädigende Effekte nach wie vor kontrovers diskutiert werden. Die Datenlage sei aufgrund der unterschiedlichen Qualitäten und der Versuchsanordnungen der Studien sehr heterogen.
Um die möglichen Mechanismen einer DNA-Schädigung durch HF-EMF zu erkennen, wurden in einer Studie Spermatozoen von Mäusen durch ein HF-EMF mit einer SAR von 4 W kg-1 exponiert und die induzierte ROS-Produktion, DNA-Schäden sowie die Autophagie bestimmt (vgl. Anhang A-7.2). Autophagie oder Autophagozytose ist ein Prozess, bei dem Zellen eigene Bestandteile (geschädigte Proteine bis zu ganzen Zellorganellen) abbauen und verwerten. Die Ergebnisse zeigten, dass HF-EMF über erhöhte ROS-Produktion DNA-Schäden und Autophagie in den Zellen induziert, wobei die Hemmung der Autophagie zur Erhöhung der DNA-Schädigung führt. Hervorzuheben ist, dass alle beschriebenen Effekte sehr schwach ausgeprägt waren. Eine weitere Untersuchung verwendete ebenfalls einen SAR-Wert von 4 W kg-1 für die Exposition von primär kultivierten neurogenen Zellen (vgl. Anhang A-7.2). Hier wurden keine DNA-Schädigungen und auch keine Änderungen bestimmter Zytokine detektiert. Allerdings fanden die Autoren eine statistisch signifikant verringerte Phagozytoseaktivität von Mikroglia, und bei primären kortikalen Neuronen hemmte die Exposition die Axon-Astlänge24 und die Astzahl ebenfalls statistisch signifikant. Morphologische Indikatoren von Dendriten25 oder Synapsen wurden nicht gesehen.
In vier weiteren Publikationen mit unterschiedlichen Zellen und Zelllinien wurden keine gentoxischen Wirkungen beschrieben. Eine dieser Veröffentlichungen wird für die vorliegende Stellungnahme aufgrund der unklaren Expositionsbedingungen nicht berücksichtigt (Details siehe Anhang A-7.2).
4.9 Oxidativer Stress
Die meisten Gremien (SCENIHR, SSM) bewerteten den Kenntnisstand bezüglich der Effekte zur Induktion von reaktiven Sauerstoffspezies (ROS, oxidativer Stress) nach HF-EMF-Exposition mit „schwache Evidenz“, da in einzelnen Studien die Bildung von ROS festgestellt wurde, was zu Zell- oder DNA-Schädigung führen könnte.
4.9.1 Tierexperimentelle Studien
Drei von sieben Studien zur Induktion von oxidativem Stress (Details siehe Anhang A-8.1) verwendeten Expositionseinrichtungen ohne nachvollziehbare Beschreibung der Expositionsbedingungen. Entweder fehlten die Angaben oder die Verwendung der Einrichtungen ermöglicht keine klare Dosimetrie. Deshalb können diese Arbeiten in die vorliegende Stellungnahme nicht einbezogen werden. Zwei weitere Studien gaben die Expositionsdauer oder die Anzahl der Experimente nicht an. Ebenso fehlte die Angabe, ob die Untersuchung verblindet war oder nicht. Eine fand keine, die andere eine Erhöhung von Stressmarkern in Ratten nach der Exposition. In zwei weiteren Studien an Ratten wurde die Erhöhung an Markern für den oxidativen Stress beschrieben, jedoch ohne Konsequenzen für den eigentlich untersuchten Endpunkt (Stadien der Spermatozyten, Insulin und Blutzuckerwerte).
4.9.2 Zellexperimentelle Studien
Drei Veröffentlichungen zur Induktion von oxidativem Stress in vitro wurden identifiziert, wobei eine der Studien ein Mobiltelefon zur Exposition verwendete, sodass diese Studie aufgrund nicht nachvollziehbarer Expositionsbedingungen hier nicht berücksichtigt wird. In einer Studie wurde eine Verringerung und in der anderen eine Zunahme der Marker für oxidativen Stress festgestellt, wobei die erste keine Informationen über die Expositionsdauer oder die Anzahl der durchgeführten Experimente lieferte.
4.10 Mechanistische Untersuchungen
Bezüglich der Zellproliferation (Zellvermehrung) haben die meisten Gremien (SCENIHR, SSM) die Ergebnisse mit „unzureichender“ („inadequate“) oder „schwacher“ („weak“) Evidenz bewertet, da die Datenlage nicht eindeutig sei. Ähnlich verhält es sich mit der Apoptose (programmierter Zelltod), allerdings bewerteten die Gremien dies mit „begrenzter Evidenz“ („limited evidence“) für das Vorhandensein eines durch HF-EMF-induzierten Effektes in vitro, da in mehreren Studien an verschiedenen Säugetierzellen und menschlichen Zelllinien eine erhöhte Apoptose-Rate beobachtet worden sei.
Zur Gen- und Proteinexpression liegen nur wenige bis keine Bewertungen der Gremien nach HF-EMF vor, da die Datenlage besonders heterogen ist. Da sich viele Arbeiten auf das Beschreiben von Unterschieden zwischen exponierten und nicht-exponierten Zellen beschränken ohne eine nachfolgende funktionelle Validierung, bleibt die Bedeutung der beobachteten Veränderungen unklar.
In den letzten Jahren beschäftigten sich einige Gruppen besonders mit zwei Endpunkten in in-vitro-Untersuchungen, die zuvor wenig Beachtung fanden: der „adaptiven Response“ und sogenannten „nicht zielgerichteten Effekten“ (Non-Targeted Effects, NTEs). Die wenigen Studien zeigten aufgrund statistischer Auswertungen, dass beide Endpunkte durch HF-EMF-Exposition verändert wurden. Weder die biologische und gesundheitliche Relevanz noch die möglichen Wirkmechanismen sind jedoch klar. Andere Studien untersuchten die Endpunkte Apoptose, Zellzyklus und Zellvitalität mit sehr heterogenen Ergebnissen. Bisher konnte für keinen dieser Endpunkte ein reproduzierbarer Effekt nachgewiesen werden (Details siehe Anhang A-9).
Die molekularen Untersuchungen konnten ebenfalls kein einheitliches Bild über Effekte und/oder Mechanismen liefern.
5 Bewertung der Studienlage
5.1 Methodische Aspekte bei der Bewertung von Studien zur Mobilfunktechnologie in den verschiedenen Forschungsbereichen
5.1.1 Epidemiologie
Die Durchführung und Interpretation epidemiologischer Forschung zu elektromagnetischen Feldern ist aus mehreren Gründen eine Herausforderung und beinhaltet Unsicherheiten, die je nach untersuchtem Gesundheitseffekt oder untersuchter Expositionsquelle unterschiedlich sind. Die wichtigsten Fehlerquellen liegen in der Expositionsabschätzung, der Kontrolle von Störgrößen (Confoundern) und möglicher umgekehrter Kausalität, welche im Folgenden kurz erläutert sind.
Studien zu Langzeiteffekten fokussierten hauptsächlich auf die Mobiltelefonnutzung und Tumoren im Kopfbereich. Da diese Tumoren selten sind, wurden bisher hauptsächlich Fall-Kontrollstudien durchgeführt. Dabei müssen die Studienteilnehmenden rückblickend angeben, wie häufig sie telefoniert haben. Dies ist mit großer Unsicherheit verbunden und es gibt Hinweise, dass Tumorpatient*innen ihren Gebrauch rückblickend höher einschätzen als gesunde Personen. Dadurch wird ein potenzielles Risiko überschätzt (falsch-positiver Befund). Auf der anderen Seite können zufällige Fehler in der Expositionsabschätzung zu erheblicher Missklassifikation der Exposition führen, was eine Unterschätzung eines eventuellen Risikos nach sich zieht (falsch negativer Befund). Zudem weisen Mobiltelefone eine effiziente Leistungsregelung auf, so dass die Dauer der Mobilfunknutzung ein ungenaues Surrogat für die Strahlendosis des Kopfes ist. Zufällige Expositionsmissklassifikation ist insbesondere bei Kohortenstudien von Bedeutung, wenn die Exposition nur zu einem Zeitpunkt erfasst wird.
Bei allen Studien zur Nutzung von Mobiltelefonen ist zudem zu berücksichtigen, dass der Gesundheitszustand die Nutzung beeinflussen kann. So gibt es zum Beispiel Hinweise, dass höhere Mobilfunknutzung nach Diagnose eines Tumors mit höherer Überlebenswahrscheinlichkeit korreliert. Dies ist mit allergrößter Wahrscheinlichkeit nicht kausal auf EMF zurückzuführen, sondern darauf, dass Personen mit wenigen Beschwerden eine bessere Überlebenswahrscheinlichkeit haben und häufiger ein Mobiltelefon nutzen. Sinngemäß ist diese Art von Bias daher bei vielen Gesundheitsauswirkungen zu erwarten (Verhaltensprobleme, Schlafprobleme etc.). Alternativ können einige gemeinsame latente Variablen (Confounder) sowohl die Lebensqualität als auch die Nutzung des Mobiltelefons oder anderer lebensstilbezogenerHF-EMF-Quellen (schnurlose Telefone, WLAN) beeinflussen. Daher sind Querschnittsstudien für diese Art von Gesundheitsauswirkungen wenig aussagekräftig. Längsschnittstudien sind im Allgemeinen weniger anfällig für Confounding.
In Bezug auf Fernfeldquellen wie Mobilfunkbasisstationen ist die Expositionsabschätzung eine besondere Herausforderung. Selbstberichtete Entfernung zur nächsten Basisstation korreliert nicht mit der HF-Exposition und solche Studien sind somit nicht aussagekräftig (oder höchstens für das Auftreten von Nocebo-Effekten26). Zudem ist der Anteil von Fernfeldquellen an der Gesamtexposition im Durchschnitt klein, so dass jede Expositionsabschätzung mit großer Unsicherheit behaftet ist und Expositionsmissklassifikationen unvermeidlich sind. Dies gilt insbesondere bei der Abschätzung von Langzeitexpositionen, wie es für chronische Erkrankungen nötig ist. Da die Sendeleistung von Mobiltelefonen mit abnehmender Signalqualität zunimmt, ist zudem zu erwarten, dass die gesamte HF-EMF-Exposition von Mobilfunknutzenden mit schlechtem Empfangssignal (d. h. niedriger Exposition durch Basisstationen) insgesamt höher sein könnte als bei Personen, welche unmittelbar neben einer Basisstation wohnen und deshalb häufiger mit guter Signalqualität telefonieren. Es gibt aber dazu noch keine systematischen Daten, um diesen Effekt in Abhängigkeit der Mobiltelefonnutzung zu quantifizieren. Im Einzelfall gibt es natürlich noch eine Vielzahl von weiteren methodischen Aspekten, welche zu falsch positiven oder falsch negativen Resultaten, bzw. Unter- und Überschätzung des Risikos führen können. Aus diesem Grund ist es wichtig, dass epidemiologische Studien mit unterschiedlichen Ansätzen durchgeführt werden, damit sich trotz der jeweiligen Vor- und Nachteile ein Gesamtbild ableiten lässt.
5.1.2 Experimentelle Humanstudien
Eine Schwierigkeit bei der Bewertung von humanexperimentellen Studien zum Einfluss auf die kognitive Leistungsfähigkeit ist z. B., dass die Zahl der betrachteten Bereiche kognitiver Funktionsfähigkeit beträchtlich variiert, ebenso die Anzahl verwendeter Tests zur Untersuchung einzelner kognitiver Funktionen und damit verbunden die Anzahl der betrachteten Ergebnisparameter. Regel und Achermann haben bereits im Jahr 2011 auf mögliche Ursachen für die inkonsistenten Ergebnisse zu Einflüssen auf die kognitive Leistungsfähigkeit hingewiesen und die Notwendigkeit standardisierter Protokolle im Bereich der Forschung zu Effekten hochfrequenter elektromagnetischer Felder betont (Regel und Achermann 2011). Auch im Bereich evozierter Potenziale (visuell, akustisch, somato-sensorisch) gibt es eine Vielzahl von Ergebnisparametern (Latenzen und Amplituden verschiedener Komponenten des jeweiligen Potenzials), die neben methodischen Aspekten zu einer Heterogenität der Ergebnisse beiträgt. Probleme bei der Bewertung quantitativer Analysen des Schlaf-EEGs ergeben sich aus methodischen Aspekten wie Exposition vor vs. während der Nacht; Exposition einer ganzen Hemisphäre vs. lokale – einer Handynutzung ähnelnden – Exposition; der Betrachtung verschiedener Schlafstadien (NREM-Schlaf, REM-Schlaf, Stadium N2-Schlaf); der Betrachtung verschiedener Zeitabschnitte (ganze Nacht, erster Schlafzyklus, die ersten 30 Minuten, 60 Minuten, 120 Minuten NREM-Schlaf etc.), die Anzahl berücksichtigter Elektroden sowie die Betrachtung von Frequenzbändern vs. Betrachtung von einzelnen Frequenzbins (kleinste Einheiten auf der Frequenzachse im EEG-Spektrum, zu denen Powerwerte angegeben werden). All dies kann erheblich zur Inkonsistenz von Ergebnissen beitragen. Einige dieser Parameter (z. B. betrachtete Zeitabschnitte in der Nacht) können allerdings auch genutzt werden, um Ergebnisse konsistenter erscheinen zu lassen. Ähnliches gilt für Effekte auf das Wach-EEG in Ruhe. Wallace und Selmaoui (Wallace und Selmaoui 2019) sowie Danker-Hopfe et al. (Danker-Hopfe et al. 2019) haben unabhängig voneinander mögliche Quellen von Inkonsistenzen in den Ergebnissen aufgezeigt. Danker-Hopfe et al. (Danker-Hopfe et al. 2019) empfehlen für künftige Studien in diesen Forschungsbereich nachdrücklich die Verwendung vergleichbarer und standardisierter Protokolle.
Da alle EEG-basierten Ergebnisparameter mehr oder weniger ausgeprägte alters- und/oder geschlechtsspezifische Variationen aufweisen, sollten in Studien, in denen Männer und Frauen bzw. ältere und jüngere Personen untersucht werden, stratifizierte bzw. nach Alter und/oder Geschlecht standardisierte Auswertungen vorgenommen werden, da andernfalls möglicherweise existierende Effekte aufgrund einer deutlich größeren Variabilität in den Daten nicht gefunden werden können.
5.1.3 Tier- und zellexperimentelle Studien
Seit Jahrzehnten werden experimentelle Studien zu möglichen biologischen und gesundheitlichen Auswirkungen durch die Mobilfunktechnologie durchgeführt, und es gibt immer noch Kontroversen, insbesondere weil keine konsistenten Ergebnisse über mögliche nachteilige Auswirkungen unterhalb der Grenzwerte existieren. Darüber hinaus gibt es keine überzeugende Erklärung eines Wirkmechanismus für einen biologischen Effekt.
Viele In-vivo- und In-vitro-Studien zeigen inkonsistente Ergebnisse aufgrund der großen Anzahl der biologischen und physikalischen Variablen (verwendete Tiermodelle, Zelltypen, Frequenzen, SAR-Werte, Expositionsdauer und die beobachteten biologischen Endpunkte). Dadurch existiert eine große Anzahl von Untersuchungen, die nicht miteinander verglichen werden können. Somit fehlt die „kritische Masse“ an Studien zu einzelnen Endpunkten. Hinzu kommen die fehlende Reproduzierbarkeit oder das Fehlen von Reproduktionsstudien. Ein weiterer Aspekt ist die bei vielen Studien mangelnde Qualität der Expositionsbedingungen sowie fehlende Kontrollen (positiv, negativ, sham), die zur Bewertung und Diskussion der Ergebnisse notwendig sind. Ohne positive Kontrollen können Effekte nicht evaluiert werden, da die Vergleichbarkeit fehlt. Die Ergebnisse können dann nicht im richtigen Kontext analysiert und verstanden werden. Daten solcher Publikationen können für die Risikobewertung nicht verwendet werden. Deshalb ist es erforderlich, Experimente unter streng kontrollierten Expositionsbedingungen mit relevanten Kontrollen durchzuführen.
Ein weiteres Problem im Zusammenhang mit dem Studiendesign liegt darin, dass mehrere Vergleiche durchgeführt werden („multiple comparisons“). In solchen Fällen besteht die statistische Wahrscheinlichkeit, dass eine falsche Schlussfolgerung gezogen wird.
Wie bereits für die Human-Studien erwähnt, sollten geeignete Standardarbeitsverfahren („Standard Operating Procedures“, SOPs) für die EMF-Forschung (zumindest zur Untersuchung nichtthermischer HF-EMF-Effekte) oder eine strenge Definition einer einheitlichen „Best Practice“ verwendet werden.
5.1.4 Interpretation der statistischen Kenngrößen
Der p-Wert (P) wird in Studien meist als Maß für das Vorliegen einer relevanten Wirkung auf den untersuchten Endpunkt verwendet. Der p-Wert sagt aber nichts über die Stärke und die biologische oder gesundheitliche Relevanz eines Effekts aus. Mit zunehmender Größe der untersuchten Stichprobe können auch sehr kleine beobachtete Unterschiede als statistisch bedeutsam herausgearbeitet werden, obwohl sie nicht gesundheitlich relevant sind. Andererseits können in kleinen Stichproben bedeutsame Effekte nicht nachgewiesen werden, weil die sogenannte „Power“ der Studie zu gering ist.
Vereinfacht ausgedrückt ist der p-Wert ein Maß dafür, wie wahrscheinlich ein bestimmtes Resultat zufällig zustande gekommen sein kann. Das bedeutet, dass beim typischen Signifikanzniveau von 5 % zu erwarten ist, dass von 20 Analysen rein zufällig ein statistisch signifikantes Resultat zu erwarten ist. In vielen Studien wird eine Vielzahl von statistischen Tests zu verschiedenen Endpunkten, Expositionsvariablen oder Subgruppen durchgeführt und daher sind Zufallsbefunde häufig zu erwarten. Zudem sind auch kleine Stichproben anfällig für Zufallsbefunde, da häufig grundlegende Annahmen zur Datenverteilung nicht zutreffen. Korrektur für multiples Testen erlaubt auf der Ebene einer einzelnen Studie, das Risiko für einen falsch-positiven Zufallsbefund zu senken (Fehler 1. Art). Natürlich steigt damit das Risiko an, dass man eine tatsächliche Assoziation übersieht (Fehler 2. Art). Von daher ist die korrekte Fallzahlplanung vor Durchführung einer Studie essentiell. Um die Relevanz von Unterschieden in Ergebnissen, die mit und ohne Exposition beobachtet wurden, besser einschätzen zu können, sollte neben der statistischen Signifikanz stets auch ein Maß zur Effektgröße angegeben werden.
Für die Evidenzbeurteilung ist es wichtig, dass man sich nicht auf Einzelbefunde abstützt, sondern alle qualitativ genügenden Studienresultate zu einem Endpunkt berücksichtigt. Mittels Meta-Analyse lässt sich die Stärke des Zusammenhanges inklusive statistischer Unschärfe (Vertrauensintervall) berechnen. Dies erlaubt dann eine Interpretation der Auswirkungen im Hinblick auf die biologische und gesundheitliche Relevanz.
5.1.5 Unterschied zwischen Gefährdung und Risiko
Grundsätzlich ist festzuhalten, dass ein Gesundheitsrisiko nur dann besteht, wenn ein gefährlicher Stoff oder eine gefährliche physikalische Einwirkung vorliegt und diese auch in einer hinreichend hohen Dosis vorhanden ist. Daher müssen im Rahmen einer derartigen Bewertung zwei Analysen durchgeführt werden, nämlich die Beurteilung des Gefährdungspotenzials des Stoffes bzw. der physikalischen Einwirkung und danach die Bewertung des Risikos. Häufig werden diese zwei Bewertungen nicht unterschieden, sondern gleichgesetzt, was zu Fehlinterpretationen führt.
Zunächst wird meist beurteilt, ob die Einwirkung grundsätzlich eine Gefährdung darstellen könnte, ohne die Wahrscheinlichkeit für ein Auftreten dieser Gefährdung bzw. die Stärke der Exposition näher zu betrachten. Wenn sich hierbei ergibt, dass die Einwirkung grundsätzlich nicht in der Lage ist, negative gesundheitliche Gefährdungen zu generieren, können weitergehende Betrachtungen unterbleiben.
Beispielsweise ist das Ziel des IARC-Monographieprogramms, mögliche Krebsgefahren zu identifizieren, nicht jedoch das konkrete Risiko bei einer bestimmten Höhe der Exposition zu quantifizieren (https://monographs.iarc.who.int/). Die IARC-Klassifizierungen stellen also nur fest, ob die Einwirkung eines Stoffs oder einer physikalischen Größe prinzipiell in der Lage sein kann, Krebs zu verursachen. In ähnlicher Weise ist eine der Hauptaufgaben des US-amerikanischen „National Toxicology Program“ (NTP), krebserregende Gefahrstoffe bzw. physikalische Einwirkungen für den Menschen zu identifizieren. Eine Einwirkung wird hierbei als krebserregend angesehen, wenn sie grundsätzlich in der Lage sein kann, Krebs zu verursachen, also auch dann, wenn dies nur bei sehr hohen Dosen der Fall ist. Eine Aussage bezüglich des individuellen Risikos einer Krebserkrankung kann aus derartigen Klassifizierungen nicht abgeleitet werden. IARC und NTP identifizieren und charakterisieren das krebserregende Potenzial von Einwirkungen durch einen Stoff oder eine physikalische Größe, quantifizieren aber nicht das Risiko für das Auftreten einer Erkrankung.
Ein Gesundheitsrisiko kann erst dann genauer beziffert werden, wenn zusätzlich bekannt ist, bei welchen Werten einer Dosis bzw. Exposition mit negativen Auswirkungen gerechnet werden muss und in welcher Größenordnung sich im Vergleich dazu die individuelle Dosis bzw. Exposition von Personen bewegt. Werden beispielsweise Personen in der Realität nur Einwirkungen ausgesetzt, deren Dosis sich in einer Größenordnung bewegt, bei der trotz intensiver Forschung die betrachtete negative gesundheitliche Auswirkung nicht festgestellt wurde, kann das Risiko einer individuellen Gefährdung als sehr niedrig oder sogar vernachlässigbar eingestuft werden, auch wenn bei höheren Dosen die negativen Auswirkungen durchaus bekannt sind.
5.2 Zusammenfassende Bewertung der SSK
In Fortschreibung der SSK-Stellungnahme von 2011 (SSK 2011) fasst die SSK die vorliegende Evidenz für biologische und gesundheitliche Wirkungen hochfrequenter, elektromagnetischer Felder wie folgt zusammen (Tab. 5-5):
- Tab. 5-5:
-
Zusammenfassende Bewertung für alle evaluierten Endpunkte nach dem EFHRAN-Schema
Für Krebs besteht gegenwärtig „unzureichende epidemiologische Evidenz“ für einen Zusammenhang mit der Mobiltelefonnutzung oder HF-EMF-Expositionen durch Sendeanlagen. Die große Mehrzahl der epidemiologischen Studien findet keinen Zusammenhang zwischen diesen HF-EMF-Expositionen und verschiedenen Arten von Tumoren im Kopfbereich oder dem Auftreten von Leukämien. Vereinzelt
beobachtete Assoziationen sind nicht kompatibel mit der Tatsache, dass Erkrankungsraten in den letzten Jahren nicht angestiegen sind, wie das zu erwarten wäre, wenn Mobiltelefonnutzung ein Tumorrisiko wäre. Mit den vorhandenen Daten lassen sich jedoch kleine Risiken, insbesondere bei langjähriger und intensiver Mobiltelefonnutzung oder in Bezug auf seltene Tumoren, nicht komplett ausschließen. Die Exposition durch Sendeanlagen ist deutlich geringer als durch Mobiltelefone und entsprechend unwahrscheinlicher ist ein diesbezüglicher Zusammenhang. Auch in den In-vivo- und In-vitro-Studien finden sich keine überzeugenden Hinweise auf krebserzeugende Wirkungen von HF-Feldern. „Begrenzte Evidenz“ kommt aus zwei Tierstudien (Falcioni et al. 2018, NTP 2018a, 2018b), welche jedoch einige wichtige Fragen offenlassen. In beiden Studien wurden bei einer Ganzkörperexposition von männlichen Ratten statistisch signifikant mehr Herzschwannome und tendenziell mehr Gliome beobachtet. Dies wurde hingegen bei weiblichen Ratten und auch bei Mäusen der NTP-Studie nicht festgestellt. Einschränkend für die Interpretation der NTP-Ergebnisse sind die längere Lebensdauer der männlichen Ratten und die Vielzahl an anderen aufgetretenen Tumoren, die keinen Zusammenhang mit HF-EMF-Exposition aufwiesen. Darüber hinaus gibt es Schwierigkeiten bei der Interpretation der statistischen Analysen und unbeantwortete Fragen zu den Auswirkungen der Exposition auf Änderungen der Körpertemperatur. Zudem wurden die beschriebenen Effekte in der NTP-Studie nur bei Expositionen identifiziert, deren Werte die für die Allgemeinbevölkerung maximal zulässige HF-Ganzkörperexposition um ein Vielfaches überstiegen.
Einflüsse auf das Verhalten und kognitive Funktionen gehören neben Krebs zu den am besten untersuchten Endpunkten. Für Einflüsse auf das Verhalten wird die Evidenz für epidemiologische Studien als „unzureichend“ eingeschätzt, wobei es Hinweise dafür gibt, dass Verhaltensprobleme zu erhöhter Mobilfunknutzung führen, und nicht umgekehrt. Für In-vivo-Studien liegt die Evidenz zwischen „unzureichend“ und „begrenzt“. Vereinzelt beobachtete Zusammenhänge sind inkonsistent und gehen sowohl in eine positive wie eine negative Richtung. Insofern bleibt unklar, ob es sich um Zufallsbefunde handelt oder ob Verzerrungen in den Studienergebnissen der Grund für diese vereinzelten Beobachtungen sind.
Für kognitive Funktionen liegt die Evidenzschätzung für die Epidemiologie, Humanstudien und In-Vivo-Studien zwischen „begrenzt“ und „unzureichend“. Es gibt sehr viele experimentelle Humanstudien zu kognitiven Funktionen. Da in nur ca. einem Drittel aller experimentellen Humanstudien ein Effekt auf kognitive Funktionen beobachtet wurde und diese Effekte isoliert unterschiedliche kognitive Domänen betreffen, die mit verschiedenen Tests überprüft wurden, wird die Evidenz als „unzureichend/begrenzt“ eingestuft. Hinzu kommt, dass Effekte in unterschiedlicher Richtung beobachtet wurden. Etwa die Hälfte der Studien findet eine Beeinträchtigung der kognitiven Leistung, während die andere Hälfte eine Verbesserung beschreibt. Die beobachteten Unterschiede könnten daher auch auf die experimentellen Bedingungen zurückzuführen sein (z. B. Tageszeit der Testdurchführung, Lerneffekte).
Eine Bewertung möglicher Einflüsse von HF-EMF auf die elektrische Hirnaktivität ist für verschiedene Aktivierungszustände des Gehirns getrennt vorzunehmen: (1) die elektrische Aktivität des Gehirns im Ruhezustand, in dem externe Einflüsse weitestgehend ausgeschlossen sind, während gleichzeitig komplexe interne Regulationsmechanismen wirksam sind (Schlaf), (2) die Aktivität des Gehirns im entspannten Wachzustand, die bei Kontrolle externer Stimuli weitestgehend vom allgemeinen Aktivierungsniveau (Vigilanz) abhängt und (3) die reaktive Aktivität des Gehirns auf externe akustische, visuelle und/oder senso-motorische Reize (ereigniskorrelierte und evozierte Potenziale), welche die Basis für kognitive Leistungen darstellen. In Studien zu den Punkten (1) und (2), welche die Aktivität des Gehirns mittels quantitativer Auswertung des EEGs (Powerspektralanalysen) untersucht haben, ließen sich wiederholt Unterschiede zwischen Schein- und Hochfrequenzexposition beobachten. Dies lässt zunächst auf eine „begrenzte Evidenz“ für das Vorliegen von Effekten schließen. Bei genauerer Betrachtung sind die Ergebnisse jedoch weniger konsistent als auf den ersten Blick erkennbar, weshalb die Evidenz als „begrenzt“ eingestuft wird. Eine dieser Inkonsistenzen ist die unterschiedliche Richtung der Beeinflussung der EEG-Powerspektralwerte. So ließen sich im Wach- wie auch im Schlaf-Zustand unter HF-Exposition sowohl höhere als auch niedrigere Powerspektralwerte beobachten. Für evozierte Potenziale, die durch externe Reize ausgelöst werden, gilt ähnlich wie für kognitive Funktion, dass in etwa einem Drittel der Studien Effekte beobachtet wurden. Aufgrund der Vielzahl isoliert betroffener Ergebnisparameter wird auch hier die Bewertung mit „unzureichende/begrenzte Evidenz“ vorgenommen. Ebenfalls EEG-basiert sind die Ergebnisse von Studien, in denen der Einfluss von HF-EMF-Exposition auf die Makrostruktur des Schlafes analysiert wird. Die Studien weisen zahlreiche, die Exposition und die Auswertung betreffende methodische Unterschiede auf, welche zu inkonsistenten Ergebnissen geführt haben können, weshalb die Evidenz für die Makrostruktur des Schlafes derzeit als „unzureichend“ eingestuft wird. Eine neuere Studie zeigt, dass insbesondere für ältere Personen Geschlechtsunterschiede in Expositionseffekten auf den Schlaf zu beobachten sind.
Ob die beobachteten Auswirkungen auf das EEG gesundheitsrelevant sind, und falls ja, ob sie positiv oder negativ sind, ist abhängig vom Untersuchungskontext (Schlaf, entspannter Wachzustand bzw. Reaktion auf externe Stimuli). Es können dazu keine klaren Aussagen getroffen werden. Unbestritten ist, dass die mittels EEG gemessene Aktivität des Gehirns ein sehr sensitiver Endpunkt ist, naturgemäß unterliegt sie starken physiologischen Schwankungen.
Die Evidenz für akute Effekte (Humanstudien) auf das autonome Nervensystem und das kardiovaskuläre System ist „abwesend“. Zu langfristigen Wirkungen gibt es nur wenige epidemiologische Studien und die Evidenz ist „unzureichend“.
Aufgrund der wenigen epidemiologischen Studien zu neurodegenerativen Erkrankungen wird die Evidenz für ein diesbezügliches Risiko als „unzureichend“ eingestuft. Die In-vivo-Studien fanden mehrheitlich keinen Effekt oder positive Auswirkungen auf das Gedächtnis und verschiedene relevante Biomarker, so dass Evidenz für „Abwesenheit eines Effekts“ besteht.
In humanexperimentellen Studien besteht Evidenz, dass keine akuten Symptome im Zusammenhang mit HF-EMF auftreten. Dieser Zusammenhang wurde in vielen experimentellen Humanstudien untersucht, in die teilweise auch Personen eingeschlossen wurden, die angaben, besonders sensibel auf solche Felder zu reagieren. Vereinzelt beobachtete Zusammenhänge zeigen kein einheitliches Muster in Bezug auf Art der Symptome oder Art der Exposition und sind mit sehr großer Wahrscheinlichkeit auf Zufall zurückzuführen, da in diesen Studien häufig viele verschiedene Symptome abgefragt werden. Unbestritten ist in experimentellen Studien das Auftreten von Nocebo-Effekten. Das heißt, wenn Proband*innen erwarten, exponiert zu sein, geben sie mehr Symptome an. Wären EMF-Effekte so prononciert wie Nocebo–Effekte, hätte man diese zweifelsfrei schon nachweisen können. In Bezug auf langfristige Auswirkungen wird die Evidenz als „unzureichend“ bewertet. Das Auftreten von Symptomen, insbesondere Kopfschmerzen, im Zusammenhang mit Mobiltelefonnutzung wurde mehrfach beobachtet, ist aber eher auf Stress von Mobilfunknutzenden als auf HF-EMF zurückzuführen. Wenige Daten gibt es zu Expositionen von Sendeanlagen im Expositionsbereich oberhalb von 1 V m-1.
Zur Wirkung von HF-Exposition auf das Immun- und das blutbildende System gibt es kaum Studien. Aus diesem Grund wird auf eine Bewertung verzichtet.
Die epidemiologische Evidenz für einen Effekt auf die Fertilität wurde als „unzureichend“ eingestuft. Zu weiblicher Fertilität gibt es kaum Studien. Zu männlicher Fertilität findet die Mehrheit der Studien einen Zusammenhang, insbesondere mit reduzierter Beweglichkeit der Spermien. Die Qualität dieser Studien ist aber so gering, dass daraus keine Schlüsse gezogen werden können in Bezug auf die Wirkung von HF-EMF. Ebenfalls „unzureichend“ ist die Evidenz aus In-vitro-Studien, während die Evidenz von In-vivo-Studien „unzureichend“ bis „begrenzt“ ist. Unklar ist dabei, wie schnell reversibel beobachtete Effekte sind. Die wenigen epidemiologischen Studien zur Embryonalentwicklung finden keine diesbezüglichen Zusammenhänge. Die Evidenz wird aufgrund der wenigen Daten als „unzureichend“ beurteilt.
Die Untersuchungen zur Gentoxizität nach HF-EMF-Exposition zeigt ein inhomogenes Bild. Einige wenige epidemiologische Studien zeigen gentoxische Effekte, allerdings ist die Qualität der Studien häufig unzureichend. Aufgrund der Daten wird die Evidenz als „unzureichend“ beurteilt. Einige In-vivo- wie auch In-vitro-Studien zeigen gentoxische Effekte, wobei diese häufig nur bei Expositionen oberhalb des Grenzwertes detektiert wurden. Da die überwiegende Zahl der vorliegenden, relevanten Studien keinen Zusammenhang zwischen HF-EMF-Exposition unterhalb der Grenzwerte und DNA-Schäden sieht, wird die Evidenz mit „unzureichend“ bis „begrenzt“ bewertet.
Freie Radikale sind hochreaktive Sauerstoffspezies (ROS), die als Zwischenprodukte des Stoffwechsels auftreten. Diese haben ungepaarte Elektronen, mit denen sie sich mit anderen Molekülen oder Atomen im Organismus verbinden wollen. Dies erzeugt eine chemische Kettenreaktion, die neue freie Radikale erzeugt. Die körpereigenen Antioxidantien sind Antagonisten freier Radikale, um sie zu neutralisieren oder abzufangen. Es ist von oxidativem Stress die Rede, wenn das Gleichgewicht zwischen diesen Molekülen nicht mehr besteht und die ROS-Konzentration erhöht wird. Die Konzentration der erhöhten Menge an ROS wird jedoch meist nicht diskutiert, nur das Vorhandensein einer Zunahme wird berichtet. Oxidativer Stress ist ein physiologischer Prozess, bei dem das Gleichgewicht von freien Radikalen und Antioxidantien aus der Balance geraten ist. Dies kann an einer höheren Konzentration von ROS oder einer niedrigeren Konzentration an Antioxidantien als im Normalzustand liegen. Freie Radikale sind relevant für die Aktivierung der Mitochondrien, den programmierten Zelltod (Apoptose) und die Unterstützung des Immunsystems. Kleine Mengen von ROS wirken jedoch als zelluläre Signalmoleküle (Second Messenger) für bestimmte Zellaktivierungsprozesse, wie z. B. die Aktivierung intrazellulärer Signalwege (Sies 2019).
Eine große Anzahl von In-vivo- und In-vitro-Studien gibt Hinweise auf die Veränderung von oxidativem Stress nach HF-EMF-Exposition. Diese Hinweise beziehen sich auf die statistische Auswertung der Experimente, nicht jedoch auf die biologische und gesundheitliche Relevanz dieser Effekte. Meist fehlen Konzentrationsangaben zu den Veränderungen sowie positive Kontrollen, wodurch eine Bewertung dieser Effekte erschwert ist. Da die Qualität und die statistische Aussagekraft vieler Studien sehr gering sind und die biologische bzw. gesundheitliche Relevanz dieser Effekte immer noch unzureichend verstanden ist, wird die Evidenz als „begrenzt“ beurteilt.
Die molekularen Untersuchungen zu den Mechanismen konnten kein einheitliches Bild liefern, daher wird die Evidenz mit „unzureichend“ bewertet.
6 Stellungnahme der SSK zu biologischen und gesundheitlichen Auswirkungen von Mobilfunksignalen
Auf der Basis des aktuellen Standes der wissenschaftlichen Forschungen bezüglich biologischer Effekte, verursacht durch Hochfrequenzimmissionen in den Frequenzbereichen im FR1, die derzeit für 2G, 3G und 4G und zukünftig vermehrt auch für 5G verwendet werden, folgert die SSK, dass keine belastbaren Hinweise für gesundheitliche Risiken bei Expositionen von Personen unterhalb der in Deutschland gültigen Grenzwertvorgaben für Sendeanlagen und Endgeräte vorliegen. Daraus resultiert die Feststellung, dass auch aus aktueller Sicht der Forschung die in Deutschland derzeit geltenden Grenzwerte für Hochfrequenzimmissionen in ihrer Schutzfunktion ausreichend sind.
Die aktuelle Bewertung der SSK liefert entsprechend der Termini aus Tab. 5-5 folgende Detailerkenntnisse:
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Die Evidenz für alle evaluierten Gesundheitseffekte ist „abwesend“, „unzureichend“ oder sie liegt im Grenzbereich zwischen „unzureichender“ und „begrenzter Evidenz“. Naturgemäß kann ein möglicher Zusammenhang niemals vollständig ausgeschlossen werden. Die vorhandenen Daten erlauben aber zumindest die Schlussfolgerung, dass das Gesundheitsrisiko für das Individuum klein ist, sofern es besteht. Das ist auch darin begründet, dass keiner der bewerteten Endpunkte für alle der jeweils untersuchten Evidenzlinien (Epidemiologie, Humanstudien, in vivo, in vitro) ein einheitliches Bild zeigt.
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„Evidenz für Abwesenheit eines akuten Effekts“ liegt vor für das autonome Nerven- und das kardiovaskuläre System (Humanstudien), unspezifische Symptome wie Kopfschmerzen, Schlafstörungen etc. (Humanstudien), neurodegenerative Erkrankungen (in vivo) sowie zerebraler Blutfluss und Hirnstoffwechsel (in vivo).
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„Unzureichende Evidenz“ besteht für alle epidemiologisch untersuchten Gesundheitseffekte sowie eine Reihe weiterer Effekte in Human-, In-vivo- oder In-vitro-Studien.
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„Unzureichende“ bis „begrenzte Evidenz“ liegt in einzelnen Evidenzlinien für folgende Endpunkte vor: Krebs (in vivo, in vitro), Verhalten (in vivo), Kognitive Funktionen (Epidemiologie, Humanstudien, in vivo), Ereigniskorrelierte und evozierte Potenziale (Humanstudien, in vivo), Fertilität und Fortpflanzung (in vivo), Gentoxikologie (in vivo, in vitro).
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„Begrenzte Evidenz“ liegt für eine Reihe von biologischen Effekten vor, wie Einflüsse auf die Powerspektralwerte des Schlaf- und des Wach-EEGs (in humanexperimentellen Studien) und den oxidativen Zellstress (in In-vivo- und In-vitro-Studien).
Es ist zu betonen, dass für die beobachteten biologischen Effekte nicht nachgewiesen ist, ob sie gesundheitlich relevant sind und – falls sie es sind – ob sie zu negativen oder positiven gesundheitlichen Folgen führen. Es wurde demzufolge bisher kein möglicher Wirkungsmechanismus identifiziert, der beschreibt, dass und wie derartige biologische Effekte die Gesundheit schädigen könnten. Generell kann aus der Tatsache, dass Umweltreize biologische Auswirkungen haben, nicht unmittelbar auf eine gesundheitliche Schädigung geschlossen werden.
Da infolge der verbreiteten Nutzung von Funktechnologien auch potenziell kleine Risiken gesellschaftlich relevant sein können, ist es gleichwohl unabdingbar, mögliche Gesundheitsrisiken laufend zu evaluieren. Zurzeit führt die Weltgesundheitsorganisation zehn systematische Evaluationen durch, um mögliche Risiken noch genauer zu charakterisieren und zukünftige Forschungsprioritäten zu identifizieren (Verbeek et al. 2021).
7 Offene Fragen
Die Literaturübersicht zeigt, dass etliche Aspekte möglicher Auswirkungen von HF-EMF weiter erforscht werden sollten. Konkret sollten nach Meinung der SSK folgende Aspekte vertieft untersucht werden (Reihenfolge spiegelt keine Priorisierung wider):
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Die gesundheitliche Relevanz kleiner messbarer Effekte (siehe Tab. 5-5), wie sie durch HF-EMF in Einzelfällen beobachtet wurden, ist noch nicht geklärt.
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Offene Fragen gibt es auch bei der Dosimetrie bezüglich des Energieeintrages in das biologische Gewebe, insbesondere im Zusammenhang mit der gleichzeitigen Exposition aus mehreren Quellen, und zu neuartigen Expositionssituationen, wie sie bei neuen Anwendungen entstehen können.
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Generell noch nicht restlos geklärt ist die Frage, ob die Signalcharakteristik (z. B. Modulation) für biologische Effekte eine Rolle spielt oder ob nur die aufgenommene Energie maßgebend ist. Während diese Fragestellung in epidemiologischen Studien aufgrund der Vielzahl von HF-EMF-Quellen im Alltag schwierig zu klären ist, kann sie in experimentellen Ansätzen systematisch untersucht werden.
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Ferner sollte näher untersucht werden, inwiefern auch bei niedrigen Expositionen thermische Effekte auftreten, welche subtile biologische Effekte erklären könnten (z. B. ein möglicher Einfluss geringfügiger Temperaturanstiege auf der Hautoberfläche auf die Gehirnaktivität oder die Möglichkeit inhomogener Temperatur- und Feldverteilungen bei In-vitro-Proben).
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In Bezug auf In-vivo-Untersuchungen zur Gentoxizität und Kanzerogenität gibt es offene Fragen zu Dosis-Wirkungs-Beziehungen und dazu, inwiefern thermische Effekte eine Rolle spielen. Zukünftige Studien sollten sich auf Expositionen fokussieren, bei denen ein Einfluss thermischer Effekte auf das Studienresultat ausgeschlossen werden kann.
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Relativ wenig epidemiologische Daten von guter Qualität gibt es zu Einflüssen auf Fortpflanzungsorgane, Neugeborene und neurodegenerative Erkrankungen, ebenso in Bezug auf langfristige kognitive Auswirkungen bei Kindern und Jugendlichen. Große nationale Kohortenstudien sind geeignet, um prospektiv Veränderungen in der Gesundheit der Bevölkerung zu erfassen und langfristig eine Vielzahl möglicher Gesundheitsauswirkungen und Expositionen zu untersuchen. Neben Gesundheitseffekten sollten im Interesse eines besseren Verständnisses des Krankheitsgeschehens in derartigen Studien auch Biomarker erfasst werden. Wichtig ist hierbei eine kontinuierliche, möglichst genaue Erfassung der HF-Exposition gemeinsam mit anderen Umweltexpositionen sowie gesundheitsrelevanten Lebensstilfaktoren.
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Zu Tumoren im Kopfbereich liegen bereits einige Studien vor, so dass nur große Datensätze diesbezüglich weitere Erkenntnisse liefern können, wie z. B. die laufende COSMOS-Studie (Schüz et al. 2011). Da praktisch die ganze Bevölkerung ein Mobiltelefon benutzt, sollte man erwarten können, dass sich ein eventuelles Tumorrisiko mit einer gewissen Latenzzeit in einer Zunahme von Neuerkrankungen niederschlägt. Daher lohnt es sich, die entsprechenden Daten systematisch im Hinblick auf die Veränderung der HF-EMF-Exposition in der Bevölkerung zu evaluieren. Der Kopf war bisher durch HF-EMF am stärksten exponiert, und Hirntumoren haben wenige andere Risikofaktoren, welche einen Einfluss auf die Zeittrends haben könnten. Damit die Tumorerkrankungen im Hinblick auf die Langzeitwirkung von Mobiltelefonnutzung interpretiert werden können, ist es auch wichtig, statistische Kennzahlen zum durchschnittlichen Mobil- und eventuell Schnurlostelefongebrauch, der mittleren Sendeleistung der Endgeräte sowie den Veränderungen des Nutzerverhaltens in der Bevölkerung zu erheben, idealerweise ergänzt durch Kenndaten zur durchschnittlichen Sendeleistung und zu Umweltexpositionen.
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In großen Bevölkerungsstudien ist zu klären, inwiefern Effekte auf das Verhalten und die Lebensqualität tatsächlich durch verschiedene EMF-Expositionen im Alltag oder durch andere Aspekte der Nutzung elektronischer Medien verursacht werden. In Bezug auf Personen mit elektromagnetischer Hypersensibilität gibt es auch noch offene Fragen. Auch wenn es zurzeit wenig Evidenz für einen Zusammenhang zwischen HF-EMF und dem Auftreten von Symptomen gibt, kann eine derartige Assoziation naturgemäß im Einzelfall nicht absolut ausgeschlossen werden. Es liegen noch immer wenige Studien an einzelnen Individuen vor, zum Beispiel individualisierte Provokationsstudien, welche grundlegende qualitative Anforderungen erfüllen und gezielt die von den Betroffenen geäußerten Expositionen untersuchen (Schmiedchen et al. 2019). Bei den bisherigen Studien wurden mehrheitlich alle Teilnehmenden unter gleichen Expositionsbedingungen untersucht und als Gesamtgruppe analysiert. Damit könnten theoretisch Einzelfälle im statistischen Rauschen untergehen. Angesichts der hohen Evidenz, dass bei der Mehrzahl der selbstdeklarierten EHS-Personen EMF für die von ihnen berichteten Störungen nicht verantwortlich sind, sollte erforscht werden, wie man den betreffenden Personen durch geeignete Kommunikation und ggf. Therapie besser gerecht werden könnte.
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Da die EEG-basierten Ergebnisparameter, für die HF-EMF-Effekte mit „begrenzter Evidenz“ nachgewiesen wurden, physiologischen alters- und geschlechtsspezifischen Veränderungen unterliegen und es Hinweise auf Geschlechtsunterschiede bei älteren gesunden Personen gibt, wären Studien zu a) Geschlechtsunterschieden im jüngeren Erwachsenenalter und b) Altersunterschieden bei HF-EMF-Effekten bei Frauen zu empfehlen. In jedem Fall ist bei Studien an jüngeren Frauen der Menstruationszyklus im Studiendesign zu berücksichtigen, da dieser einen Einfluss auf die Ergebnisparameter, wie z. B. Schlaf oder kognitive Funktionen, hat.
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Die meisten der bisher durchgeführten humanexperimentellen Studien wurden an gesunden Versuchspersonen durchgeführt. Nicht untersucht ist bisher, wie sich HF-EMF-Exposition auf erkrankte Personen auswirkt, bei denen die EEG-basierten Ergebnisparameter von Befunden bei Gesunden abweichen, z. B. bei Insomnie, bei der häufig eine Erhöhung der Beta-Power in der Nacht zu beobachten ist, oder bei dementiellen Entwicklungen, bei denen häufig eine Verlangsamung des Ruhe-EEG zu beobachten ist.
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Basierend auf tierexperimentellen Studien, die einen positiven Effekt von HF-EMF-Exposition in Alzheimer Mausmodellen zeigen, wäre auch eine humanexperimentelle Studie zu empfehlen, um zu überprüfen, ob auch beim Menschen ein positiver Effekt zu beobachten ist, z. B. auf die schlafbezogene Gedächtniskonsolidierung.
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Im Hinblick auf den geplanten Einsatz von Millimeterwellen (5G, FR2 bzw. 6G) empfiehlt sich, zukünftige Forschung auch in diesem Frequenzbereich zu intensivieren.
Für alle Forschungsbereiche gilt, dass Studien nur dann zum Erkenntnisgewinn beitragen, wenn sie nach strengen Qualitätskriterien unter Verwendung geeigneter Standardarbeitsverfahren einschließlich geeigneter statistischer Verfahren durchgeführt werden. Ebenso ist bei allen Studientypen darauf zu achten, dass die Stichprobengröße genügend groß gewählt wird, um robuste Aussagen treffen zu können.
Detaillierte Betrachtung neuerer Studien im Zeitraum 2018 bis 2020
Die folgende Auflistung umfasst Publikationen, die seit 2018 in den folgenden Literaturdatenbanken verfügbar waren: PubMed-Datenbank (https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/) und EMF-Portal (http://www.emf-portal.org/). Berücksichtigt wurden Originalstudien, die zwischen 2018 und 2020 in begutachteten Fachzeitschriften in englischer oder deutscher Sprache veröffentlicht wurden. Für bisher wenig untersuchte Endpunkte wurden auch Publikationen berücksichtigt, die später publiziert wurden. Es wurden Humanstudien (Epidemiologie, experimentelle Studien), Tierstudien (in vivo) und Zellstudien (in vitro) berücksichtigt, die grundlegende methodische Anforderungen erfüllt haben. In epidemiologischen Studien musste beschrieben werden, wie die Teilnehmer ausgewählt wurden, einschließlich der Einschluss- und Ausschlusskriterien. Zudem musste die HF-EMF-Exposition mit einer geeigneten Methode quantifiziert worden sein. Des Weiteren musste die statistische Analyse valide sein, inklusive der Berücksichtigung von wesentlichen Confoundern, wie Alter, Geschlecht und soziodemografische Faktoren der Studienteilnehmenden. Bei humanexperimentellen Studien wurden Publikationen mit unzureichenden Informationen zum Studiendesign (z. B. zur Verblindung), einer fehlenden Sham-Kontrolle sowie Publikationen mit unzureichender Beschreibung der Exposition nicht berücksichtigt. Studien zu HF-EMF-Exposition im Rahmen kommerzieller Anwendungen außerhalb des Mobilfunks wurden ebenfalls nicht einbezogen. Die berücksichtigten In-vivo- und In-vitro-Studien wurden auf technische und wissenschaftliche Informationen hin überprüft. Es wurden hierbei nur solche Veröffentlichungen in die Analyse einbezogen, in denen zumindest bewertbare Expositionsbedingungen und bioanalytische Methoden beschrieben sind.
A-1 Krebs
A-1.1 Epidemiologie (Details zu Abschnitt 4.2.1)
In einem Übersichtsartikel inklusive Meta-Analyse wurden alle epidemiologischen Studien zu Tumoren im Kopfbereich, welche bis Ende 2017 publiziert wurden, ausgewertet und dargestellt (Roosli et al. 2019). Insgesamt gibt es keinen statistisch signifikanten Zusammenhang zwischen der Langzeit-Mobiltelefonnutzung (> 10 Jahre) und dem Risiko, einen Tumor im Kopfbereich zu entwickeln. Für Gliome und Akustikusneurinome ist die Heterogenität der Studienresultate hoch.
Eine schwedische Studie fand bei 2 748 Patient*innen mit EMF-emittierenden Gehörimplantaten („cochlear implant“) kein vermehrtes Auftreten von Gliomen, Meningeomen oder Akustikusneurinomen zwischen 1989 und 2014 (Smeds et al. 2018). Die Stärke der Studie liegt in der deutlich besseren Expositionscharakterisierung im Vergleich zu Studien bei Mobiltelefonierenden, welche auf retrospektiven, selbst berichteten Angaben beruhen. Jedoch liegt der verwendete Frequenzbereich von 5 MHz bis 12 MHz deutlich unter dem des Mobilfunks. Zusammen mit der geringen Größe der Kohorte schränkt dies die Aussagekraft dieser Analyse hinsichtlich der Wirkung von Mobilfunkfrequenzen deutlich ein.
Eine andere Studie untersuchte die Überlebenswahrscheinlichkeit von 806 Gliom-Patient*innen aus Dänemark, Finnland und Schweden, welche zwischen 2000 und 2002 in die INTERPHONE-Studie (INTERPHONE 2010) eingeschlossen wurden, in Abhängigkeit von ihrem Mobiltelefongebrauch (Olsson et al. 2019). Damit wurde die Hypothese untersucht, ob Mobilfunkstrahlung eine tumorpromovierende Wirkung haben könnte, was sich in einer kürzeren Überlebenszeit von Mobiltelefonnutzer*innen äußern würde. Die Studie fand jedoch keinen Hinweis für eine reduzierte Überlebenswahrscheinlichkeit in Abhängigkeit vom Mobiltelefongebrauch.
In einer Kohortenstudie von 53 114 britischen Polizeibeamt*innen wurde untersucht, ob die Nutzung von persönlichen TETRA-Funkgeräten (ca. 400 MHz) das Risiko aller Krebsarten insgesamt sowie von Kopf- und Halskrebs erhöht (Gao et al. 2019). Die Studienteilnehmenden wurden zwischen 2004 und 2015 rekrutiert mit einer medianen Beobachtungsdauer von 5,9 Jahren. Die durchschnittliche monatliche Gesprächsdauer wurde auf der Grundlage von selbstberichteten Nutzungsdaten und objektiven Daten der Netzbetreiber berechnet. Für keinen der untersuchten Tumore gab es Hinweise auf ein zunehmendes Risiko mit zunehmender Exposition unter den Anwender*innen.
In der INTEROCC-Studie, welche Teil von INTERPHONE ist, wurde untersucht, ob das Hirntumorrisiko im Zusammenhang mit berufsbedingter HF-EMF- oder Intermediärfrequenz(IF)-EMF-Exposition steht (Vila et al. 2018). Es wurden 1 943 Gliom-Patient*innen, 1 862 Meningeom-Patient*innen und 5 387 Kontrollen in die Studie eingeschlossen. Die HF-EMF-Exposition wurde anhand einer Quellen-Expositions-Matrix bestimmt. Die häufigste berufliche Quelle von HF-Feldern war die Verwendung von Walkie-Talkies. HF-Siegelgeräte/Schweißgeräte für Kunststoff und Gummi verursachten die höchsten E-Felder. Es gab keine starken Hinweise auf einen Zusammenhang, da die meisten Ergebnisse entweder keine Assoziation oder Risikoschätzer unterhalb von eins zeigten. Für den Expositionszeitraum ein bis vier Jahre vor der Diagnose, aber nicht für längere Zeiträume, wurden sowohl für Gliome als auch für Meningeome im höchsten Dezil tendenziell erhöhte Risiken beobachtet. Die Anzahl der Fälle in diesen Expositionskategorien waren jedoch klein, und die Konfidenzintervalle waren groß. Das höchste Risiko von 1,62 (95 % CI 0,86-3,01) wurde bei 19 Gliomfällen mit kumulativem H-Feld von > 0,13 A/m-Jahren beobachtet. Insgesamt fand die Studie keine Belege für einen Zusammenhang zwischen HF-EMF und Gehirntumoren.
In den letzten Jahren wurden mehrere Analysen zur zeitlichen Veränderung von Tumorerkrankungsraten publiziert. Dabei zeigte sich bei Erwachsenen unter 70 Jahren kein Anstieg in den Inzidenzen für Hirntumoren oder Gliome in Australien (Chapman et al. 2016, Karipidis et al. 2018), Schweden (Nilsson et al. 2019), Finnland (Natukka et al. 2019) oder den USA (Li et al. 2018a). In England (de Vocht 2016, 2019, Philips et al. 2018) oder den USA (Li et al. 2018a) wurde für einzelne Tumortypen ein Anstieg beobachtet (Glioblastome, unspezifische Tumoren), welcher aber mit einem Rückgang von anderen Tumortypen kompensiert wurde. Ein solches Muster ist mit großer Wahrscheinlichkeit auf eine Änderung der Kodierungspraxis über die Zeit zurückzuführen.
In der Fall-Kontrollstudie von Luo et al. (Luo et al. 2019) wurde ein möglicher Zusammenhang zwischen Mobiltelefonnutzung und Schilddrüsentumoren bei 462 Patient*innen, welche zwischen 2010 und 2011 in Connecticut mit Schilddrüsentumoren diagnostiziert wurden und bei Durchführung der Studien noch lebten, untersucht. Im Vergleich zu 498 Kontrollpersonen im gleichen Alter und Geschlecht wurde kein Zusammenhang mit Mobiltelefonnutzung festgestellt, aber ein tendenziell nicht-signifikant erhöhtes Risiko für Vielnutzer*innen gefunden. Eine nachgelagerte Analyse von 176 Genen aus Regionen, welche in die DNS-Reparatur involviert sind, ergab keine robusten Hinweise auf Gen-Umweltinteraktionen im Zusammenhang mit der Mobiltelefonnutzung (Luo et al. 2020).
In einer italienischen Studie mit 322 Patient*innen und 444 Kontrollpersonen aus Sardinien wurde der Zusammenhang zwischen Lymphom-Subtypen und HF-EMF von Radio- und Fernsehsendern sowie Mobilfunkbasisstationen untersucht (Satta et al. 2018). Bei diesen zwischen 1998 und 2004 diagnostizierten Erkrankungen wurde keine Assoziation zwischen geokodierter Entfernung zu Mobilfunkbasisstationen oder für die berechnete HF-EMF-Exposition festgestellt.
A-1.2 Tierexperimentelle Studien (Details zu Abschnitt 4.2.2)
Kürzlich wurden zwei Tierstudien zu krebserzeugenden Langzeitwirkungen von HF-EMF veröffentlicht. Eine Studie ist ein Beitrag des US-amerikanischen National Toxicology Program (NTP 2018a, 2018b) und die andere des italienischen Ramazzini-Instituts (RI) (Falcioni et al. 2018). Die NTP-Studie (Ratten und Mäuse) befasste sich mit der Nahfeldexposition von GSM- und CDMA-Mobiltelefonie. Die RI-Studie (Ratten) konzentriert sich auf die GSM-Basisstation (Fernfeld). Die Tab. A 1 zeigt eine Zusammenfassung der beiden Studien.
Beide Studien verfolgten die Tiere während ihrer gesamten Lebensdauer und verwendeten eine große Anzahl von Tieren. Darüber hinaus verfügen beide Institute über langjährige Erfahrung mit den ausgewählten Tiermodellen und den verschiedenen Endpunkten.
Ein zentraler Befund der Studien ist eine Vielzahl von bösartigen Tumoren bei männlichen Ratten, insbesondere Herz-Schwannomen. Diese Tumore traten in der RI-Studie häufiger bei 50 V m-1 (geschätzte SAR 0,1 W kg-1) und in der NTP-Rattenstudie bei allen SAR-Werten auf. Die Tumoren sind sehr selten und zeigten sich bei den weiblichen Tieren nicht. Ferner ist das Auftreten dieser Tumore beim Menschen sehr selten.
Ein zweiter bösartiger Tumor trat in einigen Fällen auch bei männlichen Ratten auf, nämlich ein Gliom des Gehirns. Die Inzidenzerhöhungen wurden bei allen drei SAR-Werten bei GSM-exponierten Tieren und bei 6 W kg-1 bei CDMA-exponierten Tieren in der NTP-Studie beobachtet. Einige Einzelbefunde verschiedener anderer Tumorarten lagen vor, diese waren jedoch im Vergleich zu den Kontrollbedingungen statistisch nicht signifikant erhöht und wurden von NTP als „mehrdeutige Befunde“ bezeichnet.
Die Studienergebnisse wurden in den Medien ausführlich diskutiert, aber für ICNIRP (ICNIRP 2020b) sind sie kein Grund für eine Überarbeitung der Expositionsrichtlinien. Der Grund dafür ist, dass die Studienergebnisse inkonsistent sind und von begrenztem Nutzen für die Entwicklung von Expositionsgrenzwerten. Darüber hinaus müssen beide Studien im Zusammenhang mit anderen Studien zur Kanzerogenität von Tieren und Menschen betrachtet werden.
- Tab. A 1:
-
Zusammenfassung der US-amerikanischen NTP-Studie (NTP 2018a, 2018b) und der italienischen Studie des Ramazzini-Instituts (RI; Falcioni et al. 2018) zu den langfristigen krebserzeugenden Wirkungen von HF-EMF bei Ratten und Mäusen.
RI | NTP Rattenstudie (GSM) |
NTP Rattenstudie (CDMA) |
NTP Mausstudie (GSM) |
NTP Mausstudie (CDMA) |
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Tiermodelle | Sprague-Dawley-Ratten | Hsd:Sprague-Dawley SD Ratten |
Hsd:Sprague-Dawley SD Ratten |
B6C3F1/N Mäuse | B6C3F1/N Mäuse |
Exposition | 1 835 MHz GSM; 0 V m-1, 5 V m-1, 25 V m-1, 50 V m-1; 0 W kg-1, 0,001 W kg-1, 0,03 W kg-1, 0,1 W kg-1 |
900 MHz GSM; 0 W kg-1, 1,5 W kg-1, 3 W kg-1, 6 W kg-1 |
900 MHz CDMA; 0 W kg-1, 1,5 W kg-1, 3 W kg-1, 6 W kg-1 |
1 900 MHz GSM; 0 W kg-1, 2,5 W kg-1, 5 W kg-1, 10 W kg-1 |
1 900 MHz CDMA; 0 W kg-1, 2,5 W kg-1, 5 W kg-1, 10 W kg-1 |
Dauer | 19 Stunden/Tag; 7 Tage/Woche; lebenslänglich |
Schwangerschaftstag 5 bis Lebenswoche 107; 10 Minuten on-off, 18 Stunden und 20 Minuten/Tag |
Schwangerschaftstag 5 bis Lebenswoche 107; 10 Minuten on-off, 18 Stunden und 20 Minuten/Tag |
Woche 5-6 bis 106/108; 10 Minuten on-off, 18 Stunden und 20 Minuten/Tag |
Woche 5-6 bis 106/108; 10 Minuten on-off, 18 Stunden und 20 Minuten/Tag |
Anzahl Tiere | 817, 811, 411, 409 (ungefähr je die Hälfte weiblich und männlich in allen Gruppen) = 2 448 Tiere |
90 männliche und 90 weibliche Tiere in jeder Gruppe |
90 männliche und 90 weibliche Tiere in jeder Gruppe |
90 männliche und 90 weibliche Tiere in jeder Gruppe |
90 männliche und 90 weibliche Tiere in jeder Gruppe |
Überleben | Bis 152 Wochen; kein Gruppenunterschied |
Erhöhtes Überleben bei männlichen exponierten Tieren |
Erhöhtes Überleben bei männlichen exponierten Tieren |
Überlebenszunahme bei 2,5 W kg-1 und 5 W kg-1 bei männlichen Mäusen |
Überlebenszunahme bei 2,5 W kg-1 und 5 W kg-1 bei männlichen Mäusen |
Herzschwannom | Einziger signifikanter Effekt; 50 V m-1, männliche Ratten; n = 3 = 1,5% |
Männliche Tiere; 2, 1, 5 Fälle bei 1,5 W kg-1, 3 W kg-1 bzw. 6 W kg-1; Keine Fälle bei weiblichen Tieren |
Männliche Tiere; 2, 1, 5 Fälle bei 1,5 W kg-1, 3 W kg-1 bzw.6 W kg-1; Keine Fälle bei weiblichen Tieren |
Keine Befunde | Keine Befunde |
Glioblastom | n.s. | Bösartiges Gliom in 3, 3, 2 Fällen bei 1,5 W kg-1, 3 W kg-1 bzw. 6 W kg-1; Keine Fälle bei weiblichen Tieren |
Bösartiges Gliom in 3 Fällen bei 6 W kg-1; Keine Fälle bei weiblichen Tieren |
Keine Befunde | Keine Befunde |
Anstieg andere Tumoren (statistisch nicht signifikante Effekte) |
Gutartige Schwann-Zell- Hyperplasien im Herzen bei 50 V m-1; bösartige Gliome bei weiblichen Ratten bei 50 V m-1 |
Zunahme der Fälle von Phaeochromocytom (Nebennierenrinde) bei männlichen Tieren |
Keine | Zunahme der Fälle von Haut- und Lungentumoren bei männlichen Tieren, 5 W kg-1und 10 W kg-1; Zunahme der Fälle von bösartigen Lymphomen bei weiblichen Tieren, aber vergleichbar mit historischen Daten für Kontrolltiere |
Zunahme der Fälle von Lebertumoren bei männlichen Tieren, 5 W kg-1 Zunahme der Fälle von bösartigen Lymphomen bei weiblichen Tieren, aber vergleichbar mit historischen Daten für Kontrolltiere |
Eine weitere relevante Tierstudie wurde von Ouadah et al. (Ouadah et al. 2018) veröffentlicht. Die Autoren injizierten männlichen Wistar-Ratten C6-Gliomzellen in das Gehirn und haben somit Hirntumoren verursacht. Sieben Tage nach diesem Eingriff wurden die Tiere einem GSM 900 MHz Signal ausgesetzt (fixierte Tiere, Gehirn-gemittelte SAR 0 W kg-1, 0,25 W kg-1, 0,50 W kg-1, Käfigkontrollen nicht fixiert; 45 Minuten pro Tag, 5 Tage pro Woche; diese SAR-Werte in Ratten sind vergleichbar mit 0 W kg-1, 1 W kg-1, und 2 W kg-1 in Menschen). Die Tiere wurden täglich bis zum Tod oder bis maximal zum 58. Tag der Exposition auf ihren Allgemeinzustand, ihr Körpergewicht und ihr Verhalten untersucht. Nach dem Tod wurden histologische Schnitte auf Tumorvolumen, Tumorlokalisation, molekulare Marker für Apoptose, Nekrose, Mitose, Vaskularisation und Vorhandensein von Immunzellen untersucht. Die einzigen festgestellten Effekte waren die SAR-abhängig verringerten Spiegel für einen Apoptosemarker und eine Abnahme der Infiltration von Immunzellen. Die Autoren schließen daraus, dass diese Effekte zu gering waren, um das Überleben oder das Tumorwachstum zu beeinflussen, oder, dass die Effekte reine Zufallsbefunde waren.
A-1.3 Zellexperimentelle Studien (Details zu Abschnitt 4.2.2)
Zwei für die Kanzerogenese relevante zellexperimentelle Studien zeigten Auswirkungen der HF-Exposition, die Ergebnisse können jedoch aufgrund fehlender Informationen über die Expositionsbedingungen und auch aufgrund schwerwiegender Schwächen bei anderen Qualitätsaspekten nicht bewertet werden. Asano et al. (Asano et al. 2020) untersuchten zwei Brustkrebszelllinien (MDB-MB-231 und MCF-7) nach Exposition (2,45 GHz; 3 W Ausgangsleistung; eine Stunde bis drei Stunden). Es werden keine weiteren Details zu den Expositionsbedingungen angegeben. Die Wachstumsparameter in den MDB-MB-231-Zellen waren erhöht, während der Zelltod in MCF-7-Zellen erhöht war. Unzureichende Informationen sind auch in der Arbeit von Alahmad et al. (Alahmad et al. 2018) verfügbar. In einem Teil der Studie wurden Hühnerembryonen 1 800 MHz (3 Minuten pro Tag; fünf Tage) ausgesetzt und das Wachstum embryonaler Blutgefäße untersucht. Im Durchschnitt war die Wachstumsrate bei den exponierten Embryonen um 25 % höher. Parameter wie Invasion, Koloniebildung sowie Spiegel und Aktivierung von Signalproteinen wurden in zwei Kopf-Hals-Karzinom-Zelllinien untersucht. Die HF-Behandlung zeigte Hinweise auf eine Krebsstimulation, aber die Ergebnisse sind aufgrund der schlechten Qualität der Studie sehr fraglich.
A-2 Gehirn und Nervensystem
A-2.1 Verhalten und kognitive Funktionen (Details zu Abschnitt 4.3.1)
A-2.1.1 Epidemiologie
Verhaltensprobleme im Zusammenhang mit HF-EMF wurden bei Jugendlichen im Rahmen der HERMES-Studie untersucht (Roser et al. 2018). In den longitudinalen Analysen gab es keine Hinweise, dass das Neuauftreten von Verhaltensproblemen mit der Mobiltelefonnutzung oder der kumulativen HF-EMF-Exposition des Gehirns oder des ganzen Körpers assoziiert ist. Jedoch deuten die Ergebnisse von Querschnittsanalysen darauf hin, dass Jugendliche mit Verhaltensproblemen vermehrt elektronische Medien nutzen. In der gleichen Studie wurde ein negativer Zusammenhang zwischen der kumulativen HF-EMF-Exposition des Gehirns und der Entwicklung der figuralen Gedächtnisleistung innerhalb eines Jahres beobachtet (Foerster et al. 2018). Bei den Jugendlichen, die ihr Mobiltelefon auch auf der linken Kopfseite nutzen, wurde ein negativer Zusammenhang zwischen der Entwicklung der verbalen Gedächtnisleistung und der HF-EMF-Exposition des Gehirns, basierend auf den Nutzungsdaten von den Mobilfunkbetreibern gefunden.
Eine Studie bei 3 102 niederländischen Fünfjährigen untersuchte den Zusammenhang zwischen HF-EMF an ihrem Wohnort und Verhaltensproblemen (Guxens et al. 2019) und fand keine konsistenten Expositions-Wirkungszusammenhänge.
In der niederländischen Generation-R-Studie wurde bei 2 592 Kindern im Alter von neun Jahren bis zwölf Jahren untersucht, ob es einen Zusammenhang zwischen der HF-EMF-Exposition und dem Volumen von verschiedenen Gehirnarealen gibt, welches mittels Magnetresonanz-Tomographie (MRI) bestimmt wurde (Cabre-Riera et al. 2020). Die kumulative EMF-Exposition wurde für verschiedene EMF-Quellen berechnet. Das Volumen aller untersuchten Gehirnareale war weder mit der gesamten absorbierten EMF-Dosis (Energieeintrag) noch mit derjenigen von Fernfeldquellen assoziiert. Hingegen war die EMF-Exposition durch Bildschirmaktivitäten signifikant mit einem kleineren Volumen des Frontallappens und des Nucleus Caudatus assoziiert. Die Autoren schließen daraus, dass nicht EMF, aber möglicherweise andere Faktoren, welche mit intensiver Bildschirmnutzung zusammenhängen, einen Effekt auf diese Gehirnareale haben könnten. Störfaktoren (Confounding), Zufall oder umgekehrte Kausalität können deshalb als alternative Erklärungen für diesen Befund nicht ausgeschlossen werden.
In einer gepoolten Querschnittsanalyse der niederländischen ABCD-Studie mit 1 664 neun- bis elfjährigen Kindern sowie der spanischen INMA-Studie mit 1 288 neun- bis elfjährigen Kindern sowie 261 Jugendlichen (17- bis 18-Jährige) wurde der Zusammenhang zwischen geschätzter Höhe der HF-EMF-Exposition im Gehirn und kognitiven Funktionen untersucht (Cabre-Riera et al. 2021). Nach Korrektur von verschiedenen Kovariablen war bei den Kindern die nicht-verbale Intelligenz signifikant negativ mit der Höhe der HF-EMF-Exposition im Gehirn assoziiert. Für die anderen kognitiven Endpunkte wurde bei den Kindern sowohl positive wie negative Korrelation mit der Höhe der HF-EMF-Exposition im Gehirn gefunden, welche aber statistisch nicht signifikant waren. Es handelte sich dabei um die Informationsverarbeitungsgeschwindigkeit, visuelle Aufmerksamkeit sowie einen anderen Aufmerksamkeitsfunktionstest und kognitive Flexibilität. Bei den Jugendlichen wurden das Arbeitsgedächtnis und die semantische Geläufigkeit getestet und keine Zusammenhänge mit der Höhe der HF-EMF-Exposition im Gehirn beobachtet, obwohl diese deutlich höher war als bei den Kindern. Die statistische Signifikanz wurde in dieser Studie ohne eine Korrektur für multiples Testen angegeben und daher diskutieren die Autoren die Möglichkeit, dass die beobachtete signifikante Assoziation aus insgesamt 15 statistischen Tests ein Zufallsergebnis darstellen könnte. In einer epidemiologischen Analyse bei drei Kohorten aus Dänemark, Spanien und Südkorea wurde untersucht, ob die kognitive Entwicklung im Alter von fünf Jahren mit der mütterlichen Mobiltelefonnutzung in der Schwangerschaft zusammenhängt (Sudan et al. 2018). Insgesamt wurden Daten von 3 089 Kindern berücksichtigt. Unter Berücksichtigung von verschiedenen Co-Faktoren gab es keinen Zusammenhang mit verbalen, non-verbalen und allgemeinen kognitiven Funktionen, obwohl ein nicht-signifikanter negativer Trend mit zunehmender Mobiltelefonnutzung ersichtlich war.
Eine Längsschnittstudie in australischen Grundschulen untersuchte zwischen 2011 und 2013 den Zusammenhang zwischen Mobiltelefonnutzung und kognitiver Funktion bei 412 Schülern im Alter von ungefähr zehn Jahren (Brzozek et al. 2019). Die Häufigkeit von Mobiltelefonanrufen wurde von den Eltern erfragt. Insgesamt wurden acht verschiedene kognitive Tests durchgeführt. Kinder mit einer geringen Mobiltelefonnutzung machten mehr Fehler in der Groton-Labyrinth-Lernaufgabe und füllten einen Teil des Stroop-Farbworttests langsamer aus als Kinder mit einer höheren Mobiltelefonnutzung. Die Nutzung von Mobiltelefonen war aber in dieser Kohorte gering.
In der Meta-Analyse von Ishihara et al. (Ishihara et al. 2020) wurden zwölf epidemiologische Studien zu kognitiven Funktionen bei Kindern und Jugendlichen eingeschlossen, welche bis 2019 publiziert wurden. In diesen Studien wurden insgesamt 477 Assoziationen berichtet. Davon waren 86 % nicht statistisch signifikant. Tendenziell wurden Zusammenhänge eher bei Jugendlichen als bei Kindern beobachtet, eher in neueren Studien und eher in Studien, welche objektive statt subjektive Expositionsabschätzungsmethoden verwendeten. Gemäß den Autoren könnten die 14 signifikanten Assoziationen aufgrund der vielen Vergleiche (multiples Testen) auch auf Zufall zurückzuführen sein.
A-2.1.2 Humanexperimentelle Studien
In einer Studie von Vecsei et al. (Vecsei et al. 2018a) wurden neben Effekten einer UMTS- bzw. LTE- Exposition auf das Wach-EEG in Ruhe (siehe Abschnitt A-2.4.1) auch Effekte auf kognitive Funktionen untersucht. Vor und nach einer 20-minütigen Exposition mit LTE (n = 34, SAR = 1,8 W kg-1) bzw. UMTS (n = 26, SAR < 2,0 W kg-1) und einer Sham-Exposition wurde ein Farb-Wort Stroop-Test durchgeführt und Expositionseffekte wurden im prä-post Vergleich analysiert. Es zeigte sich, dass weder die Geschwindigkeit der Informationsverarbeitung noch die selektive Aufmerksamkeit im Stroop-Test in Abhängigkeit von der Exposition variierten.
Im Rahmen einer Studie zum Einfluss einer dreistündigen Exposition mit einem UMTS-Signal (1 930 MHz bis 1 990 MHz) vor dem Schlafengehen auf den nachfolgenden Schlaf haben Lowden et al. (Lowden et al. 2019) auch Effekte auf kognitive Funktionen analysiert. Die Stichprobe umfasste 22 Proband*innen (7 Frauen und 15 Männer) im Alter von 18 Jahren bis 19 Jahren. Vor Beginn und nach Ende einer dreistündigen Exposition vor dem Schlafengehen (19:45 Uhr bis 23:00 Uhr einschließlich einer 15-minütigen Pause) wurde ein computergestützter Farb-Wort Stroop-Test durchgeführt. Der Abstand der Nächte mit Scheinexposition und UMTS-Exposition (maximale SAR = 1,6 W kg-1) betrug in dieser doppelblind im Crossover-Design durchgeführten Studie eine Woche. Es wurden zwei konsekutive Nächte pro Expositionsbedingung durchgeführt. Eine Varianzanalyse mit Messwiederholungen ergab, dass die Exposition keinen Einfluss auf die Reaktionszeit im Stroop-Test hatte.
Ein bisher nicht untersuchter Aspekt ist die Beeinflussung der schlafbezogenen Gedächtniskonsolidierung durch HF-Exposition. Bueno-Lopez et al. 2021 (Bueno-Lopez et al. 2021) untersuchten den Einfluss einer achtstündigen WLAN-Exposition (2,45 GHz, maximale SAR < 25 mW kg-1, Sechs-Minuten-Mittelwert: < 6,4 mW kg-1) während der gesamten Nacht auf die Konsolidierung des deklarativen, emotionalen und prozeduralen Gedächtnisses an 30 jungen gesunden Männern im Alter von 20 Jahren bis 30 Jahren. Das deklarative Gedächtnis wurde mit einer Wortpaar-Assoziationsaufgabe erfasst, das emotionale Gedächtnis mit einer Gesichtswiedererkennungsaufgabe und das prozedurale Gedächtnis mit einer Aufgabe zum sequenziellen Fingertippen. Während das emotionale und das prozedurale Gedächtnis durch WLAN-Exposition nicht beeinflusst waren, zeigte sich in der deklarativen Gedächtnisaufgabe unter Exposition eine signifikant bessere Gedächtnisleistung im Recall am Morgen als unter der Scheinbedingung. Da dieses auf der Verhaltensebene beobachtete Ergebnis in als assoziiert diskutierten physiologischen Parametern nicht reflektiert wird (Bueno-Lopez et al. 2021, Danker-Hopfe et al. 2020a, siehe auch Abschnitt 4.3.5), könnte die verbesserte deklarative Gedächtnisleistung nach WLAN-Exposition auch als Zufallsbefund gewertet werden.
A-2.1.3 Tierexperimentelle Studien
Eine Verhaltensstudie mit männlichen Wistar-Ratten (Narayanan et al. 2018) verwendete eine GSM-Exposition (900 MHz; Mobiltelefon; 2 W-Leistung; eine Stunde pro Tag, 50 empfangene Anrufe/Stunde, 28 Tage; 146 µW cm-2, 1,15 W kg-1) um das „Verhalten der Platzpräferenzen“ zu testen. Die Tiere zeigten nach Exposition Hyperaktivität und wiesen auch Zellveränderungen in der Amygdala auf. Die Änderungen sind jedoch widersprüchlich und einige Methoden zur Erkennung des Zelltods sind fraglich.
Eine weitere Studie mit männlichen Wistar-Ratten (Hao et al. 2018) untersuchte das Verhalten in einem sogenannten Morris Water Maze-Test. Elektroenzephalografische (EEG)-Messungen sowie biochemische und zytologische Untersuchungen wurden ebenfalls durchgeführt. Die Studie zeigt Änderungen in allen untersuchten Parametern, aber leider gibt es keinen Hinweis auf die Art der Exposition, nur dass es sich um eine Exposition im „Mikrowellenbereich“ handelt und die SAR mit 10,5 W kg-1 berechnet wird.
Ein Verhaltenstest für Stress und Angst wurde in einer Studie mit Charles-Foster-Albino-Ratten durchgeführt (Gupta et al. 2019). Die Tiere wurden eine Stunde pro Tag für 28 Tage 900 MHz, 1 800 MHz oder 2 450 MHz (CW) ausgesetzt. Die Exposition hatte eine Leistungsdichte von 0,1227 W m-2 mit einem entsprechenden
Ganzkörper-SAR-Wert von 0,025 W kg-1 bis 0,070 W kg-1 (0,042 W kg-1 Durchschnitt). Der Kopf erhielt 0,131 W kg-1. Die Tests wurden an den Tagen 21 und 28 durchgeführt und zeigten nur bei den Tieren, die 2 450 MHz ausgesetzt waren, erhöhte Anzeichen von Stress und Unruhe. Zusätzlich waren Plasma-Corticosteron27 und die Spiegel des Hormons CRH-2 und des Glucocorticoid-Rezeptors (intrazellulärer Hormonrezeptor, der Glucocorticoide wie z. B. Cortison und Cortisol bindet) in der Amygdala bei dieser Frequenz erhöht. Zelltod und niedrigere Spiegel der Antioxidantien CAT und SOD wurden auch in Amygdala beobachtet. Der Studie fehlten Informationen zu Expositionsbedingungen und zur Dosimetrie, außerdem weist sie andere experimentelle Schwächen auf. Der Effekt, der nur bei 2 450 MHz auftrat, wird nicht diskutiert. Die Zelltodrate in der Amygdala wird von den Autoren mit 75 %, angegeben. Dies hätte für die Tiere lebensbedrohlich sein müssen, da auch andere Teile des Gehirns betroffen gewesen wären, was aber nicht dokumentiert ist.
Eine Studie von Ahmadi et al. (Ahmadi et al. 2018) untersuchte das inhibitorische Vermeidungsgedächtnis bei männlichen Wistar-Ratten. Die Tiere wurden einem GSM 900 MHz-Signal ausgesetzt (von einem Mobiltelefon; 50 Anrufe pro Tag, 35 Sekunden an, 15 Sekunden aus; vier Wochen; 4,17 V m-1; 0,69 W kg-1 SAR). Die Exposition war statistisch mit einer Verschlechterung des Gedächtnisses verbunden und konnte pharmakologisch mit Auswirkungen auf Opioidsignalsysteme und der Hemmung der NO-Synthese in Verbindung gebracht werden.
Jugendliche und erwachsene männliche Wistar-Ratten wurden drei Wochen lang (ein oder zwei Stunden pro Tag) täglich 2,45 GHz (2,8 mW cm-2; 5,24 W kg-1; Racek et al. 2018) ausgesetzt. Die Tiere wurden nach Exposition auf Risikovermeidungsverhalten untersucht, und die Autoren untersuchten auch, ob neuronale Stammzellen in der subventrikulären Zone des lateralen Hirnventrikels betroffen waren. Die jungen Tiere zeigten in dieser Region einen erhöhten Zelltod und auch eine lokomotorische Hyperaktivität. Die erwachsenen Ratten zeigten eine verminderte Zellproliferation, die drei Monate nach der Exposition nicht mehr beobachtet wurde. Bei diesen Tieren wurden keine Auswirkungen auf das Verhalten beobachtet.
Männliche Wistar-Ratten zeigten in einer Studie von Tan et al. (Tan et al. 2017) nach HF-EMF-Exposition beeinträchtigte kognitive Fähigkeiten (räumliches Lernen und Gedächtnisfähigkeit) sowie Zellschäden und Stoffwechselstörungen im Hippocampus. Die Effekte traten bei 10 mW cm-2 auf, jedoch nicht bei 5 mW cm-2, unabhängig von der Frequenz (1,5 GHz oder 2,856 GHz). Die Expositionen dauerten sechs Minuten, entweder bei einer der Frequenzen oder beiden nacheinander. Die SAR-Werte wurden mit 1,7 W kg-1 und 3,7 W kg-1 bei 1,5 GHz sowie 1,6 W kg-1 und 3,7 W kg-1 bei 2,8766 GHz berechnet.
Zwei aktuelle Studien stammen von Othman et al. (Othman et al. 2017a, Othman et al. 2017b). In der ersten Studie wurden männliche Wistar-Ratten einem WLAN-Signal ausgesetzt (2,45 GHz, zwei Stunden pro Tag, 20 Tage). Es gibt keine Informationen zur Leistungsdichte oder zu SAR-Werten. Die Ratten zeigten eine erhöhte Angst, aber keine Auswirkungen auf das räumliche Lernen und Gedächtnis, Anzeichen von oxidativem Stress, aber keine Synergie mit Rückhaltebedingungen. Die gleiche Exposition wurde auch in der zweiten Studie (Othman et al. 2017b) verwendet, in der weibliche Ratten während ihrer gesamten Trächtigkeitsperiode exponiert wurden. Die Nachkommen wurden zu verschiedenen Zeitpunkten nach der Geburt auf verschiedene kognitive Merkmale untersucht. 17 Tage nach der Geburt wurden negative Auswirkungen auf die neuronale Entwicklung beobachtet, aber später in ihrer Entwicklung wurden keine Auswirkungen auf die motorischen Fähigkeiten oder den Stress gesehen. Es gab vorübergehende Auswirkungen auf oxidativen Stress.
Männliche Sprague-Dawley-Ratten wurden in einer Studie von Barthelemy et al. (Barthelemy et al. 2016) verwendet, die 15 Minuten lang 1,5 W kg-1 oder 6 W kg-1 oder 45 Minuten lang 6 W kg-1 ausgesetzt waren. Der Astrozytenmarker28 GFAP stieg bei beiden SAR-Werten an, es gab jedoch keine Auswirkungen auf die Myelin-Basic-Protein- oder Amyloid-β1-40-Spiegel. Das Langzeitgedächtnis war bei 6 W kg-1 beeinträchtigt, während Emotionalität und Fortbewegung nicht beeinflusst wurden. Die Daten legen nahe, dass eine reaktive Gliose induziert werden kann und dass bestimmte kognitive Funktionen beim höheren SAR-Wert beeinträchtigt werden.
A-2.2 Zerebraler Blutfluss und Hirnstoffwechsel (Details zu Abschnitt 4.3.2)
A-2.2.1 Humanexperimentelle Studien
In den letzten Jahren wurden keine Arbeiten zu diesem Outcome-Parameter publiziert.
A-2.2.2 Tierexperimentelle Studien
In den letzten Jahren wurden keine Arbeiten zu diesem Outcome-Parameter publiziert.
A-2.3 Ereigniskorrelierte und evozierte Potenziale (Details zu Abschnitt 4.3.3)
A-2.3.1 Humanexperimentelle Studien
In einer Studie mit 36 gesunden Teilnehmer*innen (je 18 Männer und 18 Frauen) im Alter von 18 Jahren bis 52 Jahren (Mittelwert ± SD: 24,4 ± 6,3 Jahre) untersuchten Dalecki et al. (Dalecki et al. 2018) Effekte einer Exposition mit einem GSM-ähnlichen Signal (920 MHz, SAR: 1 W kg-1 und 2 W kg-1) sowie Sham auf visuell evozierte Potenziale. Nach einer ersten Session, die zur Kalibrierung und zum Üben der
Aufgabe diente, folgten mit wöchentlichem Abstand drei weitere Sitzungen, in denen die Teilnehmer*innen zu einer individuell festgelegten Tageszeit mit jeweils einer der drei Expositionen in einem doppelblinden, counterbalancierten Crossover-Design exponiert wurden. Die kognitive Aufgabe war eine visuelle Diskriminierungsaufgabe mit insgesamt 360 Trials zu leichten, schweren und keinen Targets. Der Schwierigkeitsgrad der Aufgabe wurde auf der Basis der Performance in der ersten Kalibrierungs- bzw. Übungssitzung festgelegt. Jede experimentelle Sitzung umfasste zwei Blöcke. In einem ersten 30-minütigen Block wurden die Teilnehmer*innen unter der Bedingung „HF-ON“ getestet, wobei diese Bedingung entweder eine Verum- oder eine Scheinexposition sein konnte. In einem zweiten 30-minütigen Block wurde dann unter der Bedingung „HF-OFF“ getestet. Während der Experimente trugen sie einen Thermosuit, um sicherzustellen, dass die Umgebungstemperatur und vorausgehende Aktivitäten keinen Einfluss auf die Ergebnisse hatten. Nach sorgfältiger Kontrolle von Artefakten in der EEG-Aufzeichnung (Einstreuung von Potenzialen, die nicht aus dem Gehirn stammen) wurden Amplituden und Latenzen für sieben Komponenten des visuell evozierten Potenzials unter folgenden Aspekten ausgewertet: a) Vergleich der unter Sham beobachteten Ergebnisse mit den über die beiden GSM-Expositionen gemittelten Werte und b) Vergleich der unter den beiden GSM-Expositionsbedingungen beobachteten Ergebnisse. Beide Analysen wurden getrennt für leichte und schwere Targets durchgeführt. Unklar ist, ob mögliche Interferenzen zwischen dem Aufzeichnungsgerät und den elektromagnetischen Feldern überprüft wurden. Zwischen den GSM-Expositionen ließen sich keine statistisch signifikanten Unterschiede in den Amplituden und den Latenzen der visuell evozierten Potenziale beobachten. Unter der Sham-Bedingung war die P1-Amplitude bei den leichten Targets statistisch signifikant geringer als unter den gemittelten GSM-Expositionsbedingungen, während bei schweren Targets die Latenz bis zum Auftreten der N1a-Komponente des visuellen Potenzials statistisch signifikant länger war. Da nur zwei von insgesamt 56 Tests zu statistisch signifikanten Ergebnissen geführt haben, werden sie als mögliche Zufallsbefunde interpretiert.
A-2.3.2 Tierexperimentelle Studien
Eine Studie von Hidisoglu et al. (Hidisoglu et al. 2018) untersuchte akustisch evozierte Potenziale (AEP) bei bewegungsbeschränkten männlichen Wistar-Ratten. Die Tiere wurden 2,1 GHz ausgesetzt (zwei Stunden pro Tag, sieben Tage; 217 Hz-Modulation; E-Feld 35,2 V m-1; Ganzkörper-SAR 0,128 W kg-1; Gehirn-SAR 0,22 W kg-1). Die AEPs wurden einen Tag nach der Exposition aufgezeichnet, während ein Ton (800 Hz, 85 dB) an die Tiere gesendet wurde. Eine Zunahme der AEP-Amplitude sowie der „evozierten Leistung“ und der Phasensynchronisation wurde registriert. Die biochemische Analyse der Hirnrinde zeigte einen verringerten oxidativen Stress. Die Studie von Occelli et al. (Occelli et al. 2018) widerspricht teilweise der vorherigen Studie. Die bewegungsbeschränkten männlichen Wistar-Ratten wurden einem 1 800-MHz-GSM-Signal ausgesetzt (zwei Stunden; 1,55 W kg-1 im auditorischen Kortex, dem Hörzentrum im Gehirn). In diesem Fall verringerte dieser Zustand die elektrophysiologische Reaktion. Darüber hinaus konnten die Auswirkungen nur bei Tieren beobachtet werden, die mit LPS (einem Entzündungsinduktor) vorbehandelt wurden. Es wurde festgestellt, dass ein Marker für die Aktivierung von Gliazellen (iba1) bei exponierten LPS-behandelten Tieren im auditorischen Kortex erhöht ist. Im präfrontalen Kortex, wo der SAR-Wert mit 0,68 W kg-1 niedriger war, wurde dieser Effekt jedoch nicht beobachtet.
A-2.4 Ruhe-EEG im Wachzustand (Details zu Abschnitt 4.3.4)
A-2.4.1 Humanexperimentelle Studien
In einer Studie mit doppelblindem, randomisiertem und balanciertem Crossover-Design untersuchten Loughran et al. (Loughran et al. 2019), ob ein in früheren Studien wiederholt beobachteter HF-EMF-Effekt auf das Ruhe-EEG im Wachzustand möglicherweise über thermische Mechanismen vermittelt wird. Die Stichprobe umfasste je 18 Männer und Frauen im Alter von 18 Jahren bis 52 Jahren. Die Proband*innen wurden zu vier separaten Terminen einbestellt. Der erste diente zur Gewöhnung, es folgten drei Termine, an denen die Proband*innen randomisiert für 30 Minuten entweder mit einer Scheinexposition oder mit einem 920 MHz GSM ähnlichen Signal exponiert wurden, wobei zwei SAR-Level verwendet wurden: maximale SAR von 1 W kg-1 und maximale SAR 2 W kg-1. Von den mit geöffneten Augen abgeleiteten 19 EEG-Kanälen wurden neun ausgewertet, die zu drei Regionen zusammengefasst wurden: frontal, zentral und parietal. Die Hauttemperatur wurde mit an verschiedenen Körperstellen angebrachten Thermistoren registriert, wobei die an der dorsalen Oberfläche der distalen Phalanx des linken Mittelfingers gemessene Temperatur als Surrogat für die lokale Hautdurchblutung herangezogen wurde. Ein Einfluss der Umgebungstemperatur wurde durch einen Thermosuit kontrolliert. Tests mit einseitiger Irrtumswahrscheinlichkeit zeigten, dass die Prä-post-Veränderung der EEG-Power im Alpha-Frequenzbereich (8 Hz bis 12 Hz) unter Exposition mit 2 W kg-1 statistisch signifikant höher war als unter der Scheinexposition. Für die Exposition mit 1 W kg-1 war die entsprechende Veränderung nicht statistisch signifikant. Offen bleibt, an welchen Lokalisationen dieses Ergebnis beobachtet wurde. Für den arteriellen Blutdruck wurden keine Expositionseffekte beobachtet.
Vecsei et al. (Vecsei et al. 2018a), die ebenfalls den Einfluss von HF-EMF auf das Alpha-Frequenzband (8 Hz bis 12 Hz) des Ruhe-EEGs im Wachzustand untersuchten, kamen zu einem Ergebnis, das im Gegensatz zu den Beobachtungen von Loughran et al. (Loughran et al. 2019) steht. In zwei unabhängigen Experimenten untersuchten sie den Einfluss einer 20-minütigen UMTS- (1 947 MHz Trägerfrequenz, Modulation: 5 MHz; durchschnittliche SAR in Phantommessungen < 2 W kg-1) bzw. LTE-Exposition (1 750 MHz Trägerfrequenz, 20 MHz Bandbreite; maximale SAR = 1,8 W kg-1) an insgesamt 60 jungen, gesunden Universitätsstudierenden. An der doppelblinden, randomisierten und balancierten Studie zur UMTS-Exposition nahmen 34 Studierende (20 Frauen und 14 Männer) im mittleren Alter von 20 ± 3 Jahren teil, an der LTE-Studie 26 Personen (je 13 Männer und Frauen) im mittleren Alter von 21 ± 3 Jahren. Die HF-EMF- und die Scheinexposition erfolgten an zwei Untersuchungstagen in einem zeitlichen Abstand von mindestens einer Woche. Die beiden Testungen wurden für eine Teilnehmerin oder einen Teilnehmer zur gleichen
Tageszeit (8:00 Uhr vormittags oder 18:00 Uhr nachmittags) durchgeführt. Die Zeiten wurden über die Versuchspersonen balanciert zugewiesen. Das EEG wurde mit einer EEG-Haube an 32 Positionen vor, während und nach der Exposition bei geöffneten Augen und kontrolliertem visuellen Stimulus abgeleitet. Es wird nicht berichtet, ob eine mögliche Interferenz zwischen der Exposition und dem EEG-Aufzeichnungsgerät kontrolliert wurde. In dieser Studie wurde im Gegensatz zu der Studie von Loughran et al. (Loughran et al. 2019) unter Exposition eine geringere EEG-Power im Alpha-Frequenzbereich beobachtet. Die verminderte Power war auch nach Ende der Exposition noch zu beobachten.
Nakatani-Enomoto et al. (Nakatani-Enomoto et al. 2020) haben den Effekt einer 30-minütigen Exposition mit einem LTE-ähnlichen Signal (1 950 MHz) auf das Wach-EEG in Ruhe untersucht. Vermutlich wurde die Studie in einem doppelblinden Crossover-Design durchgeführt. Leider geben die Autoren nur an, dass die Person, die das EEG ausgewertet hat, blind für die Expositionsbedingung war. Die Exposition wurde automatisch zufällig zugeordnet, sie wurde mit einer Patch-Antenne durchgeführt, die auf dem Kopf der Teilnehmer*innen vor dem rechten Ohr fixiert war. Ob die Expositionszuordnung auch counterbalanced war, bleibt offen. Die maximale SAR betrug 2,0 W kg-1 auf der Kopfoberfläche direkt unter der Antenne. Das Hochfrequenzfeld war nach visueller Inspektion durch die Elektroden nicht beeinflusst. Leider wird nicht mitgeteilt, ob auch ein möglicher Einfluss der Hochfrequenzexposition auf das Aufzeichnungsgerät überprüft wurde. Das EEG wurde bei geschlossenen Augen mit einer 128 Kanäle umfassenden Haube für insgesamt 60 Minuten (davon die mittleren 30 Minuten mit Exposition) abgeleitet. Davon wurden 10 Kanäle zur Auswertung herangezogen. Die Experimente wurden an unterschiedlichen Tagen durchgeführt und begannen entweder um 13:00 Uhr oder um 15:00 Uhr. Es wird nicht berichtet, ob die Tageszeit individuell konstant gehalten wurde. Artefakte in der EEG-Aufzeichnung wurden visuell detektiert und eliminiert. Vier Teilnehmer*innen wurden von der statistischen Analyse ausgeschlossen, so dass die finale Analysestichprobe 17 Männer und 17 Frauen im Alter von 20 Jahren bis 36 Jahren umfasste. Ob die Expositionssequenzen gleich verteilt waren, wird weder für die ursprüngliche noch für die Analysestichprobe mitgeteilt. Zur Analyse wurden die Powerspektralwerte nach Frequenzbändern ausgewertet: Delta (0,5 Hz bis 3,8 Hz), Theta (4 Hz bis 7,8 Hz), Alpha (8 Hz bis 12,8 Hz) und Beta (13 Hz bis 30 Hz). Eine rmANOVA mit Exposition (LTE oder Sham) und Zeit (vor, während bzw. nach Exposition) und deren Interaktion war auf die Frequenzbänder Theta, Alpha und Beta beschränkt. Sie wurde getrennt für die zehn Elektrodenpositionen durchgeführt. Es zeigte sich, dass Zeit einen statistisch signifikanten Effekt auf die Powerspektralwerte an je fünf Lokalisationen für das Theta- und das Alpha-Frequenzband hatte. Ein statistisch signifikanter Expositions- und/oder Interaktionseffekt wurde nicht beobachtet.
An einer Stichprobe von 21 jungen gesunden Proband*innen (7 Frauen und 14 Männer) im Alter von 19 Jahren bis 36 Jahren untersuchten Wei et al. (Wei et al. 2019) mittels funktioneller Magnetresonanztomografie (fMRI), ob eine 30-minütige Exposition mit einem LTE-Signal (2 673 GHz) einen Einfluss auf die intra-regionale Konnektivität des Gehirns hat. In dieser randomisiert und im balancierten Crossover-Design durchgeführten Studie waren die Proband*innen und die Auswerteperson blind für die Expositionsbedingung, während die Person, welche die Untersuchung durchgeführt hat, es nicht war. Die Untersuchungen mit der Schein- und der LTE-Exposition wurden an zwei konsekutiven Tagen mit einem 3,0 T MRT jeweils vor und nach der Exposition durchgeführt. Unklar ist, ob die Tageszeit kontrolliert wurde. Eine numerische Simulation ergab eine mittlere maximale SAR von 0,98 ± 0,27 W kg-1, das Maximum betrug 1,52 W kg-1. Als Ergebnisparameter wurde der regionale Homogenitätsindex untersucht. Die Prä-post-Differenzen waren unter LTE-Exposition für drei regionale Cluster statistisch signifikant, während für die Scheinexposition keine statistisch signifikanten Unterschiede beobachtet wurden. Die unter LTE betroffenen Cluster wurden als Volumes of Interest (VOI) definiert. Für sie wurde eine statistisch signifikant erhöhte funktionelle Konnektivität zu anderen Hirnregionen beobachtet. Nach einer akuten LTE-EMF-Exposition war also die Konnektivität sowohl intra-regional als auch inter-regional für einige Hirnregionen erhöht. Unklar bleibt, ob (trotz anders lautender subjektiver Angaben) ausgeschlossen werden kann, dass Proband*innen während der Untersuchung eingeschlafen waren.
A-2.5 Schlaf-EEG (Details zu Abschnitt 4.3.5)
A-2.5.1 Humanexperimentelle Studien
In der unter A-2.1.2 bereits zitierten Studie von Lowden et al. (Lowden et al. 2019) wurden mit einem doppelblinden Crossover-Design primär Effekte einer dreistündigen Exposition mit einem UMTS-Signal (maximale SAR = 1,6 W kg-1) vor dem Schlafengehen auf den ab 23:30 Uhr über 7,5 Stunden aufgezeichneten Schlaf untersucht. Nach einer Adaptationsnacht29 wurden die Experimentalnächte (jeweils zwei konsekutive Nächte mit gleicher Exposition) mit einem einwöchigen Abstand durchgeführt. Die Publikation enthält keine Angaben bezüglich einer randomisierten und/oder balancierten Zuordnung von Expositionen. Von den ursprünglich 22 Proband*innen mussten vier wegen technischer Probleme mit der Aufzeichnung des Elektroenzephalogramms (EEG) ausgeschlossen werden. Die Ergebnisse zu Auswirkungen auf die Makrostruktur des Schlafes (13 Parameter) und die Powerspektralwerte in sechs Frequenzbändern (getrennt für den NREM- und den REM-Schlaf) basierten auf Daten von 18 Proband*innen. Während keine Expositionseffekte auf die Makrostruktur des Schlafes beobachtet wurden, ließ sich im REM-Schlaf für den langsamen Spindelfrequenzbereich eine statistisch signifikante Reduktion der Power unter UMTS-Exposition beobachten. Die Autor*innen werteten dieses Ergebnis als Bestätigung früherer Ergebnisse. Dies trifft aus Sicht der SSK so jedoch nicht uneingeschränkt zu, da a) in früheren Studien häufig eine erhöhte Power im Spindelfrequenzbereich unter Exposition beobachtet wurde und b) die Ergebnisse früherer Studien sich auf den NREM-Schlaf beziehen, während die Reduktion der Power in der vorliegenden Arbeit im REM-Schlaf beobachtet wurde.
Viele der in humanexperimentellen Studien berücksichtigten Outcome-Parameter variieren in Abhängigkeit vom Geschlecht und mit dem Alter. Ob HF-EMF-Effekte möglicherweise auch geschlechtsspezifisch sind bzw. ob sie mit dem Alter variieren, ist bisher kaum untersucht. Danker-Hopfe et al. (Danker-Hopfe et al. 2020b) untersuchten Geschlechtsunterschiede in der Reaktion auf eine Exposition durch hochfrequente elektromagnetische Felder bei älteren Männern und Frauen (60 bis 80 Jahre, 30 Männer und 30 Frauen). Nach einer Adaptations- und Screeningnacht verbrachten die Teilnehmer*innen je neun Nächte im Schlaflabor. In diesen Nächten, die jeweils im Abstand von ca. einer Woche (mindestens 72 Stunden) stattfanden, wurden sie balanciert in einem blockrandomisierten doppelblinden Studiendesign während des Schlafes (7,5 Stunden plus 30 Minuten vor dem Schlafengehen) je dreimal mit GSM 900 (maximale SAR = 2 W kg-1), TETRA (maximale SAR = 6 W kg-1) sowie mit Sham exponiert. Um Zufallsschwankungen der Schlafparameter zu minimieren, wurden zur Auswertung robuste Mittelwerte pro Expositionsbedingung herangezogen. Ausgeprägte Unterschiede im Schlaf zwischen älteren Männern und Frauen sind durch eine vergleichende Analyse der Daten unter Scheinexposition belegt. Für 14 der gemessenen 30 Parameter zu Schlaf-Wachzeiten, zur Schlafinitiierung, zur Schlafarchitektur sowie zur Schlafkontinuität waren statistisch signifikante Unterschiede zu beobachten. Expositionseffekte (GSM und/oder TETRA) zeigten sich sowohl bei den älteren Männern als auch bei den älteren Frauen in Form einer Reduktion von Arousalreaktionen30 im Schlaf und einem früheren Erreichen des Tiefschlafs. Geschlechtsspezifische Expositionseffekte ließen sich für folgende Parameter beobachten: die Zeit bis zum Erreichen von REM-Schlaf (kürzer bei Frauen unter beiden Expositionsbedingungen, bei Männern tendenziell länger) und die Wachzeit innerhalb der Schlafperiodenzeit (kürzer bei Frauen unter TETRA-Exposition, bei Männern geringfügig länger). Insgesamt fanden sich bei Frauen deutlich mehr statistisch signifikante Expositionseffekte als bei Männern. Keine der beobachteten statistisch signifikanten Veränderungen lässt jedoch auf eine Störung des Schlafes durch die Exposition schließen. Aus den für ältere Personen beobachteten Geschlechtsunterschieden von HF-EMF-Effekten lässt sich ableiten, dass auch für jüngere Personen entsprechende Daten stratifiziert für Männer und Frauen ausgewertet werden sollten. Bei jüngeren Frauen stellt jedoch die Kontrolle des Menstruationszyklus eine logistische Herausforderung dar.
Ob die bei Danker-Hopfe et al. (Danker-Hopfe et al. 2020b) beschriebenen HF-EMF-Expositionen möglicherweise in Abhängigkeit vom Alter unterschiedliche Effekte auf den Schlaf haben, wurde von Eggert et al. (Eggert et al. 2020) untersucht. Dazu wurden einerseits Daten der im Geschlechtervergleich von Danker-Hopfe et al. (Danker-Hopfe et al. 2020b) bereits berücksichtigten älteren Männer (MW ± SD: 69,1 ± 5,5 Jahre) herangezogen. Andererseits wurden Daten für je 30 junge Männer aus zwei weiteren Studien herangezogen (GSM-Exposition: MW ± SD: 25,5 ± 2,4 Jahre; TETRA-Exposition: MW ± SD: 25,8 ± 2,4 Jahre, für Effekte der GSM-Exposition auf jüngere Männer siehe auch Danker-Hopfe et al. 2011). Das Studiendesign mit insgesamt einer Adaptations- und Screeningnacht sowie neun Messnächten und mit randomisierter doppelblinder Crossover-Exposition (GSM 900: maximale SAR = 2 W kg-1; TETRA: maximale SAR = 6 W kg-1 und Sham) entspricht dem bei Danker-Hopfe et al. (Danker-Hopfe et al. 2020b) beschriebenen Ansatz. Gleiches gilt für den statistischen Analyseansatz und die untersuchten Zielparameter. Unabhängig von der Exposition ließen sich unter der Sham-Bedingung statistisch signifikante Altersunterschiede in 73 % der untersuchten Schlafparameter beobachten. In der rmANOVA mit dem Alter und der Exposition (GSM vs. Sham) als Faktoren sowie deren Interaktion ließ sich für keinen der 30 objektiven Schlafparameter ein statistisch signifikanter Expositionseffekt bzw. ein signifikanter Interaktionseffekt beobachten. In der rmANOVA mit TETRA vs. Sham als Exposition und dem Alter als Faktoren sowie deren Interaktion zeigte sich, dass sich bei älteren und jüngeren Männern unter TETRA-Exposition im Vergleich zu Sham eine verkürzte Einschlaflatenz beobachten ließ. Unterschiedlich waren die Effekte der TETRA-Exposition bei jungen und älteren Männern auf die Arousal im REM-Schlaf. Sie nahmen unter Exposition im Vergleich zu Sham bei älteren Männern ab, während sie bei jungen Männern tendenziell häufiger auftraten. Ein Vergleich der Studien von Danker-Hopfe et al. (Danker-Hopfe et al. 2020b) und Eggert et al. (Eggert et al. 2020) zeigt, dass Unterschiede in HF-EMF-Expositionseffekten zwischen älteren Männern und Frauen ausgeprägter sind als zwischen jüngeren und älteren Männern.
Ebenfalls mit Einflüssen von HF-EMF-Exposition auf den Schlaf beschäftigte sich eine Studie von Danker-Hopfe et al. (Danker-Hopfe et al. 2020a). Sie untersuchten den Einfluss einer Ganznacht-WLAN-Exposition (8 Stunden, 2,45 GHz, maximale SAR = 6,4 mW kg-1) an 34 jungen gesunden männlichen Probanden im Alter von 20 Jahren bis 30 Jahren). Nach einer Adaptations- und Screeningnacht verbrachten die Probanden im Abstand von einer Woche zwei Experimentalnächte im Labor, in denen sie randomisiert und ausbalanciert entweder mit WLAN oder scheinexponiert wurden. Jeder Experimentalnacht ging eine Baselinenacht31 im Labor voraus. Für die insgesamt 30 untersuchten Parameter zu Schlaf-Wachzeiten, zur Schlafinitiierung, zur Schlafarchitektur sowie zur Schlafkontinuität wurde kein statistisch signifikanter Unterschied zwischen den Expositionsbedingungen beobachtet. Hinsichtlich der Mikrostruktur des Schlafes wurde im NREM-Schlaf unter WLAN-Exposition eine statistisch signifikante Reduktion der globalen EEG-Power (EEG abgeleitet an 19 Elektrodenpositionen) im Alpha-Frequenzband (8,00 Hz bis 11,75 Hz) im Vergleich zur Scheinexposition beobachtet. In dieser Studie wurden auch Daten zum HF-Effekt auf die schlafbezogene Gedächtniskonsolidierung erhoben. Aufgrund von Protokollabweichungen lagen Daten zur Gedächtniskonsolidierung nur von 30 Probanden vor (Danker-Hopfe et al. 2020a, siehe auch Abschnitt A-2.1.2). Für diese Teilstichprobe wurden auch lernassoziierte physiologische Parameter der Hirnaktivität (Powerspektralwerte für langsame Oszillationen und für den Spindelfrequenzbereich sowie die Schlafspindeldichte) analysiert. Keine dieser Mikrostrukturen des Schlafes variierte signifikant in Anhängigkeit von der Exposition (Danker-Hopfe et al. 2020a).
A-2.6 Autonomes Nervensystem und kardiovaskuläres System (Details zu Abschnitt 4.3.6)
A-2.6.1 Humanexperimentelle Studien
In einer randomisierten, balancierten, doppelblinden Studie an 28 gesunden Proband*innen (je 14 Männer und Frauen) im Alter von 19 Jahren bis 31 Jahren untersuchten Selmaoui et al. (Selmaoui et al. 2018) mögliche Auswirkungen von HF-Exposition auf die elektrodermale Aktivität als Reaktion auf einen akustischen Stimulus. Die insgesamt 61 Minuten dauernden Testsessions, die eine 26,25 Minuten dauernde Expositionsphase umfassten, wurden im Abstand von mindestens einer Woche zur gleichen Tageszeit durchgeführt. Die SAR-Werte betrugen 0,49 W kg-1 (maximale SAR über 10 g gemittelt), 0,70 W kg-1 (maximale SAR über 1 g gemittelt) und 0,93 W kg-1 (peak SAR). Der akustische Stimulus war ein 0,3 Sekunden dauernder Signalton (60 dB und 1 000 Hz), der mit einem Interstimulus-Intervall von 15 Sekunden präsentiert wurde. Aus dem visuell artefaktbereinigten Signal wurden neben Amplituden der tonischen und phasischen Aktivität weitere Variablen der Hautleitfähigkeitsreaktion berechnet. Keiner der Ergebnisparameter war unter HF-Exposition im Vergleich zur Scheinexposition statistisch signifikant verändert. Das lässt darauf schließen, dass HF-Exposition keinen Einfluss auf die sympathische Aktivität des autonomen Nervensystems hat.
Misek et al. (Misek et al. 2018) untersuchten den Effekt eines gepulsten 1 788 MHz-Signals auf die Herzratenvariabilität (HRV) bei 46 Gymnasiast*innen (16 männliche und 30 weibliche) im Alter von 16,7 Jahren bis 23,2 Jahren. In einem Parallelgruppendesign32 wurden einfach blind 23 Teilnehmer*innen (8 männliche und 15 weibliche) zweimal für je 15 Minuten konsekutiv mit Sham exponiert, die anderen 23 (ebenfalls 8 männliche und 15 weibliche) wurden zunächst 15 Minuten mit Sham und danach 15 Minuten mit einem 1 788 MHz-Signal (maximale SAR = 0,405 W kg-1) exponiert. Zwei der sieben untersuchten Outcome-Parameter (die Power im höheren Frequenzband der HRV und die RR-Intervalle) zeigten unter HF-Exposition einen Anstieg im Liegen, was nach Aussage der Autoren auf eine erhöhte parasympathische Aktivität hinweist. Nicht überprüft wurde, ob es Interferenzen zwischen dem HF-Feld und dem Aufzeichnungsgerät gab, die EKG Aufzeichnungen wurden mit Bluetooth übermittelt.
In einer anderen Studie zum Einfluss von Hochfrequenzexposition auf Parameter der Herzratenvariabilität (Wallace et al. 2020) wurde erwähnt, dass mögliche Artefakte im EKG durch das 900 MHz-GSM-Signal dadurch vermieden wurden, dass zwischen dem Mobiltelefon, mit dem die Exposition erfolgte, und den Elektroden ein Abstand von 7,5 cm eingehalten wurde. Die Daten wurden im Rahmen einer doppelblinden randomisierten counterbalancierten Cross-over-Studie33 zum Einfluss dieses Signals auf das EKG erhoben. Die Datenerhebung für die GSM- und die Sham-Exposition erfolgte im Abstand von einer Woche zur gleichen Tageszeit, um chronobiologisch begründete Schwankungen der Ergebnisparameter zu kontrollieren. Die Exposition erfolgte wie bei Selmaoui et al. (Selmaoui et al. 2018, siehe Abschnitt A-7.2) beschrieben. Ausgewertet wurden vier Parameter, die der Zeitdomäne der Herzratenvariabilität zugeordnet werden können und fünf die Frequenzdomäne betreffenden Parameter, die während der 26,25 Minuten dauernden Expositionsphase erhoben wurden. Die SAR-Werte betrugen 0,49 W kg-1 (maximale SAR über 10 g gemittelt), 0,70 W kg-1 (maximale SAR über 1 g gemittelt) und 0,93 W kg-1 (peak SAR). Insgesamt ließen drei der neun Parameter statistisch signifikante Unterschiede zwischen der Sham- und der GSM-Exposition erkennen: die Standardabweichung des NN-Intervalls (SDNN), die gesamte Power des Signals sowie die Power der langsamen Frequenzanteile waren unter GSM-Exposition größer als unter Sham-Exposition. Die Autoren stellten heraus, dass sich die meisten der von ihnen untersuchten Parameter der Herzratenvariabilität nicht unterschieden. Sie diskutieren die von ihnen beobachteten statistisch signifikanten Effekte bei leichten physiologischen Unterschieden als Zufallsbefunde.
A-2.7 Neurodegenerative Erkrankungen (Details zu Abschnitt 4.3.7)
A-2.7.1 Epidemiologie
Seit 2018 wurde keine Studie zu neurodegenerativen Erkrankungen im Zusammenhang mit HF-EMF publiziert, welche grundlegende qualitative Anforderungen erfüllt.
A-2.7.2 Tier- und zellexperimentelle Studien
Kürzlich wurde eine für neurodegenerative Erkrankungen relevante Zellstudie veröffentlicht (von Niederhausern et al. 2019). Die Autoren untersuchten die Wirkung von 935 MHz (217 Hz-Modulation; Sprachmodus; 1 W kg-1, 2 W kg-1 oder 4 W kg-1 SAR; 24 Stunden, 10 Sekunden ein, 10 Sekunden aus) auf die SH-SY5Y-Neuroblastomzelllinie. Die Zellen wurden zur Differenzierung (mit Retinolsäure oder Staurosporin) induziert, so dass sich die neuronalen Phänotypen entwickelten. Die Exposition verursachte keine Auswirkungen auf die Differenzierung oder auf die mit der Differenzierung verbundenen zellulären Signalwege. Es gab auch keine Effekte, die auf oxidativen Stress oder mitochondriale Schäden hinweisen könnten. Die Exposition könnte jedoch mit einer Beeinträchtigung der Mitochondrien verbunden sein, da die Zellatmung verringert war, wenn die HF-Exposition gleichzeitig mit dem Glukoseentzug auftrat. Die Studie ist eine der wenigen experimentellen Studien, die alle relevanten Qualitätsmerkmale enthalten.
Eine weitere Studie zur Differenzierung wurde von Zhou et al. (Zhou et al. 2019) veröffentlicht. Ein 2 856-GHz-Signal (4 W kg-1; acht Stunden pro Tag; zwei Tage; Temperaturanstieg 0,93°C bei 4 W kg-1) wurde zur Exposition von Ratten-Phaeochromocytoma PC12-Zellen verwendet. Die Zellen wurden zur Differenzierung mit NGF induziert und die Differenzierungsrate, das Zellüberleben (Apoptose) und die Funktion (ROS-Bildung, intrazelluläre Ca2+-Konzentration) wurden untersucht. Es wurden keine Effekte gesehen.
A-3 Symptome und Wohlbefinden
A-3.1 Epidemiologie (Details zu Abschnitt 4.4.1)
Die bisher umfangreichste und informativste epidemiologische Studie zum Einfluss von Mobiltelefonnutzung auf unspezifische Symptome wurde im Rahmen der internationalen COSMOS-Studie (Schüz et al. 2011) durchgeführt. Dabei wurden Daten zur Mobiltelefonnutzung zu Beginn der Studie mittels Fragebogen und von den Mobilfunkanbietern erfasst. Nach vier Jahren ergab die Studie hinsichtlich Tinnitus und Hörverlust keine Hinweise auf Zusammenhänge. Jedoch traten bei den Teilnehmenden mit den längsten Gesprächszeiten Kopfschmerzen (Auvinen et al. 2019) und Schlaflosigkeit (Tettamanti et al. 2020) häufiger auf. Diese Zusammenhänge wurden vor allem bei Telefonierenden im UMTS-Netz beobachtet, aber nicht bei der Nutzung des durchschnittlich stärker emittierenden GSM-Modus im Endgerät. Somit erscheint es wahrscheinlicher, dass andere, nicht bekannte Faktoren, welche mit intensiver Mobiltelefonnutzung korrelieren, eine Rolle für das Neuauftreten von Kopfschmerzen und Schlaflosigkeit spielen und nicht die Exposition gegenüber HF-EMF.
Wenig informativ sind Querschnittsstudien, welche die Korrelation zwischen Mobiltelefongebrauch und Symptomen analysierten. Solche Studien fanden häufig bei Kindern und Jugendlichen heraus, dass erhöhter Mobiltelefongebrauch mit mehr unspezifischen Symptomen einhergeht, z. B. in China (Liu et al. 2019) oder Serbien und Italien (Visnjic et al. 2018). Diese Art von Querschnittsstudien kann aber nicht klären, wie solche Korrelationen zustande kommen. Neben HF-EMF könnten umgekehrte Kausalität, also, dass unspezifische Symptome eine stärkere Mobilfunknutzung nach sich ziehen, oder andere Aspekte der Mobilfunknutzung zu den beobachteten Korrelationen führen. So fanden sich häufig auch Korrelationen zwischen dem Befinden und der Anzahl verschickter und empfangener Textnachrichten, was kaum zu HF-EMF-Exposition führt. In einer Mediationsanalyse mit Daten aus Hong Kong wurden Hinweise gefunden, dass Schläfrigkeit die Ursache für die Korrelation zwischen Mobiltelefongebrauch und depressiven Symptomen war (Ng et al. 2020). Nächtlicher Mobiltelefongebrauch kann zu ungenügendem Schlaf führen.
In den Niederlanden untersuchten Bolte et al. (Bolte et al. 2019) 57 Freiwillige, die sich selbst als empfindlich gegenüber elektromagnetischen Feldern empfinden. Fünf Tage lang trugen die Teilnehmenden ein Exposimeter und wurden in zufälligen Abständen achtmal am Tag aufgefordert, Informationen über unspezifische körperliche Symptome zu diesem Zeitpunkt zu geben. Auf Gruppenebene gab es keine statistisch signifikanten Zusammenhänge zwischen Exposition und dem Auftreten von Symptomen. Bei der individuellen Analyse von 36 Teilnehmenden gab es bei zwei Personen signifikante Zusammenhänge. Dies könnte auch wegen Confounding oder fehlender Verblindung bei diesem Studienansatz aufgetreten sein.
In der oben erwähnten Kohortenstudie bei britischen Polizeibeamten (vgl. Abschnitt A-1.1) wurde die berufsbedingte Exposition durch TETRA-Personenfunkgeräte auch im Hinblick auf krankheitsbedingte Abwesenheit der Arbeitnehmer bewertet (Elliott et al. 2019). Während die Nutzer im Vergleich zu Nichtnutzern ein ähnliches Risiko hatten, länger als sieben Tage krankheitsbedingt abwesend zu sein, ergaben sich gewisse Hinweise für eine Zunahme von Absenzen mit zunehmender TETRA-Nutzung. Die Autoren diskutieren, dass die beobachteten Assoziationen eher auf unterschiedliche Arbeitsmuster als auf HF-EMF-Exposition zurückzuführen sein könnten.
A-3.2 Experimentelle Humanstudien (Details zu Abschnitt 4.4.2)
In der Studie von Lowden et al. (Lowden et al. 2019) zum Einfluss einer dreistündigen Exposition mit einem UMTS-Signal (1 930 MHz bis 1 990 MHz) vor dem Schlafengehen wurde vor Beginn der Exposition und zwei Stunden nach Beginn der Exposition mit Selbstbeurteilungsinstrumenten die Ausprägung von 19 Symptomen (darunter auch Hautsymptome) und Schläfrigkeit erfasst. Eine Varianzanalyse mit Messwiederholungen ergab, dass weder für Symptome noch für die Schläfrigkeit ein statistisch signifikanter Expositionseffekt beobachtet werden konnte.
In drei weiteren der unter Abschnitt A-2.5.1 bereits ausführlich beschriebenen Studien zu HF-EMF-Effekten auf den Schlaf wurden neben EEG-basierten objektiven Parametern auch subjektive Angaben zum Schlaf bzw. zu Symptomen ausgewertet.
Danker-Hopfe et al. (Danker-Hopfe et al. 2020b), die Geschlechtsunterschiede in Effekten von GSM- (SAR = 2 W kg-1) bzw. TETRA-Exposition (SAR = 6,0 W kg-1) an 60 älteren Männern und Frauen (je 30, Alter: 60 bis 80 Jahre) auf den Schlaf untersucht haben, konnten einen statistisch signifikanten Expositionseffekt auf die subjektiv empfundene Wachzeit nach Schlafbeginn unter TETRA-Exposition beobachten. Unabhängig vom Geschlecht war die subjektiv empfundene Wachzeit unter TETRA-Exposition kürzer als unter der Sham-Exposition. Unter GSM-Exposition ließ sich eine statistisch signifikante Wechselwirkung zwischen dem Geschlecht und der Exposition für die subjektive Gesamtschlafzeit und die Anzahl der Aufwachreaktionen in der Nacht beobachten. Unter Exposition war die Gesamtschlafzeit bei Frauen tendenziell länger als unter Sham, bei Männern war sie dagegen tendenziell kürzer. Die Anzahl der Aufwachereignisse war unter Exposition bei Frauen niedriger und bei Männern tendenziell höher.
Eggert et al. (Eggert et al. 2020), die einen Einfluss des Alters auf Effekte von GSM- (SAR = 2 W kg-1) bzw. TETRA-Exposition (SAR = 6,0 W kg-1) an 30 älteren Männern (60 bis 80 Jahre) und pro Exposition 30 jüngeren Männern (Alter: 20 bis 30 Jahre) auf den Schlaf untersucht haben, konnten unter TETRA-Exposition weder einen statistisch signifikanten Expositions- noch einen statistisch signifikanten Interaktionseffekt für die vier subjektiven Parameter: Schlaflatenz, Gesamtschlafzeit, Wachzeit nach Schlafbeginn sowie die Anzahl der Aufwachereignisse beobachten. Unter GSM-Exposition ließ sich ein statistisch signifikanter Interaktionseffekt für zwei der vier Parameter beobachten. Die Anzahl der Aufwachreaktionen reduzierte sich bei jungen Männern unter Exposition leicht, während sie bei älteren Männern leicht anstieg. Die subjektiv empfundene Gesamtschlafzeit stieg dagegen bei jungen Männern leicht an, während sie bei älteren Männern abnahm.
In der Studie von Danker-Hopfe et al. (Danker-Hopfe et al. 2020a) konnte gezeigt werden, dass eine Exposition mit WLAN für die gesamte Dauer der Nacht (acht Stunden, 2,45 GHz, maximale SAR = 6,4 mW kg-1) keinen Einfluss auf die subjektive Wahrnehmung der Einschlaflatenz, der Gesamtschlafzeit, der Wachzeit nach Schlafbeginn sowie der Anzahl der Aufwachereignisse hatte.
A-4 Immunsystem und Hämatologie (Tier- und zellexperimentelle Studien, Details zu Abschnitt 4.5)
Neuere Untersuchungen beschäftigten sich mit Effekten an immunrelevanten Zellen nach HF-EMF-Exposition in vivo. Yinhui et al. (Yinhui et al. 2019) verwendeten Nokia-Mobiltelefone (TD-SCDMA mit 1 800 MHz und LTE mit 1 900 MHz) für die Exposition von zwei, vier oder sechs Wochen an BALB/C-Mäusen und untersuchten die Phagozytoseaktivität sowie die Apoptoserate der Neutrophilen-Zellen im Blut. Die Autoren detektierten nach zwei- und vierwöchiger Exposition die Erhöhung der Anzahl der Neutrophilen mit einem vernachlässigbaren Einfluss auf die Chemotaxis-Aktivität. Ferner beschrieben sie die Reduktion der Phagozytoseaktivität sowie die Apoptoserate von Neutrophilen. In dieser Publikation fehlen Angaben zur Dosimetrie, Positivkontrollen und eine angemessene Diskussion der sehr kleinen Änderungen der Endpunkte.
Ähnlich verhält es sich mit der Studie von El-Maleky und Ebrahim (El-Maleky und Ebrahim 2019). Auch hier wurden Mobiltelefone als Expositionsquellen verwendet, um unter anderem Hepcidin und den Eisenstatus im Serum von Albino-Ratten (n = 8, drei Gruppen) zu ermitteln. Die Exposition erfolgte 30 oder 60 Minuten täglich für fünf Monate mit eingeschalteten und im Gespräch-Modus gestellten Telefonen. Nach Angaben der Autoren induziert die chronische HF-EMF-Exposition (60 Minuten täglich für fünf Monate) eine statistisch signifikante Erhöhung des Hepcidin-Spiegels, was anschließend die Eisenparameter beeinträchtigen soll. Das soll sich negativ auf die Eisenbindungskapazität (UIBC) und die Gesamteisenbindungskapazität (TIBC) auswirken. Leider fehlt auch hier eine nachvollziehbare Dosimetrie sowie die Verwendung von Positivkontrollen, um die Daten evaluieren zu können. Die statistisch signifikanten Veränderungen geben keine Auskunft über die biologische und gesundheitliche Relevanz dieser Ergebnisse.
Die zirkulierenden Blutzellen von Sprague-Dawley-Ratten wurden nach Exposition durch 915 MHz (HFID) mit einer SAR von 2 W kg-1 für acht Stunden pro Tag, fünf Tage pro Woche und zwei Wochen exponiert und das vollständige Blutbild der Tiere analysiert (Kim et al. 2018). Die Anzahl der roten Blutkörperchen (RBCs), die Werte der Hämoglobin-, Hämatokrit- und RBC-Indizes sowie das Verhältnis CD4+/CD8+ wurden bestimmt. Alle Werte (wenn auch statistisch signifikant unterschiedlich) lagen innerhalb der normalen physiologischen Veränderungen.
An aus der Haut gesunder Proband*innen (n = 20) und Patient*innen mit atopischer Dermatitis (aD) (n = 20) isolierte Keratinozyten sowie HaCaT- und PCS-200-010-Zellen wurden für 60 Minuten mit 900 MHz exponiert (SAR 0,024 W kg-1). Die Keratinozyten aus der Haut der aD-Patient*innen zeigten im Vergleich zu denen der gesunden Proband*innen die Hochregulierung von Fas-, FasL-, p-ERK-, p-p38- und p-JNK-Expression zusammen mit der Erhöhung der Zytokinsekretion (IL-1β, IL-4, IL-8, IL-10, IL-12p70, IL-13, IL-17A, IL-31 und TNFα). Diese Werte verringerten sich statistisch signifikant nach der HF-EMF-Exposition, was ein Hinweis auf eine mögliche immunmodulatorische Wirkung auf aD-modifizierte Keratinozyten sein kann (Szymanski et al. 2018).
Zong et al. (Zong et al. 2019) untersuchten die Proteinexpression von NF-κB im Zytoplasma und im Kern von Maus-Knochenmark-Stromazellen (BMSC) nach Exposition mit 900 MHz (120 µW cm-2, vier Stunden pro Tag für fünf Tage). Die Autoren beschreiben eine vorübergehende Aktivierung von NF-κB. Die Daten zeigen eine sehr geringe Veränderung der NF-κB Expression, durch das Fehlen der statistischen Angaben und einer Positivkontrolle sind diese Ergebnisse für die Risikobewertung unbrauchbar.
Lopes-Furelos et al. (Lopez-Furelos et al. 2018) haben die Lebensfähigkeit, den oxidativen Stress (Stickoxidproduktion, NO), die zytoprotektive und entzündliche Funktion von HSP70 und TNF-α sowie die Phagozytoseaktivität von RAW 264,7-Makrophagen nach HF-EMF-Exposition untersucht. Die Zellen wurden mit 900 MHz (12 W), 2 450 MHz (12 W) oder in Kombination von beiden für 4 Stunden, 24 Stunden, 48 Stunden und 72 Stunden exponiert, um die Immunantworten der Makrophagen zu vergleichen. Die NO-Produktion stieg nach 48 Stunden Exposition bei 2 450 MHz. In der koexponierten Gruppe (900 MHz und 2 450 MHz, zu je 6 W) zeigte sich nach 48 Stunden Exposition ein statistisch signifikanter Anstieg von HSP70 und nach 72 Stunden ein Anstieg von NO und TNF-α, während die Phagozytoseaktivität in allen Gruppen mit zunehmender Expositionszeit abnahm. Angaben zu den verwendeten SAR-Werten fehlen.
Lamkowski et al. (Lamkowski et al. 2018) untersuchten die Genexpression in menschlichen peripheren Blutzellen nach 900 MHz-HF-EMF-Exposition, um mögliche nicht-thermale Effekte zu identifizieren. In dieser Ex-vivo-/In-vitro-Studie wurden periphere Blutzellen von Spendern mit 900 MHz (SAR 9,3 W kg-1) HF-EMF für 0 Minuten, 30 Minuten, 60 Minuten und 90 Minuten exponiert. Die nicht korrigierte differentielle Genexpressionsanalyse zeigte eine große Anzahl (483) statistisch signifikanter deregulierter Transkripte in HF-EMF-exponierten Zellen. Die FDR-Anpassung (false discovery rate adjustment) und die zusätzliche Validierung durch qRT-PCR lieferten jedoch keine Hinweise für nicht-thermische Genexpressionsänderungen in peripheren Blutzellen.
Szymanski et al. (Szymanski et al. 2020) haben 900 MHz pulsmodulierte HF-EMF (20 V m-1, SAR 0,024 W kg-1, zweimal für 15 Minuten) verwendet, um die Effekte in mononukleären (PBMC) Zellen des menschlichen Blutes zu untersuchen. Das komplexe Versuchsdesign führte zu der Erkenntnis, dass die erste EMF-Exposition eine höhere immunogene Aktivität und eine höhere T-Zell-Reaktion auf Concanavalin A zeigten als die Kontrollkulturen. Nach einer zweiten Exposition verringerte sich dieser Parameter jedoch. Die Sättigung des Interleukin-2-(IL-2)-Rezeptors stieg am zweiten Tag der Exposition statistisch signifikant an, während die Reaktion der Mitogenstimulierung nach der EMF-Stimulation abfiel. Zusammengefasst sehen die Autoren einen immunmodulatorischen Einfluss von 900 MHz EMF in Lymphozyten und Monozyten in vitro.
Die Bestimmung von HF-EMF-Exposition (32,9 GHz bis 39,6 GHz, 100 W m-2 für 15 Minuten) auf Neutrophile im Blut (ex vivo) wurden von Vlasova et al. (Vlasova et al. 2018) bestimmt. Sie detektierten die Erhöhung der ROS-Produktion, wenn die Zellen mit partikulären opsonisierten Zymosan oder E. coli behandelt wurden. Diese Ergebnisse wurden durch Zählen aktivierter Neutrophilen in Blutausstrichen bestätigt. Die Autoren wiesen auf die Förderung der antibakteriellen Aktivität von Neutrophilen durch die Exposition hin. Weiterhin wurde gezeigt, dass das Erhitzen der Blutproben die gleichen Effekte auslöst und deshalb thermische Effekte verantwortlich für die Erhöhung der ROS-Produktion der Neutrophile und der Steigerung der Reaktionen auf partikuläre Agonisten verantwortlich sein könnten.
A-5 Fertilität und Fortpflanzung
A-5.1 Epidemiologie (Details zu Abschnitt 4.6.1)
Der Zusammenhang zwischen mütterlichem Mobiltelefongebrauch in der Schwangerschaft, Dauer der Schwangerschaft und Wachstum des Fötus wurde in einer gemeinsamen Analyse der Daten von vier Kohortenstudien aus Dänemark (1996 bis 2002), Niederlande (2003 bis 2004), Spanien (2003 bis 2008) und Südkorea (2006 bis 2011) bei 55 507 schwangeren Frauen untersucht (Tsarna et al. 2019). Es wurde ein statistischer Expositions-Wirkungszusammenhang für kürzere Schwangerschaften und für Frühgeburten, definiert als Geburt vor der 36. abgeschlossenen Schwangerschaftswoche, beobachtet. Hinsichtlich fötalen Wachstums und Geburtsgewicht wurde kein Zusammenhang gefunden. Die Autoren schreiben, dass Mobilfunknutzung während der Schwangerschaft ein Indikator für den Stress der Mutter sein könnte und daher die gefundenen Zusammenhänge auch darauf statt auf die Mobilfunkstrahlung zurückzuführen sein könnten.
Im Rahmen der französischen NeHaVi-Kohorte wurde anhand der Patientinnenunterlagen von 1 378 Geburten zwischen April 2014 und April 2017 der Zusammenhang zwischen der Benutzung von Mobiltelefonen durch schwangere Frauen und der Entwicklung des Fötus während der Schwangerschaft untersucht (Boileau et al. 2020). Die selbstberichtete durchschnittliche tägliche Anrufzeit betrug 30 Minuten. Expositionen in der Nähe des Bauchs (z. B. bei mobiler Internetnutzung) wurden nicht erfasst. Neugeborene von Müttern mit einer Gesprächsdauer von mehr als 30 Minuten pro Tag hatten signifikant häufiger einen tiefen AUDIPOG-Score34, einem Marker für das fetale Wachstum. Kein Zusammenhang wurde zwischen Kopfumfang und Mobiltelefonnutzung gefunden. Aufgrund der rudimentären HF-EMF-Expositionsabschätzung bleibt unklar, ob die beobachtete Assoziation auf EMF zurückzuführen ist oder ob intensive Nutzung ein Surrogat für einen stressigen Lebensstil ist, welcher sich auf das Wachstum des Fötus negativ auswirkt. Zudem gibt es Hinweise für Selektionsbias, da die Verfügbarkeit von AUDIPOG-Scores mit dem sozioökonomischen Status korrelierte.
Für andere negative Auswirkungen auf die Entwicklung wie Säuglingssterblichkeit und Missbildungen fanden Baste et al. (Baste et al. 2015) bei einer Auswertung von über 100 000 Geburten aus der norwegischen Mutter-und-Kind-Kohortenstudie (1999 bis 2009) zum Einfluss von mütterlichem Mobiltelefongebrauch während der Schwangerschaft und väterlichem Gebrauch in der Zeit vor der Empfängnis keine konsistenten Hinweise für negative Geburtsfolgen. Neuere Studien dazu gibt es nicht.
Im Rahmen einer kürzlich publizierten prospektiven Kohortenstudie (zwischen 2012 und 2020) zu den Auswirkungen eines in der vorderen Hosentasche getragenen Mobiltelefons wurde bei rund 3 000 Männern kein Einfluss auf die Spermienqualität (Volumen, Konzentration und Motilität) beobachtet (Hatch et al. 2021). Insgesamt war auch die Zeitdauer bis zum Beginn einer Schwangerschaft nicht beeinflusst. Einzig bei Männern mit einem BMI von weniger als 25 kg/m2 war die Wahrscheinlichkeit einer erfolgreichen Schwangerschaft ihrer Partnerin signifikant reduziert. Bei dieser Analyse wurden eine Reihe von möglichen Störgrößen berücksichtigt: Ethnie, Bildung, männlicher und weiblicher BMI, Haushaltseinkommen, Häufigkeit des Geschlechtsverkehrs, Alter der Frauen sowie bei den Männern Angaben zu Rauchen, Schlaf, Arbeit, Alter, Vorgeschichte von sexuell übertragebaren Erkrankungen, körperliche Aktivität und Konsum von zuckergesüßten Getränken. Damit ist diese Studie deutlich aussagekräftiger als alle bisherigen epidemiologischen Studien zur Spermienqualität.
A-5.2 Tierexperimentelle Studien (Details zu Abschnitt 4.6.2)
A-5.2.1 Embryonalentwicklung
Das Hauptergebnis einer Studie mit Hühnerembryonen war eine Beschleunigung der Embryonalentwicklung (Pawlak et al. 2018). Die Autoren verwendeten ein 1 800 MHz-CW-HF-Signal, bei dem sich die Antenne in einem Inkubator befand, der 24 cm von den Eiern entfernt war. Kontrollembryonen befanden sich in einem anderen Inkubator. Die Exposition (0,09 W m-2 bis 0,4 W m-2, 4,23 V m-1 bis 6,25 V m-1) dauerte vier Minuten, zehn Mal am Tag, bis die Hühner die Eierschale pflückten (19 bis 21 Tage). Die Schlupfzeit der Hühnerembryonen war in der Expositionsgruppe 24 Stunden schneller als bei den Kontrollen. Es gab keine Veränderungen in Bezug auf Überleben, Gewicht und Anzahl der Missbildungen beim Schlüpfen. Später, zum Zeitpunkt der Schlachtung der Hühner, waren die Körpergewichte in beiden Gruppen gleich. Beim Schlüpfen hatten die exponierten Tiere jedoch ein niedrigeres Herzgewicht und dünnere rechtsventrikuläre Wände als die Kontrolle sowie höhere Plasma-Corticosteronspiegel. Die Studie beschreibt Exposition, Dosimetrie und experimentelle Verfahren nicht in zufriedenstellender Weise.
Eine weitere Studie zur Embryonalentwicklung (Zebrafisch Danio rerio) wurde von Piccinetti und Co-Autoren (Piccinetti et al. 2018) veröffentlicht. Embryonen wurden bis 72 Stunden nach der Befruchtung einem HF-Feld der Frequenz 100 MHz ausgesetzt (6 V m-1; SAR-Werte scheinbar mW kg-1 in der Mitte der Petrischalen). Die Petrischalen befanden sich in einem Wassertank (der die Temperatur regulierte) in einer TEM-Zelle. Effekte wurden nach 24 Stunden, 48 Stunden und 72 Stunden festgestellt. Die meisten Effekte traten nach 48 Stunden auf und waren nach 72 Stunden größtenteils zurückgegangen oder verschwunden. Am Ende der Exposition zeigten die exponierten Embryonen eine verringerte Körperlänge, oxidativen Stress sowie Apoptose und Autophagie. Es gab keine Auswirkungen auf das Überleben oder das Schlüpfen. Die Dosimetrie ist in dieser Studie unklar, und einige Fragen zu experimentellen Verfahren bleiben unbeantwortet. Einige Ergebnisse sind widersprüchlich.
A-5.2.2 Weibliche Fertilität
Die Studie von Fadiloglu et al. (Fadiloglu et al. 2019) untersuchte das Wachstum des Endometriums35 bei Wistar-Ratten. Die Eierstöcke der Tiere wurden vor dem Experiment chirurgisch entfernt, so dass sie während der Exposition keine endogene Östrogenproduktion aufwiesen. Ein an den Verstärker angeschlossenes Mobiltelefon unter dem Käfig fungierte als Expositionssquelle (1 800 MHz, GSM; 2 W Ausgangsleistung; 24 Tage; E-Feld 12,17 V m-1 bis 17,29 V m-1). Die Hälfte der Tiere wurde mit Östrogen behandelt, die andere Hälfte nicht. Unabhängig von der Östrogenbehandlung stimulierte die Exposition das Wachstum des Endometriums (Epithel- und Lumenzellen waren größer, die Drüsendichte nahm zu). Die Exposition ist nicht ausreichend beschrieben, was auch nicht möglich ist, wenn das Expositionsgerät einfach ein Mobiltelefon ist. Die Plausibilität der biologischen Wirkungen ist fraglich.
A-5.2.3 Männliche Fertilität
Ziel der Studie von Yu et al. (Yu et al. 2020) war es, die langfristigen Expositionseffekte (nach 50 Tagen, 100 Tagen oder 150 Tagen) der 4G-Mobiltelefonie (Handy unter dem Käfig, so dass der Hodensack freigelegt wurde; 2 575 MHz bis 2 635 MHz; Sprachmodus; ein eingehender Anruf für eine Minute alle zehn Minuten für sechs Stunden pro Tag; 37,93 V m-1; 22,74 W m-2; 1,05 W kg-1) an Spermien von Sprague-Dawley-Ratten zu untersuchen. Nach 50 Tagen bzw. 100 Tagen waren keine Effekte vorhanden, aber die längste Expositionszeit von 150 Tagen zeigte eine verminderte Spermienqualität, eine Schädigung des Hodengewebes und Anzeichen von oxidativem Stress (Zunahme der Spock3-Gene). Nach 150 Tagen wurden die Tiere auch für Paarungsexperimente verwendet. Die Ergebnisse zeigten ein geringeres Körpergewicht bei den Nachkommen, jedoch keine anderen Auswirkungen (Paarungserfolg, Schwangerschaftsdauer, Wurfgröße und Lebensfähigkeit, Geschlechterverhältnisse).
Männliche Sprague-Dawley-Ratten erhielten ein 220 MHz-Signal (gepulst, 10 µs Pulsbreite, 50 % duty cycle36; 50 W m-2, 3,5 m von der Antenne entfernt; Ganzkörper-SAR 0,030 W kg-1, Hoden-SAR 0,014 W kg-1; eine Stunde pro Tag für einen Monat; frei beweglich) (Guo et al. 2019). Unmittelbar nach Expositionsende wurden keine Auswirkungen auf den Allgemeinzustand der Tiere, die Hodenmorphologie oder die Sertoli-Zellsekretion (GDNF, SCF, TRF, ABP) beobachtet. Der Testosteronspiegel war ebenso wie die Anzahl der Spermien verringert, allerdings ohne Zunahme der Spermienanomalien. Darüber hinaus schlugen die Autoren vor, dass die Ergebnisse durch eine höhere Apoptoserate verursacht wurden (gesehen als erhöhte gespaltene Caspase-3 und niedrigere Bcl-2-Spiegel).
Männliche Wistar-Albino-Ratten zeigten in einer Studie von Yahyazadeh et al. (Yahyazadeh und Altunkaynak 2019) Auswirkungen auf die Reproduktion. Die Tiere wurden eine Stunde pro Tag während 24 Tagen einem 900 MHz-CW-Signal ausgesetzt. Die Hälfte aller Tiere (Kontrolle und Exposition) erhielt jeden Tag eine Injektion (i. p.) von Luteolin, einem Antioxidans. Nach der Exposition (Kopfregion, zurückgehaltene Tiere, Kopf 1 cm von der Antenne entfernt; 1 mW cm-2; maximale SAR 2 W kg-1) wurden die Zellzahlen in den Hoden, das Hodengewicht, die Zellmorphologie und einige Merkmale von oxidativem Stress untersucht. Die Exposition führte zu weniger Leydig-Zellen, primären Spermatozyten und Spermatiden und niedrigeren Testosteronspiegeln. Spermienschwanzanomalien und SOD-Spiegel waren erhöht, während Hodengewicht, Sertoli-Zellen und Spermatogonien nicht betroffen waren. Alle Expositionseffekte waren bei Tieren, denen Luteolin injiziert worden war, verringert oder verschwanden. Die Studie weist Mängel in der Dosimetrie, der Verblindung und der Temperaturkontrolle auf. Darüber hinaus fehlen Kontrollbedingungen.
Eine andere Studie an Wistar-Albino-Ratten verwendete ein Mobiltelefon für UMTS (1 915 MHz) als Expositionsquelle (Gautam et al. 2019). Die Expositionsdauer betrug 45 Tage (zwei Stunden pro Tag) und wurde in einem Käfig mit dem Handy oben durchgeführt. Das Telefon wurde für Video-Sprachanrufe eingerichtet und erzeugte ein E-Feld, das eine SAR von 0,26 W kg-1 erzeugte. Das Gewicht der Hoden und die Vitalität der Spermien waren in der Expositionsgruppe geringer, während ROS und MDA (als Indikatoren für oxidativen Stress) erhöht waren.
Die Arbeit von Narayanan et al. (Narayanan et al. 2018) verwendete auch ein Mobiltelefon (900 MHz; innerhalb des Käfigs; 28 Tage, eine Stunde pro Tag; 50 eingehende Anrufe pro Stunde; 1,5 W kg-1) als Expositionsquelle. Die MDA-Spiegel und der Anteil an abnormalen Spermien waren bei exponierten Tieren erhöht, während das Hoden- und Nebenhodengewicht, die Spermienmobilität, die GST-Aktivität und die Spiegel des Caspase-3-Apoptosemarkers in beiden Gruppen gleich waren.
Eine Studie von Qin et al. (Qin et al. 2018) an männlichen C57BL/6J-Mäusen ergab Daten aus In-vivo- und In-vitro-Experimenten (primäre
Leydig-Zellen). Die Autoren verwendeten ein 1 800 MHz-CW-EMF (40 µW cm-2; SAR in vivo 0,0053 W kg-1, SAR in vitro 0,046 W kg-1; ein oder zwei Stunden pro Tag; 32 Tage in vivo, drei Tage in vitro). Diese Bedingungen reduzierten die Testosteronspiegel in beiden Arten von Studien, indem sie die mit der Testosteronproduktion verbundene Genexpression reduzierten. Die Wirkungen waren bei einer Expositionsdauer von zwei Stunden größer und im Zusammenhang mit pharmakologischen Eingriffen in vitro des CamK1-Signalwegs und des Ca2+-Ionophors Ionomycin reversibel.
Anzeichen einer Entzündung und histologischer Veränderungen waren Ergebnisse einer Studie (Bilgici et al. 2018), in der Wistar-Ratten einem CW-Signal von 2,45 GHz ausgesetzt waren (eine Stunde pro Tag, 30 Tage; 3,68 V/m; 0,0253 W kg-1 SAR-Wert). Die Exposition wurde in sogenannten „Pie-Cage-Rückhaltesystemen“ in einem von Kontrolltieren entfernten Raum durchgeführt. Die Serumspiegel von CRP (einem Entzündungsmarker) und dem proinflammatorischen Zytokin IL-6 waren erhöht, es wurden jedoch keine Auswirkungen auf IL-10 oder IL-32 (im Serum) oder IL-6, IL-10, IL-32 (im Hodengewebe) beobachtet. Einige histologische Unterschiede zwischen Kontrolltieren und exponierten Tieren waren erkennbar, aber die kleinen Gruppengrößen und der subjektive Bewertungsansatz machen die Ergebnisse unsicher.
Männliche jugendliche Wistar-Ratten wurden in einer Studie, in der die Morphologie der Hoden und Marker für oxidativen Stress untersucht wurden, eine Stunde pro Tag einer EMF von 900 MHz ausgesetzt (Hanci et al. 2018). Das Hodengewicht und der Durchmesser der Samenkanälchen und des Keimepithels waren bei exponierten Tieren alle verringert, während der Apoptoseindex und die Spiegel von Katalase37, SOD und Malondialdehyd erhöht waren. Messungen des E-Feldes innerhalb des Expositionskäfigs (wo sich alle exponierten Tiere frei bewegen konnten) zeigten einen Wert von 8,71 V m-1, was einer Leistungsdichte von 0,201 W/m2 und einem Ganzkörper-SAR-Wert von 0,0067 W kg-1 entspricht.
Die Hauptergebnisse in der Studie von Shahin et al. (Shahin et al. 2018) waren testikuläre Apoptose, die durch erhöhten oxidativen Stress und Ungleichgewicht in Antioxidationssystemen durch Exposition gegenüber einem CW-Signal der Frequenz 2,45 GHz (0,0298 mW cm-2, 0,0146 W kg-1 SAR; zwei Stunden pro Tag; 15 Tage, 30 Tage oder 60 Tage) verursacht wurde. Alle Effekte (die für jeden untersuchten Endpunkt beobachtet wurden) waren umso stärker, je länger die Expositionsdauer war. Die Effektgröße der biochemischen Effekte war im Allgemeinen gering, aber die Auswirkungen auf die Morphologie sowie die Qualität und Anzahl der Spermien waren vergleichsweise groß.
Im Gegensatz zu Studien mit niedrigeren SAR-Werten konnte die Studie von Oh et al. (Oh et al. 2018) keine Auswirkungen auf die Morphologie der Hoden oder des Nebenhodens dokumentieren. Sprague-Dawley-Ratten wurden einem CW-Signal der Frequenz 2 104 MHz ausgesetzt, bei dem die Antenne unter dem Käfig platziert wurde. Der Abstand zwischen Käfig und Antenne war variabel (3 cm oder 10 cm) und die Autoren berechneten einen Ganzkörper-SAR-Wert von 3,0 W kg-1 (unklar ist, in welchem Abstand). Darüber hinaus war die Expositionsdauer 30 Tage lang unterschiedlich: 6 Stunden oder 18 Stunden pro Tag. Nur in der Kombination 18 Stunden pro Tag und 3 cm Abstand waren Auswirkungen auf die Spermienqualität sichtbar, bei denen die Anzahl der Spermatiden und Spermatogonien verringert war. In keiner der Gruppen gab es eine Auswirkung der Exposition auf das Körpergewicht, die Gewichtszunahme und die Körpertemperatur.
Pandey und Giri (Pandey und Giri 2018) zeigten Ergebnisse, die darauf hinwiesen, dass HF-Expositionseffekte auf Hoden hauptsächlich auf oxidativen Stress zurückzuführen sind. Die Studie an Swiss-Albino-Mäusen verwendete ein 900 MHz-GSM-Signal (217 Hz Modulation; sechs Stunden pro Tag; 35 Tage) und ergab, dass die Exposition DNA-Schäden verursachte (alkalischer Kometentest, nur 50 Zellen pro Tier wurden untersucht), Meiose-Störungen und Spermienschaden sowie eine niedrigere Spermienzahl. Diese Veränderungen waren mit oxidativem Stress verbunden (Lipidperoxidation, geringe Mengen an Antioxidantien), konnten jedoch durch das Antioxidans Melatonin (täglich im Trinkwasser) erfolgreich bekämpft werden. Die Tiere bewegten sich während der Exposition frei (0,00054 W kg-1 bis 0,0516 W kg-1), wobei der Abstand zur Antenne 4,5 cm bis 22,5 cm betrug.
A-5.3 Zellexperimentelle Studien (Details zu Abschnitt 4.6.2)
Eine In-vitro-Studie zu Testosteron produzierenden Leydig-Zellen wurde von Qin et al. (Qin et al. 2019) veröffentlicht. Die Zellen wurden aus C57-Mäusen präpariert und einem 1 800 MHz-GSM-Signal ausgesetzt (eine Stunde, zwei Stunden oder vier Stunden Expositionsdauer; 200,27 μW cm-2; durchschnittliche SAR 0,116 W kg1, maximale SAR 0,15 W kg-1). Der Testosteronspiegel war unmittelbar nach allen Expositionszeiten verringert, begleitet von verringerten mRNA-Spiegeln von Testosteronsynthase-Genen (Star, Cyp11a1, Hsd-3β) und Genen, die an zirkadianen Zyklen beteiligt waren (Baml1, Clock, Rora). Zusätzlich zeigten die Zellen Anzeichen von oxidativem Stress (die gesamte Antioxidationskapazität sowie die Katalase waren verringert, Malondialdehyd stieg an). Eine Vorbehandlung (24 Stunden) mit CeO2-Nanopartikeln (die als Antioxidantien wirken) wirkte den HF-Effekten entgegen.
Eine weitere Zellstudie, die auf erhöhte ROS-Werte in den Hoden infolge der HF-Exposition hinwies, wurde von Li et al. (Li et al. 2018b) publiziert. Zellen (Maus-Spermatozyten-Zelllinie CG-2) wurden 24 Stunden lang einem 1 800-MHz-Signal (1 W kg-1, 2 W kg-1 oder 4 W kg-1) ausgesetzt, wobei Effekte nur bei 4 W kg-1 nachweisbar waren. HF-Exposition führte zu erhöhten ROS-Spiegeln, gefolgt von DNA-Schäden. Gleichzeitig wurde die Autophagie aktiviert, abhängig vom AMPK/mTOR-Signalweg. Das sogenannte „knock-down“ (RNA-Interferenz) von Genen reduzierte die Autophagie und erhöhte den DNA-Schaden, während die „overexpression“ von AMPK/mTOR-Genen als Schutz gegen HF-induzierte DNA-Schäden wirkte.
A-6 Andere Organsysteme
A-6.1 Experimentelle Humanstudien (Details zu Abschnitt 4.7.1)
Der Einfluss einer 30-minütigen LTE-Exposition (Trägerfrequenz 1 750 MHz; Bandbreite 20 MHz, maximum peak SAR = 1,8 W kg-1) auf den Schwellenwert für thermischen Schmerz wurde von Vecsei et al. (Vecsei et al. 2018b) in einer doppelblinden balancierten Crossover-Studie an 18 Proband*innen (12 Frauen und 6 Männern) im Alter von 19 Jahren bis 26 Jahren untersucht. Der Temperaturstimulus stieg im Bereich 25°C bis 55°C in Schritten von 5°C s-1 an. Die Untersuchungen (Scheinexposition und LTE-Exposition) wurden im zeitlichen Abstand von mindestens einer Woche zu einer für die einzelnen Proband*innen konstanten Tageszeit durchgeführt. Die LTE-Exposition hatte keinen Einfluss auf den Schwellenwert für thermischen Schmerz.
In einer doppelblinden, mit Scheinexposition kontrollierten Crossover-Studie haben Andrianome et al. (Andrianome et al. 2019) bei 10 Proband*innen, die nach Selbsteinschätzung unter Elektrohypersensibilität (EHS) litten (acht Frauen und zwei Männer) eines weiten Altersranges (35 bis 63 Jahre) einen möglichen Einfluss von HF-EMF-Exposition auf die Konzentration von Alpha-Amylase (AA), Immunglobulin A (Ig A) und Kortisol im Speichel untersucht. Die Teilnehmenden wurden an unterschiedlichen Tagen zur gleichen Tageszeit entweder scheinexponiert oder nacheinander je fünf Minuten mit GSM 900, GSM 1 800 bzw. einem DECT- und einem WLAN-Signal. Zwischen den HF-Expositionen gab es jeweils ein zehnminütiges stimulationsfreies Intervall. Der zeitliche Abstand zwischen den beiden Testtagen betrug mindestens eine Woche. Speichelproben wurden vor und nach jeder Exposition gesammelt. Keiner der Biomarker zeigte eine expositionsabhängige Veränderung. Limitationen der Studie sind sicher die kurze Expositionsdauer, die fehlende Kontrollgruppe sowie der kleine Stichprobenumfang und die daraus resultierende geringe Power. Letzteres ist ein inhärentes Problem bei experimentellen Studien an Personen mit Elektrohypersensibilität.
A-6.2 Tierexperimentelle Studien (Details zu Abschnitt 4.7.2)
Seit 2018 wurde keine Studie zu anderen Organsystemen im Zusammenhang mit HF-EMF publiziert, welche grundlegende qualitative Anforderungen erfüllt.
Die Auswirkungen auf die Nieren weiblicher Sprague-Dawley-Ratten (n = 34, vier Gruppen) wurden nach HF-EMF-Exposition (900 MHz, Ganzkörper-SAR 0,012 W kg-1, eine Stunde pro Tag für 25 Tage) in der mittleren bis späten Adoleszenz von Okatan et al. (Okatan et al. 2018) untersucht. Die Autoren identifizierten statistisch signifikante morphologische und biochemische Veränderungen am 60. Tag postnatal im Vergleich zu den Kontrollen, ohne jedoch physiologische Schwankungen dieser Parameter anzugeben. Bedir et al. (Bedir et al. 2018) untersuchten den möglichen induzierten oxidativen Stress und apoptoserelevante Marker in den Nieren von postnatalen männlichen Sprague-Dawley-Ratten (n = 24, drei Gruppen). Neben der Sham-Gruppe wurden die Tiere mit 2 100 MHz (SAR 0,024 W kg-1) für entweder sechs Stunden oder zwölf Stunden für 30 Tage exponiert. Nach den Autoren zeigen die Ergebnisse, dass die sechs- und zwölfstündige Exposition mit 2 100 MHz eine durch oxidativen Stress vermittelte akute Nierenschädigung induziert wurde.
Perov et al. (Perov et al. 2019) untersuchten die Auswirkungen von HF-EMF mit niedriger Intensität (171 MHz, 15 V m-1, 25 V m-1 und 35 V m-1, entspricht SAR = 0,006 W kg-1, 0,023 W kg-1, 0,038 W kg-1, sechs Stunden pro Tag für 15 Tage) der Nebennieren von Wistar-Ratten (n = 324, zwölf in jeder Gruppe). In der HF-EMF-exponierten Gruppe wurden eine Stimulierung der Nebennierenaktivität und ein anfänglicher Anstieg der täglichen Ausscheidung von Corticosteron sowie Na+ festgestellt. Letzteres wurde am Na+/K+-Verhältnis gemessen. Beide Werte erhöhten sich SAR-abhängig zwischen dem fünften und zehnten Tag statistisch signifikant, nahmen aber bis zum 15. Tag wieder auf das Kontrollniveau ab. Die Autoren diskutierten ihre Ergebnisse als indirekte Effekte, wobei die Felder ihrer Meinung nach einen Einfluss auf die Ionen-Homöostase haben könnten. Ferner wiesen sie auf eine stressbegrenzende Komponente einer adaptiven Reaktion auf die HF-EMF-Wirkung hin.
In der Studie von Masoumi et al. (Masoumi et al. 2018) wurden die Auswirkungen von WLAN-Frequenzen (2,45 GHz, vier Stunden pro Tag für 45 Tage) auf die Insulinsekretion und die anti-oxidativen Redoxsysteme in der Bauchspeicheldrüse von Sprague-Dawley-Ratten (n = 24) untersucht. Die Autoren fanden heraus, dass WLAN-Exposition zu Hyperglykämie, erhöhtem oxidativem Stress und beeinträchtigter Insulinsekretion in den Pankreasinseln der Ratten führt. Die Publikation enthält keine Dosimetrie zu EMF und als Expositionsquelle wurde ein D-Link-WLAN-Router verwendet.
Ferner wurden die Auswirkungen von 1 800 MHz HF-EMF (SAR 2,70 und 1,14 W kg-1, sechs Stunden pro Tag für 28 Tage) auf die Mikrostruktur und den Knochenstoffwechsel des Oberschenkelknochens von C57BL/6-Mäusen (n = 30, drei Gruppen) untersucht. Die Autoren stellten keine relevanten Auswirkungen fest (Guo et al. 2018). Eine Studie untersuchte die Auswirkungen von HF-EMF auf implantierte Knochenbrüche bei Kaninchen (n = 12) und fand eine Verbesserung der Knochenheilung. Die Anzahl der untersuchten Tiere war sehr gering, vier in jeder Gruppe (Kavyashree et al. 2019). In einer anderen Studie wurde die Proliferation von Skelettmuskel-Satellitenzellen (MSCs) unter verschiedenen Expositionen durch HF-EMF an Frakturen mit interner Titanfixierung an Kaninchen untersucht. Die Autoren fanden einen statistisch signifikanten Effekt bezüglich der Knochenheilung, allerdings waren die Angaben zu den HF-Feldern nicht nachvollziehbar (Zou et al. 2018).
Verma et al. (Verma et al. 2018) untersuchten die Auswirkungen von EMF (10 GHz, SAR ~ 0,50 W kg-1 intermittierend, drei Stunden pro Tag für fünf Tage) auf die Haut an Sprague-Dawley-Ratten (n = 8, zwei Gruppen) auf bestimmte Proteinmarker, die mit den Signalkaskaden von Stress verbunden sind (Hitzeschockproteine, HIF-1α und Marker, NF-κβ). Sie detektierten die statistisch signifikant erhöhte Proteinexpression von HIF-1α, Hsp90, Hsp70 und GRP78, jedoch wurden keine Änderungen an der Expression von Entzündungs- oder Schmerzmarkern ermittelt. Die Autoren wiesen auf die Aktivierung von auf thermoregulatorischen Signalkaskaden als Reaktion auf die HF-EMF hin.
Die Auswirkungen von 1 800 MHz-EMF auf spezifische Blutparameter, Spermatozoen, Leber, Niere und Herz von Albino-Ratten (n = 30 in drei Gruppen) wurden von Adebayo et al. (Adebayo et al. 2019) untersucht. Als Expositionsquellen wurden zwei in 24 m Entfernung stehende Mobilfunk-Basisstationen genutzt und die Expositionswerte auf ca. 1,40 mW cm-2 geschätzt. Die Exposition der Tiere erfolgte für fünf Wochen. Die Untersuchung ist phänomenologischer Natur mit extrem vielen Befunden, die qualitativ nicht zu verwerten sind.
A-7 Gentoxikologie
A-7.1 Tierexperimentelle Studien (Details zu Abschnitt 4.8.1)
Das National Toxicology Program testete zwei gängige HF-EMF-Expositionen in einem zweijährigen Bioassay für Krebsentstehung in Nagetieren, welches auch Endpunkte der Gentoxizität umfasste (Smith-Roe et al. 2020). Männliche und weibliche Sprague-Dawley-Ratten und B6C3F1/N-Mäuse wurden ab dem fünften Schwangerschaftstag bzw. dem 35. postnatalen Tag einem CDMA- oder einem GSM-Signal über neun Stunden und zehn Minuten pro Tag (10 Minuten on/off) exponiert (Ratten: 900 MHz, SAR 0, 1 W kg-1, 5 W kg-1, 3 W kg-1 oder 6 W kg-1, Mäuse: 1 900 MHz, SAR 0, 2,5 W kg-1, 5 W kg-1 oder 10 W kg-1). Nach 19 Wochen (bei Ratten) oder 14 Wochen (bei Mäusen) Exposition wurden die Tiere unter Verwendung von zwei verschiedenen Messmethoden nach OECD-Richtlinien auf Gentoxizität hin untersucht. Unter Verwendung des alkalischen Comet-Assays wurden mögliche DNA-Schädigungen in Zellen aus drei Gehirnregionen, Leberzellen und peripheren Blutleukozyten bewertet; mit Hilfe des Mikronukleus-Assays wurden Chromosomenschädigungen in unreifen und reifen peripheren Bluterythrozyten bewertet. Die Ergebnisse des Comet-Assays zeigten einen signifikanten Anstieg der DNA-Schädigung im Frontalcortex männlicher Mäuse (beide Expositionen), in Leukozyten weiblicher Mäuse (nur CDMA-Exposition) und im Hippocampus männlicher Ratten (nur CDMA-Exposition). In mehreren anderen Geweben von Ratten und Mäusen wurden Anstiege von DNA-Schäden beobachtet, die als nicht eindeutig beurteilt wurden. Bei Ratten und Mäusen wurden keine signifikanten Erhöhungen der Mikronuklei in roten Blutkörperchen beobachtet.
Um das allgemeine Signifikanzniveau von 0,05 beizubehalten, wurden sowohl der Trend als auch die paarweisen Unterschiede für statistisch signifikant erklärt, wenn P < 0,025 war. Ein Ergebnis wurde als positiv gewertet, wenn der Trendtest statistisch signifikant unterschiedlich war. Das bedeutet, dass, wenn mindestens eine (oder mehrere) Dosisgruppe(n) im Vergleich zur Kontrolle statistisch signifikant unterschiedlich war(en), wurde das Ergebnis der gesamten Gruppe(n) als signifikant unterschiedlich bewertet. Diese Studie ist eine systematische, dosisabhängige Langzeitstudie mit Ergebnissen, die gentoxische Wirkungen der untersuchten Tiere bei hohen Dosen identifiziert haben. Daher wurden die verwendeten Felder als potenziell gentoxisch identifiziert.
Es soll darauf hingewiesen werden, dass diese Studie das Potenzial der verwendeten HF-EMF-Expositionen, gentoxische Effekte zu induzieren, evaluiert hat, nicht die Risiken, welche mit diesen Expositionen einhergehen. Die beschriebenen Effekte wurden bei hohen Expositionen identifiziert (höchste Expositionen von 6 W kg-1 bei Ratten und 10 W kg-1 bei Mäusen). Diese Expositionen wurden verwendet, um potenzielle Zielorgane zu identifizieren und mögliche gentoxische Schädigungen zu charakterisieren. Diese Werte übersteigen deutlich die Exposition von Personen, die normal mit dem Handy telefonieren. Ferner soll hier hervorgehoben werden, dass die für Mobiltelefone geltenden lokalen SAR-Grenzwerte in Form von 1 g bzw. 10 g Gewebemittelwerten festgelegt sind im Gegensatz zu den hier verwendeten Ganzkörperexpositionen.
Akdag et al. (Akdag et al. 2018) untersuchten gentoxische Effekte in Haarfollikelzellen des menschlichen Gehörgangs an 56 Personen. Nach Selbsterklärung wurden die Teilnehmer, die Smartphones mit ähnlichen SAR-Werten verwendeten (SAR-Werte lagen zwischen 0,45 W kg-1 und 0,97 W kg-1) in Gruppen eingeteilt: keine Mobiltelefone (Kontrollgruppe), Nutzung für 0 Minuten bis 30 Minuten pro Tag (Gruppe 2), Nutzung für 30 Minuten bis 60 Minuten pro Tag (Gruppe 3) und Nutzung länger als 60 Minuten pro Tag (Gruppe 4) in den letzten zehn Jahren. Die Autoren detektierten die Erhöhung der DNA-Schädigung in den HF-EMF-Expositionsgruppen und zusätzlich nahm die DNA-Schädigung mit der täglichen Expositionsdauer zu.
Houston et al. (Houston et al. 2019) untersuchten DNA-Schäden in Mausspermatozoen (Mäuse n = 20, drei Gruppen) nach HF-EMF-Ganzkörperexposition (905 MHz, 2,2 W kg-1, zwölf Stunden pro Tag für eine, drei oder fünf Wochen) und testeten die Hypothese, dass eine DNA-Schädigung über einen oxidativen Mechanismus verursacht werden kann. Unabhängig vom HF-EMF-Expositionsschema gab es keine Hinweise auf histologische Veränderungen oder erhöhten oxidativen Stress in den Zellen. Im Gegensatz dazu beeinträchtigten fünf Wochen HF-EMF-Exposition die Vitalitäts- und Motilitätsprofile reifer epididymaler Spermien. Selbst nach einer Woche Exposition zeigten die Spermatozoen eine erhöhte mitochondriale ROS-Produktion mit erhöhter DNA-Oxidation und -Fragmentierung. Ungeachtet dieser Läsionen beeinträchtigte die HF-EMF-Exposition weder die Befruchtungskompetenz der Spermien noch ihre Fähigkeit, die frühe Embryonalentwicklung zu unterstützen.
A-7.2 Zellexperimentelle Studien (Details zu Abschnitt 4.8.2)
Primäre Astrozyten von Ratten wurden 24 Stunden lang durch ein GSM-moduliertes oder ein unmoduliertes Signal exponiert (872 MHz, SAR 0,6 oder 6,0 W kg-1, 24 h) und Menadion (MQ) und Methylmethansulfonat (MMS) wurden als Ko-Expositionen verwendet. Der alkalische Komet-Assay und der durchflusszytometrische Mikronukleustest wurden verwendet, um genetische Schäden nachzuweisen. Die Exposition mit GSM-modulierter HF-EMF induzierte weder allein noch in der Ko-Exposition eine genomische Instabilität in primären Astrozyten von Ratten (Herrala et al. 2018).
Su und Mitarbeiter (Su et al. 2018) bewerteten systematisch die Auswirkungen der HF-EMF-Exposition (GSM 1 800 MHz, SAR 4,0 W kg-1, für eine Stunde, sechs Stunden oder 24 Stunden) auf DNA-Schäden und Zellfunktionen von primär kultivierten neurogenen Zellen. Die Autoren berichteten, dass die HF-EMF-Exposition bei einem SAR-Wert von 4,0 W kg-1 die cH2AX-Werte nicht signifikant beeinflusste. Die Sekretionen der Zytokine TNF-a, IL-6 oder IL-1b in Astrozyten und Mikroglia wurden durch HF-EMF-Exposition nicht verändert, jedoch verringerte die HF-EMF-Exposition die Phagozytoseaktivität von Mikroglia statistisch signifikant. Bei primären kortikalen Neuronen hemmte die Exposition die Axonastlänge und die Astzahl statistisch signifikant, veränderte jedoch nicht die morphologischen Indikatoren von Dendriten oder Synapsen.
Al-Serori et al. (Al-Serori 2018) untersuchten den Einfluss des UMTS-Signals auf die DNA-Stabilität in zehn verschiedenen menschlichen Zelllinien (sechs aus dem Gehirn stammende Zelllinien, Lymphozyten, Fibroblasten, aus Leber und bukkalem Gewebe stammende Zellen) unter SAR-Werten von 0 W kg-1, 0,25 W kg-1 bis 1,00 W kg-1. Es gab keine Hinweise auf die Induktion einer DNA-Schädigung, wenn die Zellen in Gegenwart von Serum kultiviert wurden. Bei einer p53-fähigen Glioblastomlinie (U87) wurden jedoch deutlich positive Effekte beobachtet, wenn die Zellen unter serumfreien Bedingungen gezüchtet wurden. Die p53-defizienten Glioblastomzellen (U251) zeigten keine Effekte. Die Experimente zeigten, dass DNA-Schäden der U87-Zellen schnell verschwinden und dass die durch Exposition induzierte Nukleotid-Exzisionsreparatur (NER) keine Doppelstrangbrüche verursachen. Die Beobachtung der NER-Induktion wurde durch die Ergebnisse einer Proteomanalyse gestützt, die darauf hinweist, dass mehrere an NER beteiligte Proteine nach der UMTS-Exposition hochreguliert waren. Darüber hinaus fanden die Autoren nur begrenzte Hinweise auf die Aktivierung des γ-Interferon-Weges.
Humane fötale und adulte Fibroblasten wurden mit 25 GHz (SAR 20 mW g-1, 20 Minuten) exponiert, um gentoxische und biologische Endpunkte zu ermitteln (Franchini et al. 2018). Die Ergebnisse des Comet-Assays, der Phosphorylierung von H2AX-Histon und der Mikrokernfrequenz des Antikinetochor-Antikörpers (CREST) schlossen eine direkte DNA-Schädigung der Fibroblasten aus. Es wurde keine Induktion von Apoptose oder Veränderungen in Prosurvival-Signalproteinen festgestellt.
Das Ziel der Studie von Li et al. (Li et al. 2018b) war es, den Mechanismus und die Rolle der durch HF-EMF induzierten Autophagie in Spermatozoen der Maus zu bestimmen. Von den Spermatozyten abgeleitete Zellen (GC-2) wurden für 24 Stunden durch HF-EMF (GSM 1 800 MHz, 5 Minuten on/10 Minuten off, SAR 4 W kg-1) exponiert und die Autophagie, ROS und die DNA-Schäden bestimmt. Die Ergebnisse zeigten, dass HF-EMF über die ROS-Produktion die Autophagie und DNA-Schäden in GC-2-Zellen induziert und dass der Autophagie-spezifische Signalweg AMPK/mTOR durch ROS aktiviert wurde. Die Hemmung der Autophagie führte zur Erhöhung der DNA-Schädigung in GC-2-Zellen nach HF-EMF-Exposition. Hervorzuheben ist, dass alle Effekte bei SAR 4 W kg-1 ermittelt wurden, während niedrigere SAR-Werte keine Effekte induziert haben.
Eine Studie von Falone et al. (Falone et al. 2018) untersuchte, ob die Exposition mit 1 950 MHz (SAR 0,3 W kg-1 oder 1,25 W kg-1, 20 Stunden) von humanen Neuroblastom-Zellen SH-SY5Y, die durch Menadion verursachte ROS-Bildung inhibieren kann. Es wurden keine Unterschiede zwischen schein- und HF-exponierten Proben beobachtet. Eine statistisch signifikante Verringerung der Menadion-induzierten DNA-Schädigung wurde in Zellen festgestellt, die entweder mit 0,3 W kg-1 oder 1,25 W kg-1 exponiert waren (P < 0,05). Insgesamt deuteten die Ergebnisse darauf hin, dass die HF-Vorexponierung die menadionabhängige oxidative DNA-Schädigung verringert, vermutlich durch die Verbesserung der Effizienz des Antioxidans-Abfangens (Scavenger) und Wiederherstellung der DNA-Reparaturfähigkeit.
Humane periphere Blutlymphozyten von sechs gesunden Spendern wurden zur Mitose stimuliert und mit einem im Handel erhältlichen UMTS-Mobiltelefon exponiert (SAR 0,66 W kg-1, fünf Minuten). Die Lymphozyten zeigten Chromatid-Aberrationen (Lücken und Brüche) in statistisch signifikanten Prozentsätzen (bis zu 275 %) im Vergleich zu der Kontrollgruppe (scheinexponiert) (Panagopoulos 2019).
A-8 Oxidativer Stress
A-8.1 Tierexperimentelle Studien (Details zu Abschnitt 4.9.1)
Schürmann und Mevissen (Schuermann und Mevissen 2021) erstellten einen narrativen Reviewartikel (ohne Auswahlkriterien der Publikationen vs. systematischer Übersicht) zur Thematik EMF und oxidativer Stress. Da dieser Übersichtsartikel keine weiteren neuen Ergebnisse präsentiert als die (hier und von anderen Gremien) bereits genannten, soll nur angemerkt werden, dass die Autoren weder die Qualität der Studien noch die Größe der beschriebenen Effekte analysiert haben. Daher ist diese Publikation für die Risikobewertung nicht relevant.
Ismaiil et al. (Ismaiil et al. 2019) verwendeten GSM-Mobiltelefone (900 MHz, Eeff = 25 V m-1, keine Angaben zur Leistungsdichte, für 24 Stunden pro Tag für 28 Tage), um die Auswirkungen auf induziert diabetische Sprague-Dawley-Ratten (n = 24, 4 Gruppen) im Blut zu bewerten. Die Insulinkonzentrationen und die Blutzuckerwerte änderten sich nicht. Veränderungen in diabetischen Ratten nach erfolgter Exposition wurden bezüglich einiger Marker für oxidativen Stress in der Leber festgestellt: Erhöhung von MDA, Nrf-2, SOD und Katalase-Aktivität, Abnahme von pAkt-2-Spiegel. Die Daten der Publikation zeigen aber, dass sich die Werte von Insulin, Katalase und SOD der diabetischen Ratten nach der Exposition auf das Niveau der Kontrollen eingestellt haben. In der Zusammenfassung bezeichnen die Autoren die Expositionsquelle als die Antenne der Basisstation des Mobiltelefons und dadurch ist es nicht klar, wie die Exposition erfolgte.
Ein kommerziell erwerbliches WLAN-Gerät wurde verwendet, um Wistar-Ratten (n = 20, zwei Gruppen, keine Angaben zur Gruppengröße) für 24 Stunden für zehn Wochen mit 2,45 GHz zu exponieren, um die Änderungen am antioxidativen Redoxsystem des Plasmas zu bewerten. Die Autoren folgerten aus den Ergebnissen, dass das oxidative Abwehrsystem der Ratten signifikant beeinträchtigt war (Kamali et al. 2018).
Histopathologische Untersuchungen an Wistar-Albino-Ratten (n = 32, vier Gruppen) wurden durchgeführt, um oxidative Effekte von 2 600 MHz-Exposition (SAR 11 mW kg-1, Dauer fehlt) auch in Anwesenheit des Antioxidants Quercetin im Lebergewebe zu studieren (Postaci et al. 2018). Die mäßigen, statistisch nicht signifikanten Läsionen wurden auch in der Sham-Gruppe beobachtet und die anderen untersuchten MDA-, SOD- und CAT-Werte waren unverändert geblieben. Außerdem war die Wahl der Konzentration von Quercetin nach Angabe der Autoren nicht ausreichend.
Auch Shahin et al. (Shahin et al. 2018) verwendeten Mobiltelefone mit verschiedenen Betriebsmodi, um Swiss-Strain-Mäuse (n = 48, vier Gruppen) zu exponieren (Nokia 100-Telefon, 1 800 MHz, drei Stunden pro Tag für 120 Tage). Die Signale waren: Wählen, Empfangen und Standby-Modus. Es wurden die Werte für ROS, NO, MDA ermittelt sowie die anti-oxidativen Enzyme SOD, CAT und GPx und die Veränderungen der Expression von proapoptotischen Proteinen(p53 und Bax), aktiver Caspase-3, PARP-1 (DNA-Reparaturenzym), ferner anti-apoptotische Proteine (Bcl-2 und Bcl-xL). Alle Werte waren im pathologischen Bereich, sodass die Autoren die Induktion von testikulärer Apoptose in Mäusen schlussfolgerten.
Pandey und Giri (Pandey und Giri 2018) haben die HF-EMF-induzierten (GSM 902,4 MHz, SAR zwischen 0,0516 W kg-1 und 0,0054 W kg-1, drei Stunden zweimal pro Tag für 35 Tage) Veränderungen der Keimzellproduktion und -transformation nach einem Spermatogenzyklus (35 Tage) in den Hoden von Swiss-Albino-Mäusen (n = 60, vier Gruppen) untersucht. Eine Gruppe wurde in Anwesenheit von Melatonin exponiert. Umfangreiche DNA-Schäden in Keimzellen von HF-exponierten Tieren sowie ein Stillstand in prämeiotischen Stadien der Spermatogenese, die zu einer geringen Spermienzahl und Spermienkopfanomalien führten, wurden beobachtet. Darüber hinaus zeigten biochemische Tests eine übermäßige Erzeugung freier Radikale, was zu histologischen und morphologischen Veränderungen der Hoden- bzw. Keimzellenmorphologie führte. Angaben zur Anzahl von Paralleluntersuchungen sowie zur Verblindung der Analysen fehlen.
Die Hypothese, dass die Exposition durch HF-EMF das Gedächtnis durch Corticosteron und oxidativen Stress verändert, wurde an Long-Evans-Ratten mit Alzheimer Disease (AD) getestet (Bouji et al. 2020). Kontroll- und AD-Ratten wurden Expositionsgruppen zugeordnet: 0 W kg-1 45 Minuten (n = 6), 1,5 W kg-1 15 Minuten (n = 5), 6 W kg-1 15 Minuten (n = 4) oder 6 W kg-1 45 Minuten (n = 5) und zwei Stunden pro Tag 20-mal für 26 Tage exponiert (900 MHz, 217 Pulse pro Sekunde). Die Autoren fanden weder in den AD- noch in den Kontrollratten ein verändertes Gedächtnis nach HF-EMF-Exposition. Im Gegensatz zu Kontrollratten zeigten AD-Ratten jedoch einen höheren oxidativen Stress im Hippocampus und ein reduziertes Corticosteron mit höheren BA (brain average) SARs, was auf eine mögliche erhöhte Fragilität im Zusammenhang mit neurodegenerativen Erkrankungen durch HF-EMF hinweisen könnte.
In einer komparativen Studie wurden die Effekte einer HF-EMF-Exposition mit folgenden Frequenzen 900 MHz (SAR: 0,085 W kg-1), 1 800 MHz (SAR: 0,05 W kg-1) und 2 100 MHz (SAR: 0,04 W kg-1) auf die Induktion von oxidativem Stress, Lipidperoxidation und DNA-Schäden in den Gehirnen von Sprague-Dawley-Ratten (n = 28, vier Gruppen) untersucht (Alkis et al. 2019). Die Exposition dauerte zwei Stunden pro Tag für sechs Monate und die SAR-Werte wurden für das Gehirn der Tiere berechnet. Die Ergebnisse der Studie zeigten, dass die Indikatoren für DNA-Schäden und oxidativen Stress in den HF-EMF-Expositionsgruppen höher waren als in der Kontrollgruppe mit Scheinexposition. Zusammenfassend schrieben die Autoren, dass 900 MHz, 1 800 MHz und 2 100 MHz oxidative Schäden verursachen, eine Zunahme der Lipidperoxidation induzieren und die Bildung oxidativer DNA-Schäden im Frontallappen des Rattenhirngewebes erhöhen können.
A-8.2 Zellexperimentelle Studien (Details zu Abschnitt 4.9.2)
Die Auswirkungen von HF-EMF (GSM 918 MHz, SAR 0,20 W kg-1, Angaben zur Expositionsdauer und zu N-Zahl fehlen) von Mobiltelefonen auf β-Amyloid-induzierten oxidativen Stress in primären Astrozyten von Menschen und Ratten (in Gegenwart von Aβ42-Oligomeren und H2O2) wurden von Tsoy et al. (Tsoy et al. 2019) untersucht. Sie detektierten Veränderungen an den typischen Markern (ROS, MMP, NADPH-Oxidase, Phosphorylierung von p38MAPK- und ERK1/2-Kinasen) und folgerten daraus, dass HF-EMF die Aβ42- und H2O2-induzierte zelluläre ROS reduziert, was auf einen möglichen therapeutischen Nutzen zur Behandlung von neurodegenerativen Erkrankungen wie der Alzheimer-Krankheit hinweist.
Koohestani et al. (Koohestani et al. 2019) untersuchten an pränatalen Follikeln von Mäusen während der In-vitro-Kultivierung und nach der Exposition mit einem Mobiltelefon (Sony Ericsson K800, Trägerfrequenz von 1 900 MHz und SAR im zwischen 0,77 W kg-1 und 0,88 W kg-1 für 60 Minuten) die Induktion von oxidativem Stress. Alle ermittelten Parameter wie Größe, Überleben, Bildung der Antrumhöhle, Eisprung und Eizellreifung wurden bewertet, parallel dazu wurden die enzymatischen Antioxidationsaktivitäten, die Gesamtantioxidationskapazität (TAC) und die Malondialdehyd (MDA) als statistisch signifikant verändert ermittelt. Es wurde geschlussfolgert, dass die Exposition durch Mobiltelefone die Entwicklungskompetenz von pränatalen Follikeln von Mäusen durch die Erhöhung des oxidativen Stresses beeinträchtigt.
Humane Neuroblastomzellen (SH-SY5Y) wurden in der Studie von Marjanovic Cermak et al. (Marjanovic Cermak et al. 2018) für zehn Minuten, 30 Minuten und 60 Minuten 1 800 MHz exponiert (SAR 1,6 W kg-1). Die Konzentrationen von Malondialdehyd und Proteincarbonylen wurden verwendet, um die oxidative Schädigung von Lipiden und Proteinen zu bewerten. Weiterhin wurde die antioxidative Aktivität durch Messen der Konzentrationen von Gesamt-Glutathion38 (GSH) bewertet. Für jede Strahlenexpositionszeit wurde ein statistisch signifikant höherer ROS-Wert beobachtet. Auch verursachte die 60-minütige Exposition eine statistisch signifikante Erhöhung an Lipid- und Proteinschäden. Die höchste GSH-Konzentration wurde nach zehnminütiger Exposition festgestellt. Die Autoren fassten zusammen, dass die 1 800-MHz-Exposition das Gleichgewicht zwischen zellulärer Oxidation und Reduktion beeinträchtigen könne, was zu makromolekularen oxidativen Schäden führen könne.
A-9 Mechanistische Untersuchungen (Details zu Abschnitt 4.10)
In einer In-vivo-Untersuchung wurden 37 (im Text zum Teil auch n = 27, drei Gruppen) weibliche Wistar-Albino-Ratten acht Wochen lang zwei Stunden pro Tag durch HF-EMF (GSM 1 800 MHz, elektrisches Feld von 6,8 ± 0,1 V m-1, SAR 0,06 W kg-1) exponiert. Die Autoren identifizierten die Hochregulierung der Genexpression von Caspase-3 und p38MAPK in Augengeweben nach Exposition (p < 0,05) (Eker et al. 2018).
Die Apoptoseinduktion und die Zellvitalität wurden an HT-29-Zellen nach Exposition mit 1 800 MHz; 2 100 MHz und 2 600 MHz (SAR 1,6 W kg-1, drei Stunden und sechs Stunden kontinuierlich oder mit Unterbrechungen) untersucht (Tomruk et al. 2019) und die Abnahme der Zellvitalität der Zellen für die Frequenzen festgestellt. Ferner beschrieben die Autoren eine statistisch signifikante Zunahme der Caspase-Aktivierung in Abhängigkeit von der Expositionsdauer in vitro.
Li et al. (Li et al. 2020a) fanden ähnliche Ergebnisse. In der Studie wurden NIH/3T3-Zellen mit 1 800 MHz (SAR 2 W kg-1 mit Unterbrechungen für zwölf Stunden, 24 Stunden, 36 Stunden oder 48 Stunden) exponiert. Die Autoren detektierten, dass die Zellvitalität in allen Gruppen im Vergleich zu den scheinexponierten Gruppen statistisch signifikant abnahm. Ferner war in der Gruppe mit 48 Stunden Exposition der Prozentsatz der späten apoptotischen Zellen höher als in den anderen Gruppen. Echtzeit-qPCR-Ergebnisse zeigten, dass die p53-mRNA der 48-Stunden-Gruppe das 1,4-fache zur Kontrolle betrug. Morphologische Untersuchungen zeigten eine mitochondriale Schwellung und eine vesikuläre Morphologie nach 48 Stunden Exposition, welche auf die Induktion von Apoptose hinweisen.
Auch Özsobaci et al. (Özsobaci et al. 2020) untersuchten die Induktion von Apoptose in HEK293-Zellen (2,45 GHz für eine Stunde) und fanden heraus, dass die Exposition den oxidativen Stress und die Apoptose induziert, allerdings bei unklarer Leistungsdichte.
2,856 GHz (mittlere Leistungsdichte von 60 mW cm-2 für sechs Minuten) verringerte die Überlebensrate und die Lebensfähigkeit von humanen Endothelzellen sowie erhöhte die Apoptoserate (Wang et al. 2019).
Die Ergebnisse von Garcia-Minguillan Lopez et al. (Garcia-Minguillan Lopez et al. 2019) zeigen eine statistisch signifikante zeitabhängige Abnahme der Zellvitalität von NIH/3T3-Fibroblasten nach der Exposition von 2,54 GHz (56,2 μW cm-2, für 15 Minuten, drei Stunden, sechs Stunden, neun Stunden, 15 Stunden, 18 Stunden und 21 Stunden).
Ein Smart-Meter (169 MHz, Open Meter 2G „Smart Meter“ (e-Distribuzione S.p.A., Rom, Italien), E = 0,1 J, für 0 Minuten, 30 Minuten, 90 Minuten, 180 Minuten und 1 440 Minuten) wurde verwendet, um biologischen Effekte an Stammzellen, nämlich die Seneszenz und den Verlust der Regenerations- und DNA-Reparaturkapazität, zu untersuchen (Alessio et al. 2019). Es wurden keine Veränderungen gefunden.
Einige biologische Effekte wurden in Tumorzell-Sphäroiden und in normalen menschlichen dermalen Fibroblasten-Sphäroiden bewertet, wobei der makroskopische Aspekt, das Wachstum, die Integrität der Plasmamembran, die Induktion von Apoptose, der ATP-Gehalt und das Mitochondrienpotenzial untersucht wurden (Gibot et al. 2019). Es wurden keine Effekte beobachtet, was darauf hinweist, dass schmalbandige elektromagnetische 1,5 GHz-Felder mit einem einfallenden Amplitudenpegel von 40 kV m-1 und elektromagnetische 150 MHz-Felder mit einer Amplitude von 72,5 kV m-1 bis ungefähr 200 kV m-1 keine signifikanten Änderungen an den untersuchten Parametern verursachten.
Der Einfluss der HF-EMF-Felder auf die Signalwege wurde von Poque et al. (Poque et al. 2020) untersucht. Die Autoren verwendeten die Biolumineszenz-Resonanz-Energietransfer-Technik (BRET) zur Untersuchung von Effekten von GSM modulierten 1 800 MHz-Signalen (bis zu 2 W kg-1, 24 Stunden) auf die Aktivität von ERK- und RAS-Kinasen in HuH7-Zellen. Sie fanden weder Veränderungen in der RAS- und ERK-Aktivierung noch an der Wirksamkeit von Phorbol-12-Myristat-13-Acetat (PMA) zur Aktivierung von RAS- und ERK-Kinasen. Die Exposition mit SAR 2 W kg-1 verringerte allerdings die maximale Wirksamkeit von PMA an der ERK-Aktivierung, nicht jedoch von RAS.
Lamkowski et al. (Lamkowski et al. 2018) führten Genexpressionsanalysen in humanen peripheren Blutzellen von fünf gesunden Spendern nach der Exposition mit 900 MHz-HF-EMF (9,3 W kg-1 für 0 Minuten, 30 Minuten, 60 Minuten und 90 Minuten) durch. Die Autoren fanden keine EMF-spezifischen Genexpressionsänderungen nach Anwendung einer „Anpassung der falschen Entdeckungsrate“ (false discovery rate adjustment, FDR) unter Verwendung eines Ansatzes mit hoher Stringenz. Die Analyse mit niedriger Stringenz ergab 483 statistisch signifikante deregulierte Transkripte in allen HF-EMF-Gruppen im Verhältnis zu den entsprechenden Kontrollen. Nach den Autoren müssen diese Transkripte als statistische Artefakte angesehen werden, da keine gezielten biologischen Reaktionen vorlägen. Deshalb wurden entsprechend 14 vielversprechende Transkripte mittels qRT-PCR untersucht. Die Ergebnisse des Microarrays wurden jedoch nicht bestätigt. Das bedeutet, dass bei nicht-thermischen Bedingungen das verwendete EMF keine Genexpressionsveränderungen in humanen Blutzellen induziert.
Adaptive Response (AR) ist ein ursprünglich an Bakterienzellen beobachtetes Phänomen, wobei die Bakterien in einer niedrigen, nicht toxischen Dosis (adaptive Dosis, AD) eines chemischen Mutagens gezüchtet und dann mit einer hohen Dosis (Challenge-Dosis, CD) des gleichen Mutagens behandelt wurden. Es wurde beobachtet, dass die AD+CD-exponierten Zellen unempfindlicher auf die CD reagierten als die ohne AD (Samson und Cairns 1977). Dieses Phänomen wurde auch an humanen Lymphozyten sowie an anderen Zellen und Zelllinien (in vitro oder in vivo) nach HF-EMF-Exposition beobachtet. Sannino et al. (Sannino et al. 2019) untersuchten an menschlichen peripheren Lymphozyten und an V79-Zellen die Existenz von AR nach der Exposition durch HF-EMF als AD (UMTS-Signal 1 950 MHz SAR 0,3 W kg-1 und 1,25 W kg-1, 20 Stunden) und Mitomycin-C als CD. Die Autoren bestätigten ihre Hypothese und identifizierten die Induktion von AR im Hinblick auf die durch EMF verursachte Verringerung der Mikrokernrate. Interessanterweise konnte dieses Phänomen durch die Behandlung mit 3-Aminobenzamid, einem Inhibitor der Poly (ADP-Ribose)-Polymerase (an der DNA-Reparatur beteiligt), negiert werden, was auf die mögliche Beteiligung von DNA-Reparaturmechanismen hinweisen könnte.
Sogenannte nicht zielgerichtete Effekte (Non-Targeted Effects, NTEs) sind Reaktionen von Zellen, die keiner HF-EMF ausgesetzt waren und trotzdem Reaktionen wie dem Bystander-Effekt (BE) nach Exposition mit nichtionisierender Strahlung aufzeigen. Jooyan et al. (Jooyan et al. 2019) untersuchten NTEs an CHO-Zellen (900 MHz GSM, SAR 2 W kg-1, vier, zwölf und 24 Stunden) und fanden keine statistisch signifikante Veränderung der Zellmembranpermeabilität, der Zellredoxaktivität, der metabolischen Zellaktivität und der Mikrokernfrequenz nach direkter HF-EMF-Exposition. Die 24-stündige HF-EMF-Exposition verursachte jedoch eine statistisch signifikante Abnahme der Klonogenität sowie die Zunahme der DNA-Schädigung (Komet-Assay) sowohl in direkt exponierten als auch in Bystander-Zellen. Bystender Zellen wurden mit Zellkulturmedien von HF-exponierten Zellen behandelt (konditioniertes Kulturmedium). Ferner erhöhte die HF-EMF-Exposition sowohl die intra- als auch die extrazellulären ROS-Spiegel.
Literatur
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Vlasova et al. 2018 | Vlasova, II, Mikhalchik EV, Gusev AA, Balabushevich NG, Gusev SA, Kazarinov KD. Extremely high-frequency electromagnetic radiation enhances neutrophil response to particulate agonists. Bioelectromagnetics. 2018 Feb;39(2):144-55, doi: 10.1002/bem.22103, Epub 2017/12/02 |
von Niederhausern et al. 2019 | von Niederhausern N, Ducray A, Zielinski J, Murbach M, Mevissen M. Effects of radiofrequency electromagnetic field exposure on neuronal differentiation and mitochondrial function in SH-SY5Y cells. Toxicol In Vitro. 2019 Dec;61:104609, doi: 10.1016/j.tiv.2019.104609, Epub 2019/07/28 |
Wallace et al. 2020 | Wallace J, Andrianome S, Ghosn R, Blanchard ES, Telliez F, Selmaoui B. Heart rate variability in healthy young adults exposed to global system for mobile communication (GSM) 900-MHz radiofrequency signal from mobile phones. Environ Res. 2020 Dec;191:110097, doi: 10.1016/j.envres.2020.110097, Epub 2020/08/28 |
Wallace und Selmaoui 2019 |
Wallace J, Selmaoui B. Effect of mobile phone radiofrequency signal on the alpha rhythm of human waking EEG: A review. Environ Res. 2019 Aug;175:274-86, doi: 10.1016/j.envres.2019.05.016, Epub 2019/05/31 |
Wang et al. 2019 | Wang X, Tao T, Song D, Mao H, Liu M, Wang J, Liu X. Calreticulin stabilizes F-actin by acetylating actin and protects microvascular endothelial cells against microwave radiation. Life Sci. 2019 Sep 1;232:116591, doi: 10.1016/j.lfs.2019.116591, Epub 2019/06/23 |
Wei et al. 2019 | Wei Y, Yang J, Chen Z, Wu T, Lv B. Modulation of resting-state brain functional connectivity by exposure to acute fourth-generation long-term evolution electromagnetic field: An fMRI study. Bioelectromagnetics. 2019 Jan;40(1):42-51, doi: 10.1002/bem.22165, Epub 2018/12/19 |
Wuschek 2019 | Wuschek M. Measuring RF electromagnetic fields at mobile communications base station and broadcast transmitter sites. Narda Safety Test Solutions GmbH, Pfullingen, 2019, ISBN 978-3-00-061912-0 |
Yahyazadeh und Altunkaynak 2019 |
Yahyazadeh A, Altunkaynak BZ. Protective effects of luteolin on rat testis following exposure to 900 MHz electromagnetic field. Biotech Histochem. 2019 May;94(4):298-307, doi: 10.1080/10520295.2019.1566568, Epub 2019/01/24 |
Yinhui et al. 2019 | Yinhui P, Hui G, Lin L, Xin A, Qinyou T. Effect of cell phone radiation on neutrophil of mice. Int J Radiat Biol. 2019 Aug;95(8):1178-84, doi: 10.1080/09553002.2019.1607605, Epub 2019/04/24 |
Yu et al. 2020 | Yu G, Tang Z, Chen H, Chen Z, Wang L, Cao H, Wang G, Xing J, Shen H, Cheng Q, Li D, Wang G, Xiang Y, Guan Y, Zhu Y, Liu Z, Bai Z. Long-term exposure to 4G smartphone radiofrequency electromagnetic radiation diminished male reproductive potential by directly disrupting Spock3-MMP2-BTB axis in the testes of adult rats. Sci Total Environ. 2020 Jan 1;698:133860, doi: 10.1016/j.scitotenv.2019.133860, Epub 2019/09/13 |
Zhou et al. 2019 | Zhou H, Dong G, Zheng W, Wang S, Wang L, Zhi W, Wang C. Radiofrequency radiation at 2.856 GHz does not affect key cellular endpoints in neuron-like PC12 cells. Electromagn Biol Med. 2019;38(1):102-10, doi: 10.1080/15368378.2018.1550787, Epub2018/11/30 |
Zong et al. 2019 | Zong L, Gao Z, Xie W, Tong J, Cao Y. Role of NF-kappaB activation in mouse bone marrow stromal cells exposed to 900-MHz radiofrequency fields (RF). J Toxicol Environ Health A. 2019;82(1):46-51, doi: 10.1080/15287394.2018.1553372, Epub 2019/02/02 |
Zou et al. 2018 | Zou Y, Wang G, Xu Y, Bai Y. Comparative study of the proliferative ability of skeletal muscle satellite cells under microwave irradiation in fractures with titanium alloy internal fixation in rabbits. Exp Ther Med. 2018 Dec;16(6):4357-66, doi: 10.3892/etm.2018.6812, Epub 2018/12/14 |
Glossar
2G | Siehe Mobilfunkstandards |
3G | Siehe Mobilfunkstandards |
3GPP | 3rd Generation Partnership Project (3GPP) ist eine weltweite Kooperation von Standardisierungsgremien für die Standardisierung im Mobilfunk. |
4G | Siehe Mobilfunkstandards |
5G | Siehe Mobilfunkstandards |
5G NR | Siehe New Radio |
Antioxidatives Redoxsystem |
Siehe Oxidativer Stress |
Apoptose | Der programmierte Zelltod, der aktiv durch die Zelle selbst ausgelöst wird, ist gekennzeichnet durch den enzymatischen Abbau zelleigener DNA und Proteine. Die Apoptose kann durch verschiedene Faktoren ausgelöst werden, deren Zusammenwirken noch unklar ist. Sie wird als Schutzmechanismus des Organismus verstanden, indem beschädigte, nutzlose oder überalterte Zellen entfernt werden. (Glossar EMF-Portal) |
Beam steering | Beam steering ist eine spezielle Ausprägung des Beamformings, bei der die Ausrichtung des Beams bzw. der Sendekeule einen größeren Raumbereich zyklisch durchwandert bzw. überstreicht, d. h. nicht spezifisch auf einzelne Endgeräte oder Endgerätegruppen ausgerichtet ist. Dies ist beispielsweise notwendig, um die Einbuchung von Endgeräten in einer Funkzelle mit adaptiven Antennen zu ermöglichen.
Beam sweeping wird als Synonym für Beam steering verwendet. |
Beam sweeping | Siehe Beam steering |
Beamforming | Beamforming bezeichnet die Möglichkeit, die Form und die Ausrichtung des Beams bzw. der Sendekeule einer intelligenten (adaptiven) Antenne gezielt zu verändern. Bei modernen adaptiven Antennen, wie sie im Zuge des 5G-Ausbaus teilweise zum Einsatz kommen, geschieht dies softwaregesteuert, um die Sendekeule gezielt in eine bestimmte Richtung zu lenken (z. B. in einen Bereich mit großer Benutzerdichte). |
Comet-Assay | Siehe Kometentest |
Continuous wave | Continuous wave (CW). Elektromagnetische Welle mit konstanter Frequenz, Phase und Amplitude. |
Downlink | Downlink (DL) ist die Kommunikationsrichtung von der Basisstation zum Endgerät bzw. Benutzer. |
Downtilt | Vertikaler Abstrahlwinkel der Hauptsendekeule einer Mobilfunkantenne. Zu unterscheiden sind elektrischer Downtilt (durch Anordnung oder durch Phasensteuerung der Antennenelemente gegeben) und mechanischer Downtilt (durch mechanischen Neigungswinkel der Antenne am Mast). Der schlussendlich resultierende Downtilt ist die Summe von elektrischem und mechanischem Downtilt. |
EDGE | Siehe Mobilfunkstandards |
Einzelzell- Gelelektrophorese |
Siehe Kometentest |
Endpunkt, biologischer | Ein biologischer Endpunkt einer Studie ist ein vordefiniertes und objektiv messbares Ereignis oder messbarer Parameter (z. B. Krankheit, Tod, Zellvermehrung, gentoxische Effekte, molekulare Veränderung, physiologische Veränderungen etc.), welche durch die Exposition durch eine potenziell schädliche Substanz (Pathogen, chemische Substanz oder physikalisches Agens, wie z. B. ionisierende Strahlung oder UV-Licht) auftreten oder verändert werden können. |
Equivalent Isotropically Radiated Power |
EIRP Equivalent Isotropically Radiated Power (äquivalente isotrope Strahlungsleistung) ist eine Rechengröße im Bereich der Antennentechnik, welche das Produkt aus der in eine Sendeantenne eingespeisten Leistung und dem Antennengewinn ausdrückt. Mit dem Antennengewinn werden die Richtwirkung und der Wirkungsgrad einer Antenne zusammengefasst. |
Exposimeter (Sendetechnik) |
Tragbares Gerät zur Messung von hochfrequenten elektromagnetischen Feldern, welches typischerweise in epidemiologischen Studien zum Einsatz kommt. |
Feldquelle (elektromagnetische Felder) |
Quellen elektromagnetischer Felder sind grundsätzlich elektrotechnische Geräte und Anlagen, man unterscheidet funktionsabhängig die bewusste Erzeugung von Feldern wie z. B. bei der Funkübertragung und beim induktiven Laden und die parasitäre Felderzeugung, wie bei Leitungen für die Stromversorgung. Funkfelder werden in der Praxis effektiv über Antennen abgestrahlt, hier ist es für die Expositionsbewertung relevant, ob man sich im Nahfeld der Antenne oder im Fernfeld befindet. |
Fernfeld einer Antenne |
Das Fernfeld einer elektromagnetischen Feldquelle ist jener Raumbereich, in dem der elektrische und der magnetische Feldvektor normal zueinander und normal zur Ausbreitungsrichtung liegen. Zudem entspricht das Verhältnis der Beträge des elektrischen Feldstärkevektors und des magnetischen Feldstärkevektors der Freiraumimpedanz Z0 ≈ 377 Ω. Ein im Fernfeld einer Feldquelle befindliches Objekt wirkt nicht mehr auf die Eigenschaften der Feldquelle zurück. Unter einer Fernfeldquelle versteht man eine Feldquelle, die ausreichend weit vom betrachteten Immissionsort entfernt ist, sodass am Immissionsort die oben genannten Verhältnisse (Fernfeldbedingungen) angenommen werden können. |
Nahfeld einer Antenne |
Unter dem Nahfeld einer Antenne versteht man jenen Raumbereich in der Antennenumgebung, in dem sich noch keine Fernfeldbedingungen (vgl. Fernfeld) ergeben. In unmittelbarer Nähe zur Antenne befindet sich das „reaktive Nahfeld“. Den Übergangsbereich zwischen reaktivem Nahfeld und Fernfeld nennt man „strahlendes Nahfeld“. Objekte, die sich im reaktiven Nahfeld einer Feldquelle befinden, können massiv auf die Abstrahleigenschaften der Feldquelle zurückwirken. |
Femtozelle | Siehe Funkzelle |
Fernfeld | Siehe Feldquelle (elektromagnetische Felder) |
FR1 | Siehe Mobilfunkstandards/ 5G |
FR2 | Siehe Mobilfunkstandards/ 5G |
Frequenzband (Nachrichtentechnik) |
Das für eine Daten- oder Sprachübertragung zur Verfügung stehende, benötigte oder genutzte Frequenzintervall, gemessen in Hertz (Hz).
Für 5G sind Frequenzbänder in zwei verschiedenen Frequenzbereichen vorgesehen. Frequency Range 1 (FR 1) beinhaltet die in Europa aktuell genutzten Mobilfunk-Frequenzbänder 0,7 GHz, 0,8 GHz, 0,9 GHz, 1,8 GHz, 2,1 GHz, 2,6 GHz und 3,6 GHz. Frequency Range 2 (FR 2) beinhaltet z. B. das Frequenzband um 26 GHz. |
Funkanlage | Elektrisches oder elektronisches Erzeugnis, das bestimmungsgemäß Funkwellen zum Zweck der Funkkommunikation oder der Funkortung ausstrahlt und/oder empfängt oder Zubehör, wie zum Beispiel eine Antenne, benötigt, damit es bestimmungsgemäß Funkwellen zum Zweck der Funkkommunikation oder der Funkortung ausstrahlen und/oder empfangen kann. |
Funkzelle | Gebiet, das von einem Sender versorgt wird. Je nach Größe unterscheidet man zwischen Femtozellen, Pikozellen, Mikrozellen und Makrozellen.
Speziell im Mobilfunk versteht man unter Funkzelle den Bereich innerhalb eines Mobilfunknetzes, der durch eine Basisstation versorgt wird. Von einem Mobilfunkanlagenstandort werden meist mehrere Funkzellen versorgt (typischerweise drei). Die Größe der Funkzellen richtet sich nach dem Datenübertragungsaufkommen und topographischen Gegebenheiten. |
Femtozelle | Eine Femtozelle wird gewöhnlich von einer Basisstation mit sehr geringer Sendeleistung und damit geringer Reichweite versorgt. Sie wird vor allem in Wohnbereichen eingesetzt und besitzt vorzugsweise eine geringe Leistungsaufnahme, ist leicht zu implementieren und arbeitet selbstoptimierend. |
Pikozelle | Die Pikozelle wird von einer Basisstation mit geringer Sendeleistung versorgt, die vor allem in Geschäftsräumen oder öffentlichen Innenräumen (z. B. Einkaufszentren) zu finden ist. Ihre Eigenschaften sind ähnlich der der Femtozelle (vgl. dort), wobei sie für etwas größere Reichweiten ausgelegt ist. |
Mikrozelle | Mikrozellen sollen die Funkabdeckung in Außenbereichen kleinräumig verbessern, in denen die Flächenabdeckung durch die Makrozellen nicht ausreichend ist. Sie werden von Mobilfunk-Basisstationen mit geringer Leistung bzw. Reichweite versorgt. Dieser Basisstationstyp wird gelegentlich auch in Innenräumen installiert, um Abdeckung und Kapazität zur Verfügung zu stellen, welche über die Möglichkeiten einer Pikozelle hinausgehen. |
Makrozelle | Mobilfunk-Basisstation mit hoher Reichweite zur Flächenversorgung für Außen- und Innenbereiche. Dieser Basisstationstyp wird üblicherweise an Masten oder auf Gebäudedächern installiert. |
GPRS | Siehe Mobilfunkstandards |
GSM | Siehe Mobilfunkstandards |
Hochfrequenzanlage | Im Sinne der 26. BImSchV: Ortsfeste Anlagen, die elektromagnetische Felder im Frequenzbereich von 9 kHz bis 300 GHz erzeugen, ausgenommen sind Anlagen, die breitbandige elektromagnetische Impulse erzeugen und der Landesverteidigung dienen. |
HSPA | Siehe Mobilfunkstandards |
HSPA+ | Siehe Mobilfunkstandards |
ICNIRP | Die ICNIRP International Commission on Non-Ionizing Radiation Protection (Internationale Kommission zum Schutz vor nichtionisierender Strahlung) ist eine internationale Vereinigung von Wissenschaftlern, die durch die Analyse und Bewertung des Kenntnisstands zur gesundheitlichen Wirkung von elektrischen, magnetischen und elektromagnetischen Feldern, optischer Strahlung und Laser sowie Infra- und Ultraschall zum Schutz des Menschen vor nichtionisierender Strahlung beiträgt. Als Ergebnisse ihrer Arbeit werden Grenzwertempfehlungen und Leitlinien veröffentlicht, die u. a. von der WHO anerkannt und der EU bei der Erstellung von Empfehlungen und Rechtsakten berücksichtigt werden. |
Kometentest | Methode (engl. „Comet-Assay“) zur Messung einer akuten Schädigung am Erbgut in der Zelle. Eine gentoxikologische Technik zur Messung von DNA-Schäden in einer einzelnen Zelle mit Hilfe von Gelelektrophorese. Nach der Elektrophorese erscheinen die DNA-Bruchstücke wie ein Schweif eines Kometen. Die Häufigkeit der DNA-Strangbrüche wird aus der Länge des Kometenschweifs (Schweif-Länge) und dem DNA-Gehalt im Schweif ermittelt. Schweif-Moment („Tail Moment“) ist das Produkt aus der Schweif-Länge und der im Schweif enthaltenen relativen DNA-Menge. Der alkalische Comet-Assay (pH > 13) wird häufig verwendet, um DNA-Einzelstrang- und Doppelstrangbrüche, alkali-labile Stellen und Zwischenprodukte des DNA-Reparatur-Prozesses nachzuweisen. Relevant für ionisierende und nichtionisierende Strahlung. |
LTE | Siehe Mobilfunkstandards |
LTE-A | Siehe Mobilfunkstandards |
Mikrogel- Elektrophorese |
Siehe Kometentest |
Mikrozelle | Siehe Funkzelle |
Mobilfunkstandards | Mobilfunkstandards spezifizieren eine Funkkommunikation, bei der mindestens einer der an der Kommunikation Beteiligten nicht ortsfest ist. Die Frequenzbereiche, die für terrestrische kommerzielle Mobilkommunikation genutzt werden, liegen aktuell etwa im Frequenzbereich zwischen 0,7 GHz und 3,8 GHz. Im Lauf der Jahrzehnte wurden die Standards der Mobilkommunikation stetig weiterentwickelt. Die maximal über eine Mobilkommunikationsverbindung übertragbaren Datenraten wurden extrem gesteigert (von anfangs wenigen kBit s-1 zu aktuell über einem Gbit s-1). |
2G (GSM) | 2. Generation der Mobilfunkkommunikation (2G): Zur Zweiten Mobilfunkgeneration zählen u. a. die Mobilfunkstandards GSM (Global System for Mobile Communications, in Europa auch als GSM-900 bezeichnet), welcher der meistverbreitete 2G-Mobilfunkstandard ist, sowie DCS-1800 (Digital Cellular System, in Europa auch als GSM-1800 bezeichnet). 2G nutzt in den GSM-900-Netzen das 900-MHz-Frequenzband und in den DCS-1800- bzw. GSM-1800-Netzen das 1800-MHz-Frequenzband. Es können mit GSM (zusammen mit GPRS und EDGE) Downlink-Datenraten von bis zu einigen 100 kBit s-1 erreicht werden. |
GPRS | General Packet Radio Service (GPRS) ist eine Methode zur Erhöhung der Datenrate bei der zweiten Mobilfunkgeneration (2G) auf Basis einer Paket-orientierten Verbindung, wobei mehrere Zeitschlitze eines GSM-Funkkanals kombiniert werden. Mit GPRS können Downlink-Datenraten von bis zu einigen 10 kBit s-1 erreicht werden. |
EDGE | Enhanced Data Rates for GSM Evolution (EDGE) ist eine Methode zur Erhöhung der Datenrate bei der zweiten Mobilfunkgeneration (2G), bei der die Anzahl der übertragenen Bits pro Symbol gegenüber dem ursprünglichen Standard erhöht wird. Mit EDGE können Downlink-Datenraten von bis zu einigen 100 kBit s-1 erreicht werden. |
3G (UMTS) | 3. Generation der Mobilfunkkommunikation (3G): Als Dritte Mobilfunkgeneration wird der Mobilfunkstandard UMTS (Universal Mobile Telecommunications System) bezeichnet. UMTS nutzt das 2100-MHz-Frequenzband. UMTS wird in Deutschland aktuell sukzessive abgeschaltet. Mit UMTS können Downlink-Datenraten von bis zu einigen 100 kBit s-1 (mit der Erweiterung HSPA+, siehe dort, bis zu einigen 10 Mbit s-1) erreicht werden. |
HSPA | High Speed Packet Access (HSPA) und HSPA+ sind Erweiterungen des UMTS-Mobilfunkstandards (3G), um höhere Datenübertragungsraten von bis zu einigen 10 Mbit s-1 zu erzielen. |
4G (LTE, LTE-A) | 4. Generation der Mobilfunkkommunikation (4G): Zur Vierten Generation der Mobilfunkkommunikation zählen die Mobilfunkstandards Long Term Evolution (LTE) und Long Term Evolution – Advanced (LTE-A) mit Downlink-Datenraten bis zu einigen 100 Mbit s-1. LTE und LTE-A nutzen 700 MHz-, 800 MHz-, 900 MHz-, 1,8 GHz-, 2,1 GHz- und 2,6 GHz-Frequenzbänder.
HINWEIS: LTE ist eigentlich noch dem 3G-Mobilfunkstandard zuzuordnen, da erst LTE-A den technischen Anforderungen des 4G-Standards entspricht. Aus Marketinggründen wird LTE jedoch meist wie LTE-A mit dem Label „4G“ versehen. |
5G | 5. Generation der Mobilfunkkommunikation (5G) mit Download-Datenraten bis zu einigen Gbit s-1. Für die klassische Mobilkommunikation nutzt 5G Frequenzbänder im Frequency Range 1 (FR1, d. h. aktuell 0,7 GHz, 1,8 GHz, 2,1 GHz und 3,6 GHz) mit theoretisch erzielbaren Downlink-Datenraten von etwas über 1 Gbit s-1sowie für zukünftige Applikationen Frequenzbänder im Frequency Range 2 (FR2, z. B. um 26 GHz) mit theoretisch erzielbaren Downlink-Datenraten bis zu einigen Gbit s-1(Stand 07/2021). |
HINWEIS: Die Verwendung der hier genannten Frequenzbänder bezieht sich auf Deutschland. | |
Nahfeld | Siehe Feldquelle (elektromagnetische Felder) |
New Radio | New Radio (NR) (auch 5G New Radio, 5G NR). Der Begriff 5G New Radio (5G NR) steht für die Luftschnittstelle (Funkschnittstelle) in Mobilfunknetzwerken der fünften Generation (5G; vgl. dort). Die Schnittstelle wird vom 3GPP (vgl. dort) spezifiziert und deckt ein breites Funkspektrum bis hin zu Millimeterwellen ab. Um eine optimale spektrale Effizienz und hohe Übertragungsraten zu erzielen, kommen Techniken wie Beamforming, Massive-MIMO und OFDM (vgl. dort) zum Einsatz. |
Outcome-Parameter | Siehe Biologischer Endpunkt |
Oxidativer Stress | Oxidativer Stress durch ionisierende Strahlen entsteht, wenn oxidative Vorgänge durch freie Radikale (z. B. Wasserstoffperoxid) die Fähigkeit der antioxidativen Prozesse zur Neutralisation übersteigen und das Gleichgewicht zugunsten der Oxidation verschoben wird. Verschiedene Schädigungen in den Zellen können hervorgerufen werden, z. B. Oxidation von ungesättigten Fettsäuren, Proteinen und DNA. Für nichtionisierende Strahlung wird ein Zusammenhang diskutiert. |
Pikozelle | Siehe Funkzelle |
Positronen-Emissions- Tomographie |
Positronen-Emissions-Tomographie (PET). Bildgebendes Verfahren der Nuklearmedizin, bei dem über die Verteilung schwach radioaktiver Substanzen (Positronenstrahler) biochemische und physiologische Funktionen abgebildet werden. Heute in der medizinischen Diagnostik fast ausschließlich als Kombination mit CT als PET-CT im Einsatz. |
SCENIHR | Scientific Committee on Emerging and Newly Identified Health Risks (Europäische Union).
SCENIHR war einer der unabhängigen wissenschaftlichen Ausschüsse, die von der Generaldirektion Gesundheit und Verbraucherschutz der Europäischen Kommission eingesetzt werden und die Kommission in Fragen im Zusammenhang mit Verbraucherprodukten wissenschaftlich beraten. SCENIHR arbeitete von 2004 bis 2016. |
Smart-Power-Lock | Mit Smart-Power-Lock wird eine bei 5G (vgl. dort) erstmals eingesetzte Technologie bezeichnet, mit der softwaregesteuert eine zeitliche Emissionsbegrenzung bei Massive-MIMO-Antennen herbeigeführt wird. |
Spezifische Absorptionsrate |
Specific Absorption Rate (SAR) (Spezifische Absorptionsrate).
Die spezifische Absorptionsrate beschreibt, wieviel Energie pro Zeiteinheit (Leistung J s-1 = W) pro Kilogramm Körpergewicht (bzw. biologischem Material) absorbiert wird (W kg-1), wenn der Körper in einem hochfrequenten elektromagnetischen Feld exponiert ist. Die SAR kann lokal (z. B. bei Nutzung eines Mobiltelefons) oder auf den ganzen Körper (z. B. MRT oder im Fernfeld einer Basisstation) bestimmt werden. Als Grenzwerte in Deutschland gelten für die Exposition des Ganzkörpers 0,08 W kg-1 und des Teilkörpers 2 W kg-1 (Kopf und Rumpf gemittelt über 10 Gramm Körpergewebe). In der medizinischen Diagnostik gelten höhere Richtwerte. (nach Glossar EMF-Portal) |
Standortbezogener Sicherheitsabstand |
Erforderlicher Abstand zwischen der Bezugsantenne eines Funkanlagenstandortes und dem Bereich, in dem die anzuwendenden Grenzwerte unter Einbeziehung der relevanten Feldstärken umliegender ortsfester Funkanlagen eingehalten werden. |
UMTS | Siehe Mobilfunkstandards |
Abkürzungsverzeichnis
26. BImSchV | Sechsundzwanzigste Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (Verordnung über elektromagnetische Felder – 26. BImSchV) |
2G | 2. Generation der Mobilfunkkommunikation |
3G | 3. Generation der Mobilfunkkommunikation |
3GPP | 3rd Generation Partnership Project |
4G | 4. Generation der Mobilfunkkommunikation |
5G | 5. Generation der Mobilfunkkommunikation |
5G NR | 5G New Radio |
ABP | Amyloid-beta-Protein (Amyolid-β, Aβ) |
AGNIR | Advisory Group on Non-Ionising Radiation (Großbritannien) |
ANSES | Agence Nationale de Sécurité Sanitaire de l’Alimentation, de l’Environnement et du Travail (Frankreich) (Nationale Behörde für Lebensmittelsicherheit, Umweltschutz und Arbeitsschutz) |
ARPANSA | Australian Radiation Protection and Nuclear Safety Agency (Australien) (Australische Strahlenschutz- und nukleare Sicherheit-Agentur) |
BAFU | Bundesamt für Umwelt (Schweiz) |
CDMA | Code Division Multiple Access |
CPICH | Common Pilot Channel |
CRF | Corticotropin releasing factor |
CRH-2 | Corticotropin releasing hormone-2 |
CW | Continuous wave |
DCS | Digital Cellular System |
DL | Downlink |
DSS | Dynamic Spectrum Sharing |
DVB-T | Digital Video Broadcast – Terrestrial |
EDA | Elektrodermale Aktivität |
EDGE | Enhanced Data Rates for GSM Evolution |
EEG | Elektroenzephalographie |
EIRP | Equivalent Isotropically Radiated Power (äquivalente isotrope Strahlungsleistung) |
eMBB | Enhanced Mobile Broadband |
EMG | Elektromyogramm |
EOG | Elektrookulogramm |
ETSI | European Telecommunications Standards Institute |
FDD | Frequency Division Duplex |
FDMA | Frequency Division Multiple Access |
FR1 | Frequency Range 1 |
FR2 | Frequency Range 2 |
GDNF | Glial cell line-derived neurotrophic factor |
GFAP | Glial fibrillary acidic protein (Saures Gliafaserprotein) |
GPRS | General Packet Radio Service |
GSM | Global System for Mobile Communications |
GST | Glutathione S-Transferase |
HPHT | High-Power High-Tower |
HRV | Herzratenvariabilität |
HSPA | High Speed Packet Access |
HSPA+ | High Speed Packet Access + |
ICNIRP | International Commission on Non-Ionizing Radiation Protection (Internationale Kommission zum Schutz vor nichtionisierender Strahlung) |
INTEROCC | Studienakronym: Occupational Exposures And Brain Cancer |
LPS | Lipopolysaccharide |
LTE | Long Term Evolution |
LTE-A | Long Term Evolution – Advanced |
MIMO | Multiple Input Multiple Output (vgl. Teil I, Abschnitt 1.3) |
mMIMO | Massive-Multiple Input Multiple Output (vgl. Teil I, Abschnitt 1.3) |
mMTC | Massive Machine Type Communications |
mRNA | Messenger-ribonucleic acid (mRNA) (Boten-Ribonukleinsäure) |
MU-MIMO | Multi-User-Multiple Input Multiple Output (vgl. Teil I, Abschnitt 1.3) |
NGF | Nerve Growth Factor (Nervenwachstumsfaktor) |
NO-Synthase | Stickstoffmonoxid-Synthase |
NR | New Radio |
NREM-Schlaf | Non-rapid-eye-movement-Schlaf (Schlaf ohne rasche Augenbewegungen) |
OFDM | Orthogonal Frequency Division Multiplexing |
OFDMA | Orthogonal Frequency Division Multiple Access |
PET | Positronen-Emissions-Tomographie |
REM-Schlaf | Rapid-eye-movement-Schlaf (Schlaf u. a. mit raschen Augenbewegungen) |
ROS | Reactive oxygen species (Reaktive Sauerstoffspezies) |
RT-PCR | Reverse-transcriptase polymerase chain reaction (Reverse-Transkriptase-Polymerase-Kettenreaktion). |
SAR | Specific Absorption Rate (Spezifische Absorptionsrate). |
SCENIHR | Scientific Committee on Emerging and Newly Identified Health Risks (Europäische Union). |
SCF | Skp-Cullin-F-Box-Proteinkomplex |
Sham | Scheinexposition |
SMM | Smoldering Multiples Myelom |
SOD | Superoxid-Dismutase |
TDD | Time Division Duplex |
TDMA | Time Division Multiple Access |
TEM-Zelle | Transversale elektromagnetische Zelle |
TRF | Telomere Restriction Fragment |
UL | Uplink |
UMTS | Universal Mobile Telecommunications System |
URLLC | Ultra Reliable Low Latency Communication (hoch zuverlässige Kommunikation mit geringer Latenzzeit) |
VOI | Volume(s) of interest (Region(en) von Interesse in einem dreidimensionalen Bild, z. B. des Gehirns) |
WiMAX | Worldwide interoperability for Microwave Access |
- 1
- eMBB: Anwendungsprofil in 5G-Mobilfunknetzen, bei dem hohe Datenübertragungsraten im Vordergrund stehen.
- 2
- Der Begriff „Frequenzbereich“ bezeichnet in Teil I dieses Dokuments ein Intervall im elektromagnetischen Frequenzspektrum, das zum Zweck der Funkkommunikation nutzbar ist. Gewisse Frequenzbereiche können ganz konkreten Funkanwendungen zugeordnet und/oder auf Basis von Lizenzverträgen konkreten Lizenznehmern vorbehalten sein. Frequenzbereiche, die zur Nutzung für Mobilfunk vorgesehen sind (z. B. 900-MHz-Band,1 800-MHz-Band etc.) sind typischer Weise in weitere, den einzelnen Mobilfunkanbietern zugeordneten Sub-Frequenzbereiche unterteilt. Im Unterschied dazu bezeichnet der Begriff „Kanalbandbreite“ die Breite eines für eine konkrete Funkübertragung genutzten Intervalls im elektromagnetischen Frequenzspektrum. Im Falle von „Carrier Aggregation“ (siehe weiter unten im Haupttext) kann sich die Kanalbandbreite auch aus der Summe der Breiten mehrerer Frequenzintervalle in unterschiedlichen Frequenzbereichen errechnen.
- 3
- Das Duplexverfahren ist eine Methode der Kommunikationstechnik, bei der zur Trennung unterschiedlicher Kommunikationsrichtungen (Uplink, Downlink) unterschiedliche Frequenzen (Frequency Division Duplex, FDD) oder unterschiedliche Zeitfenster bzw. „Zeitschlitze“ (Time Division Duplex, TDD) verwendet werden.
- 4
- Mit Beginn 2022 wird die UMTS-Technologie (3G) im Mobilfunk in Deutschland nicht mehr zum Einsatz kommen (BNetzA 2021 , Seite 50); GSM (2G) und LTE (4G) werden hingegen parallel zu 5G bestehen bleiben.
- 5
- In den Frequenzbändern unterhalb des 3 600-MHz-Bands sehen die 5G-Spezifikationen teilweise auch FDD als Duplexverfahren vor.
- 6
- Während die Abstrahlcharakteristik in horizontaler Richtung bei herkömmlichen Basisstationsantennen nach deren Montage tatsächlich unveränderlich ist, besteht in vertikaler Richtung auch bei den meisten herkömmlichen Antennen die Möglichkeit, den sogenannten „elektrischen Downtilt“ ferngesteuert im Bereich einiger Grade zu justieren. Eine dynamische Veränderung – im Sinne einer schnellen adaptiven Anpassung an einen dynamisch veränderlichen Übertragungskapazitätsbedarf – besteht jedoch nicht.
- 7
- Typische gegenwärtige MIMO-Antennen ermöglichen bis zu 64 Sende- und Empfangskanäle (64T64R) mit 128 Antennenelementen.
- 8
- Für ortsfeste Sendeanlagen mit einer Sendeleistung größer als 10 W EIRP ist eine Standortbescheinigung gemäß der Verordnung über das Nachweisverfahren zur Begrenzung elektromagnetischer Felder (BEMFV) erforderlich.
- 9
- Der Faktor 22 setzt sich zusammen aus einem Faktor 4,5 durch Bandbreitenerhöhung (typisch 90 MHz bei 5G im Vergleich zu typisch 20 MHz bei LTE) sowie einem Faktor 5 durch Erhöhung des Antennengewinns (25 dBi bei 5G im Vergleich zu 18 dBi bei LTE).
- 10
- Der Sicherheitsabstand ist proportional zur Quadratwurzel der Sendeleistung.
- 11
- Evozierte Potenziale: Potenzial-Änderungen im Gehirn, die durch Reizung eines Sinnesorgans ausgelöst werden. Nach Art des Reizes werden akustisch evozierte Potenziale, visuell evozierte Potenziale, motorisch evozierte Potenziale und somatosensorisch evozierte Potenziale unterschieden (nach https://www.emf-portal.org/de/glossary/1913).
- 12
- Inzidenz: In der Epidemiologie die Anzahl der Ereignisse (insbesondere Neuerkrankungen), die innerhalb eines Bezugszeitraums auftreten. Inzidenzrate: Anzahl der neu Erkrankten pro Zeit- bzw. Altersintervall. Kumulative Inzidenzrate: Summe der altersspezifischen Inzidenzraten.
- 13
- Schwannom: Ein normalerweise gutartiger, langsam wachsender, abgekapselter Nervenscheidentumor, der von den Schwann-Zellen ausgeht. Diese Zellen produzieren die isolierende Myelinscheide der peripheren Nerven. Ist der 8. Hirnnerv betroffen, spricht man vom Akustikusneurinom. Das Auftreten des Schwannoms im Herzen ist beim Menschen extrem selten (vgl. https://www.emf-portal.org/de/glossary/4201).
- 14
- Blindstudie: Form eines Experiments, bei der die Experimentatoren oder die Versuchspersonen nicht wissen, welche Proben oder Individuen der Experimental- oder der Kontrollgruppe angehören. Bei Doppelblindstudien haben weder der Versuchsleiter noch die Studienteilnehmer Kenntnis über die jeweilige Gruppenzugehörigkeit.
- 15
- Längsschnittstudie: Longitudinale epidemiologische Studie. Meistens handelt es sich um Kohortenstudien.
- 16
- Deklaratives Gedächtnis: Teil des Gedächtnisses, in dem explizites Wissen, das mit Worten erklärbar ist, gespeichert wird; Emotionales Gedächtnis: Gedächtnis für Ereignisse/Erfahrungen, die eine emotionale Reaktion hervorgerufen haben; Prozedurales Gedächtnis (Verhaltensgedächtnis): Beinhaltet implizites Wissen aus dem Bereich automatisierter Handlungsabläufe (z. B. Tanzen); prozedurale Gedächtnisinhalte können nicht verbal wiedergegeben werden.
- 17
- EEG-Power: Aktivität eines EEG-Signals, gemessen als Leistungsgröße, d. h. proportional zum Quadrat der Amplitude, angegeben z. B. in µV2 oder µV2/Hz für einen Frequenzbereich.
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- Alpha-Frequenzbereich allgemein: Hirnstromwellen im Bereich von 8 Hz bis ca. 13 Hz.
- 19
- Makrostruktur des Schlafes: Umfasst in der Schlafmedizin Parameter der Schlafinitiierung, der Schlafarchitektur, der Aufrechterhaltung von Schlaf sowie der Verteilung von Schlaf- und Wachzeiten.
- 20
- Vigilanzniveau: Grad der zentralnervösen Aktivierung, welche die Fähigkeit widerspiegelt, in langandauernden und monotonen Situationen auf seltene und zufällig auftretende Reize rasch und adäquat zu reagieren.
- 21
- Beta-Amyloide (β-Amyloide) sind kleine Proteine (Peptide). Sie sind die Hauptbestandteile der Amyloid-Plaques, die als Ablagerungen im Gehirn von Personen mit der Alzheimer-Krankheit zu finden sind (vgl. https://www.emf-portal.org/de/glossary/3646).
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- Doppelblindstudie: Randomisierte kontrollierte Studie an Personen, bei der weder der Versuchsleiter noch die Studienteilnehmer Kenntnis über die jeweilige Gruppenzugehörigkeit (Kontrollgruppe, Experimentalgruppe) haben.
- 23
- Leydig-Zellen: Zwischen den Samenleitern der Hoden gelegene Zellen, die männliche Hormone, vor allem Testosteron, produzieren (vgl. https://www.emf-portal.org/de/glossary/2971).
- 24
- Axon: Fortsatz einer Nervenzelle, der die Signale weiterleitet (vgl. https://www.emf-portal.org/de/glossary/653).
- 25
- Dendrit: Verzweigter Ausläufer einer Nervenzelle, der Impulse zum Zellkörper hinleitet (vgl. https://www.emf-portal.org/de/glossary/671).
- 26
- Nocebo-Effekt: Negative gesundheitliche Wirkung durch ein Agens aufgrund der Erwartungshaltung, ohne dass ein direkter und unmittelbarer kausaler Zusammenhang zwischen Agens und Wirkung besteht. Im Gegensatz dazu bezeichnet der Placebo-Effekt eine entsprechende positive gesundheitliche Wirkung.
- 27
- Corticosteron: Hormon zur Regulierung des Kohlenhydrat- und Protein-Stoffwechsels (vgl. https://www.emf-portal.org/de/glossary/2046).
- 28
- Astrozyten sind sternförmige Gehirn- und Rückenmarkzellen mit langen Fortsätzen. Sie leiten keine elektrischen Impulse, sondern haben im Wesentlichen Stütz- und Nährfunktionen für die impulsleitenden Nervenzellen und tragen außerdem zur Blut-Hirn-Schranke bei. Sie gehören damit zu den sogenannten Neurogliazellen. Die Gesamtheit der Astrozyten wird als Astroglia bezeichnet
(vgl. https://www.emf-portal.org/de/glossary/1724). - 29
- Adaptationsnacht: In der Schlafmedizin die Nacht vor der eigentlichen Diagnostiknacht zur Eingewöhnung in die Laborsituation.
- 30
- Das Arousal steht in der Schlafmedizin für eine durch Gehirnimpulse ausgelöste Weckreaktion des Körpers.
- 31
- Baselinenacht: In der Schlafmedizin die Nacht im Schlaflabor zwischen einer Eingewöhnungsnacht (Adaptionsnacht) und einer Experimentalnacht zur Registrierung des Schlafes ohne Intervention.
- 32
- Parallelgruppendesign: Bei einer kontrollierten Studie im Parallelgruppendesign werden zwei oder mehr Gruppen randomisiert zugeordneter Studienteilnehmer zeitlich parallel zueinander unterschiedliche Behandlungen erteilt. Im Gegensatz dazu werden die unterschiedlichen Behandlungen im Cross-over-Studiendesign zeitlich nacheinander und randomisiert an denselben Probanden durchgeführt.
- 33
- Crossover-Studie: Vgl. Erläuterung zu „Parallelgruppendesign“ in der vorigen Fußnote.
- 34
- AUDIPOG-Score: In Frankreich gebräuchliche standardisierte Kurven zur Beschreibung des Neugeborenenwachstums in Bezug auf Geburtsgewicht, Geburtsgröße und Geburtskopfumfang (https://www.audipog.net/).
- 35
- Endometrium: Die Schleimhaut auf der Innenseite der Gebärmutter, die auf Hormonschwankungen während der Menstruation und der Schwangerschaft reagiert (vgl. https://www.emf-portal.org/de/glossary/3483).
- 36
- Duty cycle: Ein duty cycle (Arbeitszyklus) ist der Bruchteil einer Periode, in der ein Signal oder System aktiv ist. Er wird üblicherweise als Prozentsatz oder Verhältnis ausgedrückt. Bei elektromagnetischen Signalen hängt die Gesamtintensität der Abstrahlung u. a. vom duty cycle ab.
- 37
- Katalase: Enzym zur Entgiftung von toxischen Sauerstoff-Verbindungen (vgl. https://www.emf-portal.org/de/glossary/2154).
- 38
- Glutathion: Körpereigener Stoff, der an der Übertragung von Wasserstoff beteiligt ist (vgl. https://www.emf-portal.org/de/glossary/2143).
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