Bundesministerium für Gesundheit
Bekanntmachung
eines Beschlusses des Gemeinsamen Bundesausschusses
über eine Änderung der Arzneimittel-Richtlinie:
Anlage XII − Nutzenbewertung von Arzneimitteln mit neuen Wirkstoffen
nach § 35a des Fünften Buches Sozialgesetzbuch (SGB V)
Vutrisiran
(Hereditäre Transthyretin-Amyloidose mit Polyneuropathie (Stadium 1 oder 2))
Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) hat in seiner Sitzung am 6. April 2023 beschlossen, die Arzneimittel-Richtlinie (AM-RL) in der Fassung vom 18. Dezember 2008/22. Januar 2009 (BAnz. Nr. 49a vom 31. März 2009), die zuletzt durch die Bekanntmachung des Beschlusses vom 16. Februar 2023 (BAnz AT 11.05.2023 B3) geändert worden ist, wie folgt zu ändern:
Die Anlage XII wird in alphabetischer Reihenfolge um den Wirkstoff Vutrisiran wie folgt ergänzt:
Vutrisiran
Anwendungsgebiet (laut Zulassung vom 15. September 2022):
Amvuttra wird zur Behandlung der hereditären Transthyretin-Amyloidose (hATTR-Amyloidose) bei erwachsenen Patienten mit Polyneuropathie der Stadien 1 oder 2 angewendet.
Anwendungsgebiet des Beschlusses (Beschluss vom 6. April 2023):
Siehe Anwendungsgebiet laut Zulassung.
- 1.
-
Zusatznutzen des Arzneimittels im Verhältnis zur zweckmäßigen VergleichstherapieErwachsene mit hereditärer Transthyretin-Amyloidose (hATTR-Amyloidose) mit Polyneuropathie der Stadien 1 oder 2Zweckmäßige Vergleichstherapie:
- –
-
Tafamidis (nur bei hATTR-PN Stadium 1) oder Patisiran
Ausmaß und Wahrscheinlichkeit des Zusatznutzens von Vutrisiran gegenüber Patisiran:Hinweis auf einen geringen ZusatznutzenStudienergebnisse nach Endpunkten:1Erwachsene mit hereditärer Transthyretin-Amyloidose (hATTR-Amyloidose) mit Polyneuropathie der Stadien 1 oder 2Zusammenfassung der Ergebnisse relevanter klinischer EndpunkteEndpunktkategorie Effektrichtung/
VerzerrungspotentialZusammenfassung Mortalität ↔ Keine für die Nutzenbewertung relevanten Unterschiede. Morbidität ↔ Keine für die Nutzenbewertung relevanten Unterschiede. Gesundheitsbezogene Lebensqualität ∅ Es liegen keine Daten vor. Nebenwirkungen ↑↑ Vorteil bei den Endpunkten SUEs, schwere UEs und im Detail spezifische UEs. Erläuterungen: ↑: positiver statistisch signifikanter und relevanter Effekt bei niedriger/unklarer Aussagesicherheit
↓: negativer statistisch signifikanter und relevanter Effekt bei niedriger/unklarer Aussagesicherheit
↑↑: positiver statistisch signifikanter und relevanter Effekt bei hoher Aussagesicherheit
↓↓: negativer statistisch signifikanter und relevanter Effekt bei hoher Aussagesicherheit
↔: kein statistisch signifikanter bzw. relevanter Unterschied
∅: Es liegen keine Daten vor.
n. b.: nicht bewertbarStudie HELIOS-A: Vutrisiran vs. Patisiran; offene RCTMortalitätaEndpunkt Vutrisiran Patisiran Vutrisiran vs.
PatisiranN Patientinnen und
Patienten
mit Ereignis n (%)N Patientinnen und
Patienten
mit Ereignis n (%)RR
[95 %-KI]
p-WertbGesamtmortalität 122 2 (1,6) 42 3 (7,1) 0,23
[0,04; 1,33]c;
0,078MorbiditätEndpunkt Vutrisiran Patisiran Vutrisiran vs.
PatisiranNd Werte
Studien-
beginn
MW (SD)Änderung
zu
Monat 18
LS MWe (SE)Nd Werte
Studien-
beginn
MW (SD)Änderung
zu
Monat 18
LS MWe (SE)LS MD
[95 %-KI];
p-WertfNorfolk QoL-DN Gesamtwertg 113 47,1
(26,3)0,9
(1,7)38 47,3
(29,9)3,6
(2,9)–2,7
[–9,2; 3,7];
0,401Physische Funktionen/
große Nervenfasern113 23,1
(13,8)–0,3
(0,9)38 23,0
(14,9)2,1
(1,6)–2,4
[–5,9; 1,1]Alltagsaktivitäten 113 5,7
(5,7)1,2
(0,4)38 5,0
(5,6)0,5
(0,6)0,7
[–0,7; 2,0]Symptome 112 11,0
(6,1)–0,4
(0,5)38 11,2
(7,3)0,4
(0,8)–0,7
[–2,5; 1,0]Kleine Nervenfasern 113 4,6
(4,2)0,9
(0,3)38 5,1
(4,5)0,8
(0,5)0,0
[–1,1; 1,1]Autonome Funktionen 113 2,7
(2,9)–0,5
(0,2)38 3,0
(2,8)–0,2
(0,3)–0,3
[–0,9; 0,4]10-MWT [m/s] 113 1,01
(0,39)–0,03
(0,03)38 1,01
(0,40)–0,07
(0,04)0,04
[–0,06; 0,14];
0,441Gesundheitszustand (EQ-5D-5L VASh) 112 64,5
(18,5)–0,5
(1,3)37 63,0
(16,1)–5,3
(2,3)4,8
[–0,3; 9,9];
0,067R-ODSh(ergänzend dargestellt) 114 34,1
(11,0)–1,8
(0,5)38 34,0
(10,4)–2,1
(0,9)0,2
[–1,7; 2,2];
0,809mNIS +7 Gesamtwertg
(ergänzend dargestellt)115 60,6
(36,0)0,7
(1,6)36 57,7
(33,7)1,4
(2,8)–0,8
[–7,0; 5,4];
0,808Endpunkt Vutrisiran Patisiran Vutrisiran vs.
PatisiranN Patientinnen und
Patienten
mit Ereignis n (%)N Patientinnen und
Patienten
mit Ereignis n (%)RR
[95 %-KI]
p-WertbHospitalisierungen aufgrund jeglicher Ursachea 122 31 (25,4) 42 17 (40,5) 0,63
[0,39; 1,01]
0,067Endpunkt Vutrisiran Patisiran N Ver-
besse-
rungp
n (%)Stabili-
sierungq
n (%)Ver-
schlech-
terungr
n (%)Fehlende
Werte
n (%)N Ver-
besse-
rungp
n (%)Stabili-
sierungq
n (%)Ver-
schlech-
terungr
n (%)Fehlende
Werte
n (%)FAP 122 5
(4,1)101
(82,8)9
(7,4)7
(5,7)42 1
(2,4)36
(85,7)1
(2,4)4
(9,5)PND 122 13
(10,7)82
(67,2)20
(16,4)7
(5,7)42 1
(2,4)30
(71,4)7
(16,7)4
(9,5)Gesundheitsbezogene Lebensqualitätnicht erhobeniNebenwirkungena, jEndpunkt Vutrisiran Patisiran Vutrisiran vs.
PatisiranN Patientinnen und
Patienten
mit Ereignis n (%)N Patientinnen und
Patienten
mit Ereignis n (%)RR
[95 %-KI]
p-WertaUEsk
(ergänzend dargestellt)122 119 (97,5) 42 41 (97,6) entfällt SUEsk 122 32 (26,2) 42 18 (42,9) 0,61
[0,39; 0,97]
0,045schwere UEsk, l 122 19 (15,6) 42 16 (38,1) 0,41
[0,23; 0,72]
0,002Abbruch wegen UEs 122 3 (2,5) 42 3 (7,1) 0,34
[0,07; 1,64]
0,174Verletzung, Vergiftung und durch Eingriffe bedingte Komplikationen
(SOC, schweres UEl)n122 1 (0,8) 42 3 (7,1) 0,12
[0,01; 1,07]
0,031oInfektionen und parasitäre Erkrankungen
(SOC, SUE)122 9 (7,4) 42 8 (19,0) 0,39
[0,16; 0,94]
0,034Herzinsuffizienz
(SMQ enger Umfang, SUE)122 4 (3,3) 42 5 (11,9) 0,28
[0,08; 0,98]
0,036Erkrankungen des Gastrointestinaltrakts
(SOC, SUE)s122 1 (0,8) 42 3 (7,1) 0,11
[0,01; 1,07]c
0,031Allgemeine Erkrankungen und Beschwerden am Verabreichungsort
(SOC, SUE)t122 1 (0,8) 42 4 (9,5) 0,09
[0,01; 0,749]c
0,008a während der 18-monatigen randomisierten Behandlungsphase Vutrisiran vs. Patisiran; inklusive Ereignisse, die nach der 18-monatigen randomisierten Behandlungsphase Vutrisiran vs. Patisiran aber vor der ersten Dosis Vutrisiran in der Extensionsphase, also + 84 Tage im Vutrisiran-Arm und + 28 Tage im Patisiran-Arm, aufgetreten sind b p-Wert: Berechnung des IQWiG, unbedingter exakter Test (CSZ-Methode) c Effekt und KI: Berechnung des IQWiG d Anzahl der Patientinnen und Patienten, die in der Auswertung zur Berechnung der Effektschätzung berücksichtigt wurden; die Werte zu Studienbeginn basieren auf 120 bis 122 Personen im Interventionsarm und 41 bis 42 Personen im Kontrollarm e aus der MMRM-Auswertung f Effekt, KI und p-Wert: MMRM mit unstrukturierter Varianzmatrix, Wert zu Studienbeginn als stetige Kovariable, Behandlung, Visite, Genotyp, Alter bei Krankheitsbeginn und den NIS zu Baseline (< 50 vs. ≥ 50) als kategorielle Faktoren, Interaktionsterm Behandlung × Visite. Effekt bezieht sich auf die Veränderung gegenüber Studienbeginn zum Zeitpunkt 18 Monate. g Niedrigere Werte bedeuten geringe Symptomatik (Norfolk-QoL-DN:Skalenspannweite −4 bis 136; mNIS+7: Skalenspannweite 0 bis 304; NIS: Skalenspannweite 0 bis 244). Negative Effekte (Vutrisiran vs. Patisiran) bedeuten einen Vorteil für die Intervention. h Höhere Werte bedeuten einen besseren Gesundheitszustand (EQ-5D-5L VAS, Skalenspannweite 0 bis 100) bzw. geringere Symptomatik (R-ODS, Skalenspannweite 0 bis 48). Positive Effekte (Vutrisiran vs. Patisiran) bedeuten einen Vorteil für die Intervention. i Der pU ordnet das Instrument Norfolk QoL-DN der gesundheitsbezogenen Lebensqualität zu. j relevanter Anteil an Ereignissen enthalten, die sowohl Nebenwirkungen als auch Symptome sein können k Ereignisse, deren PT den Begriff „Amyloid“ oder „Progression“ enthalten, wurden nicht berücksichtigt. l Schwere UEs sind operationalisiert als schwer oder medizinisch signifikant, aber nicht unmittelbar lebensbedrohlich; Hospitalisierung oder längere Krankenhausaufenthalte angezeigt; beeinträchtigend; Einschränkung der Selbstversorgung im alltäglichen Leben (z. B. Baden, An- und Ausziehen, Nahrungsaufnahme, Toilettengang, Einnahme von Medikamenten, und nicht bettlägerig); oder lebensbedrohliche Konsequenzen; dringliche Intervention angezeigt; oder Tod aufgrund unerwünschter Ereignisse. Diese Definition entspricht im Wortlaut den Kriterien nach NCI CTCAE-Grad≥ 3. m Die vom pU vorgelegte Auswertung ist nicht zur Nutzenbewertung geeignet, schwerwiegende Infusionsreaktionen werden jedoch in der Gesamtrate SUE berücksichtigt. n Enthaltene PTs sind „Sturz“, „Knöchelfraktur“ und „Fraktur des Fußes“. Das PT „Reaktion im Zusammenhang mit einer Infusion“ wurde vom pU nicht dem primären SOC „Verletzung, Vergiftung und durch Eingriffe bedingte Komplikationen“ sondern dem SOC „Erkrankungen des Immunsystems“ zugeordnet. o Diskrepanz zwischen p-Wert (exakt) und KI (asymptotisch) aufgrund unterschiedlicher Berechnungsmethoden. p niedrigeres FAP-Stadium bzw. niedrigerer PND-Wert zu Monat 18 im Vergleich zu Studienbeginn q gleiches FAP-Stadium bzw. PND-Wert zu Monat 18 im Vergleich zu Studienbeginn r höheres FAP-Stadium bzw. höherer PND-Wert zu Monat 18 im Vergleich zu Studienbeginn s Enthaltene PTs sind „Obstipation“ und „Lippenödem“. t Enthaltene PTs sind „Asthenie“, „generelle Verschlechterung des physischen Gesundheitszustands“, „Phlebitis an der Infusionsstelle“, „Brustkorbschmerz“, „Wärmegefühl“ und „schwellendes Gesicht“. Verwendete Abkürzungen: 10-MWT: 10-Meter-Gehtest; CTCAE: Common Terminology Criteria for Adverse Events; KI: Konfidenzintervall; LS: Least Squares; MedDRA: Medizinisches Wörterbuch für Aktivitäten im Rahmen der Arzneimittelzulassung; MD: Mittelwertdifferenz; MMRM: Gemischtes Modell mit Messwiederholungen; MW: Mittelwert; n: Anzahl Patientinnen und Patienten mit (mindestens 1) Ereignis; N: Anzahl ausgewerteter Patientinnen und Patienten; NCI: National Cancer Institute; NIS: Neuropathy Impairment Score; Norfolk QoL-DN: Norfolk Quality of Life-Diabetic Neuropathy; PT: bevorzugter Begriff; SMQ: standardisierte MedDRA-Abfrage; SOC: Systemorganklasse; RCT: randomisierte kontrollierte Studie; RR: relatives Risiko; SD: Standardabweichung; SE: Standardfehler; SUE: schwerwiegendes unerwünschtes Ereignis; UE: unerwünschtes Ereignis; VAS: visuelle Analogskala
- 2.
-
Anzahl der Patientinnen und Patienten bzw. Abgrenzung der für die Behandlung infrage kommenden PatientengruppenErwachsene mit hereditärer Transthyretin-Amyloidose (hATTR-Amyloidose) mit Polyneuropathie der Stadien 1 oder 2ca. 360 Patientinnen und Patienten
- 3.
-
Anforderungen an eine qualitätsgesicherte AnwendungDie Vorgaben der Fachinformation sind zu berücksichtigen. Die europäische Zulassungsbehörde European Medicines Agency (EMA) stellt die Inhalte der Fachinformation zu Amvuttra (Wirkstoff: Vutrisiran) unter folgendem Link frei zugänglich zur Verfügung (letzter Zugriff: 22. November 2022):https://www.ema.europa.eu/en/documents/product-information/amvuttra-epar-product-information_de.pdfDie Einleitung und Überwachung der Behandlung mit Vutrisiran sollte durch in der Therapie mit Amyloidose erfahrene Ärztinnen und Ärzte erfolgen.
- 4.
-
TherapiekostenJahrestherapiekosten:Erwachsene mit hereditärer Transthyretin-Amyloidose (hATTR-Amyloidose) mit Polyneuropathie der Stadien 1 oder 2
Bezeichnung der Therapie Jahrestherapiekosten/Patientin bzw. Patient Zu bewertendes Arzneimittel: Vutrisiran 481 013,20 € Zweckmäßige Vergleichstherapie: Patisiran 416 486,57 € zusätzlich notwendige GKV-Leistungen 225,50 € Tafamidis 143 611,44 € Kosten nach Abzug gesetzlich vorgeschriebener Rabatte (Stand Lauer-Taxe: 15. März 2023) - 5.
-
Arzneimittel mit neuen Wirkstoffen gemäß § 35a Absatz 3 Satz 4 SGB V, die in einer Kombinationstherapie mit Vutrisiran eingesetzt werden könnenAls Arzneimittel mit neuen Wirkstoffen gemäß § 35a Absatz 3 Satz 4 SGB V werden Arzneimittel mit folgenden neuen Wirkstoffen benannt, die aufgrund der arzneimittelrechtlichen Zulassung in einer Kombinationstherapie mit Vutrisiran zur Behandlung der hATTR-Amyloidose mit Polyneuropathie der Stadien 1 oder 2 eingesetzt werden können:Erwachsene mit hereditärer Transthyretin-Amyloidose (hATTR-Amyloidose) mit Polyneuropathie der Stadien 1 oder 2
- –
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Kein in Kombinationstherapie einsetzbarer Wirkstoff, der die Voraussetzungen des § 35a Absatz 3 Satz 4 SGB V erfüllt.
Die Benennung von Kombinationen dient ausschließlich der Umsetzung des Kombinationsabschlages nach § 130e SGB V zwischen Krankenkassen und pharmazeutischen Unternehmern. Die getroffenen Feststellungen schränken weder den zur Erfüllung des ärztlichen Behandlungsauftrags erforderlichen Behandlungsspielraum ein, noch treffen sie Aussagen über Zweckmäßigkeit oder Wirtschaftlichkeit.
Der Beschluss tritt mit Wirkung vom Tag seiner Veröffentlichung auf den Internetseiten des G-BA am 6. April 2023 in Kraft.
Die Tragenden Gründe zu diesem Beschluss werden auf den Internetseiten des G-BA unter www.g-ba.de veröffentlicht.
Gemeinsamer Bundesausschuss
gemäß § 91 SGB V
Der Vorsitzende
Prof. Hecken
- 1
- Daten aus der Dossierbewertung des IQWiG (A22-114) und dem Addendum (A23-12), sofern nicht anders indiziert.
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