Bundesministerium für Gesundheit
Bekanntmachung
eines Beschlusses des Gemeinsamen Bundesausschusses
über eine Änderung der Arzneimittel-Richtlinie:
Anlage XII – Nutzenbewertung von Arzneimitteln mit neuen Wirkstoffen
nach § 35a des Fünften Buches Sozialgesetzbuch (SGB V)
Talquetamab
(Multiples Myelom, mind. 3 Vortherapien)
Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) hat in seiner Sitzung am 7. März 2024 beschlossen, die Arzneimittel-Richtlinie (AM-RL) in der Fassung vom 18. Dezember 2008/22. Januar 2009 (BAnz. Nr. 49a vom 31. März 2009), die zuletzt durch die Bekanntmachung des Beschlusses vom 6. Februar 2024 (BAnz AT 25.04.2024 B3) geändert worden ist, wie folgt zu ändern:
Die Anlage XII wird in alphabetischer Reihenfolge um den Wirkstoff Talquetamab wie folgt ergänzt:
Talquetamab
Anwendungsgebiet (laut Zulassung vom 22. August 2023):
Talvey wird angewendet als Monotherapie zur Behandlung erwachsener Patienten mit rezidiviertem und refraktärem multiplem Myelom, die zuvor bereits mindestens drei Therapien erhalten haben, darunter einen immunmodulatorischen Wirkstoff, einen Proteasom-Inhibitor und einen Anti-CD38-Antikörper, und die während der letzten Therapie eine Krankheitsprogression gezeigt haben.
Anwendungsgebiet des Beschlusses (Beschluss vom 7. März 2024):
Siehe Anwendungsgebiet laut Zulassung.
- 1.
-
Ausmaß des Zusatznutzens und Aussagekraft der NachweiseTalquetamab ist zugelassen als Arzneimittel zur Behandlung eines seltenen Leidens nach der Verordnung (EG) Nr. 141/2000 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 1999 über Arzneimittel für seltene Leiden. Gemäß § 35a Absatz 1 Satz 11 1. Halbsatz SGB V gilt der medizinische Zusatznutzen durch die Zulassung als belegt.Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) bestimmt gemäß 5. Kapitel § 12 Absatz 1 Nummer 1 Satz 2 der Verfahrensordnung des G-BA (VerfO) i. V. m. § 5 Absatz 8 AM-NutzenV unter Angabe der Aussagekraft der Nachweise das Ausmaß des Zusatznutzens für die Anzahl der Patienten und Patientengruppen, für die ein therapeutisch bedeutsamer Zusatznutzen besteht. Diese Quantifizierung des Zusatznutzens erfolgt am Maßstab der im 5. Kapitel § 5 Absatz 7 Nummer 1 bis 4 VerfO festgelegten Kriterien.Erwachsene mit rezidiviertem und refraktärem multiplem Myelom, die zuvor bereits mindestens drei Therapien erhalten haben, darunter einen immunmodulatorischen Wirkstoff, einen Proteasom-Inhibitor und einen Anti-CD38-Antikörper, und die während der letzten Therapie eine Krankheitsprogression gezeigt habenAusmaß des Zusatznutzens und Aussagekraft der Nachweise von Talquetamab:Anhaltspunkt für einen nicht quantifizierbaren Zusatznutzen, weil die wissenschaftliche Datengrundlage eine Quantifizierung nicht zulässt.Studienergebnisse nach Endpunkten:1Erwachsene mit rezidiviertem und refraktärem multiplem Myelom, die zuvor bereits mindestens drei Therapien erhalten haben, darunter einen immunmodulatorischen Wirkstoff, einen Proteasom-Inhibitor und einen Anti-CD38-Antikörper, und die während der letzten Therapie eine Krankheitsprogression gezeigt habenZusammenfassung der Ergebnisse relevanter klinischer Endpunkte
Endpunktkategorie Effektrichtung/
VerzerrungspotentialZusammenfassung Mortalität n. b. Die Daten sind nicht bewertbar. Morbidität n. b. Die Daten sind nicht bewertbar. Gesundheitsbezogene Lebensqualität n. b. Die Daten sind nicht bewertbar. Nebenwirkungen n. b. Die Daten sind nicht bewertbar. Erläuterungen: ↑: positiver statistisch signifikanter und relevanter Effekt bei niedriger/unklarer Aussagesicherheit
↓: negativer statistisch signifikanter und relevanter Effekt bei niedriger/unklarer Aussagesicherheit
↑↑: positiver statistisch signifikanter und relevanter Effekt bei hoher Aussagesicherheit
↓↓: negativer statistisch signifikanter und relevanter Effekt bei hoher Aussagesicherheit
↔: kein statistisch signifikanter bzw. relevanter Unterschied
∅: Es liegen keine Daten vor.
n. b.: nicht bewertbarStudie MonumenTAL-1: einarmige, offene Phase I/II-Studie, Ergebnisse des Datenschnitts vom 17. Januar 2023Kohorte A: Nicht-TCRDT2 vortherapiert, Talquetamab 0,4 mg/kg wöchentlichKohorte B: TCRDT vortherapiert, Talquetamab 0,4 mg/kg wöchentlichKohorte C: Nicht-TCRDT vortherapiert, Talquetamab 0,8 mg/kg alle 2 WochenMortalitätEndpunkt Talquetamab Nicht-TCRDT vortherapiert TCRDT vortherapiert N Mediane Überlebensdauer
in Monaten
[95 %-KI]
Patientinnen und Patienten
mit Ereignis n (%)N Mediane Überlebensdauer
in Monaten
[95 %-KI]
Patientinnen und Patienten
mit Ereignis n (%)Gesamtüberleben 288 n. e.
[25,56; n. e.]
81 (28,1)31 n. e.
[8,15; n. e.]
14 (45,2)MorbiditätTalquetamab Nicht-TCRDT vortherapiert TCRDT vortherapiert N LS -Meansb
[95 %-KI]
p-WertN LS-Meansb
[95 %-KI]
p-WertSymptomskalen des EORTC QLQ-C30c, d – Veränderung zu Baseline für Zyklus 3 Tag 1 Appetitverlust 231 28,6
[23,9; 33,4]
< 0,000119 –a Obstipation 231 1,8
[–1,6; 5,2]
0,2919 –a Diarrhö 231 –2,4
[–5,8; 1,0]
0,1619 –a Schlaflosigkeit 231 1,3
[–2,8; 5,5]
0,5319 –a Fatigue 231 1,8
[–1,3; 4,9]
0,2619 –a Übelkeit/Erbrechen 231 1,4
[–0,3; 3,0]
0,1019 –a Schmerzen 231 –7,3
[–10,7; –3,9]
< 0,000119 –a Dyspnoe 231 –5,8
[–9,0; –2,5]
0,000519 –a Krankheitssymptomatik (PGIS)d, e – Veränderung zu Baseline Zyklus 3 Tag 1 231 –0,6
[–0,7; –0,4]
< 0,0001– –a N Patientinnen und Patienten
mit Ereignis n (%)N Patientinnen und Patienten
mit Ereignis n (%)Gesamtansprechen gemäß IRC (ergänzend dargestellt)f Gesamtansprechrate 288 210 (72,9) 31 18 (58,1) sCR 288 77 (26,7) 31 8 (25,8) CR 288 104 (36,1) 31 10 (32,3) VGPR 288 173 (60,1) 31 16 (51,6) PR 288 37 (12,8) 31 2 (6,5) N Mediane Zeit
in Monaten
[95 %-KI]
Patientinnen und Patienten
mit Ereignis n (%)N Mediane Zeit
in Monaten
[95 %-KI]
Patientinnen und Patienten
mit Ereignis n (%)Progressionsfreies Überlebeng 288 9,56
[7,46; 12,09]162 (56,3)
31 5,03
[2,86; 13,01]21 (67,7)
Gesundheitsbezogene LebensqualitätEORTC QLQ-C30d, h Talquetamab Nicht-TCRDT vortherapiert TCRDT vortherapiert N LS-Meansb
[95 %-KI]
p-WertN LS-Meansb
[95 %-KI]
p-WertFunktionsskalen des EORTC QLQ-C30 – Veränderung zu Baseline für Zyklus 3 Tag 1 Globaler Gesundheitszustand/Globale Lebensqualität 231 0,6
[–2,1; 3,4]
0,6619 –a Körperliche Funktion 231 –1,5
[–4,0; 1,1]
0,2619 –a Rollenfunktion 231 –4,3
[–8,2; –0,5]
0,0319 –a Kognitive Funktion 231 0,7
[–1,78; 3,25]
0,5719 –a Emotionale Funktion 231 3,9
[1,4; 6,4]
0,00219 –a Soziale Funktion 231 –3,0
[–6,6; 0,7]
0,1119 –a NebenwirkungenEndpunkt Talquetamab Nicht-TCRDT vortherapiert TCRDT vortherapiert N Patientinnen und Patienten
mit Ereignis n (%)N Patientinnen und Patienten
mit Ereignis n (%)UE (ergänzend dargestellt) 288 288 (100) 31 31 (100) UE CTCAE-Grad ≥ 3 288 224 (77,8) 31 30 (96,8) SUE 288 146 (50,7) 31 19 (61,3) UE, das zum Abbruch der Studienmedikation führte 288 19 (6,6) 31 2 (6,5) Schwere UE mit Inzidenz > 10 % auf SOC-Ebene Erkrankungen des Blutes und des Lymphsystems 288 172 (59,7) 31 25 (80,6) Stoffwechsel- und Ernährungsstörungen 288 58 (20,1) 31 – Infektionen und parasitäre Erkrankungen 288 54 (18,8) 31 8 (25,8) Untersuchungen 288 42 (14,6) 31 5 (16,1) Schwerwiegende UE mit Inzidenz > 10 % auf SOC-Ebene Infektionen und parasitäre Erkrankungen 288 50 (17,4) 31 5 (16,1) Erkrankungen des Immunsystemsi 288 39 (13,5) 31 4 (12,9) UE von besonderem Interesse mit Inzidenz > 10 % Zytokin-Freisetzungssyndrom SUE 288 39 (13,5) 31 4 (12,9) a Die Rücklaufquote liegt nur für Zyklus 1, Tag 1 bei > 70 %. Dies entspricht dem Zeitpunkt der Gabe der ersten vollständigen Dosis von Talquetamab, die 2–4 Tage nach Abschluss der Step-up-Dosierung erfolgt. Diese Auswertungen werden als nicht interpretierbar erachtet. Für Zyklus 3, Tag 1 liegt die Rücklaufquote unter 70 %. b LS-Means basierend auf MMRM-Modell c Werte von 0 bis 100; höhere Werte entsprechen einer schwereren Krankheitssymptomatik. d Die Erhebung der PRO-Daten wurde ab Phase II (Studienteil 3) vorgenommen. e Skala 0 und 4. Höhere Werte gehen mit höherem Symptomschweregrad einher. f primärer Endpunkt der Studie MonumenTAL-1 g Daten aus dem Dossier des pharmazeutischen Unternehmers h Werte von 0 bis 100; höhere Werte entsprechen einer besseren Funktion bzw. Gesundheit/Lebensqualität. i Ereignisse betreffen PT Zytokin-Freisetzungssyndrom Verwendete Abkürzungen: CR = Vollständiges Ansprechen; CTCAE = Common Terminology Criteria for Adverse Events (gemeinsame Terminologiekriterien für unerwünschte Ereignisse); IRC = Unabhängiges Gutachterkomitee; KI = Konfidenzintervall; MedDRA = Medical Dictionary for Regulatory Activities; MW = Mittelwert; N = Anzahl ausgewerteter Patientinnen und Patienten; n = Anzahl Patientinnen und Patienten mit (mindestens einem) Ereignis; n. b. = nicht berücksichtigt; n. e. = nicht erreicht; PFS = progressionsfreies Überleben; PR = Partielles Ansprechen; PT = Preferred Term; sCR = stringentes vollständiges Ansprechen; SD = Standardabweichung; TCRDT = T-Zell-Redirektionstherapie (T Cell Redirection Therapy); UE = Unerwünschtes Ereignis; VGPR = Sehr gutes partielles Ansprechen
- 2.
-
Anzahl der Patientinnen und Patienten bzw. Abgrenzung der für die Behandlung infrage kommenden PatientengruppenErwachsene mit rezidiviertem und refraktärem multiplem Myelom, die zuvor bereits mindestens drei Therapien erhalten haben, darunter einen immunmodulatorischen Wirkstoff, einen Proteasom-Inhibitor und einen Anti-CD38-Antikörper, und die während der letzten Therapie eine Krankheitsprogression gezeigt habenca. 1 210 bis 1 310 Patientinnen und Patienten
- 3.
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Anforderungen an eine qualitätsgesicherte AnwendungDie Vorgaben der Fachinformation sind zu berücksichtigen. Die europäische Zulassungsbehörde European Medicines Agency (EMA) stellt die Inhalte der Fachinformation zu Talvey (Wirkstoff: Talquetamab) unter folgendem Link frei zugänglich zur Verfügung (letzter Zugriff: 5. Januar 2024):https://www.ema.europa.eu/de/documents/product-information/talvey-epar-product-information_de.pdfDie Einleitung und Überwachung der Therapie mit Talquetamab soll nur durch in der Therapie von Patientinnen und Patienten mit multiplem Myelom erfahrene Fachärztinnen und Fachärzte für Innere Medizin und Hämatologie und Onkologie erfolgen.Gemäß den Vorgaben der EMA hinsichtlich zusätzlicher Maßnahmen zur Risikominimierung ist seitens des pharmazeutischen Unternehmers Schulungsmaterial und eine Patientenkarte zur Verfügung zu stellen. Das Schulungsmaterial für sämtliches medizinisches Fachpersonal, welches Talquetamab verschreiben oder anwenden soll, enthält Anweisungen zur Identifizierung, Behandlung und Überwachung von neurologischen Toxizitäten, einschließlich des ICANS (Immuneffektorzell-assoziiertes Neurotoxizitätssyndrom).Die Patientenkarte soll über die Risiken des Zytokin-Freisetzungssyndroms und neurologischer Toxizitäten (einschließlich ICANS) aufklären sowie erklären, wann sich die Patientinnen und Patienten bei Anzeichen und Symptomen dringend in ärztliche Behandlung begeben sollten. Darüber hinaus erinnert die Patientenkarte daran, dass Patientinnen und Patienten 48 Stunden nach Anwendung aller Dosen der Step-up-Phase in der Nähe einer medizinischen Einrichtung bleiben sollten, in der sie Talquetamab erhalten haben.Dieses Arzneimittel wurde unter „Besonderen Bedingungen“ zugelassen. Das bedeutet, dass weitere Nachweise für den Nutzen des Arzneimittels erwartet werden. Die EMA wird neue Informationen zu diesem Arzneimittel mindestens jährlich bewerten und die Fachinformation, falls erforderlich, aktualisieren.
- 4.
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TherapiekostenDie dargestellten Jahrestherapiekosten beziehen sich auf das erste Behandlungsjahr.Jahrestherapiekosten:Erwachsene mit rezidiviertem und refraktärem multiplem Myelom, die zuvor bereits mindestens drei Therapien erhalten haben, darunter einen immunmodulatorischen Wirkstoff, einen Proteasom-Inhibitor und einen Anti-CD38-Antikörper, und die während der letzten Therapie eine Krankheitsprogression gezeigt haben
Bezeichnung der Therapie Jahrestherapiekosten/Patientin bzw. Patient Zu bewertendes Arzneimittel: Talquetamab3 353 870,78 € – 365 972,43 € Zusätzlich notwendige GKV-Leistungen 53,20 € – 53,53 € Kosten nach Abzug gesetzlich vorgeschriebener Rabatte (Stand Lauer-Taxe: 1. Februar 2024) - 5.
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Benennung von Arzneimitteln mit neuen Wirkstoffen gemäß § 35a Absatz 3 Satz 4 SGB V, die in einer Kombinationstherapie mit dem bewerteten Arzneimittel eingesetzt werden könnenIm Rahmen der Benennung von Arzneimitteln mit neuen Wirkstoffen gemäß § 35a Absatz 3 Satz 4 SGB V werden die folgenden Feststellungen getroffen:Erwachsene mit rezidiviertem und refraktärem multiplem Myelom, die zuvor bereits mindestens drei Therapien erhalten haben, darunter einen immunmodulatorischen Wirkstoff, einen Proteasom-Inhibitor und einen Anti-CD38-Antikörper, und die während der letzten Therapie eine Krankheitsprogression gezeigt haben
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Keine Benennung von in Kombinationstherapie einsetzbaren Arzneimitteln mit neuen Wirkstoffen gemäß § 35a Absatz 3 Satz 4 SGB V, da es sich bei dem zu bewertenden Wirkstoff um einen in Monotherapie zugelassenen Wirkstoff handelt.
Die Benennung von Kombinationen dient ausschließlich der Umsetzung des Kombinationsabschlags nach § 130e SGB V zwischen Krankenkassen und pharmazeutischen Unternehmern. Die getroffenen Feststellungen schränken weder den zur Erfüllung des ärztlichen Behandlungsauftrags erforderlichen Behandlungsspielraum ein, noch treffen sie Aussagen über Zweckmäßigkeit oder Wirtschaftlichkeit.
Der Beschluss tritt mit Wirkung vom Tag seiner Veröffentlichung auf den Internetseiten des G-BA am 7. März 2024 in Kraft.
Die Tragenden Gründe zu diesem Beschluss werden auf den Internetseiten des G-BA unter www.g-ba.de veröffentlicht.
Gemeinsamer Bundesausschuss
gemäß § 91 SGB V
Der Vorsitzende
Prof. Hecken
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- Daten aus der Dossierbewertung des G-BA (veröffentlicht am 15. Dezember 2023) und dem Amendment zur Dossierbewertung vom 9. Februar 2024, sofern nicht anders indiziert.
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- TCRDT, T-Zell-Redirektionstherapie (T Cell Redirection Therapy), z. B. CAR-T-Zelltherapie oder bispezifische Antikörper
- 3
- Beinhaltet die Kosten der Step-up-Phase sowie der Behandlungsphase.
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