Bekanntmachung eines Beschlusses des Gemeinsamen Bundesausschusses über eine Änderung der Arzneimittel-Richtlinie: Anlage XII – Nutzenbewertung von Arzneimitteln mit neuen Wirkstoffen nach § 35a des Fünften Buches Sozialgesetzbuch (SGB V) – Nirmatrelvir/Ritonavir (COVID-19)

Published On: Freitag, 03.02.2023By

Bundesministerium für Gesundheit

Bekanntmachung
eines Beschlusses des Gemeinsamen Bundesausschusses
über eine Änderung der Arzneimittel-Richtlinie:
Anlage XII – Nutzenbewertung von Arzneimitteln mit neuen Wirkstoffen
nach § 35a des Fünften Buches Sozialgesetzbuch (SGB V)
Nirmatrelvir/​Ritonavir (COVID-19)

Vom 15. Dezember 2022

Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) hat in seiner Sitzung am 15. Dezember 2022 beschlossen, die Arzneimittel-Richtlinie (AM-RL) in der Fassung vom 18. Dezember 2008/​22. Januar 2009 (BAnz. Nr. 49a vom 31. März 2009), die zuletzt durch die Bekanntmachung des Beschlusses vom 3. November 2022 (BAnz AT 20.01.2023 B1) geändert worden ist, wie folgt zu ändern:

I.

Die Anlage XII wird in alphabetischer Reihenfolge um die Wirkstoffkombination Nirmatrelvir/​Ritonavir wie folgt ergänzt:

Nirmatrelvir/​Ritonavir

Anwendungsgebiet (laut Zulassung vom 28. Januar 2022):

Paxlovid wird angewendet zur Behandlung einer Coronavirus-Krankheit 2019 (COVID-19) bei Erwachsenen, die keine zusätzliche Sauerstoffzufuhr benötigen und ein erhöhtes Risiko haben, einen schweren COVID-19-Verlauf zu entwickeln

Anwendungsgebiet des Beschlusses (Beschluss vom 15. Dezember 2022):

Siehe Anwendungsgebiet laut Zulassung.

1.
Zusatznutzen des Arzneimittels im Verhältnis zur zweckmäßigen Vergleichstherapie
Erwachsene mit COVID-19, die keine zusätzliche Sauerstoffzufuhr benötigen und ein erhöhtes Risiko haben, einen schweren COVID-19-Verlauf zu entwickeln
Zweckmäßige Vergleichstherapie:
Therapie nach ärztlicher Maßgabe
Ausmaß und Wahrscheinlichkeit des Zusatznutzens von Nirmatrelvir/​Ritonavir gegenüber einer Therapie nach ärztlicher Maßgabe:
Anhaltspunkt für einen beträchtlichen Zusatznutzen
Studienergebnisse nach Endpunkten:*
Erwachsene mit COVID-19, die keine zusätzliche Sauerstoffzufuhr benötigen und ein erhöhtes Risiko haben, einen schweren COVID-19-Verlauf zu entwickeln
Zusammenfassung der Ergebnisse relevanter klinischer Endpunkte

Endpunktkategorie Effektrichtung/​
Verzerrungspotential
Zusammenfassung
Mortalität Vorteil in der Gesamtmortalität
Morbidität Vorteile bei den Endpunkten schwere COVID-19, Bedarf intensiv-medizinischer Betreuung aufgrund jeglicher Ursache und Linderung von COVID-19-Symptomen bis Tag 28
Gesundheitsbezogene
Lebensqualität
Es liegen keine Daten vor.
Nebenwirkungen n. b. Es liegen keine für die Nutzenbewertung verwertbaren Daten vor.
Erläuterungen:

↑: positiver statistisch signifikanter und relevanter Effekt bei niedriger/​unklarer Aussagesicherheit
↓: negativer statistisch signifikanter und relevanter Effekt bei niedriger/​unklarer Aussagesicherheit
↑↑: positiver statistisch signifikanter und relevanter Effekt bei hoher Aussagesicherheit
↓↓: negativer statistisch signifikanter und relevanter Effekt bei hoher Aussagesicherheit
↔: kein statistisch signifikanter bzw. relevanter Unterschied
∅: Es liegen keine für die Nutzenbewertung verwertbaren Daten vor.
n. b.: nicht bewertbar

Studie EPIC-HR: placebokontrollierte, doppelblinde, randomisierte Phase-2/​3-Studie; direkter Vergleich: Nirmatrelvir/​Ritonavir vs. Placebo
Mortalität

Studie EPIC-HR
Endpunkt
Nirmatrelvir/​Ritonavir Placebo Nirmatrelvir/​
Ritonavir vs. Placebo
N Patientinnen
und Patienten
mit Ereignis n (%)
N Patientinnen
und Patienten
mit Ereignis n (%)
RR[95 %-KI] p-Wert
Gesamtmortalität 944 0 (0) 964 15 (1,6) 0,03[0,00; 0,55];
0,017
Morbidität

Studie EPIC-HR
Endpunkt
Nirmatrelvir/​Ritonavir Placebo Nirmatrelvir/​
Ritonavir vs. Placebo
N Patientinnen
und Patienten
mit Ereignis n (%)
N Patientinnen
und Patienten
mit Ereignis n (%)
RR[95 %-KI] p-Wert
Schwere COVID-19 944 10 (1,1) 964 60 (6,2) 0,17[0,09; 0,33];
< 0,001a
Bedarf intensiv-medizinischer Betreuung aufgrund jeglicher Ursache 944 0 (0) 964 9 (0,9) 0,05[0,00; 0,92];
0,044
COVID-19-Symptome zu Woche 24 944 37 (3,9) 964 34 (3,5) 1,11[0,70; 1,76];
0,651
Aktivitätsbeeinträchtigung (WPAI) keine verwertbaren Datenb
Gesundheitszustand
(EQ-5D VAS)
keine verwertbaren Datenb
Studie EPIC-HR
Endpunkt
Nirmatrelvir/​Ritonavir Placebo Nirmatrelvir/​
Ritonavir vs. Placebo
N Mediane Zeit
bis zum Ereignis
in Tagen [95 %-KI]

Patientinnen und Patienten
mit Ereignis n (%)

N Mediane Zeit
bis zum Ereignis
in Tagen [95 %-KI]

Patientinnen
und Patienten
mit Ereignis n (%)

HR[95 %-KI] p-Wertc
Linderung von COVID-19-
Symptomen bis Tag 28
928 16 [15; 17] 588
(63,4)
955 20 [19; 22] 522
(54,7)
1,30[1,16; 1,47];
< 0,001
Gesundheitsbezogene Lebensqualität
nicht erhoben
Nebenwirkungen

Studie EPIC-HR
Endpunkt
Nirmatrelvir/​Ritonavir Placebo Nirmatrelvir/​
Ritonavir vs. Placebo
N Patientinnen
und Patienten
mit Ereignis n (%)
N Patientinnen
und Patienten
mit Ereignis n (%)
RR[95 %-KI] p-Wert
UEs (ergänzend dargestellt) keine verwertbaren Datend
SUEs keine verwertbaren Datend
schwere UEse keine verwertbaren Datend
Abbruch wegen UEs keine verwertbaren Datend
a Berechnung des IQWiG von RR, KI und p-Wert (unbedingter exakter Test, CSZ-Methode)
b keine verwertbaren Daten aufgrund von unzureichenden Rücklaufquoten
c HR, KI und p-Wert: Cox-Proportional-Hazards-Modell adjustiert nach Behandlung, Viruslast zu Baseline, Serologiestatus zu Baseline, Region, Behandlung oder geplante Behandlung mit monoklonalen Antikörpern gegen COVID-19 zu Studienbeginn, Zeit zwischen Auftreten der Symptome und Gabe der ersten Dosis (≤ 3 Tage, > 3 Tage) und die Interaktion zwischen Behandlung und Kovariablen.
d Der pU legt keine Angaben dazu vor, welche Ereignisse er als erkrankungsbezogen einstuft. Vom pU angegebene Gesamtraten ohne erkrankungsbezogene Ereignisse: SUEs: 6 (0,6 %) [Nirmatrelvir/​Ritonavir] vs. 8 (0,8 %) [Placebo]; schwere UEs: 21 (2,2 %) [Nirmatrelvir/​Ritonavir] vs. 26 (2,7 %) [Placebo]; Abbruch wegen UEs: 11 (1,2 %) [Nirmatrelvir/​Ritonavir] vs. 14 (1,5 %) [Placebo].
e Schwere UEs sind operationalisiert als DAIDS-Grad ≥ 3.
Verwendete Abkürzungen:

COVID-19: Coronavirus-Krankheit 2019; DAIDS: Division of Acquired Immunodeficiency Syndrome; HR: Hazard Ratio; KI: Konfidenzintervall; n: Anzahl Patientinnen und Patienten mit (mindestens 1) Ereignis; N: Anzahl ausgewerteter Patientinnen und Patienten; pU: pharmazeutischer Unternehmer; RCT: randomisierte kontrollierte Studie; RR: relatives Risiko; SUE: schwerwiegendes unerwünschtes Ereignis; UE: unerwünschtes Ereignis; VAS: visuelle Analogskala; WPAI: Work Productivity and Activity Impairment

2.
Anzahl der Patientinnen und Patienten bzw. Abgrenzung der für die Behandlung infrage kommenden Patientengruppen
Erwachsene mit COVID-19, die keine zusätzliche Sauerstoffzufuhr benötigen und ein erhöhtes Risiko haben, einen schweren COVID-19-Verlauf zu entwickeln
ca. 218 000 bis 1 307 000 Patientinnen und Patienten
3.
Anforderungen an eine qualitätsgesicherte Anwendung
Die Vorgaben der Fachinformation sind zu berücksichtigen. Die europäische Zulassungsbehörde European Medicines Agency (EMA) stellt die Inhalte der Fachinformation zu Paxlovid (Wirkstoffkombination: Nirmatrelvir/​Ritonavir) unter folgendem Link frei zugänglich zur Verfügung (letzter Zugriff: 29. September 2022):
https:/​/​www.ema.europa.eu/​en/​documents/​product-information/​paxlovid-epar-product-information_​de.pdf
Dieses Arzneimittel wurde unter „Besonderen Bedingungen“ zugelassen. Das bedeutet, dass weitere Nachweise für den Nutzen des Arzneimittels erwartet werden. Die europäische Zulassungsbehörde European Medicines Agency (EMA) wird neue Informationen zu diesem Arzneimittel mindestens jährlich bewerten und die Fachinformation, falls erforderlich, aktualisieren.
4.
Therapiekosten
Jahrestherapiekosten:
Erwachsene mit COVID-19, die keine zusätzliche Sauerstoffzufuhr benötigen und ein erhöhtes Risiko haben, einen schweren COVID-19-Verlauf zu entwickeln

Bezeichnung der Therapie Jahrestherapiekosten/​Patientin bzw. Patient
Zu bewertendes Arzneimittel:
Nirmatrelvir/​Ritonavir 1 084,39 €
Zweckmäßige Vergleichstherapie:
Therapie nach ärztlicher Maßgabe Patientenindividuell unterschiedlich
Kosten nach Abzug gesetzlich vorgeschriebener Rabatte (Angaben des pharmazeutischen Unternehmers)
Kosten für zusätzlich notwendige GKV-Leistungen: entfällt
5.
Arzneimittel mit neuen Wirkstoffen gemäß § 35a Absatz 3 Satz 4 SGB V, die in einer Kombinationstherapie mit Nirmatrelvir/​Ritonavir eingesetzt werden können
Als Arzneimittel mit neuen Wirkstoffen gemäß § 35a Absatz 3 Satz 4 SGB V werden Arzneimittel mit folgenden neuen Wirkstoffen benannt, die aufgrund der arzneimittelrechtlichen Zulassung in einer Kombinationstherapie mit Nirmatrelvir/​Ritonavir zur Behandlung von Erwachsenen mit COVID-19 eingesetzt werden können:
Erwachsene mit COVID-19, die keine zusätzliche Sauerstoffzufuhr benötigen und ein erhöhtes Risiko haben, einen schweren COVID-19-Verlauf zu entwickeln

Kein in Kombinationstherapie einsetzbarer Wirkstoff, der die Voraussetzungen des § 35a Absatz 3 Satz 4 SGB V erfüllt.
II.

Der Beschluss tritt mit Wirkung vom Tag seiner Veröffentlichung auf den Internetseiten des G-BA am 15. Dezember 2022 in Kraft.

Die Tragenden Gründe zu diesem Beschluss werden auf den Internetseiten des G-BA unter www.g-ba.de veröffentlicht.

Berlin, den 15. Dezember 2022

Gemeinsamer Bundesausschuss
gemäß § 91 SGB V

Der Vorsitzende
Prof. Hecken

*
Daten aus der Dossierbewertung des IQWiG (A22-64), sofern nicht anders indiziert.

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