Bundesministerium für Gesundheit
Bekanntmachung
eines Beschlusses des Gemeinsamen Bundesausschusses
über eine Änderung der Arzneimittel-Richtlinie:
Anlage XII – Nutzenbewertung von Arzneimitteln mit neuen Wirkstoffen
nach § 35a des Fünften Buches Sozialgesetzbuch (SGB V)
Setmelanotid
(neues Anwendungsgebiet: Adipositas und Kontrolle von Hunger,
Bardet-Biedl-Syndrom, ≥ 6 Jahre)
Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) hat in seiner Sitzung am 2. November 2023 beschlossen, die Arzneimittel-Richtlinie (AM-RL) in der Fassung vom 18. Dezember 2008/22. Januar 2009 (BAnz. Nr. 49a vom 31. März 2009), die zuletzt durch die Bekanntmachung des Beschlusses vom 17. August 2023 (BAnz AT 10.11.2023 B3) geändert worden ist, wie folgt zu ändern:
In Anlage XII werden den Angaben zur Nutzenbewertung von Setmelanotid gemäß dem Beschluss vom 1. Dezember 2022 nach Nummer 5 folgende Angaben angefügt:
Setmelanotid
Neues Anwendungsgebiet (laut Zulassung vom 2. September 2022):
Imcivree wird angewendet bei Erwachsenen und Kindern ab 6 Jahren zur Behandlung von Adipositas und zur Kontrolle des Hungergefühls im Zusammenhang mit genetisch bestätigtem Bardet-Biedl-Syndrom (BBS), durch Funktionsverlustmutationen bedingtem biallelischem Proopiomelanocortin(POMC)-Mangel (einschließlich PCSK1) oder biallelischem Leptinrezeptor(LEPR)-Mangel.
Anwendungsgebiet des Beschlusses (Beschluss vom 2. November 2023):
Imcivree wird angewendet bei Erwachsenen und Kindern ab 6 Jahren zur Behandlung von Adipositas und zur Kontrolle des Hungergefühls im Zusammenhang mit genetisch bestätigtem Bardet-Biedl-Syndrom (BBS).
- 1.
-
Ausmaß des Zusatznutzens und Aussagekraft der NachweiseSetmelanotid ist zugelassen als Arzneimittel zur Behandlung eines seltenen Leidens nach der Verordnung (EG) Nr. 141/2000 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 1999 über Arzneimittel für seltene Leiden. Gemäß § 35a Absatz 1 Satz 11 erster Halbsatz SGB V gilt der medizinische Zusatznutzen durch die Zulassung als belegt.Der G-BA bestimmt gemäß dem 5. Kapitel § 12 Absatz 1 Nummer 1 Satz 2 der Verfahrensordnung des G-BA (VerfO) in Verbindung mit § 5 Absatz 8 der Arzneimittel-Nutzenbewertungsverordnung unter Angabe der Aussagekraft der Nachweise das Ausmaß des Zusatznutzens für die Anzahl der Patienten und Patientengruppen, für die ein therapeutisch bedeutsamer Zusatznutzen besteht. Diese Quantifizierung des Zusatznutzens erfolgt am Maßstab der im 5. Kapitel § 5 Absatz 7 Nummer 1 bis 4 VerfO festgelegten Kriterien.Erwachsene, Jugendliche und Kinder ab 6 Jahren mit genetisch bestätigtem Bardet-Biedl-Syndrom zur Behandlung von Adipositas und zur Kontrolle des HungergefühlsAusmaß des Zusatznutzens und Aussagekraft der Nachweise von Setmelanotid:Anhaltspunkt für einen nicht quantifizierbaren Zusatznutzen, weil die wissenschaftliche Datengrundlage eine Quantifizierung nicht zulässt.Ausmaß des Zusatznutzens und Aussagekraft der Nachweise von Setmelanotid:Studienergebnisse nach Endpunkten:1Erwachsene, Jugendliche und Kinder ab 6 Jahren mit genetisch bestätigtem Bardet-Biedl-Syndrom zur Behandlung von Adipositas und zur Kontrolle des Hungergefühls
Zusammenfassung der Ergebnisse relevanter klinischer Endpunkte
Endpunktkategorie Effektrichtung/
VerzerrungspotentialZusammenfassung Mortalität ↔ Es traten keine Todesfälle auf. Morbidität ↔ Keine für die Nutzenbewertung relevanten Unterschiede. Gesundheitsbezogene Lebensqualität n. b. Die Daten sind nicht bewertbar. Nebenwirkungen n. b. Die Daten sind nicht bewertbar. Erläuterungen: ↑: positiver statistisch signifikanter und relevanter Effekt bei niedriger/unklarer Aussagesicherheit
↓: negativer statistisch signifikanter und relevanter Effekt bei niedriger/unklarer Aussagesicherheit
↑↑: positiver statistisch signifikanter und relevanter Effekt bei hoher Aussagesicherheit
↓↓: negativer statistisch signifikanter und relevanter Effekt bei hoher Aussagesicherheit
↔: kein statistisch signifikanter beziehungsweise relevanter Unterschied
∅: Es liegen keine Daten vor.
n. b.: nicht bewertbarStudie RM-493-023: multizentrische Phase-III-Studie – 14-wöchige randomisierte placebokontrollierte Behandlungsphase.
MortalitätEs traten keine Todesfälle auf.Morbidität
Endpunkt Setmelanotid
N = 18aPlacebo
N = 18aSetmelanotid vs. Placebo
Mittelwertdifferenz
[95 %-KI];
p-WertÄnderung des Körpergewichts Körpergewicht zu Baseline in kg (PCPB)
Mittelwert (SD)
Median (min; max)120,59 (29,91)
120,48 (61,1; 173,8)114,91 (26,77)
115,1 (70,7; 166)Körpergewicht zu Studienwoche 14 in kg
Mittelwert (SD)
Median (min; max)116,03 (28,7)
118,43 (67; 172)114,70 (26,89)
113,87 (68; 167,3)Änderung Körpergewicht zu Studienwoche 14 in kg
Mittelwert (SD)
Median (min; max)–4,55 (5,09)
–3,53 (–7,09; –2,02)–0,21 (2,63)
0 (–7,5; 4,3)–4,34
[–7,08; –1,59];
p = 0,0014bÄnderung Körpergewicht zu Studienwoche 14 in %
Mittelwert (SD)
Median (min; max)–3,66 (4,17)
–2,94 (–13,2; 5,4)–0,23 (2,14)
0,01 (–1,30; 0,83)–3,43
[–5,67; –1,19];
p = 0,0019bÄnderung des BMI BMI zu Baseline (PCPB) in kg/m2
Mittelwert (SD)
Median (min; max)41,35 (10,02)
41,30 (24,4; 61,3)41,63 (10,06)
41,30 (24,6; 66,1)BMI zu Studienwoche 14 (PCPB) in kg/m2
Mittelwert (SD)
Median (min; max)k. A. k. A. Änderung BMI zu Studienwoche 14 in kg/m2
Mittelwert (SD)
Median (min; max)–1,85 (1,56)
–1,52 (–6,3; 0,7)–0,08 (1)
–0,02 (–2,8; 1,4)–1,77
[–2,57; –0,97];
p < 0,0001cÄnderung Setmelanotid vs. Placebo in %
Mittelwert (SD)
Median (min; max)–4,64 (4,07)
–3,13 (–13,2; 2,8)–0,13 (2,3)
–0,04 (–4,9; 3,2)–4,51
[–6,52; –2,50];
p < 0,0001cEndpunkt Setmelanotid
N = 12Placebo
N = 10Setmelanotid vs. Placebo
Differenz
[95 %-KI];
p-WertÄnderung des BMI-z bei Personen unter 18 Jahren BMI-z zu Baseline (PCPB) in kg/m2
Mittelwert (SD)
Median (min; max)4,01 (1,417)
3,97 (1,8; 7,1)4,24 (2,02)
3,5 (2,4; 9,0)Änderung BMI-z zu Studienwoche 14 in kg/m2
Mittelwert (SD)
Median (min; max)–0,39 (0,238)
–0,36 (–0,8; 0,1)–0,07 (0,143)
0,06 (–0,3; 0,1)–0,32
[–0,5; –0,14]c;
p = 0,0006cEndpunkt Setmelanotid Beobachtete Werte
anhand des FAS (%)Patientinnen und Patienten
mit Ereignis n (%)[95 %-KI];
p-WertKörpergewicht, ≥ 10 % Gewichtsreduktion zu Woche 52 im Vergleich zu Baseline (ATB) (ergänzend dargestellt) Gewichtsreduktion zu Woche 52, n (%) 23 (82,1)d 10 (35,7)d [18,6; 55,9];
0,0002eGesundheitsbezogene LebensqualitätEs liegen keine Daten zur Endpunktkategorie Lebensqualität vor.Nebenwirkungen
Endpunkt Setmelanotid
N = 22Placebo
N = 22Setmelanotid vs. Placebo
Effektschätzer
[95 %-KI];
p-WertUE CTCAE-Grad ≥ 3, n (%) 0 0 k. A.f SUE, n (%) 1 (4,5) 2 (9,1) k. A.f UE, das zum Abbruch der Studienmedikation führte, n (%) 0 2 (9,1) k. A.f a Alle randomisierten Personen mit mindestens einer Behandlung mit Placebo oder Setmelanotid und verfügbaren Daten zu Baseline (PCPB). b Differenz berechnet als Setmelanotid – Placebo. Es ist auf Basis der eingereichten Unterlagen unklar, ob die Mittelwertdifferenz auf der Rubin’s Rule basiert. Das 95 %-KI basiert auf der errechneten Differenz, wenn keine fehlenden Daten vorlagen. Wenn Imputationsverfahren angewendet worden sind, basiert das 95 %-KI auf der Rubin’s Rule. Der p-Wert basiert auf der Rubin’s Rule. Die Anzahl der fehlenden Daten ist unklar. Die Verwendung der Rubin’s Rule scheint in diesem Zusammenhang nicht nachvollziehbar. c Berechnungsmethodik nicht berichtet. Laut Studienbericht ist der p-Wert ad-hoc einseitig berechnet worden. d Prozentuale Angabe bezieht sich auf das FAS der pivotalen Kohorte ab 12 Jahren (N = 28). e Zur Berechnung des p-Werts liegen keine eindeutigen Angaben vor. f Es wurden keine Effektschätzer mit dem Dossier vorgelegt. Aufgrund der Anzahl an Ereignissen wird von keinem statistisch signifikanten Unterschied zwischen den Behandlungsarmen ausgegangen. Eine finale Bewertung ist nicht möglich. Verwendete Abkürzungen: BMI: Body Mass Index; CTCAE: Common Terminology Criteria for Adverse Events; FAS: Full Analysis Set; k. A.: keine Angabe; KI: Konfidenzintervall; N: Anzahl ausgewerteter Patientinnen und Patienten; PCPB: Placebo-kontrollierte Behandlungsphase; SD: Standardabweichung; (S)UE: (Schwerwiegendes) Unerwünschtes Ereignis; vs.: versus.
- 2.
-
Anzahl der Patientinnen und Patienten beziehungsweise Abgrenzung der für die Behandlung infrage kommenden PatientengruppenErwachsene, Jugendliche und Kinder ab 6 Jahren mit genetisch bestätigtem Bardet-Biedl-Syndrom zur Behandlung von Adipositas und zur Kontrolle des Hungergefühlsca. 300 bis 1 100 Patientinnen und Patienten
- 3.
-
Anforderungen an eine qualitätsgesicherte AnwendungDie Vorgaben der Fachinformation sind zu berücksichtigen. Die europäische Zulassungsbehörde European Medicines Agency (EMA) stellt die Inhalte der Fachinformation zu Imcivree (Wirkstoff: Setmelanotid) unter folgendem Link frei zugänglich zur Verfügung (letzter Zugriff: 22. Mai 2023):https://www.ema.europa.eu/documents/product-information/imcivree-epar-product-information_de.pdfDie Einleitung und Überwachung der Behandlung mit Setmelanotid sollte durch in der Therapie mit Adipositas mit zugrunde liegender genetischer Ätiologie erfahrene Ärztinnen und Ärzte erfolgen.
- 4.
-
TherapiekostenJahrestherapiekosten:
Erwachsene, Jugendliche und Kinder ab 6 Jahren mit genetisch bestätigtem Bardet-Biedl-Syndrom zur Behandlung von Adipositas und zur Kontrolle des Hungergefühls
Bezeichnung der Therapie Jahrestherapiekosten/Patientin bzw. Patient Zu bewertendes Arzneimittel: Kinder und Jugendliche im Alter von 6 bis 15 Jahren Setmelanotid 111 015,37 € – 333 046,11 € Jugendliche und Erwachsene ab 16 Jahren Setmelanotid 222 030,74 € – 333 046,11 € Kosten nach Abzug gesetzlich vorgeschriebener Rabatte (Stand Lauer-Taxe: 15. Oktober 2023)
Kosten für zusätzlich notwendige GKV-Leistungen: entfällt - 5.
-
Benennung von Arzneimitteln mit neuen Wirkstoffen gemäß § 35a Absatz 3 Satz 4 SGB V, die in einer Kombinationstherapie mit dem bewerteten Arzneimittel eingesetzt werden könnenIm Rahmen der Benennung von Arzneimitteln mit neuen Wirkstoffen gemäß § 35a Absatz 3 Satz 4 SGB V werden die folgenden Feststellungen getroffen:
Erwachsene, Jugendliche und Kinder ab 6 Jahren mit genetisch bestätigtem Bardet-Biedl-Syndrom (BBS) zur Behandlung von Adipositas und zur Kontrolle des Hungergefühls
- –
-
Kein in Kombinationstherapie einsetzbares Arzneimittel mit neuen Wirkstoffen, für das die Voraussetzungen des § 35a Absatz 3 Satz 4 SGB V erfüllt sind.
Die Benennung von Kombinationen dient ausschließlich der Umsetzung des Kombinationsabschlags nach § 130e SGB V zwischen Krankenkassen und pharmazeutischen Unternehmern. Die getroffenen Feststellungen schränken weder den zur Erfüllung des ärztlichen Behandlungsauftrags erforderlichen Behandlungsspielraum ein, noch treffen sie Aussagen über Zweckmäßigkeit oder Wirtschaftlichkeit.
Der Beschluss tritt mit Wirkung vom Tag seiner Veröffentlichung auf den Internetseiten des G-BA am 2. November 2023 in Kraft.
Die Tragenden Gründe zu diesem Beschluss werden auf den Internetseiten des G-BA unter www.g-ba.de veröffentlicht.
Berlin, den 2. November 2023
Gemeinsamer Bundesausschuss
gemäß § 91 SGB V
Der Vorsitzende
Prof. Hecken
- 1
- Daten aus der Dossierbewertung des G-BA (veröffentlicht am 15. August 2023) und dem Amendment zur Dossierbewertung vom 13. Oktober 2023, sofern nicht anders indiziert.
Kommentar hinterlassen