Bekanntmachung eines Beschlusses des Gemeinsamen Bundesausschusses über eine Änderung der Arzneimittel-Richtlinie: Anlage XII – Nutzenbewertung von Arzneimitteln mit neuen Wirkstoffen nach § 35a des Fünften Buches Sozialgesetzbuch (SGB V) – Brolucizumab (Neubewertung nach Fristablauf [Neovaskuläre altersabhängige Makuladegeneration])

Published On: Donnerstag, 06.06.2024By Tags:

Bundesministerium für Gesundheit

Bekanntmachung
eines Beschlusses des Gemeinsamen Bundesausschusses
über eine Änderung der Arzneimittel-Richtlinie:
Anlage XII – Nutzenbewertung von Arzneimitteln mit neuen Wirkstoffen
nach § 35a des Fünften Buches Sozialgesetzbuch (SGB V)
Brolucizumab
(Neubewertung nach Fristablauf[Neovaskuläre altersabhängige Makuladegeneration])

Vom 2. Mai 2024

Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) hat in seiner Sitzung am 2. Mai 2024 beschlossen, die Arzneimittel-Richtlinie (AM-RL) in der Fassung vom 18. Dezember 2008/​22. Januar 2009 (BAnz. Nr. 49a vom 31. März 2009), die zuletzt durch die Bekanntmachung des Beschlusses vom 21. März 2024 (BAnz AT 21.05.2024 B2) geändert worden ist, wie folgt zu ändern:

I.

Die Anlage XII wird wie folgt geändert:

1.
Die Angaben zu Brolucizumab in der Fassung des Beschlusses vom 3. September 2020 (BAnz AT 01.10.2020 B6) werden aufgehoben.
2.
Die Anlage XII wird in alphabetischer Reihenfolge um den Wirkstoff Brolucizumab wie folgt ergänzt:
Brolucizumab
Anwendungsgebiet (laut Zulassung vom 13. Februar 2020):
Beovu wird angewendet bei Erwachsenen zur:

Behandlung der neovaskulären (feuchten) altersabhängigen Makuladegeneration (AMD)
Behandlung einer Visusbeeinträchtigung infolge eines diabetischen Makulaödems (DMÖ).
Anwendungsgebiet des Beschlusses (Beschluss vom 2. Mai 2024):
Beovu wird angewendet bei Erwachsenen zur Behandlung der neovaskulären (feuchten) altersabhängigen Makula­degeneration (AMD).

1.
Zusatznutzen des Arzneimittels im Verhältnis zur zweckmäßigen Vergleichstherapie
Erwachsene mit neovaskulärer (feuchter) AMD
Zweckmäßige Vergleichstherapie:

Aflibercept oder Faricimab oder Ranibizumab
Ausmaß und Wahrscheinlichkeit des Zusatznutzens von Brolucizumab gegenüber Aflibercept:
Ein Zusatznutzen ist nicht belegt.
Studienergebnisse nach Endpunkten:1
Erwachsene mit neovaskulärer (feuchter) AMD
Zusammenfassung der Ergebnisse relevanter klinischer Endpunkte

Endpunktkategorie Effektrichtung/​
Verzerrungspotential
Zusammenfassung
Mortalität Keine für die Nutzenbewertung relevanten Unterschiede.
Morbidität Keine für die Nutzenbewertung relevanten Unterschiede.
Gesundheitsbezogene Lebensqualität Keine für die Nutzenbewertung relevanten Unterschiede.
Nebenwirkungen Nachteil im Endpunkt Abbruch wegen UEs.
Im Detail Nachteil im Endpunkt intraokulare Entzündungen.
Erläuterungen:

↑: positiver statistisch signifikanter und relevanter Effekt bei niedriger/​unklarer Aussagesicherheit
↓: negativer statistisch signifikanter und relevanter Effekt bei niedriger/​unklarer Aussagesicherheit
↑↑: positiver statistisch signifikanter und relevanter Effekt bei hoher Aussagesicherheit
↓↓: negativer statistisch signifikanter und relevanter Effekt bei hoher Aussagesicherheit
↔: kein statistisch signifikanter beziehungsweise relevanter Unterschied
∅: Es liegen keine Daten vor.
n. b.: nicht bewertbar

Studie TALON: RCT, Brolucizumab vs. Aflibercept (zu Woche 32)
Mortalität

Endpunkt Brolucizumab Aflibercept Brolucizumab vs.
Aflibercept
N Patientinnen und
Patienten mit Ereignis
n (%)
N Patientinnen und
Patienten mit Ereignis
n (%)
RR[95 %-KI] p-Werta
Gesamtmortalität 366 4b (1,1) 368 0 9,05[0,49; 167,47];
0,045c
Morbidität

Endpunkt Brolucizumab Aflibercept Brolucizumab vs.
Aflibercept
N Patientinnen und
Patienten mit Ereignis
n (%)
N Patientinnen und
Patienten mit Ereignis
n (%)
RR[95 %-KI] p-Werta
Bestkorrigierte Sehschärfe
Verbesserung
um ≥ 10 ETDRS-Buchstabend
366 144 (39,3) 368 131 (35,6) 1,11[0,92; 1,33];
0,295
Verschlechterung
um ≥ 10 ETDRS-Buchstabend
366 22 (6,0) 368 26 (7,1) 0,85[0,49; 1,47];
0,564
Verbesserung um ≥ 15 ETDRS-Buchstabend 366 88 (24,0) 368 92 (25,0) 0,96[0,75; 1,24];
0,763
Verschlechterung um ≥ 15 ETDRS-Buchstabend 366 16 (4,4) 368 18 (4,9) 0,89[0,46; 1,73];
0,738
NEI VFQ-25e
Subskala Allgemeiner Gesundheitszustand,Verbesserung um ≥ 15 Punkte 266 47 (17,7) 250 61 (24,4) 0,72[0,52; 1,02];
0,062
Subskala Allgemeiner Gesundheitszustand,Verschlechterung um ≥ 15 Punkte keine Daten vorhanden
Endpunkt Brolucizumab Aflibercept Brolucizumab vs.
Aflibercept
Nf, g Werte
Studien-
beginn
MW (SD)
Änderung zu
Woche 32
MWh (SD)
Nf, g Werte
Studien-
beginn
MW (SD)
Änderung zu
Woche 32
MWh (SD)
MD[95 %-KI] p-Werth
NEI VFQ-25e
Subskala Allgemeiner Gesundheitszustand k. A.
Lebensqualität

Endpunkt Brolucizumab Aflibercept Brolucizumab vs.
Aflibercept
Nf, g Werte
Studien-
beginn
MW (SD)
Änderung zu
Woche 32
MWh (SD)
Nf, g Werte
Studien-
beginn
MW (SD)
Änderung zu
Woche 32
MWh (SD)
MD[95 %-KI] p-Werth
NEI VFQ-25e
Summenscorei 278 k. A. 4,09 261 k. A. 3,72 0,37[–0,2; 0,9];
0,193
Nebenwirkungen

Endpunkt Brolucizumab Aflibercept Brolucizumab vs.
Aflibercept
N Patientinnen und
Patienten mit Ereignis
n (%)
N Patientinnen und
Patienten mit Ereignis
n (%)
RR[95 %-KI] p-Werta
UEsj(ergänzend dargestellt) 366 200 (54,6) 368 200 (54,3)
SUEs 366 39 (10,7) 368 31 (8,4) 1,26[0,81; 1,98];
0,305
Abbruch wegen UEs 366 18 (4,9) 368 3 (0,8) 6,03[1,79; 20,31];
0,004
intraokulare Entzündungenk, l 366 20 (5,5) 368 4 (1,1) 5,03[1,74; 14,56];
< 0,001c
schwerwiegende intraokulare Entzündungenl, m 366 8 (2,2) 368 2 (0,5) 4,02[0,86; 18,81];
0,057c
a Wald Test
b Zwei Patientinnen und Patienten starben an Herzerkrankungen (Herzstillstand und akuter Myokardinfarkt) und zwei in Zusammenhang mit COVID-19.
c Eigene Berechnung des IQWiG, unbedingter exakter Test (CSZ-Methode).
d Anteil der Patientinnen und Patienten mit einer Zunahme beziehungsweise Abnahme der bestkorrigierten Sehschärfe um ≥ 10 ETDRS-Buchstaben beziehungsweise ≥ 15 ETDRS-Buchstaben im Vergleich zum Studienbeginn zu Woche 32 bei einer Skalenspannweite von 0 bis 100.
e Höhere (zunehmende) Werte bedeuten bessere Symptomatik/​gesundheitsbezogene Lebensqualität; positive Effekte (Intervention minus Kontrolle) bedeuten einen Vorteil für die Intervention (Skalenspannweite 0 bis 100).
f Anzahl der Patientinnen und Patienten, die in der Auswertung zur Berechnung der Effektschätzung berücksichtigt wurden, die Werte bei Studienbeginn können auf anderen Patientenzahlen basieren.
g Diskrepanz zwischen Angaben des nachgereichten Anhangs und Modul 5. Die dargestellten Daten stammen aus Modul 5.
h Paarweises ANCOVA-Modell mit der Behandlung als festem Effektfaktor und dem entsprechenden Ausgangswert des Endpunkts als Kovariate.
i Folgende Subskalen wurden erfasst: Allgemeine Sehkraft, Augenschmerzen, Nahsicht, Fernsicht, Soziale Funktionsfähigkeit, Psychisches Befinden, Ausübung sozialer Rollen, Abhängigkeit von Anderen, Probleme mit Autofahren, Probleme mit Farbensehen, Peripheres Sehen. Es zeigen sich keine statistisch signifikanten Unterschiede.
j Enthält Ereignisse der Grunderkrankung; in der vorliegenden Datensituation sind die Auswertungen jedoch verwertbar, da davon ausgegangen wird, dass die in die jeweilige Auswertung eingehenden erkrankungsbezogenen Ereignisse keine relevanten Auswirkungen auf die Studienergebnisse haben.
k Inklusive Endophthalmitis und retinaler Gefäßverschluss; operationalisiert als okulare UESI.
l Bezieht sich auf das Studienauge.
m Inklusive Endophthalmitis und retinaler Gefäßverschluss; operationalisiert als okulare SUEs.
Verwendete Abkürzungen:
ANCOVA = Analysis of Covariance; CTCAE = Common Terminology Criteria for Adverse Events (gemeinsame Terminologie­kriterien für unerwünschte Ereignisse); ETDRS = Early Treatment Diabetic Retinopathy Study; k. A. = keine Angabe; KI = Konfidenzintervall; MD = Mittelwertdifferenz; MW = Mittelwert; N = Anzahl ausgewerteter Patientinnen und Patienten; n = Anzahl Patientinnen und Patienten mit (mindestens einem) Ereignis; NEI VFQ-25 = National Eye Institute Function Questionnaire-25; RR = relatives Risiko; SD = Standardabweichung; SUE = schwerwiegendes unerwünschtes Ereignis; UE = unerwünschtes Ereignis; UESI = unerwünschtes Ereignis von spezifischem Interesse; vs. = versus
2.
Anzahl der Patientinnen und Patienten beziehungsweise Abgrenzung der für die Behandlung infrage kommenden Patientengruppen
Erwachsene mit neovaskulärer (feuchter) AMD
ca. 85 200 – 681 400 Patientinnen und Patienten
3.
Anforderungen an eine qualitätsgesicherte Anwendung
Die Vorgaben der Fachinformation sind zu berücksichtigen. Die europäische Zulassungsbehörde European Medicines Agency (EMA) stellt die Inhalte der Fachinformation zu Beovu (Wirkstoff: Brolucizumab) unter folgendem Link frei zugänglich zur Verfügung (letzter Zugriff: 7. März 2024):
https:/​/​www.ema.europa.eu/​de/​documents/​product-information/​beovu-epar-product-information_​de.pdf
Die Einleitung und Überwachung der Behandlung mit Brolucizumab darf nur durch in der Therapie der neovaskulären (feuchten) altersabhängigen Makuladegeneration erfahrene Ärztinnen und Ärzte erfolgen.
Gemäß den Vorgaben der EMA hinsichtlich zusätzlicher Maßnahmen zur Risikominimierung ist seitens des pharmazeutischen Unternehmers Schulungsmaterial, welches Informationen für Patientinnen und Patienten enthält, zur Verfügung zu stellen.
Das Schulungsmaterial enthält insbesondere Informationen und Warnhinweise zur infektiösen Endophthalmitis und zu intraokularen Entzündungen.
Wenn die visuellen und morphologischen Parameter darauf hindeuten, dass die Patientin beziehungsweise der Patient von einer weiteren Behandlung nicht profitiert, sollte die Behandlung mit Beovu abgebrochen werden.
Zu Brolucizumab liegt ein Rote-Hand-Brief vom November 2021 zur Verringerung des bekannten Risikos einer intraokularen Entzündung einschließlich retinaler Vaskulitis und/​oder retinalem Gefäßverschluss vor.
4.
Therapiekosten
Jahrestherapiekosten:
Erwachsene mit neovaskulärer (feuchter) AMD

Bezeichnung der Therapie Jahrestherapiekosten/​Patientin beziehungsweise Patient
Zu bewertendes Arzneimittel:
Brolucizumab 1. Jahr: 4 644,80 € – 7 431,68 €
Folgejahre: 3 994,53 € – 6 038,24 €
Intravitreale Injektion 1. Jahr: 464,25 € – 1 589,60 €
Folgejahre: 399,26 € – 1 291,55 €
Postoperative Behandlung 1. Jahr: 99,65 € – 222,48 €
Folgejahre: 85,70 € – 180,77 €
Zusätzlich notwendige GKV-Leistungen nicht quantifizierbar2
Gesamt 1. Jahr: 5 208,70 € – 9 243,76 €
Folgejahre: 4 479,48 € – 7 510,56 €
Zweckmäßige Vergleichstherapie:
Aflibercept 1. Jahr: 6 223,08 € – 7 260,26 €
Folgejahre: 0 € – 6 223,08 €
Intravitreale Injektion 1. Jahr: 557,10 € – 1 390,90 €
Folgejahre: 0 € – 1 192,20 €
Postoperative Behandlung 1. Jahr: 119,58 € – 194,67 €
Folgejahre: 0 € – 166,86 €
Zusätzlich notwendige GKV-Leistungen nicht quantifizierbar2
Gesamt 1. Jahr: 6 899,76 € – 8 845,83 €
Folgejahre: 0 € – 7 582,14 €
Faricimab 1. Jahr: 5 788,62 € – 8 682,93 €
Folgejahre: 3 183,74 € – 6 271,01 €
Intravitreale Injektion 1. Jahr: 557,10 € – 1 788,30 €
Folgejahre: 306,41 € – 1 291,55 €
Postoperative Behandlung 1. Jahr: 119,58 € – 250,29 €
Folgejahre: 65,77 € – 180,77 €
Zusätzlich notwendige GKV-Leistungen nicht quantifizierbar2
Gesamt 1. Jahr: 6 465,30 € – 10 721,52 €
Folgejahre: 3 555,92 € – 7 743,32 €
Ranibizumab 1. Jahr: 6 753,39 € – 11 577,24 €
Folgejahre: 0 € – 11 577,24 €
Intravitreale Injektion 1. Jahr: 649,95 € – 2 384,40 €
Folgejahre: 0 € – 2 384,40 €
Postoperative Behandlung 1. Jahr: 139,51 € – 333,72 €
Folgejahre: 0 € – 333,72 €
Zusätzlich notwendige GKV-Leistungen nicht quantifizierbar2
Gesamt 1. Jahr: 7 542,85 € – 14 295,36 €
Folgejahre: 0 € – 14 295,36 €
Kosten nach Abzug gesetzlich vorgeschriebener Rabatte (Stand Lauer-Taxe: 15. April 2024)
5.
Benennung von Arzneimitteln mit neuen Wirkstoffen gemäß § 35a Absatz 3 Satz 4 SGB V, die in einer Kombinationstherapie mit dem bewerteten Arzneimittel eingesetzt werden können
Im Rahmen der Benennung von Arzneimitteln mit neuen Wirkstoffen gemäß § 35a Absatz 3 Satz 4 SGB V werden die folgenden Feststellungen getroffen:
Erwachsene mit neovaskulärer (feuchter) AMD

Kein in Kombinationstherapie einsetzbares Arzneimittel mit neuen Wirkstoffen, für das die Voraussetzungen des § 35a Absatz 3 Satz 4 SGB V erfüllt sind.
Die Benennung von Kombinationen dient ausschließlich der Umsetzung des Kombinationsabschlages nach § 130e SGB V zwischen Krankenkassen und pharmazeutischen Unternehmern. Die getroffenen Feststellungen schränken weder den zur Erfüllung des ärztlichen Behandlungsauftrags erforderlichen Behandlungsspielraum ein, noch treffen sie Aussagen über Zweckmäßigkeit oder Wirtschaftlichkeit.
II.

Der Beschluss tritt mit Wirkung vom Tag seiner Veröffentlichung auf den Internetseiten des G-BA am 2. Mai 2024 in Kraft.

Die Tragenden Gründe zu diesem Beschluss werden auf den Internetseiten des G-BA unter www.g-ba.de veröffentlicht.

Berlin, den 2. Mai 2024

Gemeinsamer Bundesausschuss
gemäß § 91 SGB V

Der Vorsitzende
Prof. Hecken

1
Daten aus der Dossierbewertung des IQWiG (A23-101) und dem Addendum (A24-31), sofern nicht anders indiziert.
2
Aufgrund der patientenindividuellen Festlegung der Art und Häufigkeit der Kontrolluntersuchungen durch die behandelnde Ärztin beziehungsweise den behandelnden Arzt können die entstehenden Kosten für zusätzlich notwendige GKV-Leistungen, wie weitere Kontrolluntersuchungen oder zum Beispiel die optische Kohärenztomographie, nicht quantifiziert werden.

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