Bekanntmachung eines Beschlusses des Gemeinsamen Bundesausschusses über eine Änderung der Arzneimittel-Richtlinie: Anlage XII – Nutzenbewertung von Arzneimitteln mit neuen Wirkstoffen nach § 35a des Fünften Buches Sozialgesetzbuch (SGB V) – Letermovir (Neubewertung eines Orphan-Drugs nach Überschreitung der 30 Millionen Euro-Grenze: CMV-Reaktivierung/Erkrankung, Prophylaxe nach Stammzelltransplantation)

Published On: Freitag, 09.08.2024By Tags:

Bundesministerium für Gesundheit

Bekanntmachung
eines Beschlusses des Gemeinsamen Bundesausschusses
über eine Änderung der Arzneimittel-Richtlinie:
Anlage XII – Nutzenbewertung von Arzneimitteln mit neuen Wirkstoffen
nach § 35a des Fünften Buches Sozialgesetzbuch (SGB V)
Letermovir
(Neubewertung eines Orphan-Drugs
nach Überschreitung der 30 Millionen Euro-Grenze:
CMV-Reaktivierung/​Erkrankung, Prophylaxe nach Stammzelltransplantation)

Vom 6. Juni 2024

Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) hat in seiner Sitzung am 6. Juni 2024 beschlossen, die Arzneimittel-Richtlinie (AM-RL) in der Fassung vom 18. Dezember 2008/​22. Januar 2009 (BAnz. Nr. 49a vom 31. März 2009), die zuletzt durch die Bekanntmachung des Beschlusses vom 20. Juni 2024 (BAnz AT 30.07.2024 B4) geändert worden ist, wie folgt zu ändern:

I.

Die Anlage XII wird wie folgt geändert:

1.
Die Angaben zu Letermovir in der Fassung des Beschlusses vom 2. August 2018 (BAnz AT 28.08.2018 B3) werden aufgehoben.
2.
Die Anlage XII wird in alphabetischer Reihenfolge um den Wirkstoff Letermovir wie folgt ergänzt:

Letermovir

Anwendungsgebiet (laut Zulassung vom 8. Januar 2018):

Prevymis wird zur Prophylaxe einer Cytomegalievirus(CMV)-Reaktivierung und -Erkrankung bei erwachsenen CMV-seropositiven Empfängern [R+] einer allogenen hämatopoetischen Stammzelltransplantation (hematopoietic stem cell transplant [HSCT]) angewendet. Offizielle Leitlinien zur fachgerechten Anwendung von antiviralen Wirkstoffen sollten beachtet werden.

Anwendungsgebiet des Beschlusses (Beschluss vom 6. Juni 2024):

Siehe Anwendungsgebiet laut Zulassung.

1.
Zusatznutzen des Arzneimittels im Verhältnis zur zweckmäßigen Vergleichstherapie
Erwachsene CMV-seropositive Empfänger einer allogenen hämatopoetischen Stammzelltransplantation, zur Prophylaxe einer CMV-Erkrankung
Zweckmäßige Vergleichstherapie:
Beobachtendes Abwarten
Ausmaß und Wahrscheinlichkeit des Zusatznutzens von Letermovir gegenüber beobachtendem Abwarten:
Anhaltspunkt für einen nicht quantifizierbaren Zusatznutzen
Studienergebnisse nach Endpunkten:1
Erwachsene CMV-seropositive Empfänger einer allogenen hämatopoetischen Stammzelltransplantation, zur Prophylaxe einer CMV-Erkrankung
Zusammenfassung der Ergebnisse relevanter klinischer Endpunkte

Endpunktkategorie Effektrichtung/​
Verzerrungspotential
Zusammenfassung
Mortalität Keine für die Nutzenbewertung relevanten Unterschiede.
Morbidität Vorteil bei schwerer CMV-Reaktivierung/​-Erkrankung und klinisch bedeutsamer CMV-Infektion.
Gesundheitsbezogene Lebensqualität Keine für die Nutzenbewertung relevanten Unterschiede.
Nebenwirkungen Insgesamt keine für die Nutzenbewertung relevanten Unterschiede. Im Detail Nachteil bei Erkrankungen des Nervensystems sowie Vorteil bei Erkrankungen der Nieren und Harnwege.
Erläuterungen:

↑: positiver statistisch signifikanter und relevanter Effekt bei niedriger/​unklarer Aussagesicherheit
↓: negativer statistisch signifikanter und relevanter Effekt bei niedriger/​unklarer Aussagesicherheit
↑↑: positiver statistisch signifikanter und relevanter Effekt bei hoher Aussagesicherheit
↓↓: negativer statistisch signifikanter und relevanter Effekt bei hoher Aussagesicherheit
↔: kein statistisch signifikanter bzw. relevanter Unterschied
∅: Es liegen keine Daten vor.
n. b.: nicht bewertbar

Studie MK-8228-002: randomisierte kontrollierte Studie, doppelt verblindet, direkter Vergleich von Letermovir vs. Placebo, Behandlung bis Woche 14 nach Stammzelltransplantation, Beobachtung bis Woche 48 nach Stammzelltransplantation.
Mortalität

Endpunkt Letermovir Placebo Letermovir
versus Placebo
Na Mediane Zeit
bis zum Ereignis
in Wochen[95 %-KI] Patientinnen und
Patienten
mit Ereignis
n (%)
Na Mediane Zeit
bis zum Ereignis
in Wochen[95 %-KI] Patientinnen und
Patienten
mit Ereignis
n (%)
HRb bzw. RR[95 %-KI];
p-Wert
Gesamtüberleben (bis Woche 24) 325 n. e.
40 (12,3)
170 n. e.
32 (18,8)
HR: 0,62[0,39; 0,98];
0,042
RR: 0,65[0,43; 1,001];
0,052
Gesamtüberleben (bis Woche 48)c 325 n. e.
76 (23,4)
170 n. e.
46 (27,1)
HR: 0,79[0,55; 1,14];
0,214
RR: 0,86[0,63; 1,19];
0,422
Morbidität

Endpunkt Letermovir Placebo Letermovir
vs. Placebo
Nd Patientinnen und
Patienten
mit Ereignis
n (%)
Nd Patientinnen und
Patienten
mit Ereignis
n (%)
RR [95 %-KI];
p-Werte
Morbidität
Klinisch bedeutsame CMV-Infektion (kombinierter Endpunkt aus „Auftreten einer CMV-Endorganerkrankung“ und „Einleiten einer präemptiven Therapie“)
Woche 24 325 57 (17,5) 170 71 (41,8) 0,42 [0,31; 0,56];
< 0,001
Auftreten einer CMV-Endorganerkrankungf
Woche 24 325 5 (1,5) 170 3 (1,8) 0,87 [0,21; 3,60];
0,879
Woche 48 325 8 (2,5) 170 6 (3,5) 0,70 [0,25; 1,98];
0,571g
Einleiten einer präemptiven Therapie
Woche 24 325 52 (16,0) 170 68 (40,0) 0,40 [0,29; 0,55];
< 0,001
schwere CMV-Reaktivierung/​CMV-Erkrankungh (Woche 48) 325 10 (3,1) 170 15 (8,8) 0,35 [0,16; 0,77];
0,009
Gesamthospitalisierung
(Woche 48)
325 181 (55,7) 170 103 (60,6) 0,92 [0,79; 1,07];
0,325g
akute GvHDi
(Woche 48)
325 85 (26,2) 170 48 (28,2) 0,93 [0,69; 1,25];
0,638g
Endpunkt Letermovir Placebo Letermovir
versus Placebo
Nj Werte
Studien-
beginn MW (SD)
Änderung
zu Woche 48 MWk (SE)
Ni Werte
Studien-
beginn
MW (SD)
Änderung
zu Woche 48 MWk (SE)
MD [95 %-KI];
p-Wertk
EQ-5D VASl 243 62,9 (20,5) 14,0 (1,6) 135 62,3 (19,5) 10,7 (2,1) 3,27 [−0,91; 7,46];
0,125
Gesundheitsbezogene Lebensqualität

Endpunkt Letermovir Placebo Letermovir
versus Placebo
Nj Werte
Studien-
beginn MW (SD)
Änderung
zu Woche 48 MWk (SE)
Nj Werte
Studien-
beginn
MW (SD)
Änderung
zu Woche 48 MWk (SE)
MD [95 %-KI];
p-Wertk
FACT-BMTm
Gesamtscore 258 99,0 (20,3) 8,6 (1,6) 138 99,2 (18,3) 5,5 (2,2) 3,11 [−1,63; 7,84];
0,198
körperliches Wohlbefinden 258 17,6 (6,4) 4,4 (0,5) 138 17,9 (6,4) 3,6 (0,6) 0,86 [−0,32; 2,05]
soziales/​familiäres Wohlbefinden 258 23,1 (3,9) −1,5 (0,4) 138 23,0 (4,5) −1,6 (0,5) 0,09 [−1,01; 1,18]
emotionales Wohlbefinden 258 18,9 (3,8) 0,3 (0,3) 138 18,6 (3,9) 0,1 (0,4) 0,22 [−0,71; 1,15]
funktionales Wohlbefinden 258 14,4 (5,8) 2,8 (0,5) 138 14,6 (5,3) 2,1 (0,6) 0,64 [−0,74; 2,03]
Stammzelltransplantationsspezifische Subskala 258 25,1 (6,1) 2,6 (0,5) 138 25,1 (5,7) 1,3 (0,7) 1,28 [−0,18; 2,74]
Nebenwirkungen

Endpunkt Letermovir Placebo Letermovir
versus Placebo
Na Mediane Zeit
bis zum Ereignis
in Wochen[95 %-KI] Patientinnen und
Patienten
mit Ereignis
n (%)
Na Mediane Zeit
bis zum Ereignis
in Wochen[95 %-KI] Patientinnen und
Patienten
mit Ereignis
n (%)
HR[95 %-KI];
p-Wertn
Nebenwirkungeno (bis Woche 16)
UEs (ergänzend dargestellt) 373 0,4[0,4; 0,6] 357
(95,7)
192 0,6[0,4; 0,7] 185
(96,4)
SUEs 373 15,3[15,1; 15,6] 145
(38,9)
192 n. e.[11,1; n. b.] 72
(37,5)
0,90[0,67; 1,19];
0,450
Abbruch wegen UEs 373 n. e.
47
(12,6)
192 n. e.
21
(10,9)
1,06[0,63; 1,78];
0,818
Spezifische unerwünschte Ereignisse (bis Woche 16)
Erkrankungen des Nervensystems (SOC, SUEs) 373 n. e.
12
(3,2)
192 n. e.
0 (0)
n. b.;
0,020
Erkrankungen der Nieren und Harnwege (SOC, SUEs) 373 n. e.
10
(2,7)
192 n. e.
11
(5,7)
0,39[0,16; 0,92];
0,032
a Mortalität, Nebenwirkungen: All-Participants-as-Treated-Population, definiert als alle randomisierten Patientinnen und Patienten, die mindestens eine Dosis der Studienmedikation verabreicht bekommen haben. Morbidität: EQ-5D-VAS und gesundheitsbezogene Lebensqualität
b Cox-Proportional-Hazards-Modell, stratifiziert nach CMV-Risikogruppe (hoch vs. niedrig), p-Wert aus Wald-Test
c Für zehn Patientinnen und Patienten im Interventionsarm und vier Patientinnen und Patienten im Vergleichsarm liegen keine Angaben zum Überlebensstatus nach Studienabbruch vor.
d Full-Analysis-Set-Population, definiert als alle randomisierten Patientinnen und Patienten, die mindestens eine Dosis der Studienmedikation verabreicht bekommen haben und bei denen keine CMV-Virämie zu Behandlungsbeginn durch das Zentrallabor festgestellt wurde.
e Cochran-Mantel-Haenszel-Methode, stratifiziert nach CMV-Risikogruppe (hoch vs. niedrig), p-Wert aus Wald-Test
f Es sind folgende Ereignisse aufgetreten: Erkrankungen des Gastrointestinaltrakts (n = 11), Pneumonie (n = 1) und Retinitis (n = 2).
g Berechnung des IQWiG von RR, 95 %-KI (asymptotisch) und p-Wert (unbedingter exakter Test, CSZ-Methode)
h operationalisiert als Wiedereinweisung ins Krankenhaus wegen einer CMV-Reaktivierung bzw. CMV-Erkrankung
i definiert als akute GvHD mit Schweregrad ≥ 2
j Anzahl der Patientinnen und Patienten, die in der Auswertung zur Berechnung der Effektschätzung berücksichtigt wurden, die Werte bei Studienbeginn können auf anderen Patientenzahlen basieren.
k cLDA-Modell adjustiert bezüglich CMV-Risikogruppe (hoch vs. niedrig) unter Berücksichtigung der Erhebungszeitpunkte
l Höhere (zunehmende) Werte bedeuten bessere Symptomatik; positive Effekte (Intervention minus Kontrolle) bedeuten einen Vorteil für die Intervention (Skalenspannweite 0 bis 100).
m Höhere (zunehmende) Werte bedeuten bessere gesundheitsbezogene Lebensqualität; positive Effekte (Intervention minus Kontrolle) bedeuten einen Vorteil für die Intervention (Skalenspannweite: Gesamtscore 0 bis 148 Punkte; körperliches Wohlbefinden, soziales/​familiäres Wohlbefinden und funktionales Wohlbefinden jeweils 0 bis 28 Punkte; emotionales Wohlbefinden 0 bis 24 Punkte; stammzelltransplantationsspezifische Subskala 0 bis 40 Punkte).
n Cox-Proportional-Hazards-Modell ohne Stratifizierung, p-Wert aus Wald-Test
o ohne Berücksichtigung der Ereignisse CMV-Infektion, CMV-Virämie, GvHD und bakterielle und/​oder fungale Infektionen
Verwendete Abkürzungen:
cLDA: Constrained Longitudinal Data Analysis; CMV: Cytomegalievirus; FACT-BMT: Functional Assessment of Cancer Therapy – Bone Marrow Transplant; GvHD: Graft-versus-Host-Disease; HR: Hazard Ratio; KI: Konfidenzintervall; n: Anzahl Patientinnen und Patienten mit (mindestens 1) Ereignis; MD: Mittelwertdifferenz; MW: Mittelwert; N: Anzahl ausgewerteter Patientinnen und Patienten; n. b.: nicht berechenbar; n. e.: nicht erreicht; RR: relatives Risiko; SD: Standardabweichung; SE: Standardfehler; SOC: Systemorganklasse; SUE: schwerwiegendes unerwünschtes Ereignis; UE: unerwünschtes Ereignis; VAS: visuelle Analogskala
2.
Anzahl der Patientinnen und Patienten beziehungsweise Abgrenzung der für die Behandlung infrage kommenden Patientengruppen
Erwachsene CMV-seropositive Empfänger einer allogenen hämatopoetischen Stammzelltransplantation, zur Prophylaxe einer CMV-Erkrankung
ca. 1 400 bis 1 800 Patientinnen und Patienten
3.
Anforderungen an eine qualitätsgesicherte Anwendung
Die Vorgaben der Fachinformation sind zu berücksichtigen. Die europäische Zulassungsbehörde European Medicines Agency (EMA) stellt die Inhalte der Fachinformation zu Prevymis (Wirkstoff: Letermovir) unter folgendem Link frei zugänglich zur Verfügung (letzter Zugriff: 15. Mai 2024):
https:/​/​www.ema.europa.eu/​de/​documents/​product-information/​prevymis-epar-product-information_​de.pdf
Die Einleitung und Überwachung der Behandlung mit Letermovir sollte durch in der Therapie von Patientinnen und Patienten, die eine allogene hämatopoetische Stammzelltransplantation erhalten haben, erfahrene Ärztinnen und Ärzte erfolgen.
4.
Therapiekosten
Jahrestherapiekosten:
Erwachsene CMV-seropositive Empfänger einer allogenen hämatopoetischen Stammzelltransplantation, zur Prophylaxe einer CMV-Erkrankung

Bezeichnung der Therapie Jahrestherapiekosten/​Patientin beziehungsweise Patient
Zu bewertendes Arzneimittel:
Letermovir 26 245,69 € – 38 178,08 €
Zweckmäßige Vergleichstherapie:
Beobachtendes Abwarten nicht bezifferbar
Kosten nach Abzug gesetzlich vorgeschriebener Rabatte (Stand Lauer-Taxe: 1. Mai 2024)
Kosten für zusätzlich notwendige GKV-Leistungen: entfällt
5.
Benennung von Arzneimitteln mit neuen Wirkstoffen gemäß § 35a Absatz 3 Satz 4 SGB V, die in einer Kombinationstherapie mit dem bewerteten Arzneimittel eingesetzt werden können
Im Rahmen der Benennung von Arzneimitteln mit neuen Wirkstoffen gemäß § 35a Absatz 3 Satz 4 SGB V werden die folgenden Feststellungen getroffen:
Erwachsene CMV-seropositive Empfänger einer allogenen hämatopoetischen Stammzelltransplantation, zur Prophylaxe einer CMV-Erkrankung

Kein in Kombinationstherapie einsetzbares Arzneimittel mit neuen Wirkstoffen, für das die Voraussetzungen des § 35a Absatz 3 Satz 4 SGB V erfüllt sind.
Die Benennung von Kombinationen dient ausschließlich der Umsetzung des Kombinationsabschlages nach § 130e SGB V zwischen Krankenkassen und pharmazeutischen Unternehmern. Die getroffenen Feststellungen schränken weder den zur Erfüllung des ärztlichen Behandlungsauftrags erforderlichen Behandlungsspielraum ein, noch treffen sie Aussagen über Zweckmäßigkeit oder Wirtschaftlichkeit.
II.

Der Beschluss tritt mit Wirkung vom Tag seiner Veröffentlichung auf den Internetseiten des G-BA am 6. Juni 2024 in Kraft.

Die Tragenden Gründe zu diesem Beschluss werden auf den Internetseiten des G-BA unter www.g-ba.de veröffentlicht.

Berlin, den 6. Juni 2024

Gemeinsamer Bundesausschuss
gemäß § 91 SGB V

Der Vorsitzende
Prof. Hecken

1
Daten aus der Dossierbewertung des IQWiG (A23-139) und dem Addendum (A24-48), sofern nicht anders indiziert.

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