Bundesministerium für Gesundheit
Bekanntmachung
eines Beschlusses des Gemeinsamen Bundesausschusses
über eine Änderung der Verfahrensordnung:
Ergänzung eines 9. Kapitels (ATMP-QS)
Der Gemeinsame Bundesausschuss hat in seiner Sitzung am 20. Oktober 2022 beschlossen, die Verfahrensordnung in der Fassung vom 18. Dezember 2008 (BAnz. Nr. 84a vom 10. Juni 2009), die zuletzt durch die Bekanntmachung des Beschlusses vom 18. August 2022 (BAnz AT 14.12.2022 B4) geändert worden ist, wie folgt zu ändern:
Der Verfahrensordnung wird folgendes 9. Kapitel angefügt:
Regelungsbereich
Dieses Kapitel regelt das Verfahren für die Erarbeitung und Aktualisierung der Richtlinienbeschlüsse nach § 136a Absatz 5 SGB V. Der Gemeinsame Bundesausschuss kann gemäß § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 SGB V im Benehmen mit dem Paul-Ehrlich-Institut (PEI) in einer Richtlinie gemäß § 136a Absatz 5 Satz 1 SGB V Anforderungen an die Qualität der Anwendung von Arzneimitteln für neuartige Therapien (ATMP) im Sinne von § 4 Absatz 9 des Arzneimittelgesetzes sowohl im ambulanten, als auch im stationären Bereich festlegen. Diese Richtlinie kann insbesondere Mindestanforderungen an die Struktur-, Prozess- und Ergebnisqualität regeln, die auch indikationsbezogen oder bezogen auf Arzneimittelgruppen festgelegt werden können. Darüber hinaus trifft die Richtlinie auf Grundlage des § 136a Absatz 5 Satz 4 SGB V die notwendigen Durchführungsbestimmungen, also Regelungen zum Nachweis und zur Überprüfung der Einhaltung der Qualitätsanforderungen, sowie Regelungen zu Folgen der Nichteinhaltung.
Zuständigkeit und Teilnahmerechte
(1) Für die Durchführung des Verfahrens ist der Unterausschuss Arzneimittel zuständig. Er nimmt unter regelhafter Einbeziehung vorbereitender Arbeitsgruppen die Aufgaben zur Beratung wahr und legt dem Plenum seine Beschlussempfehlungen zur Entscheidung vor.
(2) Der Verband der privaten Krankenversicherung, die Bundesärztekammer sowie der Deutsche Pflegerat werden nach § 136a Absatz 5 Satz 5 in Verbindung mit § 136 Absatz 3 SGB V in Verbindung mit § 19 Absatz 5 der Geschäftsordnung in die Beratung eingebunden. Die Bundespsychotherapeutenkammer und die Bundeszahnärztekammer werden entsprechend § 19 Absatz 5 der Geschäftsordnung in die Beratung eingebunden, soweit jeweils die Berufsausübung der Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten oder der Zahnärztinnen und Zahnärzte betroffen ist.
Beurteilung der Erforderlichkeit
(1) Die Beratung über die Erforderlichkeit eines Beschlusses nach § 136a Absatz 5 SGB V kann zu dem Zeitpunkt beginnen, zu dem ein Antrag auf Marktzulassung bzw. Indikationserweiterung einer Marktzulassung für ein ATMP bei der Europäischen Arzneimittel-Agentur eingereicht worden ist.
(2) Die Beratungen über die Erforderlichkeit eines Beschlusses nach § 136a Absatz 5 SGB V erfolgen insbesondere auf Grundlage folgender Kriterien:
- a)
-
erhöhtes oder noch nicht ausreichend beurteilbares arzneimittel- bzw. anwendungsbezogenes Risikopotenzial insbesondere im Vergleich zu geltenden Therapiestandards in dem Anwendungsgebiet des ATMP,
- b)
-
besondere Komplexität der Indikationsstellung, Vorbereitung, Durchführung und Nachsorge insbesondere im Vergleich zu geltenden Therapiestandards in dem Anwendungsgebiet des ATMP,
- c)
-
eine im besonderen Maße erforderliche sektorenübergreifende und interdisziplinäre bzw. interprofessionelle Zusammenarbeit,
- d)
-
Hinweise auf vorhandene oder erwartbare Qualitätsdefizite bei der Anwendung des ATMP, insbesondere im Hinblick auf infrastrukturelle Gegebenheiten vorhandener Behandlungszentren bzw. Leistungserbringer sowie deren Vernetzung und Zusammenarbeit,
- e)
-
unzureichende rechtliche oder anderweitig regulatorische bzw. qualitätssichernde Vorgaben, welche die Anwendung oder das Anwendungsgebiet des ATMP betreffen,
- f)
-
relevante Anzahl von Patientinnen und Patienten im Anwendungsgebiet des ATMP.
Informationen und Hinweise können sich insbesondere aus dem Zulassungsverfahren des ATMP, weiteren Studien- und Registerdaten, der Anfrage an den betroffenen pharmazeutischen Unternehmer oder den Expertengesprächen nach § 4 ergeben.
(3) Zur Sachverhaltsermittlung nach Absatz 2 werden in der Regel Anfragen zu Informationen aus dem Zulassungsverfahren an das PEI gestellt sowie ein Expertengespräch nach § 4 abgehalten. Darüber hinaus können anlassbezogen Anfragen zu Informationen über das betreffende ATMP an den pharmazeutischen Unternehmer, welcher die Zulassung beantragt hat, gestellt werden.
Durchführung von Expertengesprächen
In der Regel werden im Rahmen der Beratungen über eine Erforderlichkeit eines Beschlusses nach § 136a Absatz 5 SGB V Expertengespräche durchgeführt. Im Vorfeld der Durchführung der Expertengespräche wird der Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften sowie der Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft die Möglichkeit gegeben, klinische Sachverständige für die Teilnahme am Expertengespräch zu benennen.
Beschluss zur Beurteilung der Erforderlichkeit
Hält der Unterausschuss nach Abschluss der Beratungen nach § 3 einen Beschluss nach § 136a Absatz 5 SGB V für erforderlich, wird dem Plenum eine entsprechende Empfehlung in Form eines Beschlussentwurfs mit Tragenden Gründen zur Entscheidung vorgelegt. Das Plenum entscheidet über die Erforderlichkeit eines Beschlusses nach § 136a Absatz 5 SGB V. Beschluss und Tragende Gründe werden, unter Wahrung von zu berücksichtigenden Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen, auf den Internetseiten des Gemeinsamen Bundesausschusses veröffentlicht. Hält das Plenum einen Beschluss gemäß § 136a Absatz 5 SGB V für erforderlich, beauftragt es den Unterausschuss mit der Vorbereitung einer Beschlussempfehlung über die konkret festzulegenden Anforderungen an die qualitätsgesicherte Anwendung des ATMP. Die Vorbereitung dieser Beschlussempfehlung soll grundsätzlich einen Zeitraum von neun Monaten nach Beschlussfassung gemäß Satz 1 nicht überschreiten. Hält der Unterausschuss nach Abschluss der Beratungen nach § 3 einen Beschluss nach § 136a Absatz 5 SGB V einvernehmlich nicht für erforderlich, erfolgt, unter Wahrung von zu berücksichtigenden Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen, eine Information über das Ergebnis dieser Beratungen auf den Internetseiten des Gemeinsamen Bundesausschusses. 1. Kapitel § 4 Absatz 2 Satz 4 bleibt unberührt. Die Möglichkeit, die Beratungen nach § 3 zu einem späteren Zeitpunkt erneut aufzugreifen, bleibt unberührt.
Grundzüge des Verfahrens und gesetzliches Stellungnahmeverfahren
(1) Die Beratungen über die Anforderungen an die Qualität der Anwendung des ATMP erfolgen gemäß den allgemeinen Verfahrensbestimmungen des 1. Kapitels.
(2) Insbesondere wird vor der Entscheidung über die Richtlinie zu Anforderungen an die Qualität der Anwendung von ATMP gemäß § 136a Absatz 5 SGB V, bzw. deren Änderung, gemäß § 92 Absatz 3a SGB V, in Verbindung mit den Vorschriften des 1. Kapitels Abschnitt 3 ein Stellungnahmeverfahren durchgeführt.
(3) Nach Abschluss seiner Beratungen über die Anforderungen an die Qualität der Anwendung des ATMP legt der Unterausschuss dem Plenum einen Beschlussentwurf mit Tragenden Gründen und Zusammenfassender Dokumentation gemäß 1. Kapitel § 5 Absatz 4 über die Anforderungen an die Qualität der Anwendung des ATMP vor.
Beschlussfassung
(1) Die Anforderungen an die Qualität der Anwendung von ATMP werden auf Basis des allgemein anerkannten Standes der medizinischen Erkenntnisse getroffen. Grundlegend dafür sind Informationen der gegebenenfalls bereits erfolgten Zulassung oder aus dem Zulassungsprozess, Informationen und Äußerungen der klinischen Fachgesellschaften und weiterer klinischer Sachverständiger sowie weitergehende Informationen, die die Anwendung des ATMP oder den Versorgungsstandard im Anwendungsgebiet des ATMP oder ähnliches betreffen.
(2) Gemäß § 136a Absatz 5 Satz 1 SGB V werden die Anforderungen an die Qualität der Anwendung des ATMP im Benehmen mit dem PEI festgelegt. Vorab der Benehmensherstellung übersendet der Gemeinsame Bundesausschuss dem PEI im Zusammenhang mit der Einleitung des Stellungnahmeverfahrens den Beschlussentwurf mit der Möglichkeit sich innerhalb von vier Wochen zu dem Beschlussentwurf zu äußern. Zur Benehmensherstellung leitet der Gemeinsame Bundesausschuss dem PEI spätestens sechs Wochen vor der vorgesehenen Beschlussfassung im Plenum über die konkreten Anforderungen an die Qualität der Anwendung des ATMP den Beschlussentwurf zu. Das PEI gibt spätestens vier Wochen nach der Übermittlung des Beschlussentwurfs gemäß Satz 3 ein schriftliches Votum ab.
(3) Auf der Grundlage des Beschlussentwurfes beschließt das Plenum über die Anforderungen an die Qualität der Anwendung des ATMP.“
Die Änderung der Verfahrensordnung tritt am Tag nach der Veröffentlichung im Bundesanzeiger in Kraft.
Die Tragenden Gründe zu diesem Beschluss werden auf den Internetseiten des Gemeinsamen Bundesausschusses unter www.g-ba.de veröffentlicht.
Gemeinsamer Bundesausschuss
gemäß § 91 SGB V
Der Vorsitzende
Prof. Hecken
Kommentar hinterlassen