Bekanntmachung eines Beschlusses des Gemeinsamen Bundesausschusses über eine Richtlinie zur Erprobung gemäß § 137e des Fünften Buches Sozialgesetzbuch: Magnetische Ösophagus-Sphinkter-Augmentation bei Gastroösophagealer Refluxkrankheit

Published On: Montag, 09.10.2023By Tags:

Bundesministerium für Gesundheit

Bekanntmachung
eines Beschlusses des Gemeinsamen Bundesausschusses
über eine Richtlinie zur Erprobung gemäß
§ 137e des Fünften Buches Sozialgesetzbuch:
Magnetische Ösophagus-Sphinkter-Augmentation bei Gastroösophagealer Refluxkrankheit

Vom 20. Juli 2023

Der Gemeinsame Bundesausschuss hat in seiner Sitzung am 20. Juli 2023 folgende Richtlinie zur Erprobung beschlossen:

I.

Die Richtlinie zur Erprobung wird wie folgt gefasst:

„Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses zur Erprobung der magnetischen Ösophagus-Sphinkter-Augmentation zur Behandlung von Patientinnen und Patienten mit Gastroösophagealer Refluxkrankheit (Erprobungs-Richtlinie MSA bei GERD)

§ 1

Zielsetzung

1Um den Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) in die Lage zu versetzen, eine abschließende Bewertung des Nutzens der magnetischen Ösophagus-Sphinkter-Augmentation (MSA) zur Behandlung von Patientinnen und Patienten mit Gastroösophagealer Refluxkrankheit (GERD), die für eine laparoskopische Fundoplicatio (LF) geeignet sind, durchzuführen, sollen im Wege der Erprobung die hierfür nach den §§ 135 und 137c des Fünften Buches Sozial­gesetzbuch (SGB V) in Verbindung mit den Vorgaben der Verfahrensordnung des G-BA (VerfO) notwendigen Erkenntnisse für die Bewertung des Nutzens der Methode gewonnen werden. 2Die für die Beantwortung dieser Frage in ihrer Konkretisierung nach § 2 notwendige Studie soll durch eine unabhängige wissenschaftliche Institution (UWI) nach Maßgabe dieser Richtlinie entworfen, durchgeführt und ausgewertet werden. 3Die Ausgestaltung des Studiendesigns ist – soweit nicht im Folgenden näher bestimmt – von der UWI auf der Basis des Standes der wissenschaftlichen Erkenntnisse vorzunehmen und zu begründen. 4Bei der Erstellung des Studienprotokolls ist das Wirtschaftlichkeitsprinzip zu beachten.

§ 2

Fragestellung

Mit der Erprobungsstudie soll nachgewiesen werden, dass bei Patientinnen und Patienten mit einer anhand pH-Metrie nachgewiesenen GERD die MSA im Vergleich zur LF bezüglich des Endpunkts gesundheitsbezogene Lebensqualität nicht unterlegen ist und ein Vorteil bezüglich der Rückkehr zu normalen Alltagsaktivitäten besteht.

§ 3

Population

1In die Erprobungsstudie einzuschließen sind erwachsene Patientinnen und Patienten mit einer anhand pH-Metrie nachgewiesenen GERD infolge einer Schwäche oder Insuffizienz des unteren ösophagealen Sphinkters, die trotz maximaler konservativer Refluxtherapie entweder weiterhin unter GERD-Symptomen leiden oder bereits eine GERD-assoziierte Komplikation im oberen Gastrointestinaltrakt erlitten haben. 2Die weiteren Einschlusskriterien und konkreten Ausschlusskriterien (zum Beispiel Komorbiditäten, Kontraindikationen für die Prüf- oder Vergleichs­intervention) sind so festzulegen, dass eine Übertragbarkeit der Ergebnisse auf die Zielpopulation gemäß Satz 1 ermöglicht wird.

§ 4

Intervention und Vergleichsintervention

(1) Die Prüfintervention besteht in der MSA: über einen laparoskopischen Eingriff wird ein der Größe des unteren Ösophagus-Sphinkters (UÖS) entsprechendes, flexibles, ringförmiges Implantat um den UÖS gelegt, welches über seine magnetischen Anziehungskräfte die Verschlussfunktion des UÖS in physiologischer Weise unterstützt.

(2) Die Vergleichsintervention ist die laparoskopische Fundoplicatio.

§ 5

Endpunkte

(1) 1Primärer Endpunkt ist die gesundheitsbezogene Lebensqualität, erfasst mit einem krankheitsspezifischen Fragebogen. 2Koprimärer Endpunkt ist die Rückkehr zu normalen Alltagsaktivitäten. 3Die genaue Operationalisierung der Endpunkte ist im Rahmen der konkreten Studienplanung festzulegen.

(2) 1Als sekundäre Endpunkte sind zu erheben:

GERD-bezogene Symptome (insbesondere Sodbrennen und Regurgitationen)
postoperative Morbidität (insbesondere Dysphagie)
Re-Hospitalisierungen
unerwünschte Ereignisse (insbesondere die Unfähigkeit aufzustoßen oder zu erbrechen, Implantat-bedingte Komplikationen)
Revisionsrate

2Die Operationalisierung der Endpunkte sowie die Erhebung und die Operationalisierung weiterer Endpunkte sind jeweils zu begründen.

(3) Sofern vorhanden, sind für alle Endpunkte validierte Erhebungsinstrumente zu verwenden.

§ 6

Studientyp und Beobachtungszeitraum

(1) 1Die Erprobungsstudie ist als randomisierte, kontrollierte Studie (RCT) zu konzipieren und durchzuführen. 2Die Studie soll multizentrisch durchgeführt werden.

(2) Die Endpunkterhebung ist zu verblinden.

(3) Die patientenindividuelle (Nach-)Beobachtungszeit ist so zu bestimmen, dass die Gewinnung hinreichender Informationen zu Langzeiteffekten der Intervention sichergestellt ist, und soll mindestens zwölf Monate ab Operation betragen.

(4) Die Art und Anzahl weiterer therapeutischer Interventionen mit Bezug zur GERD oder mit möglichem Einfluss auf die zu erfassenden Endpunkte sind zu dokumentieren.

§ 7

Anforderungen an die Qualität der Leistungserbringung im Rahmen der Erprobung

Es ist in jedem Studienzentrum sicherzustellen, dass die Behandlung gemäß dem Studienprotokoll unter Berücksichtigung aller erforderlichen, anerkannten, nach ethischen und wissenschaftlichen Gesichtspunkten aufgestellten Regeln für die Durchführung von klinischen Studien erfolgt.

§ 8

Anforderungen an die Durchführung, die wissenschaftliche Begleitung und die Auswertung der Erprobung

(1) Im Auftrag an die unabhängige wissenschaftliche Institution ist diese – unabhängig davon, ob die Erprobung durch den G-BA oder Hersteller oder Unternehmen durchgeführt wird – insbesondere zu verpflichten,

a)
ein Studienprotokoll zu erstellen und dieses sowie gegebenenfalls die Amendments unverzüglich nach Fertig­stellung an den G-BA zur weitergehenden Information zu übersenden,
b)
die Konformität des Studienprotokolls mit den Vorgaben der Erprobungs-Richtlinie und bei Abweichungen gegenüber diesen Vorgaben eine Begründung bei Übersendung des Studienprotokolls darzulegen,
c)
die Studie in einem einschlägigen, von der World Health Organization akkreditierten Register klinischer Studien zu registrieren und den Eintrag regelmäßig zu aktualisieren und den G-BA hierüber zu informieren,
d)
zur Durchführung der Erprobung nach den Anforderungen der Richtlinie und nach Maßgabe des Auftrags, einschließlich der datenschutzkonformen Erhebung, Speicherung und Nutzung der Daten und der Einholung von erforderlichen Genehmigungen,
e)
Bericht zu erstatten an den G-BA bei Abweichungen von den Vorgaben in der Erprobungs-Richtlinie,
f)
zur Auswahl der Leistungserbringer, Festsetzung und Auszahlung der angemessenen Aufwandsentschädigung an diese,
g)
zur Auswertung der Studie,
h)
unverzüglich nach Abschluss der Studie den Studienbericht, der entsprechend der International Council for Harmonisation (ICH)-E3-Richtlinie zu erstellen ist, zusammen mit dem statistischen Analyseplan an den G-BA zu übermitteln,
i)
dem G-BA das Recht einzuräumen, ihm auf seine Kosten eine nachträgliche Datenauswertung zur Verfügung zu stellen und
j)
dem G-BA das Recht zur Veröffentlichung zumindest der Synopse des Studienberichts sowie weitergehender für seine Entscheidung relevanter Informationen aus dem Studienbericht und aus den nachträglichen Daten­auswertungen einzuräumen.

(2) 1Wird die Studie vom G-BA durchgeführt, ist die unabhängige wissenschaftliche Institution in diesem Fall zu verpflichten, an den G-BA zu festgelegten Meilensteinen Bericht zu erstatten. 2Außerdem ist die unabhängige wissenschaftliche Institution in Ergänzung der Verpflichtung nach Absatz 1 Buchstabe j zu beauftragen, dass sie die Studienergebnisse spätestens 3 Monate nach Abnahme des Studienberichts durch den G-BA zur Veröffentlichung in einer Fachzeitschrift mit wissenschaftlichem Begutachtungsprozess einreicht und dem G-BA das Recht einräumt, im Anschluss an deren Veröffentlichung oder nach Ablauf eines Jahres nach Einreichung der Studienergebnisse den Studienbericht zu veröffentlichen. 3Die wissenschaftliche Institution arbeitet vertrauensvoll mit der mit dem Projekt­management beauftragten Stelle zusammen und hat dieser die zur Ausübung ihrer Aufgabe erforderlichen Informationen und Unterlagen zur Verfügung zu stellen.

(3) 1Wird die Studie durch Medizinproduktehersteller oder Unternehmen durchgeführt, sind diese verpflichtet, die Anforderungen dieser Richtlinie an die Durchführung und Auswertung der Erprobung zu beachten. 2Um sicherzustellen, dass eine durchgeführte Studie den Anforderungen dieser Richtlinie entspricht und geeignet ist, die notwendigen Erkenntnisse des Nutzens der Methode zu gewinnen, haben die durchführenden Medizinproduktehersteller und Unternehmen dem G-BA das Studienkonzept zur Prüfung vorzulegen und zu erklären, dass der Vertrag mit der unabhängigen wissenschaftlichen Institution den Anforderungen nach Absatz 1 entspricht und eine Einflussnahme durch den Sponsor auf das Ergebnis der Studie vertraglich ausgeschlossen ist. 3Bei positivem Ergebnis der Überprüfung bescheinigt der G-BA die Konformität des vorgelegten Studienkonzepts mit den Anforderungen dieser Richtlinie und dass damit die im Rahmen der Erprobung erbrachten Leistungen von der Gesetzlichen Krankenversicherung übernommen werden; andernfalls teilt er die bestehenden Defizite mit.“

II.

Die Richtlinie tritt am Tag nach der Veröffentlichung im Bundesanzeiger in Kraft.

Die Tragenden Gründe zu diesem Beschluss werden auf den Internetseiten des G-BA unter www.g-ba.de veröffentlicht.

Berlin, den 20. Juli 2023

Gemeinsamer Bundesausschuss
gemäß § 91 SGB V

Der Vorsitzende
Prof. Hecken

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