Bekanntmachung eines Beschlusses des Gemeinsamen Bundesausschusses über eine Richtlinie zur Erprobung gemäß § 137e des Fünften Buches Sozialgesetzbuch (SGB V): Schlafpositionstherapie bei leichter bis mittelgradiger lageabhängiger obstruktiver Schlafapnoe

Published On: Mittwoch, 23.03.2022By

Bundesministerium für Gesundheit

Bekanntmachung
eines Beschlusses des Gemeinsamen Bundesausschusses
über eine Richtlinie zur Erprobung
gemäß § 137e des Fünften Buches Sozialgesetzbuch (SGB V):
Schlafpositionstherapie bei leichter bis mittelgradiger
lageabhängiger obstruktiver Schlafapnoe

Vom 16. Dezember 2021

Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) hat in seiner Sitzung am 16. Dezember 2021 folgende Richtlinie zur ­Erprobung der „Schlafpositionstherapie bei leichter bis mittelgradiger lageabhängiger obstruktiver Schlafapnoe“ ­beschlossen:

I.

Die Richtlinie wird wie folgt gefasst:

„Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses zur Erprobung der Schlafpositionstherapie bei leichter bis mittelgradiger lageabhängiger obstruktiver Schlafapnoe

§ 1

Zielsetzung

1Um den Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) in die Lage zu versetzen, eine abschließende Bewertung des ­Nutzens der Schlafpositionstherapie zur Behandlung von Patientinnen und Patienten mit leichter bis mittelgradiger lageabhängiger obstruktiver Schlafapnoe durchzuführen, sollen im Wege der Erprobung die hierfür nach den §§ 135 und 137c des Fünften Buches Sozialgesetzbuch (SGB V) in Verbindung mit den Vorgaben der Verfahrensordnung des G-BA (VerfO) notwendigen Erkenntnisse für die Bewertung des Nutzens der Methode gewonnen werden. 2Die für die Beantwortung dieser Frage in ihrer Konkretisierung nach § 2 notwendige Studie soll durch eine unabhängige wissenschaftliche Institution (UWI) nach Maßgabe dieser Richtlinie entworfen, durchgeführt und ausgewertet werden. 3Die Ausgestaltung des Studiendesigns ist – soweit nicht im Folgenden näher bestimmt – von der UWI auf der Basis des Standes der wissenschaftlichen Erkenntnisse vorzunehmen und zu begründen. 4Bei der Erstellung des Studienprotokolls ist das Wirtschaftlichkeitsprinzip zu beachten.

§ 2

Fragestellung und Studientyp

Die Erprobung soll der Beantwortung der Frage dienen, ob bei Patientinnen und Patienten mit leichter bis mittel­gradiger lageabhängiger obstruktiver Schlafapnoe die Schlafpositionstherapie im Vergleich zur Therapie mit positivem Atemwegsdruck hinsichtlich der Tagesschläfrigkeit nicht unterlegen ist.

§ 3

Population

1In die Erprobungsstudie einzuschließen sind

Patientinnen und Patienten ohne vorherige apparative oder operative Therapie mit,
behandlungsbedürftiger leichter bis mittelgradiger lageabhängiger obstruktiver Schlafapnoe,
für die die Durchführung der PAP-Therapie indiziert ist,
mit Tagesschläfrigkeit mit einem Epworth Sleepiness Scale größer 10 oder entsprechendem Wert eines anderen Erhebungsinstruments.

2Die weiteren Ein- und Ausschlusskriterien (z. B. Alter, Komorbiditäten) sind so festzulegen, dass eine Übertragbarkeit der Ergebnisse auf die Zielpopulation gemäß Satz 1 ermöglicht wird.

§ 4

Intervention und Vergleichsintervention

(1) Die Prüfintervention ist die Schlafpositionstherapie und besteht in einem am Körper angebrachten aktiven Sensor, der während des Schlafs die Position der Patientin oder des Patienten kontinuierlich misst und bei Rückenlage Vibrationsimpulse abgibt, um eine Änderung der Schlafposition zu bewirken.

(2) Die Vergleichsintervention ist die Therapie mit positivem Atemwegsdruck (Positive Airway Pressure; PAP-Therapie).

§ 5

Endpunkte

(1) Der primäre Endpunkt ist die Tagesschläfrigkeit, gemessen mittels eines validierten Erhebungsinstruments.

(2) 1Als sekundäre Endpunkte sind insbesondere zu erfassen:

Schlafqualität (z. B. Schwere der Schlafstörung im Sinne eines nicht erholsamen Schlafs),
die gesundheitsbezogene Lebensqualität,
Aktivitäten des täglichen Lebens,
der Apnoe-Hypopnoe-Index,
unerwünschte Ereignisse (UEs) nach standardisierter Schweregradeinteilung sowie Therapieabbrüche aufgrund von UEs.

2Die Operationalisierung der Endpunkte sowie die Erhebung und die Operationalisierung weiterer Endpunkte sind jeweils zu begründen.

(3) Sofern vorhanden, sind auch für alle sekundären Endpunkte validierte Erhebungsinstrumente zu verwenden.

§ 6

Studientyp und Beobachtungszeitraum

(1) 1Die Erprobungsstudie ist als randomisierte, kontrollierte Studie (RCT) zu konzipieren und durchzuführen. 2Die Studie soll multizentrisch durchgeführt werden. 3Die Studie soll im Cross-over-Design durchgeführt werden.

(2) Der Beobachtungszeitraum ist so zu bestimmen, dass die Gewinnung hinreichender Informationen zu Effekten der Intervention sichergestellt ist und soll mindestens zwölf Wochen je Behandlungsperiode umfassen.

(3) Die Personen, die die Endpunkte erheben und die Personen, die die Endpunkte auswerten, sollen gegen die Intervention verblindet sein.

§ 7

Anforderungen an die Qualität der Leistungserbringer
im Rahmen der Erprobung

Es ist in jedem Studienzentrum sicherzustellen, dass die Behandlung gemäß dem Studienprotokoll unter Berücksichtigung aller erforderlichen, anerkannten, nach ethischen und wissenschaftlichen Gesichtspunkten aufgestellten Regeln für die Durchführung von klinischen Studien erfolgt.

§ 8

Anforderungen an die Durchführung,
die wissenschaftliche Begleitung und die Auswertung der Erprobung

(1) Im Auftrag an die UWI ist diese – unabhängig davon, ob die Erprobung durch den G-BA oder Hersteller oder Unternehmen durchgeführt wird – insbesondere zu verpflichten,

a)
ein Studienprotokoll zu erstellen und dieses sowie gegebenenfalls die Amendments unverzüglich nach Fertigstellung an den G-BA zur weitergehenden Information zu übersenden,
b)
die Konformität des Studienprotokolls mit den Vorgaben der Erprobungs-Richtlinie und bei Abweichungen gegenüber diesen Vorgaben eine Begründung bei Übersendung des Studienprotokolls darzulegen,
c)
die Studie in einem einschlägigen, von der World Health Organization akkreditierten Register klinischer Studien zu registrieren und den Eintrag regelmäßig zu aktualisieren und den G-BA hierüber zu informieren,
d)
zur Durchführung der Erprobung nach den Anforderungen der Richtlinie und nach Maßgabe des Auftrags, einschließlich der datenschutzkonformen Erhebung, Speicherung und Nutzung der Daten und der Einholung von ­erforderlichen Genehmigungen,
e)
Bericht zu erstatten an den G-BA bei Abweichungen von den Vorgaben in der Erprobungs-Richtlinie,
f)
zur Auswahl der Leistungserbringer, Festsetzung und Auszahlung der angemessenen Aufwandsentschädigung an diese,
g)
zur Auswertung der Studie,
h)
unverzüglich nach Abschluss der Studie den Studienbericht, der entsprechend der International Council for Harmonisation (ICH)-E3-Richtlinie zu erstellen ist, zusammen mit dem statistischen Analyseplan an den G-BA zu übermitteln,
i)
dem G-BA das Recht einzuräumen, ihm auf seine Kosten eine nachträgliche Datenauswertung zur Verfügung zu stellen und
j)
dem G-BA das Recht zur Veröffentlichung zumindest der Synopse des Studienberichts sowie weitergehender für seine Entscheidung relevanter Informationen aus dem Studienbericht und aus den nachträglichen Datenauswertungen einzuräumen.

(2) 1Wird die Studie vom G-BA durchgeführt, ist die UWI in diesem Fall zu verpflichten, an den G-BA zu festgelegten Meilensteinen Bericht zu erstatten. 2Außerdem ist die UWI in Ergänzung der Verpflichtung nach Absatz 1 Buchstabe j zu beauftragen, dass sie die Studienergebnisse spätestens drei Monate nach Abnahme des Studienberichts durch den G-BA zur Veröffentlichung in einer Fachzeitschrift mit wissenschaftlichem Begutachtungsprozess einreicht und dem G-BA das Recht einräumt, im Anschluss an deren Veröffentlichung oder nach Ablauf eines Jahres nach Einreichung der Studienergebnisse den Studienbericht zu veröffentlichen. 3Die UWI arbeitet vertrauensvoll mit der mit dem Projektmanagement beauftragten Stelle zusammen und hat dieser die zur Ausübung ihrer Aufgabe erforderlichen Informationen und Unterlagen zur Verfügung zu stellen.

(3) 1Wird die Studie durch Medizinproduktehersteller oder Unternehmen durchgeführt, sind diese verpflichtet, die Anforderungen dieser Richtlinie an die Durchführung und Auswertung der Erprobung zu beachten. 2Um sicherzustellen, dass eine durchgeführte Studie den Anforderungen dieser Richtlinie entspricht und geeignet ist, die notwendigen Erkenntnisse des Nutzens der Methode zu gewinnen, haben die durchführenden Medizinproduktehersteller und Unternehmen dem G-BA das Studienkonzept zur Prüfung vorzulegen und zu erklären, dass der Vertrag mit der UWI den Anforderungen nach Absatz 1 entspricht und eine Einflussnahme durch den Sponsor auf das Ergebnis der Studie vertraglich ausgeschlossen ist. 3Bei positivem Ergebnis der Überprüfung bescheinigt der G-BA die Konformität des vorgelegten Studienkonzepts mit den Anforderungen dieser Richtlinie und dass damit die im Rahmen der Erprobung erbrachten Leistungen von der GKV übernommen werden; andernfalls teilt er die bestehenden Defizite mit.“

II.

Die Richtlinie tritt am Tag nach der Veröffentlichung im Bundesanzeiger in Kraft.

Die Tragenden Gründe zu diesem Beschluss werden auf den Internetseiten des G-BA unter www.g-ba.de veröffentlicht.

Berlin, den 16. Dezember 2021

Gemeinsamer Bundesausschuss
gemäß § 91 SGB V

Der Vorsitzende
Prof. Hecken

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