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Bekanntmachung eines Beschlusses des Gemeinsamen Bundesausschusses über eine Richtlinie zur Erprobung gemäß § 137e des Fünften Buches Sozialgesetzbuch: Mikrovaskuläre Reperfusion von Myokardgewebe mittels intrakoronar applizierter, hyperoxämischer Therapie (SSO2-Therapie) nach primärer perkutaner Koronarintervention bei akutem Vorderwandinfarkt

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Bundesministerium für Gesundheit

Bekanntmachung
eines Beschlusses des Gemeinsamen Bundesausschusses
über eine Richtlinie zur Erprobung gemäß § 137e des Fünften Buches Sozialgesetzbuch:
Mikrovaskuläre Reperfusion von Myokardgewebe mittels intrakoronar applizierter,
hyperoxämischer Therapie (SSO2-Therapie) nach primärer perkutaner Koronarintervention
bei akutem Vorderwandinfarkt

Vom 20. Januar 2022

Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) hat in seiner Sitzung am 20. Januar 2022 folgende Richtlinie zur Erprobung der mikrovaskulären Reperfusion von Myokardgewebe mittels intrakoronar applizierter, hyperoxämischer Therapie (SSO2-Therapie) nach primärer perkutaner Koronarintervention bei akutem Vorderwandinfarkt beschlossen.

I.

Die Richtlinie wird wie folgt gefasst:

„Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) zur Erprobung der mikrovaskulären Reperfusion von Myokard­gewebe mittels intrakoronar applizierter, hyperoxämischer Therapie (SSO2-Therapie) nach primärer perkutaner Koronarintervention bei akutem Vorderwandinfarkt (Erp-RL SSO2-Therapie)

§ 1

Zielsetzung

1Um den G-BA in die Lage zu versetzen, eine abschließende Bewertung des Nutzens der mikrovaskulären Reperfusion von Myokardgewebe mittels intrakoronar applizierter, hyperoxämischer Therapie (SSO2-Therapie) nach primärer perkutaner Koronarintervention bei akutem Vorderwandinfarkt durchzuführen, sollen im Wege der Erprobung die hierfür nach den §§ 135 und 137c des Fünften Buches Sozialgesetzbuch (SGB V) in Verbindung mit den Vorgaben der Verfahrensordnung des G-BA (VerfO) notwendigen Erkenntnisse für die Bewertung des Nutzens der Methode gewonnen werden. 2Die für die Beantwortung dieser Frage in ihrer Konkretisierung nach § 2 notwendige Studie soll durch eine unabhängige wissenschaftliche Institution (UWI) nach Maßgabe dieser Richtlinie entworfen, durchgeführt und ausgewertet werden. 3Die Ausgestaltung des Studiendesigns ist – soweit nicht im Folgenden näher bestimmt – von der UWI auf der Basis des Standes der wissenschaftlichen Erkenntnisse vorzunehmen und zu begründen. 4Bei der Erstellung des Studienprotokolls ist das Wirtschaftlichkeitsprinzip zu beachten.

§ 2

Fragestellung

Die Erprobung soll der Beantwortung der Frage dienen, ob bei Patientinnen und Patienten mit akutem Vorderwandinfarkt die mikrovaskuläre Reperfusion von Myokardgewebe mittels SSO2-Therapie nach primärer perkutaner Koronarintervention (pPCI) im Vergleich zur alleinigen primären perkutanen Koronarintervention bezüglich der Gesamtmortalität und der ungeplanten herzinsuffizienzbedingten Hospitalisierungen nach mindestens 12 Monaten überlegen ist.

§ 3

Population

1In die Erprobungsstudie einzuschließen sind Patientinnen und Patienten

mit akutem transmuralen Vorderwandinfarkt (LAD-STEMI) und
mit einem systemischen arteriellen Sauerstoffpartialdruck (pO2) ≥ 10,7 kPa oder 80 mmHg
nach erfolgreicher Durchführung der pPCI (Reststenose-Durchmesser < 50 %, Thrombolysis in Myocardial Infarction-Fluss-Grad ≥ 2 im Zielgefäß) in weniger als sechs Stunden nach Symptombeginn.

2Bei der Studienplanung soll geprüft werden, ob die Festlegung weiterer Ein- oder Ausschlusskriterien geeignet ist zur Förderung der in § 1 gesetzten Ziele. 3Die weiteren Ein- und Ausschlusskriterien sind so festzulegen, dass eine Übertragbarkeit der Ergebnisse auf die Zielpopulation gemäß Satz 1 ermöglicht wird.

§ 4

Intervention und Vergleichsintervention

(1) 1Die Prüfintervention ist die 60-minütige SSO2-Therapie. 2Sie erfolgt als zusätzliche Behandlung nach erfolgreicher Revaskularisierung mittels pPCI mit Stentimplantation.

(2) Die Vergleichsintervention ist die alleinige erfolgreiche Revaskularisierung mittels pPCI mit Stentimplantation.

(3) In beiden Studienarmen kann eine leitliniengerechte antithrombotische Begleittherapie nach der pPCI erfolgen.

§ 5

Endpunkte

(1) 1Der primäre Endpunkt ist ein kombinierter Endpunkt aus Gesamtmortalität und ungeplanten herzinsuffizienz­bedingten Hospitalisierungen nach mindestens 12 Monaten.

2Die genaue Definition des Endpunkts soll im Rahmen der konkreten Studienplanung durch die UWI erfolgen. 3Neben der kombinierten Ergebnisdarstellung sollen auch die Ergebnisse der Komponenten einzeln dargestellt werden. 4Es können weitere Einzelkomponenten in den kombinierten Endpunkt aufgenommen werden, jedoch sollten dabei nur patientenrelevante Endpunkte vergleichbarer Schwere berücksichtigt werden.

(2) 1Als sekundäre Endpunkte sind insbesondere zu erfassen:

kardiale oder koronare Morbidität (insbesondere akutes Koronarsyndrom, therapiebedürftige Herzrhythmusstörungen, Häufigkeit und Schwere von Herzinsuffizienzsymptomen),
Mortalität (herzinsuffizienzbedingt, anderer kardialer Ursache, nicht kardialer Ursache),
Hospitalisierungen (herzinsuffizienzbedingt, anderer kardialer oder nicht kardialer Ursache),
gesundheitsbezogene Lebensqualität (mittels eines krankheitsspezifischen, validierten Instruments zu erfassen),
(weitere) unerwünschte Ereignisse (UEs),
(weitere) schwerwiegende unerwünschte Ereignisse (SUEs).

2Die Operationalisierung dieser Endpunkte sowie die Erhebung und die Operationalisierung weiterer Endpunkte sind jeweils zu begründen.

(3) Sofern vorhanden, sind für alle Endpunkte validierte Erhebungsinstrumente zu verwenden.

§ 6

Studientyp und Beobachtungszeitraum

(1) 1Die Erprobungsstudie ist als randomisierte, kontrollierte Studie (RCT) zu konzipieren und durchzuführen. 2Die Studie soll multizentrisch durchgeführt werden. 3Im Rahmen der konkreten Studienplanung kann die Verwendung eines gruppensequenziellen oder adaptiven Studiendesigns in Betracht gezogen werden; dabei kann entweder eine zeit- oder eine ereignisgetriebene Auswertungsstrategie vorgesehen werden. 4Die konkrete Ausgestaltung des Studiendesigns ist entsprechend zu begründen.

(2) 1Der patientenindividuelle Beobachtungszeitraum beginnend ab Intervention soll mindestens 12 Monate umfassen. 2Eine darüberhinausgehende Beobachtungszeit kann von der UWI festgelegt werden.

(3) Die Personen, die die Endpunkte erheben, sollen gegen die Intervention verblindet sein.

(4) Die Art und Anzahl weiterer therapeutischer und diagnostischer Interventionen mit Bezug zur Grunderkrankung oder mit möglichem Einfluss auf die zu erfassenden Endpunkte sollen dokumentiert werden.

§ 7

Anforderungen an die Qualität der Leistungserbringer im Rahmen der Erprobung

Es ist in jedem Studienzentrum sicherzustellen, dass die Behandlung gemäß dem Studienprotokoll unter Berück­sichtigung aller erforderlichen, anerkannten, nach ethischen und wissenschaftlichen Gesichtspunkten aufgestellten Regeln für die Durchführung von klinischen Studien erfolgt.

§ 8

Anforderungen an die Durchführung,
die wissenschaftliche Begleitung und die Auswertung der Erprobung

(1) Im Auftrag an die UWI ist diese – unabhängig davon, ob die Erprobung durch den G-BA oder Hersteller oder Unternehmen durchgeführt wird – insbesondere zu verpflichten,

a)
ein Studienprotokoll zu erstellen und dieses sowie gegebenenfalls die Amendments unverzüglich nach Fertig­stellung an den G-BA zur weitergehenden Information zu übersenden,
b)
die Konformität des Studienprotokolls mit den Vorgaben der Erprobungs-Richtlinie und bei Abweichungen gegenüber diesen Vorgaben eine Begründung bei Übersendung des Studienprotokolls darzulegen,
c)
die Studie in einem einschlägigen, von der World Health Organization akkreditierten Register klinischer Studien zu registrieren und den Eintrag regelmäßig zu aktualisieren und den G-BA hierüber zu informieren,
d)
zur Durchführung der Erprobung nach den Anforderungen der Richtlinie und nach Maßgabe des Auftrags, einschließlich der datenschutzkonformen Erhebung, Speicherung und Nutzung der Daten und der Einholung von erforderlichen Genehmigungen,
e)
Bericht zu erstatten an den G-BA bei Abweichungen von den Vorgaben in der Erprobungs-Richtlinie,
f)
zur Auswahl der Leistungserbringer, Festsetzung und Auszahlung der angemessenen Aufwandsentschädigung an diese,
g)
zur Auswertung der Studie,
h)
unverzüglich nach Abschluss der Studie den Studienbericht, der entsprechend der International Council for Harmonisation (ICH)-E3-Richtlinie zu erstellen ist, zusammen mit dem statistischen Analyseplan an den G-BA zu übermitteln,
i)
dem G-BA das Recht einzuräumen, ihm auf seine Kosten eine nachträgliche Datenauswertung zur Verfügung zu stellen und
j)
dem G-BA das Recht zur Veröffentlichung zumindest der Synopse des Studienberichts sowie weitergehender für seine Entscheidung relevanter Informationen aus dem Studienbericht und aus den nachträglichen Datenauswertungen einzuräumen.

(2) 1Wird die Studie vom G-BA durchgeführt, ist die UWI in diesem Fall zu verpflichten, an den G-BA zu festgelegten Meilensteinen Bericht zu erstatten. 2Außerdem ist die UWI in Ergänzung der Verpflichtung nach Absatz 1 Buchstabe j zu beauftragen, dass sie die Studienergebnisse spätestens drei Monate nach Abnahme des Studienberichts durch den G-BA zur Veröffentlichung in einer Fachzeitschrift mit wissenschaftlichem Begutachtungsprozess einreicht und dem G-BA das Recht einräumt, im Anschluss an deren Veröffentlichung oder nach Ablauf eines Jahres nach Ein­reichung der Studienergebnisse den Studienbericht zu veröffentlichen. 3Die wissenschaftliche Institution arbeitet vertrauensvoll mit der mit dem Projektmanagement beauftragten Stelle zusammen und hat dieser die zur Ausübung ihrer Aufgabe erforderlichen Informationen und Unterlagen zur Verfügung zu stellen.

(3) 1Wird die Studie durch Medizinproduktehersteller oder Unternehmen durchgeführt, sind diese verpflichtet, die Anforderungen dieser Richtlinie an die Durchführung und Auswertung der Erprobung zu beachten. 2Um sicherzustellen, dass eine durchgeführte Studie den Anforderungen dieser Richtlinie entspricht und geeignet ist, die notwendigen Erkenntnisse des Nutzens der Methode zu gewinnen, haben die durchführenden Medizinproduktehersteller und Unternehmen dem G-BA das Studienkonzept zur Prüfung vorzulegen und zu erklären, dass der Vertrag mit der UWI den Anforderungen nach Absatz 1 entspricht und eine Einflussnahme durch den Sponsor auf das Ergebnis der Studie vertraglich ausgeschlossen ist. 3Bei positivem Ergebnis der Überprüfung bescheinigt der G-BA die Konformität des vorgelegten Studienkonzepts mit den Anforderungen dieser Richtlinie und dass damit die im Rahmen der Erprobung erbrachten Leistungen von der Gesetzlichen Krankenversicherung übernommen werden; andernfalls teilt er die bestehenden Defizite mit.“

II.

Die Richtlinie tritt am Tag nach der Veröffentlichung im Bundesanzeiger in Kraft.

Die Tragenden Gründe zu diesem Beschluss werden auf den Internetseiten des G-BA unter www.g-ba.de veröffentlicht.

Berlin, den 20. Januar 2022

Gemeinsamer Bundesausschuss
gemäß § 91 SGB V

Der Vorsitzende
Prof. Hecken

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