Bundesministerium für Gesundheit
Bekanntmachung
eines Beschlusses des Gemeinsamen Bundesausschusses
über eine Richtlinie zur Erprobung gemäß § 137e des Fünften Buches Sozialgesetzbuch:
Niedrigdosierter gepulster Ultraschall bei Pseudarthrosen
Der Gemeinsame Bundesausschuss hat in seiner Sitzung am 19. Januar 2023 die folgende Erprobungs-Richtlinie beschlossen.
Die Richtlinie wird wie folgt gefasst:
„Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) zur Erprobung des Niedrigdosierten gepulsten Ultraschalls zur Behandlung von Pseudarthrosen (Erprobungs-Richtlinie Niedrigdosierter gepulster Ultraschall bei Pseudarthrosen)
Zielsetzung
1Um den G-BA in die Lage zu versetzen, eine abschließende Bewertung des Nutzens des Niedrigdosierten gepulsten Ultraschalls (NGU) durchzuführen, sollen im Wege der Erprobung die hierfür nach den §§ 135 und 137c des Fünften Buches Sozialgesetzbuch (SGB V) in Verbindung mit den Vorgaben der Verfahrensordnung des G-BA (VerfO) notwendigen Erkenntnisse für die Bewertung des Nutzens der Methode gewonnen werden. 2Die für die Beantwortung dieser Frage in ihrer Konkretisierung nach § 2 notwendige Studie soll durch eine unabhängige wissenschaftliche Institution (UWI) nach Maßgabe dieser Richtlinie entworfen, durchgeführt und ausgewertet werden. 3Die Ausgestaltung des Studiendesigns ist – soweit nicht im Folgenden näher bestimmt – von der UWI auf der Basis des Standes der wissenschaftlichen Erkenntnisse vorzunehmen und zu begründen. 4Bei der Erstellung des Studienprotokolls ist das Wirtschaftlichkeitsprinzip zu beachten.
Fragestellung
1Mit der Erprobungsstudie soll nachgewiesen werden, dass bei Patientinnen und Patienten mit Pseudarthrose eine Behandlung mit NGU im Vergleich zur chirurgischen Intervention bezüglich des Endpunkts Frakturheilungsrate nicht unterlegen ist.
Population
1In die Erprobungsstudie einzuschließen sind Patientinnen und Patienten, bei denen nach Frakturen Pseudarthrosen vorliegen (zeitlich definiert für einen Zeitraum von ≥ sechs Monaten seit dem Frakturdatum).
2Auszuschließen sind Patientinnen und Patienten mit
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instabilen Frakturen oder
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einem Frakturspalt, der für eine erfolgreiche Behandlung mit der Prüfintervention zu groß ist, oder
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einer so kurz zurückliegenden Operation an der Fraktur, dass die Behandlungsergebnisse nicht sicher auf die in der Studie durchgeführten Behandlungen zurückzuführen wären.
3Die weiteren Ein- und Ausschlusskriterien (z. B. Alter, Komorbiditäten) sind so festzulegen, dass eine Übertragbarkeit der Ergebnisse auf die Zielpopulation gemäß Satz 1 ermöglicht wird.
Intervention und Vergleichsintervention
(1) 1Die Prüfintervention besteht in einer täglichen Behandlung mit NGU über mehrere Monate. 2Die angemessene Behandlungsdauer ist durch die UWI festzulegen und zu begründen.
(2) 1Die Vergleichsintervention ist die leitliniengerechte chirurgische Intervention. Das jeweils anzuwendende Operationsverfahren (z. B. Anfrischung der Frakturenden, Plattenosteosynthese, Marknagelosteosynthese, Fixateur externe, gegebenenfalls mit autologer Spongiosatransplantation) richtet sich nach der individuellen Situation.
Endpunkte
(1) 1Primärer Endpunkt ist die Frakturheilung. Diese ist so definiert, dass das betroffene Körperteil funktionell wiedereingesetzt werden kann. 2Die genaue Operationalisierung des Endpunkts ist im Rahmen der konkreten Studienplanung festzulegen.
(2) 1Als sekundäre Endpunkte sind insbesondere zu erheben:
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Zeit bis zur Frakturheilung,
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Vermeidung von Re-Operationen bzw. Re-Osteosynthesen und (Re-)Hospitalisierungen,
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Aktivitäten des täglichen Lebens,
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Auftreten von Refrakturen,
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Auftreten und Intensitätsverlauf von Schmerzen,
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weitere mit der Pseudarthrose assoziierte funktionelle Beschwerden,
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die gesundheitsbezogene Lebensqualität (mittels eines krankheitsspezifischen, validierten Instruments zu messen) sowie
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weitere unerwünschte Ereignisse (UEs), insbesondere interventionsbedingte Infektionen und Wundheilungsstörungen.
2Die Operationalisierung der Endpunkte sowie die Erhebung und die Operationalisierung weiterer Endpunkte sind jeweils zu begründen.
(3) Sofern vorhanden, sind für alle Endpunkte validierte Erhebungsinstrumente zu verwenden.
Studientyp und Beobachtungszeitraum
(1) Die Erprobungsstudie ist als randomisierte, kontrollierte Studie (RCT) multizentrisch durchzuführen. Eine stratifizierte Randomisierung ist in Erwägung zu ziehen.
(2) Die patientenindividuelle (Nach-)Beobachtungszeit soll mindestens zwölf Monate ab Beginn der Therapie betragen.
(3) Die Art und Anzahl weiterer therapeutischer Interventionen mit Bezug zur Fraktur oder Pseudarthrose (beispielsweise Physiotherapie) oder mit möglichem Einfluss auf die zu erfassenden Endpunkte sind zu dokumentieren.
(4) Die Personen, die die Endpunkte auswerten, sind gegen die Gruppenzugehörigkeit zu verblinden.
Anforderungen an die Qualität
der Leistungserbringung im Rahmen der Erprobung
Es ist in jedem Studienzentrum sicherzustellen, dass die Behandlung gemäß dem Studienprotokoll unter Berücksichtigung aller erforderlichen, anerkannten, nach ethischen und wissenschaftlichen Gesichtspunkten aufgestellten Regeln für die Durchführung von klinischen Studien erfolgt.
Anforderungen an die Durchführung,
die wissenschaftliche Begleitung und die Auswertung der Erprobung
(1) Im Auftrag an die UWI ist diese – unabhängig davon, ob die Erprobung durch den G-BA oder Hersteller oder Unternehmen durchgeführt wird – insbesondere zu verpflichten,
- a)
-
ein Studienprotokoll zu erstellen und dieses sowie gegebenenfalls die Amendments unverzüglich nach Fertigstellung an den G-BA zur weitergehenden Information zu übersenden,
- b)
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die Konformität des Studienprotokolls mit den Vorgaben der Erprobungs-Richtlinie und bei Abweichungen gegenüber diesen Vorgaben eine Begründung bei Übersendung des Studienprotokolls darzulegen,
- c)
-
die Studie in einem einschlägigen, von der World Health Organization akkreditierten Register klinischer Studien zu registrieren und den Eintrag regelmäßig zu aktualisieren und den G-BA hierüber zu informieren,
- d)
-
zur Durchführung der Erprobung nach den Anforderungen der Richtlinie und nach Maßgabe des Auftrags, einschließlich der datenschutzkonformen Erhebung, Speicherung und Nutzung der Daten und der Einholung von erforderlichen Genehmigungen,
- e)
-
Bericht zu erstatten an den G-BA bei Abweichungen von den Vorgaben in der Erprobungs-Richtlinie,
- f)
-
zur Auswahl der Leistungserbringer, Festsetzung und Auszahlung der angemessenen Aufwandsentschädigung an diese,
- g)
-
zur Auswertung der Studie,
- h)
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unverzüglich nach Abschluss der Studie den Studienbericht, der entsprechend der International Council for Harmonisation (ICH)-E3-Richtlinie zu erstellen ist, zusammen mit dem statistischen Analyseplan an den G-BA zu übermitteln,
- i)
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dem G-BA das Recht einzuräumen, ihm auf seine Kosten eine nachträgliche Datenauswertung zur Verfügung zu stellen und
- j)
-
dem G-BA das Recht zur Veröffentlichung zumindest der Synopse des Studienberichts sowie weitergehender für seine Entscheidung relevanter Informationen aus dem Studienbericht und aus den nachträglichen Datenauswertungen einzuräumen.
(2) 1Wird die Studie vom G-BA durchgeführt, ist die UWI in diesem Fall zu verpflichten, an den G-BA zu festgelegten Meilensteinen Bericht zu erstatten. 2Außerdem ist die UWI in Ergänzung der Verpflichtung nach Absatz 1 Buchstabe j zu beauftragen, dass sie die Studienergebnisse spätestens drei Monate nach Abnahme des Studienberichts durch den G-BA zur Veröffentlichung in einer Fachzeitschrift mit wissenschaftlichem Begutachtungsprozess einreicht und dem G-BA das Recht einräumt, im Anschluss an deren Veröffentlichung oder nach Ablauf eines Jahres nach Einreichung der Studienergebnisse den Studienbericht zu veröffentlichen. 3Die wissenschaftliche Institution arbeitet vertrauensvoll mit der mit dem Projektmanagement beauftragten Stelle zusammen und hat dieser die zur Ausübung ihrer Aufgabe erforderlichen Informationen und Unterlagen zur Verfügung zu stellen.
(3) 1Wird die Studie durch Medizinproduktehersteller oder Unternehmen durchgeführt, sind diese verpflichtet, die Anforderungen dieser Richtlinie an die Durchführung und Auswertung der Erprobung zu beachten. 2Um sicherzustellen, dass eine durchgeführte Studie den Anforderungen dieser Richtlinie entspricht und geeignet ist, die notwendigen Erkenntnisse des Nutzens der Methode zu gewinnen, haben die durchführenden Medizinproduktehersteller und Unternehmen dem G-BA das Studienkonzept zur Prüfung vorzulegen und zu erklären, dass der Vertrag mit der UWI den Anforderungen nach Absatz 1 entspricht und eine Einflussnahme durch den Sponsor auf das Ergebnis der Studie vertraglich ausgeschlossen ist. 3Bei positivem Ergebnis der Überprüfung bescheinigt der G-BA die Konformität des vorgelegten Studienkonzepts mit den Anforderungen dieser Richtlinie und dass damit die im Rahmen der Erprobung erbrachten Leistungen von der Gesetzlichen Krankenkasse übernommen werden; andernfalls teilt er die bestehenden Defizite mit.“
Die Richtlinie tritt am Tag nach der Veröffentlichung im Bundesanzeiger in Kraft.
Die Tragenden Gründe zu diesem Beschluss werden auf den Internetseiten des G-BA unter www.g-ba.de veröffentlicht.
Gemeinsamer Bundesausschuss
gemäß § 91 SGB V
Der Vorsitzende
Prof. Hecken
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