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Bekanntmachung eines Beschlusses des Gemeinsamen Bundesausschusses über eine Richtlinie zur Erprobung gemäß § 137e des Fünften Buches Sozialgesetzbuch: Neuromuskuläre Feedbacktherapie bei Querschnittlähmung

Alexandra_Koch (CC0), Pixabay
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Bundesministerium für Gesundheit

Bekanntmachung
eines Beschlusses des Gemeinsamen Bundesausschusses
über eine Richtlinie zur Erprobung gemäß § 137e des Fünften Buches Sozialgesetzbuch:
Neuromuskuläre Feedbacktherapie bei Querschnittlähmung

Vom 17. August 2023

Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) hat in seiner Sitzung am 17. August 2023 folgende Richtlinie zur Erprobung beschlossen:

I.

Die Richtlinie zur Erprobung wird wie folgt gefasst:

„Richtlinie zur Erprobung der neuromuskulären Feedbacktherapie zur Behandlung von querschnittgelähmten Patientinnen und Patienten (Erprobungs-Richtlinie Feedbacktherapie)

§ 1

Zielsetzung

1Um den G-BA in die Lage zu versetzen, eine abschließende Bewertung des Nutzens der neuromuskulären Feedbacktherapie zur Behandlung von querschnittgelähmten Patientinnen und Patienten durchzuführen, sollen im Wege der Erprobung die hierfür nach den §§ 135 und 137c des Fünften Buches Sozialgesetzbuch (SGB V) in Verbindung mit den Vorgaben der Verfahrensordnung des G-BA (VerfO) notwendigen Erkenntnisse für die Bewertung des Nutzens der Methode gewonnen werden. 2Die für die Beantwortung dieser Frage in ihrer Konkretisierung nach § 2 notwendige Studie soll durch eine unabhängige wissenschaftliche Institution (UWI) nach Maßgabe dieser Richtlinie entworfen, durchgeführt und ausgewertet werden. 3Die Ausgestaltung des Studiendesigns ist – soweit nicht im Folgenden näher bestimmt – von der UWI auf der Basis des Standes der wissenschaftlichen Erkenntnisse vorzunehmen und zu begründen. 4Bei der Erstellung des Studienprotokolls ist das Wirtschaftlichkeitsprinzip zu beachten.

§ 2

Fragestellung

Mit der Erprobungsstudie soll nachgewiesen werden, dass bei querschnittgelähmten Patientinnen und Patienten eine Behandlung mit der neuromuskulären Feedbacktherapie im Vergleich zu einer zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung gemäß Heilmittel-Richtlinie erbringbaren Therapie im Sinne einer Krankengymnastik zur Behandlung von zentralen Bewegungsstörungen bezüglich des Endpunkts Gehfähigkeit überlegen ist.

§ 3

Population

1In die Erprobungsstudie einzuschließen sind querschnittgelähmte Patientinnen und Patienten mit chronischen Rückenmarksverletzungen (mindestens zwölf Monate nach der Verletzung), bei denen motorische Restfunktionen an den unteren Extremitäten erhalten sind und unter leitliniengerechter konventioneller Therapie keine Verbesserung der Gehfähigkeit mehr erwartbar ist. 2Die weiteren Ein- und konkreten Ausschlusskriterien (zum Beispiel Komorbidi­täten, maximale Zeitdauer seit Verletzung, knöcherne Instabilität) sind so festzulegen, dass eine Übertragbarkeit der Ergebnisse auf die Zielpopulation gemäß Satz 1 ermöglicht wird.

§ 4

Intervention und Vergleichsintervention

(1) 1Die Prüfintervention besteht in der neuromuskulären Feedbacktherapie mit willensgesteuerter bioelektrischer Regelung. 2Eine bisherige konventionelle Therapie gemäß Heilmittel-Richtlinie, die daneben indiziert ist, soll fortgeführt werden.

(2) 1Die Vergleichsintervention ist eine zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung erbringbare Therapie im Sinne einer Krankengymnastik zur Behandlung von zentralen Bewegungsstörungen. 2Eine bisherige konventionelle Therapie gemäß Heilmittel-Richtlinie, die daneben indiziert ist, soll fortgeführt werden.

(3) 1Die Häufigkeit und die Dauer der Vergleichsintervention und der Prüfintervention sollen vergleichbar sein. 2Ebenso sollen die Häufigkeit und die Dauer der fortgeführten konventionellen Therapie in beiden Gruppen vergleichbar sein.

§ 5

Endpunkte

(1) 1Primärer Endpunkt ist die Gehfähigkeit (zum Beispiel im Sinne von Gehstrecke oder -geschwindigkeit) nach dreimonatiger Behandlungsphase. 2Die genaue Operationalisierung des Endpunkts beinhaltet ein Responsekriterium im Sinne einer individuellen „Minimal important Difference“ und ist im Rahmen der konkreten Studienplanung festzulegen.

(2) 1Als sekundäre Endpunkte sind insbesondere zu erheben:

Endpunkte zur Morbidität, einschließlich Gehfähigkeit (zum Beispiel im Sinne von Gehstrecke oder -geschwindigkeit) zum Zeitpunkt sechs Monate nach Beendigung der Therapie, Körperfunktionen (zum Beispiel Darm- und Blasenfunktion, Spastizität) und neuropathischer Schmerz
gesundheitsbezogene Lebensqualität (mittels eines krankheitsspezifischen, validierten Instruments zu messen)
unerwünschte Ereignisse

2Die Operationalisierung der Endpunkte sowie die Erhebung und die Operationalisierung weiterer Endpunkte sind jeweils zu begründen.

(3) Sofern vorhanden, sind für alle Endpunkte validierte Erhebungsinstrumente zu verwenden.

§ 6

Studientyp und Beobachtungszeitraum

(1) 1Die Erprobungsstudie ist als randomisierte, kontrollierte Studie (RCT) zu konzipieren und durchzuführen. 2Die Studie soll multizentrisch durchgeführt werden. 3Eine stratifizierte Randomisierung ist in Erwägung zu ziehen.

(2) Die Endpunkterhebung ist zu verblinden.

(3) Die patientenindividuelle (Nach-)Beobachtungszeit ist so zu bestimmen, dass die Gewinnung hinreichender Informationen zu Langzeiteffekten der Intervention sichergestellt ist, und soll mindestens sechs Monate nach Ende der Therapie betragen.

(4) 1Die Art und Anzahl weiterer therapeutischer Interventionen mit Bezug zur Querschnittlähmung oder mit möglichem Einfluss auf die zu erfassenden Endpunkte sind zu dokumentieren. 2Zudem ist die Art der Therapie in der Vergleichsgruppe zu dokumentieren.

§ 7

Anforderungen an die Qualität der Leistungserbringung im Rahmen der Erprobung

Es ist in jedem Studienzentrum sicherzustellen, dass die Behandlung gemäß dem Studienprotokoll unter Berücksichtigung aller erforderlichen, anerkannten, nach ethischen und wissenschaftlichen Gesichtspunkten aufgestellten Regeln für die Durchführung von klinischen Studien erfolgt.

§ 8

Anforderungen an die Durchführung, die wissenschaftliche Begleitung und die Auswertung der Erprobung

(1) Im Auftrag an die UWI ist diese – unabhängig davon, ob die Erprobung durch den G-BA oder Hersteller oder Unternehmen durchgeführt wird – insbesondere zu verpflichten,

a)
ein Studienprotokoll zu erstellen und dieses sowie gegebenenfalls die Amendments unverzüglich nach Fertig­stellung an den G-BA zur weitergehenden Information zu übersenden,
b)
die Konformität des Studienprotokolls mit den Vorgaben der Erprobungs-Richtlinie und bei Abweichungen gegenüber diesen Vorgaben eine Begründung bei Übersendung des Studienprotokolls darzulegen,
c)
die Studie in einem einschlägigen, von der World Health Organization akkreditierten Register klinischer Studien zu registrieren und den Eintrag regelmäßig zu aktualisieren und den G-BA hierüber zu informieren,
d)
zur Durchführung der Erprobung nach den Anforderungen der Richtlinie und nach Maßgabe des Auftrags, einschließlich der datenschutzkonformen Erhebung, Speicherung und Nutzung der Daten und der Einholung von erforderlichen Genehmigungen,
e)
Bericht zu erstatten an den G-BA bei Abweichungen von den Vorgaben in der Erprobungs-Richtlinie,
f)
zur Auswahl der Leistungserbringer, Festsetzung und Auszahlung der angemessenen Aufwandsentschädigung an diese,
g)
zur Auswertung der Studie,
h)
unverzüglich nach Abschluss der Studie den Studienbericht, der entsprechend der International Council for Harmonisation (ICH)-E3-Richtlinie zu erstellen ist, zusammen mit dem statistischen Analyseplan an den G-BA zu übermitteln,
i)
dem G-BA das Recht einzuräumen, ihm auf seine Kosten eine nachträgliche Datenauswertung zur Verfügung zu stellen und
j)
dem G-BA das Recht zur Veröffentlichung zumindest der Synopse des Studienberichts sowie weitergehender für seine Entscheidung relevanter Informationen aus dem Studienbericht und aus den nachträglichen Datenauswertungen einzuräumen.

(2) 1Wird die Studie vom G-BA durchgeführt, ist die UWI in diesem Fall zu verpflichten, an den G-BA zu festgelegten Meilensteinen Bericht zu erstatten. 2Außerdem ist die UWI in Ergänzung der Verpflichtung nach Absatz 1 Buchstabe j zu beauftragen, dass sie die Studienergebnisse spätestens drei Monate nach Abnahme des Studienberichts durch den G-BA zur Veröffentlichung in einer Fachzeitschrift mit wissenschaftlichem Begutachtungsprozess einreicht und dem G-BA das Recht einräumt, im Anschluss an deren Veröffentlichung oder nach Ablauf eines Jahres nach Ein­reichung der Studienergebnisse den Studienbericht zu veröffentlichen. 3Die UWI arbeitet vertrauensvoll mit der mit dem Projektmanagement beauftragten Stelle zusammen und hat dieser die zur Ausübung ihrer Aufgabe erforderlichen Informationen und Unterlagen zur Verfügung zu stellen.

(3) 1Wird die Studie durch Medizinproduktehersteller oder Unternehmen durchgeführt, sind diese verpflichtet, die Anforderungen dieser Richtlinie an die Durchführung und Auswertung der Erprobung zu beachten. 2Um sicherzustellen, dass eine durchgeführte Studie den Anforderungen dieser Richtlinie entspricht und geeignet ist, die notwendigen Erkenntnisse des Nutzens der Methode zu gewinnen, haben die durchführenden Medizinproduktehersteller und Unternehmen dem G-BA das Studienkonzept zur Prüfung vorzulegen und zu erklären, dass der Vertrag mit der UWI den Anforderungen nach Absatz 1 entspricht und eine Einflussnahme durch den Sponsor auf das Ergebnis der Studie vertraglich ausgeschlossen ist. 3Bei positivem Ergebnis der Überprüfung bescheinigt der G-BA die Konformität des vorgelegten Studienkonzepts mit den Anforderungen dieser Richtlinie und dass damit die im Rahmen der Erprobung erbrachten Leistungen von dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen übernommen werden; andernfalls teilt er die bestehenden Defizite mit.“

II.

Die Richtlinie tritt am Tag nach der Veröffentlichung im Bundesanzeiger in Kraft.

Die Tragenden Gründe zu diesem Beschluss werden auf den Internetseiten des G-BA unter www.g-ba.de veröffentlicht.

Berlin, den 17. August 2023

Gemeinsamer Bundesausschuss
gemäß § 91 SGB V

Der Vorsitzende
Prof. Hecken

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