Bundesministerium für Gesundheit
Bekanntmachung
eines Beschlusses des Gemeinsamen Bundesausschusses
zur Änderung der Arzneimittel-Richtlinie:
Anlage IV (Therapiehinweise) – Palivizumab
Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) hat in seiner Sitzung am 2. November 2023 beschlossen, die Arzneimittel-Richtlinie (AM-RL) in der Fassung vom 18. Dezember 2008/22. Januar 2009 (BAnz. Nr. 49a vom 31. März 2009), die zuletzt durch die Bekanntmachung des Beschlusses vom 16. November 2023 (BAnz AT 03.01.2024 B2) geändert worden ist, wie folgt zu ändern:
In Anlage IV wird der Therapiehinweis zu „Palivizumab (zum Beispiel Synagis™)“ in der Fassung des Beschlusses vom 19. Juni 2008 (Bekanntmachung vom 27. November 2008, BAnz. S. 4260) wie folgt gefasst:
„Respiratorisches-Synzytial-Virus-Antikörper
(zum Beispiel Palivizumab – Synagis®, Nirsevimab – Beyfortus®)
Beschluss vom: 2. November 2023
Indikation
Das Arzneimittel Synagis® mit dem Wirkstoff Palivizumab ist zugelassen:
Zur Prävention der durch das Respiratorische-Synzytial-Virus (RSV) hervorgerufenen schweren Erkrankungen der unteren Atemwege, die Krankenhausaufenthalte erforderlich machen, bei Kindern mit hohem Risiko für RSV-Erkrankungen:
- –
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Kinder, die in der 35. Schwangerschaftswoche oder früher geboren wurden und zu Beginn der RSV-Saison jünger als 6 Monate sind.
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Kinder unter 2 Jahren, die innerhalb der letzten 6 Monate wegen bronchopulmonaler Dysplasie behandelt wurden.
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Kinder unter 2 Jahren mit hämodynamisch signifikanten angeborenen Herzfehlern.
[Fachinformation Synagis®; Stand März 2022]
Das Arzneimittel Beyfortus® mit dem Wirkstoff Nirsevimab ist zugelassen:
Zur Prävention von RSV-Erkrankungen der unteren Atemwege bei Neugeborenen, Säuglingen und Kleinkindern während ihrer ersten RSV-Saison.
[Fachinformation Beyfortus®; Stand Juni 2023]
Empfehlungen zur wirtschaftlichen Verordnungsweise
Der Einsatz von gegen das F-Protein des RSV gerichteten Antikörpern ist wirtschaftlich bei:
Kindern mit hohem Risiko für schwere Infektionsverläufe im Alter von ≤ 24 Lebensmonaten, im Fall von Nirsevimab ≤ 12 Lebensmonaten, zum Beginn der RSV-Saison,
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die wegen bronchopulmonaler Dysplasie begleitende therapeutische Maßnahmen innerhalb der letzten 6 Monate vor Beginn der RSV-Saison benötigten. Diese Maßnahmen beinhalteten zusätzlichen Sauerstoff, Steroide, Bronchodilatatoren oder Diuretika oder
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mit hämodynamisch relevanten Herzfehlern (zum Beispiel relevante Links-Rechts- und Rechts-Links-Shunt-Vitien und Patienten mit pulmonaler Hypertonie oder pulmonalvenöser Stauung) oder
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mit Trisomie 21.
Darüber hinaus erscheint die Gabe unter wirtschaftlichen Aspekten noch vertretbar bei:
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Kindern im Alter von ≤ 6 Monaten bei Beginn der RSV-Saison, die als Frühgeborene bis zur vollendeten 35. Schwangerschaftswoche (SSW) (34 [+ 6]) geboren wurden.
Zusätzliche nichtmedikamentöse Maßnahmen sind Rauchverbot in der Umgebung von Hochrisikokindern, Stillen, infektionshygienische Allgemeinmaßnahmen zur Vermeidung der RSV-Exposition wie regelmäßiges Händewaschen und das Meiden von Personenansammlungen sowie Kinderkrippen.
Eine ärztliche Verordnung von gegen das F-Protein des RSV gerichteten Antikörpern ist über die Empfehlungen zur wirtschaftlichen Verordnungsweise hinaus ausnahmsweise mit Begründung in der Patientenakte möglich, wenn im Einzelfall ein vergleichbares Risiko für einen schweren Infektionsverlauf besteht.
Zur Prophylaxe der RSV-Infektion sind zur passiven Immunisierung gegen das F-Protein des RSV gerichtete Antikörper angezeigt. Sie sind nicht zur Therapie der RSV-Infektion vorgesehen.
Bislang ist kein Impfstoff zur aktiven Immunisierung von Kindern verfügbar.
Die gegen das F-Protein des RSV gerichteten Antikörper sind für Erwachsene nicht zugelassen.
Die Saison für Infektionen mit dem RSV beginnt typischerweise im November und hält bis April an. Eine wirksame kausale Behandlung der RSV-Infektion existiert nicht. Die RSV-Infektion ist häufig. Es wird geschätzt, dass 50 % bis 70 % aller Kinder im 1. Lebensjahr die Infektion durchmachen.
Bei 50 % bis 80 % der hospitalisierten Bronchiolitis-Fälle bei Kindern ist das RSV nachweisbar.
Gemäß der Fachinformation von Palivizumab ist der Nutzen für eine Behandlung in einem weiteren Behandlungszyklus während einer darauffolgenden Saison nicht belegt.
Nach der Fachinformation von Nirsevimab ist eine Anwendung nach Ende der ersten RSV-Saison nicht möglich.
Bei vielen Kindern, die unter die zugelassenen Indikationen fallen, ist anzunehmen, dass das Risiko für schwerwiegende Erkrankungsverläufe mit Krankenhausaufnahme gering ist und damit vermutlich auch der potenzielle Nutzen der Gabe von gegen das F-Protein des RSV gerichteten Antikörpern.
Gegenstand des Therapiehinweises ist nicht die vergleichende Bewertung der RSV-Antikörper untereinander; eine Nutzenbewertung von Nirsevimab nach § 35a des Fünften Buches Sozialgesetzbuch (SGB V) bleibt unberührt.
Palivizumab reduziert nach heutiger Kenntnis lediglich die Hospitalisierungsraten und nicht die Mortalität.
Die Schwere der RSV-Erkrankung bei hospitalisierten Kindern bezogen auf die Dauer einer erforderlichen intensivmedizinischen Therapie oder die Notwendigkeit einer künstlichen Beatmung wurde durch die Prophylaxe mit Palivizumab nicht beeinflusst.
Die Anwendung von Nirsevimab, das im Gegensatz zu Palivizumab auch für termingeborene Kinder zugelassen ist, zeigte bei gesunden Kindern, die ab der vollendeten 29. SSW (29 [+ 0]) geboren wurden, eine Verringerung der Hospitalisierungen. Rückschlüsse auf eine eventuelle Auswirkung auf die Mortalität lassen sich aus den Studien zu Nirsevimab derzeit nicht ziehen.
Kosten
Gegen das F-Protein des RSV gerichtete Antikörper werden intramuskulär verabreicht, vorzugsweise in den anterolateralen Oberschenkel.
Palivizumab
Die übliche Dosierung beträgt 15 mg/kg Körpergewicht. Injektionsvolumina von mehr als 1 ml sollten als geteilte Dosen verabreicht werden.
Gewicht des Kindes | Dosis 15 mg/kg Körpergewicht | Kosten pro Gabe | Kosten pro Saison (5-malige Gabe) |
---|---|---|---|
Untergrenze der Kosten | |||
1. – 2. Gabe: bis 3,3 kg |
50 mg | 697,21 € – 826,95 € | 5 332,94 € – 5 893,29 € |
3. – 5. Gabe: > 3,3 kg bis 6,6 kg |
100 mg | 1 312,84 € – 1 413,13 € | |
Obergrenze der Kosten | |||
1. – 5. Gabe: > 10 kg bis 13,3 kg |
200 mg | 2 625,68 € – 2 826,26 € | 13 128,40 € – 14 131,30 € |
Kostenberechnung auf Basis einer fünfmaligen Gabe und der verfügbaren Packungen; die Preisspanne ergibt sich aufgrund der Verfügbarkeit verschiedener Importarzneimittel; gesetzliche Pflichtrabatte der Apotheken und pharmazeutischer Unternehmer wurden nicht berücksichtigt.
Stand Lauer-Taxe: 1. September 2023
Nirsevimab
Die empfohlene Dosis ist eine 50 mg-Einmaldosis bei Säuglingen/Kleinkindern mit einem Körpergewicht < 5 kg sowie eine 100 mg-Einmaldosis bei Säuglingen/Kleinkindern mit einem Körpergewicht von ≥ 5 kg.
Gewicht des Kindes | Dosis (Einmaldosis) | Kosten pro Gabe (entspricht einer Saison) |
---|---|---|
< 5 kg | 50 mg | 1 350,03 € |
> 5 kg | 100 mg | 1 350,03 € |
Stand Lauer-Taxe: 1. September 2023
Wirkungen
Palivizumab
Palivizumab ist ein humanisierter monoklonaler Immunglobulin-G1-kappa(IgG1κ)-Antikörper, der das A-Epitop des Fusionsproteins des RSV (RSV-F-Protein) bindet. Der humanisierte monoklonale Antikörper setzt sich aus humanen (95 %) und murinen (5 %) Antikörpersequenzen zusammen. Er besitzt eine neutralisierende und fusionsinhibitorische Aktivität gegenüber den beiden RSV-Untertypen A und B.
Nirsevimab
Nirsevimab ist ein rekombinanter, neutralisierender, humaner langwirksamer monoklonaler IgG1κ-Antikörper gegen die Präfusionskonformation des RSV-F-Proteins, der mit einer dreifachen Aminosäuresubstitution (YTE) in der Fc-Region modifiziert wurde, um die Serumhalbwertzeit zu verlängern. Nirsevimab bindet an ein hochkonserviertes Epitop an der Antigenbindungsstelle Ø des Präfusionsproteins mit Dissoziationskonstanten von KD = 0,12 nM bzw. KD = 1,22 nM für die RSV-Untergruppen RSV-A bzw. RSV-B. Nirsevimab hemmt den entscheidenden Membranfusionsschritt im Prozess des Viruseintritts, neutralisiert das Virus und blockiert die Zellfusion.
Wirksamkeit
Palivizumab
Es sind mehrere randomisierte, placebokontrollierte, verblindete Studien publiziert, die größten Studien darunter sind zwei Phase-III-Studien (IMpact-Studie 1998 und Feltes 2003). Ein systematischer Übersichtsartikel zu den klinischen Studien zur Prävention von schweren RSV-Infektionen bei Kindern kommt zu dem Schluss, dass die Hospitalisierungsrate durch Palivizumab-Gabe gesenkt wird. Unterschiede bei der Mortalität und dem Auftreten von unerwünschten Ereignissen mit und ohne Palivizumab-Gabe sind jedoch klein oder nicht vorhanden (Garegnani 2021).
In der IMpact-Studie (1998), einer placebokontrollierten Studie zur Prophylaxe der RSV-Erkrankung bei 1 502 Kindern mit erhöhtem Infektionsrisiko (1 002 Palivizumab; 500 Placebo), führten fünf monatliche Dosen von 15 mg Palivizumab/kg Körpergewicht in 55 % der Fälle (p ≤ 0,001) zu einer Reduzierung der RSV-bedingten Krankenhausaufnahmen. In der Placebogruppe betrug die RSV-Hospitalisierungsrate 10,6 % und in der Palivizumab-Gruppe 4,8 %. Auf der Basis dieser Daten beträgt die absolute Risikoreduzierung 5,8 %, woraus folgt, dass 17 Kinder behandelt werden müssen, um einer Krankenhausaufnahme vorzubeugen.
Unter Berücksichtigung des Konfidenzintervalls liegt die Zahl zwischen 11 und 36 Kindern. Eingeschlossen waren sowohl Frühgeborene als auch Kinder mit bronchopulmonaler Dysplasie (BPD). Die Subgruppenanalyse ergab für die Hospitalisation folgende Ergebnisse:
Gruppe | Rate % | Absolute Risikoreduktion % |
p-Wert | |
---|---|---|---|---|
Placebo | Palivizumab | |||
Alle Kinder | 10,60 | 4,80 | 5,80 | < 0,001 |
Frühgeborene ohne BPD | 8,10 | 1,80 | 6,30 | < 0,001 |
Kinder mit BPD | 12,80 | 7,90 | 4,90 | 0,038 |
Die Schwere der RSV-Erkrankung bei hospitalisierten Kindern, bezogen auf den Aufenthalt (Tage) auf der Intensivstation pro 100 Kinder und Tage unter künstlicher Beatmung pro 100 Kinder, wurde durch die Prophylaxe mit Palivizumab nicht beeinflusst.
Auch die Otitis media war in beiden Behandlungsgruppen gleich häufig. Unter der Behandlung mit Palivizumab traten vier Todesfälle (0,4 %) und unter Placebo fünf (1 %) auf. Kein Todesfall wurde mit Palivizumab in Verbindung gebracht.
In einer zweiten placebokontrollierten, verblindeten Studie (Feltes 2003) mit 1 287 Patienten im Alter von ≤ 24 Monaten mit hämodynamisch signifikanten, angeborenen Herzfehlern (639 Palivizumab; 648 Placebo) reduzierte eine monatliche Dosis von 15 mg/kg Palivizumab über fünf Monate die Inzidenz der RSV-bedingten Krankenhausaufnahme um 45 % (p = 0,003), absolute Risikoreduktion 4,4 %, woraus folgt, dass 23 Kinder behandelt werden müssen, um einer Krankenhausaufnahme vorzubeugen.
Die Gruppen waren hinsichtlich der zyanotischen und azyanotischen Patienten ausgeglichen. Die RSV-Hospitalisierungsrate lag bei 9,7 % in der Placebogruppe und 5,3 % in der Palivizumab-Gruppe. Sekundäre Endpunkte der Wirksamkeit zeigten signifikante Reduzierung in der Palivizumab-Gruppe verglichen mit Placebo hinsichtlich der Gesamtzahl der Tage eines RSV-bedingten Krankenhausaufenthalts (56 % Reduzierung, p = 0,003) und der Gesamtzahl der RSV-Tage mit einem erhöhten zusätzlichen Sauerstoffbedarf (73 % Reduzierung, p = 0,014) pro 100 Kinder.
Nicht signifikante Unterschiede wiesen sekundäre Outcome-Parameter wie RSV-bedingte Inzidenz und Tage auf der Intensivstation und Inzidenz und Tage der Beatmung auf. 48 Kinder verstarben in der Studie, 21 in der Palivizumab-Gruppe, 27 in der Placebogruppe.
Eine Reduktion der Mortalität wurde in beiden Studien nicht untersucht und ist von daher nicht belegt.
Die Wirksamkeit von Palivizumab in einem zweiten Behandlungszyklus während einer darauffolgenden RSV-Saison wurde nicht formell in einer Studie mit dieser Zielsetzung untersucht. Auch ist ein denkbares Risiko bei zuvor behandelten Patienten, in der darauffolgenden Saison verstärkt an einer RSV-Infektion zu erkranken, nicht endgültig durch Studien ausgeschlossen.
Nirsevimab
Die Wirksamkeit und Sicherheit von Nirsevimab wurde in zwei randomisierten, doppelblinden, placebokontrollierten multizentrischen Studien (D5290C00003 [Phase IIb] und MELODY [Phase III]) zur Prävention von RSV-Infektionen der unteren Atemwege (RSV lower respiratory tract infection – RSV LRTI) bei Neugeborenen und Frühgeborenen (Gestationsalter [GA] ≥ 29 Wochen) zu Beginn ihrer ersten RSV-Saison untersucht.
Die Sicherheit und Pharmakokinetik von Nirsevimab wurde ebenfalls in einer randomisierten, doppelblinden, Palivizumab-kontrollierten multizentrischen Studie (MEDLEY [Phase II/III]) bei Säuglingen/Kleinkindern GA < 35 Wochen mit erhöhtem Risiko für eine schwere RSV-Erkrankung einschließlich extrem Frühgeborener (GA < 29 Wochen) und Säuglinge/Kleinkinder mit Frühgeburt-bedingter chronischer Lungenerkrankung oder mit hämodynamisch relevantem angeborenem Herzfehler zu Beginn ihrer ersten RSV-Saison untersucht.
Wirksamkeit gegen ärztlich betreute (medically-attended – MA) RSV LRTI (MA RSV LRTI), MA RSV LRTI mit Hospitalisierung und sehr schwere MA RSV LRTI bei Neugeborenen und Frühgeborenen (D5290C00003 und MELODY)
In der Studie D5290C00003 wurden insgesamt der 1 453 sehr und mäßig Frühgeborene (GA ≥ 29 bis < 35 Wochen) zu Beginn ihrer ersten RSV-Saison im Verhältnis 2:1 randomisiert und erhielten eine intramuskuläre 50 mg-Einmaldosis Nirsevimab oder Placebo. Bei Randomisierung waren 20,3 % in GA ≥ 29 bis < 32 Wochen, 79,7 % waren in GA ≥ 32 bis < 35 Wochen, 52,4 % waren männlich, 72,2 % waren kaukasischer Abstammung, 17,6 % waren afrikanischer Abstammung, 1,0 % waren Asiaten, 59,5 % wogen < 5 kg (11,6 % < 2,5 kg). 17,3 % der Säuglinge/Kleinkinder waren ≤ 1 Monat alt, 35,9 % waren > 1,0 Monat bis ≤ 3,0 Monate, 32,6 % waren > 3,0 Monate bis ≤ 6,0 Monate und 14,2 % waren > 6,0 Monate alt.
In MELODY wurden insgesamt 1 490 Neugeborene und späte Frühgeborene (GA ≥ 35 Wochen) zu Beginn ihrer ersten RSV-Saison im Verhältnis 2:1 randomisiert und erhielten eine intramuskuläre Einmaldosis Nirsevimab (50 mg Nirsevimab bei einem Körpergewicht < 5 kg oder 100 mg Nirsevimab bei einem Körpergewicht ≥ 5 kg zum Zeitpunkt der Anwendung) oder Placebo. Bei Randomisierung waren 14,0 % in GA ≥ 35 bis < 37 Wochen und 86,0 % waren in GA ≥ 37 Wochen. 51,6 % waren männlich, 53,5 % waren kaukasischer Abstammung, 28,4 % waren afrikanischer Abstammung, 3,6 % waren Asiaten, 40,0 % wogen < 5 kg (1,7 % < 2,5 kg), 24,5 % der Säuglinge/Kleinkinder waren ≤ 1 Monat alt, 33,4 % waren > 1,0 Monat bis ≤ 3,0 Monate, 32,1 % waren > 3,0 Monate bis ≤ 6,0 Monate und 10,0 % waren > 6,0 Monate alt.
Säuglinge/Kleinkinder mit einer chronischen Lungenerkrankung/bronchopulmonaler Dysplasie oder einem angeborenen Herzfehler (ausgenommen Säuglinge/Kleinkinder mit unkompliziertem angeborenem Herzfehler) in der Anamnese waren von den Studien ausgeschlossen.
Die Demografie- und Baseline-Charakteristika der Nirsevimab- und der Placebogruppen waren in beiden Studien vergleichbar.
Der primäre Endpunkt für die Studien D5290C00003 und MELODY war die Inzidenz medizinisch behandelter Infektionen der unteren Atemwege (einschließlich Hospitalisierung), die auf eine mittels Reverser-Transkriptase-Polymerase-Kettenreaktion (RT-PCR) bestätigte RSV-Erkrankung (MA RSV LRTI) zurückzuführen waren, vorwiegend auftretend als Bronchiolitis oder Pneumonie, bis 150 Tage nach der Anwendung. Anzeichen von LRTI waren definiert als das Vorliegen eines der folgenden auf eine Infektion der unteren Atemwege hindeutenden Befundes (wie zum Beispiel Rasselgeräusche, Röcheln, Keuchen oder Giemen) bei einer physischen Untersuchung und mindestens einem Anzeichen für einen erhöhten klinischen Schweregrad (erhöhte Atemfrequenz, Hypoxämie, akute hypoxische oder ventilatorische Insuffizienz, neu aufgetretene Apnoe, Nasenflügelatmen, Retraktionen, Ächzen oder Dehydrierung aufgrund von Atembeschwerden). Der sekundäre Endpunkt war die Hospitalisierungsinzidenz bei Säuglingen/Kleinkindern mit MA RSV LRTI. RSV-Hospitalisierung war definiert als Hospitalisierung aufgrund einer LRTI mit positivem RSV-Nachweis oder einer Verschlechterung des respiratorischen Status und eines positiven RSV-Nachweises bei einem bereits hospitalisierten Patienten. Sehr schwere MA RSV LRTI wurden ebenfalls untersucht, definiert als MA RSV LRTI mit Hospitalisierung und der Notwendigkeit von Sauerstoffzufuhr oder intravenöser Flüssigkeitsgabe.
Ergebnisse bei Neugeborenen und Frühgeborenen gegen MA RSV LRTI, MA RSV LRTI mit Hospitalisierung und gegen sehr schwere MA RSV LRTI bis 150 Tage nach Anwendung, in den Studien D5290C00003 und MELODY, sind in der folgenden Tabelle dargestellt:
Gruppe | Rate % (n) | Absolute Risikoreduktion % |
p-Wert | |
---|---|---|---|---|
Wirksamkeit bei Säuglingen/Kleinkindern gegen MA RSV LRTI bis 150 Tage nach Anwendung | ||||
Placebo | Nirsevimab | |||
Sehr und mäßig Frühgeborenea |
9,5 (46) | 2,6 (25) | 6,9 | < 0,001 |
Neugeborene und späte Frühgeboreneb | 5,4 (54) | 1,2 (24) | 4,2 | signifikantc |
Wirksamkeit bei Säuglingen/Kleinkindern gegen MA RSV LRTI mit Hospitalisierung bis 150 Tage nach Anwendung | ||||
Placebo | Nirsevimab | |||
Sehr und mäßig Frühgeborenea |
4,1 (20) | 0,8 (8) | 3,3 | < 0,001 |
Neugeborene und späte Frühgeboreneb | 2,0 (20) | 0,4 (9) | 1,6 | signifikantc |
Wirksamkeit bei Säuglingen/Kleinkindern gegen sehr schwere MA RSV LRTI bis 150 Tage nach Anwendung | ||||
Placebo | Nirsevimab | |||
Sehr und mäßig Frühgeborenea |
3,3 (16) | 0,4 (4) | 2,9 | signifikantc |
Neugeborene und späte Frühgeboreneb | 1,7 (17) | 0,3 (7) | 1,4 | signifikantc |
a | Gestationsalter ≥ 29 bis < 35 Wochen; Studie D5290C00003, alle Teilnehmer, die 50 mg unabhängig vom Körpergewicht zum Zeitpunkt der Anwendung erhalten hatten. |
b | Gestationsalter ≥ 35 Wochen; Studie MELODY |
c | Ein p-Wert wurde nicht dargestellt. Gemessen am 95 %-KI konnte ein signifikanter Unterschied gezeigt werden. |
Die Subgruppenanalysen für den primären Wirksamkeitsendpunkt nach Gestationsalter, Geschlecht, ethnischer Zugehörigkeit und Region zeigten, dass die Ergebnisse mit denen der Gesamtpopulation konsistent waren.
Wirksamkeit gegen MA RSV LRTI bei Säuglingen/Kleinkindern mit erhöhtem Risiko für eine schwere RSV-Erkrankung (MEDLEY)
In MEDLEY wurden insgesamt 925 Säuglinge/Kleinkinder mit einem erhöhten Risiko für eine schwere RSV-Erkrankung zu Beginn ihrer ersten RSV-Saison randomisiert, einschließlich Säuglinge/Kleinkinder mit chronischer Lungenerkrankung oder angeborenem Herzfehler sowie Frühgeborene (GA < 35 Wochen) zu Beginn ihrer ersten RSV-Saison. Die Säuglinge/Kleinkinder erhielten entweder eine intramuskuläre Einmaldosis (2:1) Nirsevimab (50 mg Nirsevimab bei einem Körpergewicht < 5 kg oder 100 mg Nirsevimab bei einem Körpergewicht ≥ 5 kg zum Zeitpunkt der Anwendung) oder fünf monatliche intramuskuläre Injektionen von 15 mg/kg Palivizumab. Bei Randomisierung waren 21,6 % GA < 29 Wochen, 21,5 % GA ≥ 29 bis < 32 Wochen, 41,9 % GA ≥ 32 bis < 35 Wochen und 14,9 % waren GA ≥ 35 Wochen. 23,6 % dieser Säuglinge/Kleinkinder hatten eine chronische Lungenerkrankung und 11,2 % hatten einen angeborenen Herzfehler, 53,5 % waren männlich, 79,2 % waren kaukasischer Abstammung, 9,5 % waren afrikanischer Abstammung, 5,4 % waren Asiaten, 56,5 % wogen < 5 kg (6,4 % wogen < 2,5 kg), 11,4 % der Säuglinge/Kleinkinder waren ≤ 1 Monat alt, 33,8 % waren > 1,0 Monat bis ≤ 3,0 Monate, 33,6 % waren > 3,0 Monate bis ≤ 6,0 Monate und 21,2 % waren > 6,0 Monate alt.
Die Wirksamkeit von Nirsevimab bei Säuglingen/Kleinkindern mit einem erhöhten Risiko für eine schwere RSV-Erkrankung wurde aus den Wirksamkeitsdaten von Nirsevimab in den Studien D5290C00003 und MELODY basierend auf der pharmakokinetischen Exposition extrapoliert. In der Studie MEDLEY betrug die Inzidenz von MA RSV LRTI bis 150 Tage nach der Anwendung 0,6 % (4/616) in der Nirsevimab-Gruppe und 1,0 % (3/309) in der Palivizumab-Gruppe.
Der Nutzen einer über fünf Monate hinausgehenden Behandlung ist gemäß der Fachinformation des Herstellers nicht gesichert. Ebenfalls gemäß der Fachinformation liegen begrenzte Daten bei extrem Frühgeborenen (GA < 29 Wochen) im Alter von weniger als acht Wochen vor. Es liegen keine klinischen Daten bei Säuglingen/Kleinkindern mit einem postmenstruellen Alter (Gestationsalter bei Geburt plus chronologisches Alter) von weniger als 32 Wochen vor.
Risiken – gegebenenfalls Vorsichtsmaßnahmen
Palivizumab und Nirsevimab sind kontraindiziert bei bekannter Überempfindlichkeit gegen den Wirkstoff oder weitere Bestandteile des Arzneimittels oder gegen andere humanisierte Antikörper.
Schwerwiegende Überempfindlichkeitsreaktionen, einschließlich Anaphylaxie, wurden mit monoklonalen Antikörpern beobachtet. Wenn Anzeichen und Symptome einer klinisch signifikanten Überempfindlichkeitsreaktion oder Anaphylaxie auftreten, ist die Anwendung sofort abzubrechen und eine geeignete Therapie mit Arzneimitteln und/oder unterstützende Therapie einzuleiten.
Häufige Nebenwirkungen von Palivizumab und Nirsevimab sind Fieber und Reaktionen an der Injektionsstelle.
Die Arzneimittel sind bei Patienten mit Thrombozytopenie oder anderen Gerinnungsstörungen mit Vorsicht anzuwenden.
Unter der Bedingung, dass für das Arzneimittel Beyfortus® mit dem Wirkstoff Nirsevimab entsprechend der Empfehlung des CHMP (EMEA/H/C/005304/II/0005) vom 17. Juli 2023 (www.ema.europa.eu/en/documents/agenda/agenda-chmp-meeting-17-20-july-2023_en.pdf) das Anwendungsgebiet erweitert wird um „treatment of children up to 24 months of age who remain vulnerable to severe Respiratory Syncytial Virus (RSV) disease through their second RSV season“, wird in Anlage IV der Therapiehinweis „Respiratorisches-Synzytial-Virus-Antikörper (zum Beispiel Palivizumab – Synagis®, Nirsevimab – Beyfortus®)“ wie folgt geändert:
- 1.
-
Der Abschnitt „Indikation“ wird nach den Angaben „Das Arzneimittel Beyfortus® mit dem Wirkstoff Nirsevimab ist zugelassen“ wie folgt geändert:
- a)
-
Nach dem Wort „RSV-Saison“ wird folgender Punkt ergänzt:
- „–
-
Kinder bis zu einem Alter von 24 Monaten, die in ihrer zweiten RSV-Saison anfällig für eine schwerwiegende RSV-Erkrankung bleiben“
- b)
-
In der Quellenangabe wird die Angabe „Stand Juni 2023“ ersetzt durch die Angabe „Stand [einfügen: Stand der geltenden Version der amtlichen Fachinformation von Beyfortus®]“.
- 2.
-
Der Abschnitt „Empfehlungen zur wirtschaftlichen Verordnungsweise“ wird wie folgt geändert:
- a)
-
Nach der Angabe „Kindern mit hohem Risiko für schwere Infektionsverläufe im Alter von ≤ 24 Lebensmonaten“ wird die Angabe „, im Fall von Nirsevimab ≤ 12 Lebensmonaten,“ gestrichen.
- b)
-
Nach dem Satz „Gemäß Fachinformation von Palivizumab ist der Nutzen für eine Behandlung in einem weiteren Behandlungszyklus während einer darauffolgenden Saison nicht belegt.“ wird der Satz „Nach der Fachinformation von Nirsevimab ist eine Anwendung nach Ende der ersten RSV-Saison nicht möglich.“ gestrichen.
Die Änderungen der Richtlinie treten am Tag nach der Veröffentlichung im Bundesanzeiger in Kraft.
Die Tragenden Gründe zu diesem Beschluss werden auf den Internetseiten des G-BA unter www.g-ba.de veröffentlicht.
Gemeinsamer Bundesausschuss
gemäß § 91 SGB V
Der Vorsitzende
Prof. Hecken
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