Bekanntmachung eines Feststellungsbescheides nach § 2 Absatz 5 in Verbindung mit § 48 Absatz 3 des Waffengesetzes (WaffG) zur waffenrechtlichen Beurteilung des digitalen Nachtsichtaufsatzgeräts Modell „Sytong HT-77 Maximtac-German-Edition“

Published On: Freitag, 06.05.2022By

Bundeskriminalamt

Bekanntmachung
eines Feststellungsbescheides
nach § 2 Absatz 5 in Verbindung mit § 48 Absatz 3 des Waffengesetzes (WaffG)
zur waffenrechtlichen Beurteilung
des digitalen Nachtsichtaufsatzgeräts Modell „Sytong HT-77 Maximtac-German-Edition“

Vom 21. April 2022

Auf Grund des § 2 Absatz 5 WaffG vom 11. Oktober 2002 (BGBl. I S. 3970, 4592; 2003 I S. 1957) erging am 14. März 2022 der folgende

Feststellungsbescheid

Gegenstand dieser Entscheidung ist die Beurteilung nach § 2 Absatz 5 WaffG des digitalen Nachtsichtaufsatzgeräts Modell „Sytong HT-77 Maximtac-German-Edition“.

Das gegenständliche digitale Nachtsichtaufsatzgerät Modell „Sytong HT-77 Maximtac-German-Edition“ ist dazu bestimmt, mittels entsprechender Adapter auf die Okulare optischer Geräte, wie z. B. Fotoapparaten, Videokameras und Ferngläsern bzw. Fernrohren (Primäroptiken), nachgeschaltet zu werden. In dieser Kombination können die Primäroptiken auch bei Dunkelheit eingesetzt und bestimmungsgemäß verwendet werden.

Das Gerät besitzt einen Laser-Entfernungsmesser, der nur in der Dunkelheit einsetzbar ist. Dabei wird kein andauerndes Laserlicht, das zum Markieren von Zielen geeignet wäre, erzeugt. Stattdessen erscheint bei der Messung ein sehr kurz erscheinender, vertikaler Lichtstrich im oberen Bereich des Objektivbildes. Dieser ist für ein Anvisieren nicht geeignet.

Abbildung: Sytong HT-77 Maximtac-German-Edition, Ansicht von links, mit Okular rechts im Bild

Abbildung: Sytong HT-77 Maximtac-German-Edition, Ansicht von links, mit Okular rechts im Bild

Vor dem Hintergrund des bestehenden Verbots von Nachtsichtvorsätzen und Nachtsichtaufsätzen für Zielhilfs­mittel mit Bildwandler oder elektronischer Verstärkung nach Anlage 2 zu § 2 Absatz 2 bis 4 Abschnitt 1 Nummer 1.2.4.2 WaffG möchte der Antragsteller dahingehend „Rechtssicherheit“ haben, ob im Zusammenhang mit dem Import, der Herstellung und des Vertriebs des oben genannten digitalen Nachtsichtaufsatzgeräts die gegenwärtigen Verbotsvorschriften des WaffG anwendbar wären.

Die Voraussetzungen für eine Antragstellung nach § 2 Absatz 5 WaffG sind damit erfüllt.

Prüfung eines Mustergerätes im Bundeskriminalamt (BKA):

Der Antragsteller legte ein Muster des zu beurteilenden Geräts „Sytong HT-77 Maximtac-German-Edition“ vor. Das Gerät wurde als eigenständiges Nachtsichtgerät als Handgerät getestet. Mit einem Klemmadapter zum Aufklemmen auf Okulare von Primäroptiken wie Ferngläsern und Zielfernrohren kann dieses Gerät ebenfalls benutzt werden. Im Nachtsichtaufsatzgerät sind keine Markierungen in Form eines Absehens zum Anvisieren eines Zielobjekts eingebaut. Ein entsprechender Eintrag zur Anschaltung eines Absehens im Bedienungsmenü ist nicht vorhanden

Grundsätzliches:

Digitale Nachtsichtaufsatzgeräte mit elektronischer Verstärkung können mittels entsprechender Adapter mit einer Vielzahl von Primäroptiken kombiniert und als Nachtsichtgeräte eingesetzt werden. Es handelt sich dabei um „Dual-Use“ Güter, denen nicht zwingend ein Verbot immanent ist.

Unter das Verbot nach Anlage 2 zu § 2 Absatz 2 bis 4 WaffG – Waffenliste − Abschnitt 1 − Verbotene Waffen − Nummer 1.2.4.2 fallen u. a. Nachtsichtvorsätze und Nachtsichtaufsätze für Zielhilfsmittel (z. B. Zielfernrohre), sofern die Gegenstände einen Bildwandler oder eine elektronische Verstärkung besitzen“.

Nach Auffassung des BKA muss ein digitalen Nachtsichtaufsatzgerät als Nachtsichtvorsatzgerät, um vom waffenrechtlichen Verbot umfasst zu sein, von der Zweckbestimmung und der praktischen Einsatzanwendung her, in Kombination mit einem für eine Schusswaffe bestimmten Zielhilfsmittel, i. d. R. einer Primäroptik (z. B. Zielfernrohr), stehen. Grundsätzlich ist dabei in folgenden Fallkonstellationen von einem waffenrechtlichen Verbot auszugehen:

a)
ein digitales Nachtsichtaufsatzgerät ist mittels Festmontage oder abnehmbarer Montage fest mit einer Schusswaffe verbunden und ist damit mit dem auf der Waffe aufgebrachten Zielhilfsmittel (z. B. Zielfernrohr) kombiniert.
b)
ein digitales Nachtsichtaufsatzgerät und ein für Schusswaffen bestimmtes Zielhilfsmittel sind mechanisch fest verbunden und stellen dadurch einen bestimmungsgemäßen Gebrauch des Zielhilfsmittels, der einem Nachtzielgerät gleichzustellen ist, dar.

Rechtliche Bewertung:

Die rechtliche Bewertung hat auch im Lichte der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts zum sogenannten „Jagd-Lampenset“, Aktenzeichen 6 C 21/​08, vom 24. Juni 2013, zu erfolgen. Die hierzu getroffenen Festlegungen des Gerichts sind nach hiesiger Auffassung analog auch auf das vorgelegte Gerät und in den beschriebenen Kombinationen als „Wärmebildvorsatz für Fotoapparat, Videokamera oder Fernrohr“ zu bewerten.

Im oben angegebenen Urteil kam das Gericht zum Ergebnis, dass es bei den sogenannten Jagd-Lampensets mit mehreren Verwendungsmöglichkeiten, von denen eine das Verbotsmerkmal „Verwendungsmöglichkeit an einer Schusswaffe“ erfüllt, nicht zwangsläufig zu einer Einstufung zum verbotenen Gegenstand führt. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn das Gerät für keinen speziellen Verwendungszweck oder ausdrücklich für eine andere Verwendung als für eine Verwendung an Schusswaffen angeboten wird.

Das Gericht kam weiter zu dem Ergebnis, dass ein sogenanntes Jagd-Lampenset oder eine Lampe ohne Kabelschalter, wenn diese an einer Schusswaffe montiert sind, dem Verbot nach Anlage 2 zu § 2 Absatz 3 WaffG − Waffenliste − Abschnitt 1 Nummer 1.2.4.1 unterliegen, unabhängig davon zu welchem Zweck sie angeboten oder gekauft wurden.

Das konkret vorgelegte Gerät in Verbindung mit den vom Antragsteller vorgegebenen Verwendungszwecken und der entsprechenden baulichen Ausstattung des Geräts (z. B. vorbereitet für eine Verwendung mit einem Okular als vergrößerndes Handgerät und mit einem universal Klemmadapter zum Aufklemmen auf Okulare von diversen Vergrößerungsoptiken wie Spektiven) wird seitens des BKA als nicht verboten nach Anlage 2 zu § 2 Absatz 3 WaffG − Waffenliste − Abschnitt 1 Nummer 1.2.4.2 beurteilt.

Wird ein solches Gerät von einem Benutzer auf einer Waffe oder einer Zielvorrichtung montiert und somit im Sinne der als verboten bewerteten Fallkonstellationen a und b verwandt, ist von einem Verbot nach Anlage 2 zu § 2 Absatz 3 WaffG − Waffenliste − Abschnitt 1 Nummer 1.2.4.2 auszugehen.

Verwendung des Nachtsichtvorsatzgeräts für jagdliche Zwecke:

Gemäß § 40 Absatz 3 Waffengesetz dürfen Inhaber eines gültigen Jagdscheins im Sinne von § 15 Absatz 2 Satz 1 des Bundesjagdgesetzes abweichend von § 2 Absatz 3 für jagdliche Zwecke Umgang mit Nachtsichtvorsätzen und Nachtsichtaufsätzen nach Anlage 2 Abschnitt 1 Nummer 1.2.4.2 haben. Jagdrechtliche Verbote oder Beschränkungen der Nutzung von Nachtsichtvorsatzgeräten bleiben unberührt. Diese Umgangserlaubnis gilt entsprechend auch für Inhaber einer gültigen Erlaubnis nach § 21 Absatz 1 und 2 WaffG.

Hinweise:

1.
Nach § 2 Absatz 5 Nummer 2 Satz 2 WaffG wurden die zuständigen Landesbehörden zu dem obigen Antrag angehört.
2.
Dieser Feststellungsbescheid bezieht sich auf das oben angeführte Mustergerät einschließlich dessen Serienfer­tigung und gilt nicht für Modifikationen, Nachbauten etc. Die in Serienfertigung hergestellten Geräte sind entsprechend zu Kennzeichnen.

Rechtsbehelfsbelehrung:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe Widerspruch erhoben werden. Der Widerspruch ist beim Bundeskriminalamt, 65173 Wiesbaden, schriftlich oder zur Niederschrift einzulegen.

Wiesbaden, den 21. April 2022

SO 13 – 5164.01-Z-535

Bundeskriminalamt

Im Auftrag
Zellmer

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