Bundeskriminalamt
Bekanntmachung
eines Feststellungsbescheides
nach § 2 Absatz 5 in Verbindung mit § 48 Absatz 3 des Waffengesetzes (WaffG)
zur waffenrechtlichen Beurteilung des Abwehrsprays
„SINIST Protect – G II“
Auf Grund des § 2 Absatz 5 WaffG vom 11. Oktober 2002 (BGBl. I S. 3970, 4592; 2003 I S. 1957) erging am 18. Februar 2021 der folgende
Feststellungsbescheid
Gegenstand dieser Entscheidung ist die Einstufung nach § 2 Absatz 5 WaffG des von der Antragstellerin vorgelegten
Abwehrsprays „SINIST Protect – G II“.
Abbildung 1: Abwehrspray „SINIST Protect – G II“
Beschreibung:
Das Abwehrspray „SINIST Protect – G II“ besteht aus einer Spraydose mittels der zu Verteidigungszwecken, d. h. zur Abwehr von Angriffen durch Menschen, und zur eigenen Kontamination ein Wirkstoff versprüht werden soll.
Mit dem Antrag wurden eine Unbedenklichkeitsbescheinigung des zertifizierten Prüflabors CoSiChem AG vom 15. August 2019 und ein Sicherheitsdatenblatt gemäß Verordnung (EG) Nr. 1907/2006 (REACH) vom 9. Januar 2019 eingereicht.
Weiterhin wurde erklärt, dass die Physikalisch Technische Bundesanstalt die Prüfung des Abwehrsprays abgelehnt habe, weil dieser keinen Reizstoff enthalten würde.
Die Spraydose trägt zum Nachweis der gesundheitlichen Unbedenklichkeit, der Reichweiten- und der Sprühdauerbegrenzung kein amtliches Prüfzeichen im Sinne des § 16 der Beschussverordnung (BeschussV).
Zur Anwendung und Wirkung des Abwehrsprays führt die Bedienungsanleitung Folgendes aus: „…darf nur auf die Kleidung des Angreifers oder des Opfers (eigene Kontaminierung) aufgesprüht werden. Die Wirkung, welche durch das Benetzen der Kleidung erreicht wird, ist eine geruchsbasierende Wirkung die auf den Geruchsinn einwirkt und eine Unwilligkeit der weiteren Tatausführung hervorruft. Dieser hat jedoch keine gesundheitsschädlichen Wirkungen zur Folge. Die Reichweite des Sprays liegt unter 2 Meter.
In dem geruchbasierten Vergrämungsmittel ist zudem zur Täterkennzeichnung ein roter Farbstoff eingebunden, sowie eine Substanz die bei Kontakt zwischen Täter und Opfer die Rückstände von Kleidung, Haare, Hautschuppen, Blut oder Körperflüssigkeiten aufnimmt und speichert. Kontaminierte Täter oder Opfer, welche Kontakte mit Gegenständen haben, hinterlassen über diese Substanz Rückstände. Diese Rückstände dienen der Beweislast in einem späteren DNA Auswertungsverfahren. …[sic!]“
Chemisch-technische Prüfung:
Die chemisch-technische Prüfung und die damit einhergehende Bewertung des Abwehrspray „DNA SINIST Protect – G II –“ wurde durch das Kriminalistische Institut des Bundeskriminalamtes vorgenommen.
Bezogen auf den Wirkstoff wurde zunächst das eingereichte Sicherheitsdatenblatt und die Unbedenklichkeitsbescheinigung des zertifizierten Prüflabors überprüft. Beim Vergleich der im Sicherheitsdatenblatt enthaltenen Gefahrstoff-Kennzeichnung des gegenständlichen Wirkstoffs mit den Gefahrstoff-Kennzeichnungen von zwei anderen, zum Teil mit Prüfzeichen versehenden Reizstoffen (CN, CS und OC), wurde festgestellt, dass die Gesundheitsgefahren ähnlich sind.
Aufgrund der Gefahrstoff-Kennzeichnung (H-Sätze) enthält der Wirkstoff des Abwehrsprays „DNA SINIST Protect – G II –“ Gefahrstoffe mit reizender Wirkung.
Die reizende Wirkung ist nach Nummer 3.2 des Sicherheitsdatenblatts auf den darin enthaltenen Stoff Holzteer („Tar, wood“) zurückzuführen.
Laut der übermittelten Unterlagen enthält das antragsgegenständliche Produkt die folgenden, gesundheitsgefährlichen H-Sätze:
H315, H317 und H319
Die genannten H-Sätze bilden die folgenden Reaktionen ab:
- –
-
H315 verursacht Hautreizungen;
- –
-
H317 kann allergische Hautreaktionen verursachen;
- –
-
H319 verursacht schwere Augenreizungen
Allein anhand der sogenannten H-Sätze ist zu erkennen, dass das antragsgegenständlichen Abwehrspray „DNA SINIST Protect – G II –“ Inhaltsstoffe enthält, die bei einem Menschen körperliche Reaktionen in Form von Haut-und Augenreizungen hervorrufen können.
An der gefahrstoffrechtlichen Einstufung gemäß dem Sicherheitsdatenblatt ändert auch die vorgelegte Unbedenklichkeitserklärung des zertifizierten Prüflabor nichts.
Beurteilung:
Es ist zu prüfen und zu beurteilen, ob der Wirkstoff und das Sprühgerät des antragsgegenständlichen Abwehrsprays „DNA SINIST Protect – G II –“ vom WaffG erfasst werden und wie diese nach Maßgabe der Begriffsbestimmungen in Anlage 1 Abschnitt 1 und 3 und der Anlage 2 einzustufen sind.
- 1.
-
§ 1 Absatz 2 Nummer 1 WaffG:Nach § 1 Absatz 2 Nummer 1 WaffG sind Waffen Schusswaffen oder ihnen gleichgestellte Gegenstände.
- 2.
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§ 1 Absatz 2 Nummer 2 Buchstabe a WaffG:Nach § 1 Absatz 2 Nummer 2 Buchstabe a WaffG sind Waffen tragbare Gegenstände, die ihrem Wesen nach dazu bestimmt sind, die Angriffs- oder Abwehrfähigkeit von Menschen zu beseitigen oder herabzusetzen, insbesondere Hieb- und Stoßwaffen.
- 3.
-
§ 2 Absatz 3 WaffG:Der Umgang mit Waffen oder Munition, die in der Anlage 2 zu § 2 Absatz 2 bis 4 WaffG Abschnitt 1 genannt sind, ist verboten.
Ergebnis der waffenrechtlichen Prüfung:
- 1.
-
Der Wirkstoff des vorgelegten und oben beschriebenen Abwehrsprays „DNA SINIST Protect – G II –“ ist eine Waffe gemäß § 1 Absatz 2 Nummer 1 WaffG in Verbindung mit Anlage 1 zu § 1 Absatz 4 WaffG Abschnitt 1 Unterabschnitt 1 Nummer 5.
- 2.
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Das Sprühgerät des vorgelegten und oben beschriebenen Abwehrsprays „DNA SINIST Protect – G II –“ ist eine Waffe gemäß § 1 Absatz 2 Nummer 2 Buchstabe a WaffG in Verbindung mit Anlage 1 zu § 1 Absatz 4 WaffG Abschnitt 1 Unterabschnitt 2 Nummer 1.2.2.
- 3.
-
Das vorgelegte und oben beschriebene Abwehrspray „DNA SINIST Protect – G II –“ ist eine verbotene Waffe gemäß der Anlage 2 zu § 2 Absatz 2 bis 4 WaffG Abschnitt 1 Nummer 1.3.5.
Begründung:
- 1.
-
Das Abwehrspray „SINIST Protect – G II“ ist unter anderem zu Verteidigungszwecken, d. h. zur Abwehr von Angriffen durch Menschen bestimmt. Der Wirkstoff des Abwehrsprays ist ein Reizstoff, der bei bestimmungsgemäßer Anwendung auf den Menschen eine belästigende Wirkung durch Haut- und Schleimhautreizung, insbesondere durch einen Augenreiz ausübt und resorptiv nicht giftig wirkt. Die Reizstoffeigenschaft des Wirkstoffes ergibt sich aus den gesundheitsgefährlichen Inhaltstoffen mit den spezifischen Gefahrstoff-Kennzeichnungen H315, H317 und H319. Nach Bewertung des Bundeskriminalamtes handelt es sich bei dem im antragsgegenständlichen Abwehrspray „SINIST Protect – G II“ enthaltenen Reizstoff um eine Waffe gemäß § 1 Absatz 2 Nummer 1 WaffG in Verbindung mit Anlage 1 zu § 1 Absatz 4 WaffG Abschnitt 1 Unterabschnitt 1 Nummer 5.
- 2.
-
Das Sprühgerät des antragsgegenständlichen Abwehrsprays „SINIST Protect – G II“ ist ein tragbarer Gegenstand, der den darin enthaltenen Reizstoff bis zu einer Reichweite von 2 m versprüht. Es handelt sich demnach um ein Reizstoffsprühgerät und um eine Waffe gemäß § 1 Absatz 2 Nummer 2 Buchstabe a WaffG in Verbindung mit Anlage 1 zu § 1 Absatz 4 WaffG Abschnitt 1 Unterabschnitt 2 Nummer 1.2.2.
- 3.
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Waffen sind verboten, sofern es sich um Gegenstände mit Reiz- oder anderen Wirkstoffen handelt, es sei denn, dass die Stoffe als gesundheitlich unbedenklich amtlich zugelassen sind und die Gegenstände in der Reichweite und Sprühdauer begrenzt sind und zum Nachweis der gesundheitlichen Unbedenklichkeit, der Reichweiten- und der Sprühdauerbegrenzung ein amtliches Prüfzeichen tragen. Der Reizstoff und das Reizstoffsprühgerät des antragsgegenständlichen Abwehrsprays „DNA SINIST Protect – G II –“ sind jeweils Waffen im Sinne des WaffG (siehe oben). Der Reizstoff und das Reizstoffsprühgerät wurden bisher von der zuständigen Stelle keinem amtlichen Prüfverfahren unterzogen. Insoweit liegt auch kein Nachweis vor, dass der beim Abwehrspray „DNA SINIST Protect – G II –“ verwendete Reizstoff sowie das verwendete Reizstoffsprühgerät jeweils den Anforderungen gemäß § 15 BeschussV in Verbindung mit Anlage IV BeschussV entsprechen. Ein amtliches Prüfzeichen wurde für das Abwehrspray „DNA SINIST Protect – G II –“ nicht erteilt. Das Abwehrspray „DNA SINIST Protect – G II –“ unterliegt folglich den waffenrechtlichen Verboten der Anlage 2 (zu § 2 Absatz 2 bis 4) Waffenliste Abschnitt 1 – Verbotene Waffen. Jeglicher Umgang mit dem Abwehrspray „DNA SINIST Protect – G II –“ ist, mit Ausnahme der Unbrauchbarmachung, verboten.
Hinweise:
- 1.
-
Nach § 2 Absatz 5 Nummer 2 Satz 2 WaffG wurden die zuständigen Bundes- und Landesbehörden zu dem obigen Antrag angehört.
- 2.
-
Dieser Feststellungsbescheid bezieht sich ausschließlich auf das oben genannte Abwehrspray, das dementsprechend gekennzeichnet ist.
- 3.
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Durch diesen Bescheid bleibt die eventuell Notwendigkeit waffenrechtlicher oder sonstiger Erlaubnisse unberührt.
Rechtsbehelfsbelehrung:
Gegen diesen Bescheid kann innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe Widerspruch erhoben werden. Der Widerspruch ist beim Bundeskriminalamt, 65173 Wiesbaden, schriftlich oder zur Niederschrift einzulegen.
Wiesbaden, den 10. März 2022
SO 13–5164.01-Z-516
Bundeskriminalamt
Im Auftrag
Mittelstädt
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