Bundeskriminalamt
Bekanntmachung
eines Feststellungsbescheides
nach § 2 Absatz 5 in Verbindung mit § 48 Absatz 3 des Waffengesetzes (WaffG)
zur waffenrechtlichen Beurteilung
des Wärmebildvorsatzgeräts Steiner, Modell „Nighthunter C35“
Auf Grund des § 2 Absatz 5 WaffG vom 11. Oktober 2002 (BGBl. I S. 3970, 4592; 2003 I S. 1957) erging am 28. Januar 2022 der folgende
Feststellungsbescheid
Gegenstand dieser Entscheidung ist die Beurteilung nach § 2 Absatz 5 WaffG des Nachtsichtvorsatzgeräts Steiner, Modell „Nighthunter C35“.
Das gegenständliche Wärmebildvorsatzgerät Leica, Modell „Nighthunter C35“ ist dazu bestimmt, mittels entsprechender Adapter vor die Objektive optischer Geräte, wie z. B. Fotoapparaten, Videokameras und Ferngläsern bzw. Fernrohren (Primäroptiken), vorgeschaltet zu werden. In dieser Kombination können die Primäroptiken auch bei Dunkelheit eingesetzt und bestimmungsgemäß verwendet werden.
Abbildung: Nighthunter C35, Ansicht von oben, mit angeschraubtem Klemmadapter rechts im Bild
Vor dem Hintergrund des bestehenden Verbots von Nachtsichtvorsätzen und Nachtsichtaufsätzen für Zielhilfsmittel mit Bildwandler oder elektronischer Verstärkung nach Anlage 2 zu § 2 Absatz 2 bis 4 Abschnitt 1 Nummer 1.2.4.2 WaffG möchte der Antragsteller dahingehend „Rechtssicherheit“ haben, ob im Zusammenhang mit dem Import, der Herstellung und des Vertriebes des oben genannten Wärmebildvorsatzgeräts die gegenwärtigen Verbotsvorschriften des WaffG anwendbar wären.
Die Voraussetzung für eine Antragstellung nach § 2 Absatz 5 WaffG sind damit erfüllt.
Prüfung eines Mustergeräts im Bundeskriminalamt (BKA):
Der Antragsteller legte ein Muster des zu beurteilenden Geräts Steiner „Nighthunter C35“ vor. Das Gerät erfasst, im Gegensatz zu Nachtsichtgeräten auf dem Prinzip der Restlichtverstärkung, die von Wärmequellen ausgehende infrarote Wärmestrahlung, z. B. die Wärmeabstrahlung eines warmblütigen Tieres. Diese Wärmeabstrahlung wird als helles Objekt vor einem dunklen Hintergrund oder auch in einem anderen Farbmodus dargestellt. Da zur Bilddarstellung keine Photonen des sichtbaren Lichtspektrums benötigt werden, funktioniert dieses Gerät sowohl bei absoluter Dunkelheit als auch bei Tageslicht. Das Gerät wurde als eigenständiges Wärmebildgerät mit einem fest eingebauten Okular als Handgerät getestet. Mit einem anschraubbaren Klemmadapter zum Aufklemmen auf Objektive von Primäroptiken wie Ferngläsern und Zielfernrohren kann dieses Gerät ebenfalls benutzt werden. Im Wärmebildvorsatzgerät waren keine Markierungen, z. B. Zielmarkierungen wie ein „Absehen“ oder ein sonstiges Fadenkreuz, zum Anvisieren eines Zielobjekts eingebaut oder angezeigt
Grundsätzliches:
Wärmebildvorsatzgeräte mit elektronischer Verstärkung können mittels entsprechender Adapter mit einer Vielzahl von Primäroptiken kombiniert und als Nachtsichtgeräte eingesetzt werden. Es handelt sich dabei um „Dual-Use“ Güter, denen nicht zwingend ein Verbot immanent ist.
Unter das Verbot nach Anlage 2 zu § 2 Absatz 2 bis 4 WaffG – Waffenliste − 2 − Abschnitt 1 − Verbotene Waffen − Nummer 1.2.4.2 fallen u. a. Nachtsichtvorsätze und Nachtsichtaufsätze für Zielhilfsmittel (z. B. Zielfernrohre), sofern die Gegenstände einen Bildwandler oder eine elektronische Verstärkung besitzen“.
Nach Auffassung des BKA muss ein Wärmebildvorsatzgerät als Nachtsichtvorsatzgerät, um vom waffenrechtlichen Verbot umfasst zu sein, von der Zweckbestimmung und der praktischen Einsatzanwendung her, in Kombination mit einem für eine Schusswaffe bestimmten Zielhilfsmittel, in der Regel einer Primäroptik (z. B. Zielfernrohr), stehen. Grundsätzlich ist dabei in folgenden Fallkonstellationen von einem waffenrechtlichen Verbot auszugehen:
- a)
-
ein Wärmebildvorsatzgerät als Nachtsichtvorsatzgerät ist mittels Festmontage oder abnehmbarer Montage fest mit einer Schusswaffe verbunden und ist damit mit dem auf der Waffe aufgebrachten Zielhilfsmittel (z. B. Zielfernrohr) kombiniert.
- b)
-
ein Wärmebildvorsatzgerät als Nachtsichtvorsatzgerät und ein für Schusswaffen bestimmtes Zielhilfsmittel sind mechanisch fest verbunden und stellen dadurch einen bestimmungsgemäßen Gebrauch des Zielhilfsmittels, der einem Nachtzielgerät gleichzustellen ist, dar.
Rechtliche Bewertung:
Die rechtliche Bewertung hat auch im Lichte der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts zum sogenannten „Jagd-Lampenset“, Aktenzeichen 6 C 21/08, vom 24. Juni 2013, zu erfolgen. Die hierzu getroffenen Festlegungen des Gerichts sind nach hiesiger Auffassung analog auch auf das vorgelegte Gerät und in den beschriebenen Kombinationen als „Wärmebildvorsatz für Fotoapparat, Videokamera oder Fernrohr“ zu bewerten.
Im oben angeführten Urteil kam das Gericht zum Ergebnis, dass es bei den sogenannten Jagd-Lampensets mit mehreren Verwendungsmöglichkeiten, von denen eine das Verbotsmerkmal „Verwendungsmöglichkeit an einer Schusswaffe“ erfüllt, nicht zwangsläufig zu einer Einstufung zum verbotenen Gegenstand führt. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn das Gerät für keinen speziellen Verwendungszweck oder ausdrücklich für eine andere Verwendung als für eine Verwendung an Schusswaffen angeboten wird.
Das Gericht kam weiter zu dem Ergebnis, dass ein sogenanntes Jagd-Lampenset oder eine Lampe ohne Kabelschalter, wenn diese an einer Schusswaffe montiert sind, dem Verbot nach Anlage 2 zu § 2 Absatz 3 WaffG − Waffenliste − Abschnitt 1 Nummer 1.2.4.1 unterliegen, unabhängig davon zu welchem Zweck sie angeboten oder gekauft wurden.
Das vorgelegte Gerät Steiner, Modell „Nighthunter C35“, in Verbindung mit den vom Antragsteller vorgegebenen Verwendungszwecken und der entsprechenden baulichen Ausstattung des Geräts (z. B. vorbereitet für eine Verwendung mit einer Videokamera, mit einer Spiegelreflex-Kamera und mit einem universal Klemmadapter zum Aufklemmen auf Objektiven von diversen Vergrößerungsoptiken wie Spektiven) wird seitens des BKA als nicht verboten nach Anlage 2 zu § 2 Absatz 3 WaffG − Waffenliste − Abschnitt 1 Nummer 1.2.4.2 beurteilt.
Wird ein solches Gerät von einem Benutzer auf einer Waffe oder einer Zielvorrichtung montiert und somit im Sinne der als verboten bewerteten Fallkonstellationen der Buchstaben a und b verwandt, ist von einem Verbot nach Anlage 2 zu § 2 Absatz 3 WaffG − Waffenliste − Abschnitt 1 Nummer 1.2.4.2 auszugehen.
Verwendung des Nachtsichtvorsatzgeräts für jagdliche Zwecke:
Gemäß § 40 Absatz 3 WaffG dürfen Inhaber eines gültigen Jagdscheins im Sinne von § 15 Absatz 2 Satz 1 des Bundesjagdgesetzes abweichend von § 2 Absatz 3 für jagdliche Zwecke Umgang mit Nachtsichtvorsätzen und Nachtsichtaufsätzen nach Anlage 2 Abschnitt 1 Nummer 1.2.4.2 haben. Jagdrechtliche Verbote oder Beschränkungen der Nutzung von Nachtsichtvorsatzgeräten bleiben unberührt. Diese Umgangserlaubnis gilt entsprechend auch für Inhaber einer gültigen Erlaubnis nach § 21 Absatz 1 und 2 WaffG.
Hinweise:
- 1.
-
Nach § 2 Absatz 5 Nummer 2 Satz 2 WaffG wurden die zuständigen Landesbehörden zu dem obigen Antrag angehört.
- 2.
-
Dieser Feststellungsbescheid bezieht sich auf das oben angeführte Mustergerät einschließlich dessen Serienfertigung und gilt nicht für Modifikationen, Nachbauten etc. Die in Serienfertigung hergestellten Geräte sind entsprechend zu Kennzeichnen.
Rechtsbehelfsbelehrung:
Gegen diesen Bescheid kann innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe Widerspruch erhoben werden. Der Widerspruch ist beim Bundeskriminalamt, 65173 Wiesbaden, schriftlich oder zur Niederschrift einzulegen.
Wiesbaden, den 16. März 2022
SO 13 – 5164.01-Z-532
Bundeskriminalamt
Im Auftrag
Zellmer
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