Bekanntmachung eines Feststellungsbescheides nach § 2 Absatz 5 in Verbindung mit § 48 Absatz 3 des Waffengesetzes (WaffG) zur waffenrechtlichen Beurteilung des „SFG-1“

Published On: Donnerstag, 10.11.2022By

Bundeskriminalamt

Bekanntmachung
eines Feststellungsbescheides
nach § 2 Absatz 5 in Verbindung mit § 48 Absatz 3 des Waffengesetzes (WaffG)
zur waffenrechtlichen Beurteilung des „SFG-1“

Vom 17. Oktober 2022

Auf Grund des § 2 Absatz 5 WaffG vom 11. Oktober 2002 (BGBl. I S. 3970, 4592; 2003 I S. 1957), das zuletzt durch Artikel 228 der Verordnung vom 19. Juni 2020 (BGBl. I S. 1328) geändert worden ist, erging am 7. September 2022 der folgende

Feststellungsbescheid

Gegenstand dieser Entscheidung nach § 2 Absatz 5 WaffG ist die Beurteilung des hier vorgelegten „SFG-1“ des Herstellers SELF PROTECTION COACH UG.

Beschreibung:

Der zu beurteilende Gegenstand ist aus Aluminium gefertigt und soll gemäß den Herstellerangaben als Alltagshelfer (Schlüsselanhänger und Flaschenöffner) dienen, werbeträgerfähig sein und den Sicherheitsnutzen im Fall eines Notfalls haben, um auch eine Glasscheibe zerbrechen zu können.

Abbildung 1: „SFG-1“ in der Gesamtschau

Abbildung 1: „SFG-1“ in der Gesamtschau

Der Hersteller hat sich seinen Angaben zufolge auf Sicherheitsartikel spezialisiert und möchte bei einem eigenen Werbeprodukt wie einem Schlüsselanhänger und Flaschenöffner noch einen Sicherheitsnutzen haben.

Die Produktbezeichnung „SFG-1“ steht für „Schlüsselanhänger/​Flaschenöffner/​Glasbrecher“. Die Kanten des Antragsgegenstands sind abgerundet, er ist mit einer Bohrung für einen Schlüssel-Ring versehen und weist die folgenden technischen Daten auf:

Gesamtlänge:
65 mm
Breite:
43 – 50 mm
Durchmesser der Öffnung:
28 mm
Starke:
8 mm

Zu den waffenrechtlichen Zweifeln sind dem Antrag die nachstehenden Ausführungen zu entnehmen:

„[…] da von Seiten des Großhändlers und zukünftiger Vertreiber des Produkts Zweifel bestehen, ob dieses Produkt als Schlagring, oder Hieb- und Stoßwaffe einzustufen wäre und damit von Seiten des Großhändlers ein Verkauf nicht in Frage kommen würde. […] Meiner Einschätzung kann trotz der Möglichkeit einen Finger durch die Öffnung zu stecken und damit der Griff ähnlich wie bei einem Schlagring zustande kommt, keine Definition einer Waffe im Sinne des WaffG (§1 Absatz 2 Nummer 2) zugeordnet werden. Auch als Hieb- und Stoßwaffe ist dieses Produkt nicht geeignet. Hier fehlen weitere drei Öffnungen, um alle vier Finger durchzustecken und die Auflage im Handballenbereich, um annähernd an die Kraftübertragung eines Schlagrings zu kommen, oder es als Hieb und Stoßwaffe nutzen zu können.“

Die Abbildungen 2 bis 4 veranschaulichen die Trageweise des „SFG-1“ als Schlagring.

Abbildung 2: „SFG-1“ in der geöffneten Faust

Abbildung 2: „SFG-1“ in der geöffneten Faust

Abbildung 3: „SFG-1“ in der geschlossenen Faust

Abbildung 3: „SFG-1“ in der geschlossenen Faust

Abbildung 4: „SFG-1“ in der geschlossenen Faust, seitliche Ansicht

Abbildung 4: „SFG-1“ in der geschlossenen Faust, seitliche Ansicht

Beurteilung:

Es ist zu prüfen und zu beurteilen, ob es sich bei dem vorgelegten Gegenstand um eine Waffe im Sinne der Definitionen des § 1 Absatz 2 Nummer 2 WaffG handelt. Zudem ist zu prüfen, ob der Gegenstand den waffenrechtlichen Verboten der Anlage 2 Abschnitt 1 unterliegt.

1.
§ 1 Absatz 2 Nummer 2 Buchstabe a WaffG
Nach § 1 Absatz 2 Nummer 2 Buchstabe a WaffG sind Waffen tragbare Gegenstände, die ihrem Wesen nach dazu bestimmt sind, die Angriffs- oder Abwehrfähigkeit von Menschen zu beseitigen oder herabzusetzen, insbesondere Hieb- und Stoßwaffen. Hieb- und Stoßwaffen sind Gegenstände, die ihrem Wesen nach dazu bestimmt sind, unter unmittelbarer Ausnutzung der Muskelkraft durch Hieb, Stoß, Stich, Schlag oder Wurf Verletzungen beizubringen.
2.
§ 1 Absatz 2 Nummer 2 Buchstabe b WaffG
Nach § 1 Absatz 2 Nummer 2 Buchstabe b WaffG sind Waffen tragbare Gegenstände, die, ohne dazu bestimmt zu sein, insbesondere wegen ihrer Beschaffenheit, Handhabung oder Wirkungsweise geeignet sind, die Angriffs- oder Abwehrfähigkeit von Menschen zu beseitigen oder herabzusetzen, und die im WaffG genannt sind.
3.
§ 2 Absatz 3 WaffG
Nach § 2 Absatz 3 WaffG ist der Umgang mit Waffen oder Munition, die in der Anlage 2 Abschnitt 1 zu diesem Gesetz genannt sind, verboten.

Ergebnis der waffenrechtlichen Prüfung:

1.
Bei dem vorgelegten und oben beschriebenen „SFG-1“ handelt es sich um eine Waffe gemäß § 1 Absatz 2 Nummer 2 Buchstabe a WaffG in Verbindung mit Anlage 1 zu § 1 Absatz 4 WaffG Abschnitt 1 Unterabschnitt 2 Nummer 1.1.
2.
Bei dem vorgelegten und oben beschriebenen „SFG-1” handelt es sich nicht um eine Waffe gemäß § 1 Absatz 2 Nummer 2 Buchstabe b WaffG in Verbindung mit Anlage 1 zu § 1 Absatz 4 WaffG Abschnitt 1 Unterabschnitt 2 Nummer 2.1 ff.
3.
Bei dem vorgelegten und oben beschriebenen „SFG-1” handelt es sich um eine verbotene Waffe gemäß der Anlage 2 zu § 2 Absatz 2 bis 4 WaffG Abschnitt 1 Nummer 1.3.2 − nämlich um einen Schlagring.

Begründung:

1.
Waffen im technischen Sinn (§ 1 Absatz 2 Nummer 2 Buchstabe a WaffG) zeichnet aus, dass sie ihrem Wesen nach dazu bestimmt sind, die Angriffs- oder Abwehrfähigkeit von Menschen zu beseitigen oder herabzusetzen. Dabei bemisst sich die Wesensbestimmung grundsätzlich zentral nach dem Herstellerzweck. Dass der Herstellerzweck des „SFG-1“ nicht darin besteht, die Angriffs- oder Abwehrfähigkeit von Menschen zu beseitigen oder herabzusetzen, hat der Hersteller in seinen Ausführungen gemäß des oben genannten Antrags vorgebracht. Der „SFG-1“ soll als Alltagshelfer (Schlüsselanhänger und Flaschenöffner) dienen, werbeträgerfähig sein und den Sicherheitsnutzen im Fall eines Notfalls haben, um auch eine Glasscheibe zerbrechen zu können. Dies muss im vorliegenden Fall jedoch hintenanstehen, da die Wesensbestimmung auch bauartbedingt zum Ausdruck kommt. Die objektiven Merkmale der Konstruktion einer Hieb- und Stoßwaffe, vielmehr der eines Schlagrings, drängen sich bei dem „SFG-1“ auf und überschatten die Zweckbestimmung des Herstellers.
Gemäß der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum Waffengesetz (WaffVwV) zu Anlage 2 Abschnitt 1 Nummer 1.3.2, handelt es sich bei Schlagringen in der Regel um aus Metall hergestellte und der Hand angepasste Nahkampfwaffen. Der in der Hand liegende Teil ist mit einem Durchgriff oder mehreren Öffnungen für die Finger versehen; an der Schlagseite (über den Fingern liegend) können mehr oder weniger ausgeprägte Spitzen vorhanden sein. Zur Erhöhung der Schlagkraft stützen sich Schlagringe an der Innenhand ab. Der „SFG-1“ besitzt eine Öffnung für einen Finger und auch eine Handabstützung. An der Außenseite des „Ringes“ ist eine leicht ausgeprägte Erhöhung vorhanden. Aus der WaffVwV ergibt sich nicht, ob ein Schlagring ausschließlich für die ganze Hand unter die Definition fällt, oder auch solche Gegenstände, die lediglich für einen Finger bestimmt sind. Daher erfüllt der „SFG-1“ alle Voraussetzungen, die für einen Schlagring definiert sind (siehe hierzu auch Feststellungsbescheid des Bundeskriminalamtes vom 10. September 2014, Aktenzeichen SO11-5164.01-Z-312).
2.
Waffen im nichttechnischen Sinne zeichnet aus, dass sie nicht dazu bestimmt sind, die Angriffs- oder Abwehrfähigkeit von Menschen zu beseitigen oder herabzusetzen aber insbesondere wegen ihrer Beschaffenheit, Handhabung oder Wirkungsweise hierzu geeignet sind. Um hierbei eine sozial unangemessene Ausweitung des Geltungsbereichs des WaffG auf bloße Alltagsgegenstände zu verhindern, sind die Waffen im nichttechnischen Sinne ausdrücklich und abschließend in Anlage 1 zu § 1 Absatz 4 WaffG Unterabschnitt 2 Nummer 2 aufgezählt. Der antragsgegenständliche „SFG-1“ lässt sich hierunter nicht subsummieren.
3.
Gemäß Anlage 2 zu § 2 Absatz 2 bis 4 WaffG Abschnitt 1 Nummer 1.3.2, zählen Schlagringe zu den verbotenen Waffen im Sinne des WaffG.

Hinweise:

1.
Nach § 2 Absatz 5 Nummer 2 Satz 2 WaffG wurden die zuständigen Bundes- und Landesbehörden zu dem obigen Antrag angehört.
2.
Dieser Feststellungsbescheid bezieht sich auf den oben beschriebenen „SFG-1“ und gilt nicht für dessen Modifikationen, Nachbauten etc.

Rechtsbehelfsbelehrung:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe Widerspruch erhoben werden. Der Widerspruch ist beim Bundeskriminalamt, 65173 Wiesbaden, schriftlich oder zur Niederschrift einzulegen.

Wiesbaden, den 17. Oktober 2022

SO 13–5164.01-Z-538

Bundeskriminalamt

Im Auftrag
Komárek

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