Bekanntmachung eines Feststellungsbescheides nach § 2 Absatz 5 in Verbindung mit § 48 Absatz 3 des Waffengesetzes zur waffenrechtlichen Beurteilung des „Böker Plus Pen“

Published On: Donnerstag, 25.07.2024By Tags:

Bundeskriminalamt

Bekanntmachung
eines Feststellungsbescheides
nach § 2 Absatz 5 in Verbindung mit § 48 Absatz 3 des Waffengesetzes
zur waffenrechtlichen Beurteilung
des „Böker Plus Pen“

Vom 1. Juli 2024

Auf Grund des § 2 Absatz 5 des Waffengesetzes (WaffG) vom 11. Oktober 2002 (BGBl. I S. 3970, 4592; 2003 I S. 1957) erging am 22. Mai 2024 der folgende

Feststellungsbescheid

Gegenstand dieser Entscheidung ist die Einstufung nach § 2 Absatz 5 WaffG des hier vorgestellten „Böker Plus Pen“

Abbildung 1: „Böker Plus Pen“ mit eingeschobener Klinge

Abbildung 1: „Böker Plus Pen“ mit eingeschobener Klinge

Abbildung 2: „Böker Plus Pen“ mit ausgefahrener Klinge

Abbildung 2: „Böker Plus Pen“ mit ausgefahrener Klinge

Beschreibung:

Bei dem antragsgegenständlichen „Böker Plus Pen“ handelt es sich um einen Kugelschreiber, bei dem an einem Ende durch Betätigung eines Schiebereglers eine Klinge federunterstützt aus dem Gehäuse/​Griff herausschnellt.

Der „Böker Plus Pen“ besitzt die folgenden Abmessungen:

Gesamtlänge mit eingeschobener Klinge: 14,8 cm
Gesamtlänge mit ausgefahrener Klinge: 18,6 cm
Klingenlänge: 3,8 cm
Klingenbreite: 0,7 cm
Gewicht nach Herstellerangaben: 37,00 g

Bei dem antragsgegenständlichen „Böker Plus Pen“ handelt es sich um einen Kugelschreiber, bei dem an einem Ende durch Drehen des unteren Teils des Gehäuses die Schreibmine herausgefahren wird. Am gegenüberliegenden Ende schnellt durch Betätigung eines Schiebereglers in Form des für Schreibstifte üblichen Clips die Klinge federunterstützt heraus. Die 3,8 cm lange Klinge besitzt einen geraden abgeflachten, nicht geschliffenen Rücken und läuft spitz zu. Die untere Klingenseite ist auf der gesamten Länge geschliffen.

Abbildung 3: „Böker Plus Pen“, Ansicht Klinge

Abbildung 3: „Böker Plus Pen“, Ansicht Klinge

Die „Klinge“ des „Böker Plus Pen“ befindet sich im eingefahrenen Zustand komplett in dem Gehäuse. Erst mit Betätigung des Schiebereglers schnellt die Klinge mittels Federunterstützung heraus. Die Klinge arretiert im ausgefahrenen Zustand selbständig. Durch Betätigung des Schiebers in die Gegenrichtung schnellt die Klinge wieder in das Gehäuse.

Abbildung 4: „Böker Plus Pen“, Ansicht Schieberegler

Abbildung 4: „Böker Plus Pen“, Ansicht Schieberegler

Abbildung 5: „Böker Plus Pen“, Ansicht Klingenöffnung im Gehäuse

Abbildung 5: „Böker Plus Pen“, Ansicht Klingenöffnung im Gehäuse

Sowohl das Ausfahren wie auch das Einfahren der Klinge erfolgen nur federunterstützt.

Die Ausgestaltung der Klinge, auch in der Art des Anschliffs, entspricht der Klinge eines Gebrauchsmessers oder Brieföffners.

Angaben zum Antrag:

Die Antragstellerin, die Firma Heinr. Böker Baumwerk GmbH Solingen, Schützenstraße 30, 42659 Solingen, beabsichtigt, den antragsgegenständlichen „Böker Plus Pen“

herzustellen,
zu importieren und
direkt oder über den Fachhandel zu vertreiben.

Die Zweckbestimmung des antragsgegenständlichen „Böker Plus Pen“ wird seitens der Antragstellerin mit der Funktion eines Brieföffners und sogenannten Cuttermessers angegeben.

Beurteilung:

Es ist zu prüfen und zu beurteilen, ob es sich bei dem vorgelegten Gegenstand um eine Waffe im Sinne der Definitionen des § 1 Absatz 2 Nummer 2 WaffG handelt. Zudem ist zu prüfen, ob der Gegenstand den waffenrechtlichen Verboten der Anlage 2 Abschnitt 1 unterliegt. Abschließend ist zu prüfen, ob es sich um einen Gegenstand im Sinne des § 42a Absatz 1 WaffG handelt.

1.
§ 1 Absatz 2 Nummer 2 Buchstabe a WaffG
Nach § 1 Absatz 2 Nummer 2 Buchstabe a WaffG sind Waffen tragbare Gegenstände, die ihrem Wesen nach dazu bestimmt sind, die Angriffs- oder Abwehrfähigkeit von Menschen zu beseitigen oder herabzusetzen, insbesondere Hieb- und Stoßwaffen. Hieb- und Stoßwaffen sind Gegenstände, die ihrem Wesen nach dazu bestimmt sind, unter unmittelbarer Ausnutzung der Muskelkraft durch Hieb, Stoß, Stich, Schlag oder Wurf Verletzungen beizubringen.
2.
§ 1 Absatz 2 Nummer 2 Buchstabe b WaffG
Nach § 1 Absatz 2 Nummer 2 Buchstabe b WaffG sind Waffen tragbare Gegenstände, die, ohne dazu bestimmt zu sein, insbesondere wegen ihrer Beschaffenheit, Handhabung oder Wirkungsweise geeignet sind, die Angriffs- oder Abwehrfähigkeit von Menschen zu beseitigen oder herabzusetzen, und die im Waffengesetz genannt sind.
3.
§ 2 Absatz 3 WaffG
Nach § 2 Absatz 3 WaffG ist der Umgang mit Waffen oder Munition, die in der Anlage 2 Abschnitt 1 zu diesem Gesetz genannt sind, verboten.
4.
§ 42a Absatz 1 WaffG
Nach § 42a Absatz 1 WaffG ist es verboten, Anscheinswaffen, Hieb- und Stoßwaffen nach Anlage 1 Abschnitt 1 Unterabschnitt 2 Nummer 1.1 oder Messer mit einhändig feststellbarer Klinge (Einhandmesser) oder feststehende Messer mit einer Klingenlänge über 12 cm zu führen.

Ergebnis der waffenrechtlichen Prüfung:

1.
Bei dem vorgelegten und oben beschriebenen „Böker Plus Pen“ handelt es sich nicht um eine Waffe gemäß § 1 Absatz 2 Nummer 2 Buchstabe a WaffG in Verbindung mit Anlage 1 zu § 1 Absatz 4 WaffG Abschnitt 1 Unterabschnitt 2 Nummer 1.1.
2.
Bei dem vorgelegten und oben beschriebenen „Böker Plus Pen“ handelt es sich um eine Waffe gemäß § 1 Absatz 2 Nummer 2 Buchstabe b WaffG in Verbindung mit Anlage 1 zu § 1 Absatz 4 WaffG Abschnitt 1 Unterabschnitt 2 Nummer 2.1.1.
3.
Bei dem vorgelegten und oben beschriebenen „Böker Plus Pen“ handelt es sich um eine verbotene Waffe gemäß Anlage 2 zu § 2 Absätze 2 bis 4 WaffG Abschnitt 1 Nummer 1.4.1.
4.
Bei dem vorgelegten und oben beschriebenen „Böker Plus Pen“ handelt es sich um einen Gegenstand im Sinne des § 42a Absatz 1 Nummer 3 WaffG.

Begründung:

1.
Die Waffeneigenschaft im Sinne des § 1 Absatz 2 Nummer 2 Buchstabe a WaffG in Verbindung mit Anlage 1 zu § 1 Absatz 4 WaffG Abschnitt 1 Unterabschnitt 2 Nummer 1.1 ist, insbesondere auf Grund der objektiven Kriterien der Gesamtkonstruktion und der Herstellerangaben als Brieföffner und Cuttermesser zur Wesensbestimmung, zu verneinen. Abgrenzungsmerkmale, wie beispielsweise die Klingengestaltung, verdeutlichen zweifelsfrei, dass das antragsgegenständliche „Böker Plus Pen“ seinem Wesen nach nicht dazu bestimmt ist, die Angriffs- oder Abwehrfähigkeit von Menschen zu beseitigen oder herabzusetzen. In der Gesamtschau erscheint die angegebene Zweckbestimmung überzeugend, sie lässt nicht auf eine Verwendung typischerweise als Waffe schließen.
2.
Waffen im nichttechnischen Sinne zeichnet aus, dass sie nicht dazu bestimmt sind, die Angriffs- oder Abwehrfähigkeit von Menschen zu beseitigen oder herabzusetzen aber insbesondere wegen ihrer Beschaffenheit, Handhabung oder Wirkungsweise hierzu geeignet sind. Um hierbei eine sozial unangemessene Ausweitung des Geltungsbereichs des Waffengesetzes auf bloße Alltagsgegenstände zu verhindern, sind die Waffen im nichttechnischen Sinne ausdrücklich und abschließend in Anlage 1 zu § 1 Absatz 4 WaffG Unterabschnitt 2 Nummer 2 aufgezählt. Das antragsgegenständliche „Böker Plus Pen“ ist aufgrund seiner Funktionsweise mit der durch Federkraft herausschnellenden Klinge unter die Definition der Anlage 1 (zu § 1 Absatz 4 WaffG) Abschnitt 1 Unterabschnitt 2 Nummer 2.1.1 (Springmesser) zu subsumieren. Der antragsgegenständliche „Böker Plus Pen“ kann nicht unter den Feststellungsbescheid vom 19. Dezember 2006, Az. KT21/​SO11-5164.01-Z-76, subsumiert werden. In dem genannten Feststellungsbescheid wurde festgestellt, dass Springmesser mit einer Klingenlänge von bis zu 41 mm und einer Klingenbreite von bis zu 10 mm und einer Gesamtlänge von ca. 7 bis 10 cm keine Waffen im Sinne des § 1 Absatz 2 Nummer 2b WaffG sind. Auch wenn bei dem vorliegenden „Böker Plus Pen“ die Klingenmaße aus dem genannten Feststellungsbescheid eingehalten werden, ist diese Regelung nicht anzuwenden. In dem genannten Feststellungsbescheid wurden Messer mit einer relativ geringen Gesamtlänge eingestuft, die aufgrund ihrer Baugröße nicht oder nur schlecht geeignet waren, als Waffe eingesetzt zu werden. Der antragsgegenständliche „Böker Plus Pen“ ist aufgrund seiner Baugröße und der Ausgestaltung des Gehäuses sehr gut handzuhaben, eben nicht nur als Griff eines Gebrauchsmessers, sondern eben auch als Waffe. Daher kommt das BKA in diesem Punkt zu einer anderen Rechtsauffassung als die im genannten Feststellungsbescheid vertretene.
3.
Da es sich bei dem vorliegenden und oben beschriebenen „Böker Plus Pen“ um eine Waffe im Sinne des § 1 Absatz 2 Nummer 2b WaffG in Verbindung mit Anlage 1 (zu § 1 Absatz 4 WaffG) Abschnitt 1 Unterabschnitt 2 Nummer 2.1.1 handelt und die Messerklinge mittels Federkraft nach vorne austritt, handelt es sich um eine verbotene Waffe gemäß Anlage 2 (zu § 2 Absatz 2 bis 4 WaffG) Abschnitt 1 Nummer 1.4.1.
4.
Bei dem vorliegenden und oben beschriebenen „Böker Plus Pen“ schnellt die Klinge nach Betätigung des Schiebereglers selbständig heraus und arretiert. Diese Arretierung wird erst durch eine Zugbewegung des Schiebereglers gelöst. Somit handelt es sich um ein Messer mit einhändig feststellbarer Klinge im Sinne des § 42a Absatz 1 Nummer 3 WaffG.

Hinweise:

Nach § 2 Absatz 5 Nummer 2 Satz 2 WaffG wurden die zuständigen Bundes- und Landesbehörden zu dem obigen Antrag angehört.
Dieser Feststellungsbescheid bezieht sich ausschließlich auf den oben beschriebenen Gegenstand in der vorgelegten Variante.
Durch diesen Bescheid bleibt die evtl. Notwendigkeit waffenrechtlicher Erlaubnisse unberührt.

Rechtsbehelfsbelehrung:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe Widerspruch erhoben werden. Der Widerspruch ist beim Bundeskriminalamt, 65173 Wiesbaden, schriftlich oder zur Niederschrift einzulegen.

Wiesbaden, den 1. Juli 2024

SO 13–5164.01-Z-540

Bundeskriminalamt

Im Auftrag
Mittelstädt

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