I. Es wird gemäß § 3 Abs. 2 KapMuG folgender Musterverfahrensantrag bekannt gemacht:
A. Beklagte:
HGA Capital Grundbesitz und Anlage GmbH, vertreten durch den Geschäftsführer Jörg-Karsten Hagen, Altstädter Str. 6, 20095 Hamburg
B. Von dem Musterverfahren betroffener Anbieter sonstiger Vermögensanlagen:
HGA Mitteleuropa V GmbH & Co. KG, Gerhard-Hauptmann-Platz 50, 20095 Hamburg
C. Prozessgericht:
Landgericht Hamburg
D. Aktenzeichen Hauptverfahren:
326 O 113/16
E. Feststellungsziele des Musterverfahrensantrags:
1. Es wird festgestellt, dass der offizielle Fondsprospekt, mit dem Interessenten für den Beitritt zur Fondsgesellschaft HGA Mitteleuropa V GmbH & Co. KG (im Folgenden nur noch als Fonds, Fondsgesellschaft oder HGA Mitteleuropa V bezeichnet) geworben worden sind, erhebliche Fehler im Rechtssinne aufweist, weil er für den durchschnittlichen Beitrittsinteressenten wesentliche Informationen unrichtig, unvollständig und irreführend darstellt. Insbesondere wird festgestellt:
a) dass der Prospekt HGA Mitteleuropa V die im März 2006 prognostizierte Lage auf dem Budapester Büroimmobilienmarkt unvollständig, jedenfalls nach dem Empfängerhorizont für den durchschnittlichen Beitrittsinteressenten irreführend schildert, indem er über wesentliche Risiken nicht aufklärt, insbesondere über die Tatsache, dass während eines Zeitraums, in dem ein wesentlicher Teil der über die Fondsimmobilien abgeschlossenen Mietverträge ausläuft, aufgrund bestehender Bauvorhaben mit einem im Vergleich zu den Vorjahren sehr hohen Zugang an Büroflächen aus spekulativen Projektentwicklungen zu rechnen ist und daraus das erhöhte Risiko einer allgemein ansteigenden Leerstandsquote für Büroimmobilien in Budapest folgt;
b) dass der Prospekt HGA Mitteleuropa V die konkreten Vermietungsrisiken der im sogenannten „Infopark“ vermieteten Fondsimmobilien unvollständig, jedenfalls nach dem Empfängerhorizont irreführend schildert, insbesondere weil er nicht ausdrücklich auf die folgenden Tatsachen und die daraus folgenden Risiken in einem für den durchschnittlichen Beitrittsinteressenten verständlichen Gesamtzusammenhang hinweist:
aa) dass sich der Wettbewerb um Mieter am Standort Infopark innerhalb von 2 – 3 Jahren nach Fondsauflage im besonderen Maße verstärken wird bedingt durch die Tatsache, dass während dieses Zeitraums zum einen ein wesentlicher Teil der über die Fondsimmobilien abgeschlossenen Mietverträge im Infopark ausläuft und zum anderen in demselben Zeitraum die Verkäuferin der Fondsimmobilien, eine Tochter der IVG Immobilien AG, gleichartige Bürogebäude in unmittelbarer Nachbarschaft fertigstellen und zur Vermietung anbieten wird und
bb) deshalb das Risiko besteht, dass der Fonds HGA Mitteleuropa V in unmittelbarer Konkurrenz zur IVG Immobilien AG als Anbieter von benachbarten Büroflächen im Infopark stehen und um dieselben Mieter werben muss;
cc) dass die IVG Immobilien AG in dieser Situation erhebliche Wettbewerbsvorteile haben könnte, weil sie
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die moderneren, weil neueren Gebäude als die HGA Mitteleuropa V anbieten kann, die insbesondere den erheblichen Wettbewerbsvorteil des besseren Energieeffizienzstandards haben werden und |
(2) |
weil die IVG Immobilien AG den Infopark ursprünglich mit dem Telekom Konzern entwickelt hat, dessen Töchter Hauptmieter der Fondsimmobilien sind und die IVG Immobilien AG die daraus folgenden besonderen Kenntnisse/Kontakte für ihren Vorteil nutzen könnte; |
c) dass der Prospekt HGA Mitteleuropa V unvollständige Hinweise auf die abstrakte Gefahr von Interessenkonflikten enthält, weil er folgende kapitalmäßige und personelle Verflechtungen verschweigt:
aa) kapitalmäßige Verflechtungen aufgrund der Tatsache, dass die HSH Nordbank AG Muttergesellschaft der Fondsinitiatorin und späteren geschäftsführenden Kommanditistin, der HGA Capital Grundbesitz und Anlage GmbH, ist, gleichzeitig aber kapitalmäßig auch an der Verkäuferin der Fondsimmobilien und zukünftigen Wettbewerberin, der IVG Immobilien AG beteiligt war;
bb) personelle Verflechtungen aufgrund der Tatsache, dass das damalige Vorstandsmitglied der HSH Nordbank AG Herr Peter Rieck im Jahr 2006 gleichzeitig im Aufsichtsrat der IVG Immobilien AG saß;
d) dass der Prospekt HGA Mitteleuropa V eine unvollständige, jedenfalls nach dem Empfängerhorizont irreführende Darstellung der Weichkosten des Fonds enthält, da die Kosten für die von der HSH Nordbank AG ausgereichte Zwischenfinanzierung des Eigenkapitals in Höhe von 1.534.834,00 € nicht als Kosten der Investitionsphase in der Weichkostenübersicht auf Seite 53 des Prospekts dargestellt werden und der Prospektleser dem Prospekt somit nicht ohne Weiteres entnehmen kann, in welchem Umfang die von ihm eingezahlten Einlagemittel nicht in das Anlageobjekt fließen, sondern für Aufwendungen außerhalb der Anschaffungs- und Herstellungskosten verwendet werden.
2. Es wird festgestellt, dass die Angaben des Prospekts HGA Mitteleuropa V zur erwartbaren wirtschaftlichen Entwicklung des Fonds fehlerhaft sind, da die die Erwartungen rechtfertigenden Tatsachen (Marktumfeld, Mietausfallswagnis, Revitalisierungskosten, erzielbare Mieten) nicht sorgfältig ermittelt wurden und die darauf gestützte Prognose der künftigen Entwicklung deshalb insbesondere angesichts der hohen Weichkosten aus damaliger Sicht kaufmännisch nicht vertretbar war.
F. Lebenssachverhalt
Die Klägerseite nimmt die Beklagte als Rechtsnachfolgerin der HGA Management Investor und Anlagen GmbH, die Gründungskommanditistin und geschäftsführende Kommanditistin der HGA Mitteleuropa V GmbH & Co. KG war, auf Schadensersatz wegen Verwendung eines fehlerhaften Prospekts in Anspruch. Sie stützt ihre Ansprüche auf Prospekthaftung im weiteren Sinne gemäß §§ 280 Abs. 1 i.V.m. §§ 311 Abs. 1, 241 Abs. 2 BGB.
Konzern(groß-)mutter der Rechtsvorgängerin der Beklagten sowie der Beklagten selbst ist die HSH Nordbank AG. Die Fondsgesellschaft hält als Fondsvermögen zwei denkmalgeschützte Bürogebäude in Budapest sowie drei weitere, neue Bürogebäude im sog. Infopark Budapest. Diese Gebäude im Infopark hat die Fondsgesellschaft von der IVG Immobilien AG erworben, die das Projekt Infopark gemeinsam mit einer Tochter der Deutsche Telekom AG entwickelt hatte. Zum Zeitpunkt des Erwerbs hielt die HSH Nordbank AG an der IVG Immobilien AG eine Beteiligung in Höhe von 5,1%. Ein Vorstandsmitglied der HSH Nordbank AG, Peter Rieck, saß seit 2004 ebenfalls im Aufsichtsrat der IVG Immobilien AG.
Die Klägerseite zeichnete am 29.5.2006 eine mittelbare Beteiligung an der „HGA Mitteleuropa V GmbH & Co. KG“ zum Nominalwert von 45.000,00 € zuzüglich eines Agios in Höhe von 5 % auf den Nominalbetrag. Die Annahmeerklärung der Beklagten erfolgte am 8.6.2006.
Grundlage für den klägerischen Beitritt war der in der Wiedergabe der Feststellungsziele benannte Emissionsprospekt, den die Klägerseite als fehlerhaft rügt.
G. Eingang des Musterverfahrensantrags bei dem Prozessgericht:
10. November 2016
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