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Belgien verurteilt

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Der Gerichtshof nimmt erstmals eine Auslegung und Anwendung von Art.260 Abs.3 AEUV vor, der es ermöglicht, einem Mitgliedstaat, der gegen seine Verpflichtung verstoßen hat, Maßnahmen zur Umsetzung einer Richtlinie der Union mitzuteilen, eine finanzielle Sanktion aufzuerlegen.

Der Gerichtshof verurteilt Belgien zur Zahlung eines Zwangsgelds mit einem Tagessatz von 5000 Euro, weil Belgien die Richtlinie über Hochgeschwindigkeitsnetze für die elektronische Kommunikation teilweise nicht umgesetzt und der Kommission somit auch keine entsprechenden Umsetzungsmaßnahmen mitgeteilt hat. Im Jahr 2014 erließen das Europäische Parlament und der Rat eine Richtlinie der Union, die den Ausbau von Hochgeschwindigkeitsnetzen für die elektronische Kommunikation erleichtern und entsprechende Anreize schaffen soll.

Mit der Richtlinie werden Mindestanforderungen für Bauwerke und physische Infrastrukturen festgelegt. Die Mitgliedstaaten mussten sie bis zum 1. Januar 2016 in ihr nationales Recht umsetzen. Am 15. September 2017 hat die Kommission beim Gerichtshof eine Vertragsverletzungsklage erhoben, weil sie der Ansicht ist, dass Belgien weder die Richtlinie vollständig umgesetzt noch die nationalen Umsetzungsmaßnahmen mitgeteilt habe.

Außerdem hat sie beantragt, Belgien ab der Verkündung des Urteils, mit dem die Verletzung der Pflicht zur Übermittlung der Maßnahmen zur Umsetzung der Richtlinie festgestellt wird, zur Zahlung eines Zwangsgelds zu verurteilen.

Der ursprünglich mit 54639 Euro angesetzte Tagessatz wurde wegen der Fortschritte, die Belgien seit der Klageerhebung bei der Umsetzung der Richtlinie gemacht hatte, auf 6071 Euro herabgesetzt.

Die Kommission hat dazu ausgeführt, dass nur noch auf der Ebene der Region Brüssel-Hauptstadt Mängel bestünden.

In seinem heutigen Urteil stellt der Gerichtshof zunächst fest, dass Belgien bei Ablauf der ihm gesetzten Frist weder die zur Umsetzung der Richtlinie erforderlichen Maßnahmen erlassen noch die Maßnahmen zu ihrer Umsetzung mitgeteilt hatte und daher gegen seine Verpflichtungen aus der Richtlinie verstoßen hat.

So dann weist der Gerichtshof in Bezug auf die Auferlegung eines Zwangsgelds darauf hin, dass Art. 260 Abs. 3 AEUV durch den Vertrag von Lissabon eingeführt wurde, um die Mitgliedstaaten stärker dazu anzuhalten, die Richtlinien innerhalb der vom Unionsgesetzgeber festgelegten Fristen umzusetzen und die Anwendung der Rechtsvorschriften der Union zu gewährleisten.

Insoweit ist zu klären, unter welchen Umständen davon ausgegangen werden kann, dass ein Mitgliedstaat im Sinne dieser Bestimmung gegen seine Verpflichtung verstoßen hat, Umsetzungsmaßnahmen mitzuteilen.

Der Gerichtshof weist in diesem Kontext auf seine Rechtsprechung hin, wonach die betreffende Mitteilung hinreichend klare und genaue Informationen über den Inhalt der nationalen www.curia.europa.eu Rechtsnormen enthalten muss, mit denen eine Richtlinie umgesetzt wird.

In dieser Mitteilung, der eine Konkordanztabelle beigefügt werden kann, müssen daher die Rechts-und Verwaltungsvorschriften, mittels deren der betreffende Mitgliedstaat seine verschiedenen Verpflichtungen aus der Richtlinie erfüllt zu haben glaubt, eindeutig angegeben werden.

Fehlen solche Informationen, kann die Kommission nämlich nicht prüfen, ob der Mitgliedstaat die Richtlinie tatsächlich und vollständig durchgeführt hat. Der Gerichtshof führt weiter aus, dass mit der Einführung des in Art. 260 Abs.3 AEUV vorgesehenen Mechanismus nicht nur das Ziel verfolgt wurde, die Mitgliedstaaten dazu anzuhalten, innerhalb kürzester Zeit eine Vertragsverletzung abzustellen, sondern auch das Ziel, das Verfahren zur Verhängung finanzieller Sanktionen bei Verletzungen der Pflicht, eine nationale Maßnahme zur Umsetzung einer gemäß einem Gesetzgebungsverfahren erlassenen Richtlinie mitzuteilen, zu vereinfachen und zu beschleunigen.

Vor der Einführung dieses Mechanismus wurde nämlich eine finanzielle Sanktion gegen Mitgliedstaaten, die einem früheren Urteil des Gerichtshofs nicht fristgerecht nachgekommen waren und ihre Umsetzungspflicht missachtet hatten, womöglich erst mehrere Jahre nach dem genannten Urteil verhängt.

Der Gerichtshof hebt ferner hervor, dass einer Auslegung von Art. 260 Abs. 3 AEUV zu folgen ist, die es ermöglicht, sowohl die Befugnisse zu gewährleisten, über die die Kommission verfügt, um die wirksame Anwendung des Unionsrechts sicherzustellen, als auch die Verteidigungsrechte und die Verfahrensstellung zu schützen, die den Mitgliedstaaten nach Art. 258 AEUV in Verbindung mit Art. 260 Abs. 2 AEUV zustehen.

Überdies muss der Gerichtshof in die Lage versetzt werden, seine Rechtsprechungs-funktion ausüben zu können, die darin besteht, im Rahmen nur eines Verfahrens zu beurteilen, ob der betreffende Mitgliedstaat seinen Mitteilungspflichten nachgekommen ist, und gegebenenfalls die Schwere der dabei festgestellten Pflichtverletzung zu bewerten und die ihm unter den Umständen des Einzelfalls am geeignetsten erscheinende finanzielle Sanktion zu verhängen.

Der Gerichtshof kommt daher zu dem Ergebnis, dass die „Verpflichtung …, Maßnahmen zur Umsetzung … mitzuteilen“, bedeutet, dass die Mitgliedstaaten verpflichtet sind, hinreichend klare und genaue Informationen über die Maßnahmen zur Umsetzung einer Richtlinie mitzuteilen.

Um den Erfordernissen der Rechtssicherheit zu genügen und zu gewährleisten, dass alle Bestimmungen der Richtlinie im gesamten Hoheitsgebiet umgesetzt werden, müssen die Mitgliedstaaten für jede Bestimmung der Richtlinie angeben, welche nationale Vorschrift oder nationalen Vorschriften ihre Umsetzung sicherstellen.

Sobald diese Mitteilung, gegebenenfalls unter Beifügung einer Konkordanztabelle, erfolgt ist, obliegt es der Kommission, im Hinblick auf einen Antrag, gegen den betreffenden Mitgliedstaat, die in der genannten Bestimmung vorgesehene finanzielle Sanktion zu verhängen, nachzuweisen, dass bestimmte Umsetzungsmaßnahmen offensichtlich unterblieben sind oder sich nicht auf das gesamte Hoheitsgebiet des betreffenden Mitgliedstaats erstrecken.

Dagegen ist es nicht Sache des Gerichtshofs, im Rahmen des in Anwendung von Art.260 Abs. 3 AEUV eingeleiteten gerichtlichen Verfahrens zu prüfen, ob die Richtlinie mit den der Kommission mitgeteilten nationalen Maßnahmen ordnungsgemäß umgesetzt wird. Im vorliegenden Fall ist diese Bestimmung anwendbar, da Belgien teilweise gegen seine Mitteilungspflicht verstoßen hat.

Die Vertragsverletzung hat nämlich zum Zeitpunkt der Prüfung des Sachverhalts durch den Gerichtshof teilweise fortbestanden, da Belgien nicht die Maßnahmen getroffen hatte, die erforderlich sind, um in der Region Brüssel-Hauptstadt mehrere Bestimmungen der Richtlinie in innerstaatliches Recht umzusetzen, und der Kommission somit auch keine solchen Umsetzungsmaßnahmen mitgeteilt hat.

Nach einer Beurteilung von Schwere und Dauer dieser Vertragsverletzung verurteilt der Gerichtshof Belgien deshalb, ab dem Tag der Verkündung seines Urteils bis zur Beendigung der Vertragsverletzung ein Zwangsgeld mit einem Tagessatz von 5000 Euro an die Kommission zu zahlen.

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