Die Nachwahlbefragungen zur jüngsten US-Präsidentschaftswahl liefern überraschende Erkenntnisse: Die demokratische Kandidatin Kamala Harris konnte bei Frauen nicht den erhofften Durchbruch erzielen, während der republikanische Wahlsieger Donald Trump bei nicht weißen Wählergruppen deutliche Zugewinne verbuchte. Doch vor allem ein Thema dürfte für das Wahlergebnis entscheidend gewesen sein.
„It’s the economy, stupid“: Wirtschaft als Schlüsselfaktor
Bereits in den 1990er Jahren setzte der Demokrat Bill Clinton mit dem Slogan „It’s the economy, stupid“ auf das Thema Wirtschaft. Über drei Jahrzehnte später zeigt sich, dass die wirtschaftliche Lage erneut wahlentscheidend war. Laut ersten Analysen führten Unmut über die hohe Inflation und die eigene finanzielle Situation viele Wählerinnen und Wähler in Trumps Lager.
Wie Berichte von AP, ABC News und CBS News nahelegen, spielte die wirtschaftliche Unzufriedenheit vor allem in den entscheidenden „Swing-States“ wie Pennsylvania, Michigan und Wisconsin eine zentrale Rolle. CNN zufolge bewerteten 2024 zwei Drittel der Befragten die Wirtschaftslage als schlecht – ein deutlicher Anstieg im Vergleich zu 2020, als es etwa die Hälfte war. Besonders bemerkenswert: Fast die Hälfte der Wähler gab an, heute schlechter dazustehen als vor vier Jahren. Trump konnte diese Gruppe mit großer Mehrheit für sich gewinnen.
Harris enttäuscht bei Frauen – und das Abtreibungsthema verpufft
Kamala Harris hatte gehofft, vor allem bei Frauen einen deutlichen Vorteil zu erzielen. Tatsächlich stimmten 10 Prozent mehr Frauen für sie als für Trump, doch das reichte nicht, um den Abstand zu 2020 zu vergrößern. Wie Analysen zeigen, mobilisierte auch das Abtreibungsthema, das Harris stark in den Fokus ihres Wahlkampfs gestellt hatte, weniger als erwartet. Laut CNN stimmte etwa die Hälfte der Befragten, die Abtreibung als legal befürworten, dennoch für Trump. Damit konnte Harris keine signifikante Verbesserung im Vergleich zu Joe Bidens Wahl vor vier Jahren erzielen.
Junge und urbane Wähler versus ländliche und ältere Bevölkerung
Die bekannten Trennlinien zwischen Stadt und Land, Jung und Alt, sowie Bildungsniveau setzten sich auch bei dieser Wahl fort. Junge Wähler und Menschen mit College-Abschluss stimmten mehrheitlich für Harris, während ältere und weniger gebildete Wähler sich überwiegend hinter Trump stellten. Besonders stark konnte Trump in ländlichen Gebieten punkten, während Großstädte weiterhin als demokratische Hochburgen blieben.
Trumps überraschende Erfolge bei nicht weißen Wählern
Eine der auffälligsten Entwicklungen dieser Wahl war Trumps Performance bei nicht weißen Wählergruppen. Laut NBC News gewann er etwa ein Drittel der Stimmen von nicht weißen Wählerinnen und Wählern – ein signifikanter Anstieg im Vergleich zu 2020. Besonders bemerkenswert war seine Unterstützung unter lateinamerikanischen Wählern in Swing-States wie Pennsylvania und Wisconsin sowie bei asiatischstämmigen Amerikanern.
Auch in Pennsylvania, einem Schlüsselstaat mit rund 500.000 puerto-ricanischen Einwohnern, konnte Trump trotz seiner umstrittenen und teilweise rassistischen Rhetorik viele Stimmen aus diesen Bevölkerungsgruppen gewinnen. In seiner Wahlnachtansprache hob Trump dies als „historische Neuausrichtung“ hervor. „Afroamerikaner, Latinos, asiatischstämmige Amerikaner, arabischstämmige Amerikaner – wir hatten alle dabei“, sagte er vor jubelnden Anhängern.
Unzufriedenheit mit dem Status quo als Trumps Trumpf
Nicht nur wirtschaftliche Sorgen, sondern auch eine generelle Unzufriedenheit mit dem politischen Status quo spielten eine entscheidende Rolle. Laut der New York Times suchten viele Wählerinnen und Wähler nach einer Möglichkeit, „eine gescheiterte politische Elite abzuwählen und die Institutionen des Landes zu reformieren“. Für viele erschien Harris nicht als die Kandidatin, die den dringend geforderten Wandel bringen würde.
Die BBC analysierte, dass Trumps „America First“-Politik weiterhin starke Zugkraft besitzt. Viele Wähler sprachen sich gegen die umfangreiche Unterstützung der Ukraine aus und forderten, diese Mittel stattdessen in die heimische Wirtschaft und Infrastruktur zu investieren. Für diese Wähler stand fest: Harris hätte lediglich ein „Weiter so“ signalisiert – doch sie wollten Veränderung.
Fazit: Ein Wahlkampf der Kontraste
Die US-Wahl 2024 war geprägt von klaren gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Bruchlinien. Während Harris auf Demokratiefragen und gesellschaftliche Themen wie das Abtreibungsrecht setzte, stellte Trump die wirtschaftliche Misere und den Wunsch nach politischem Wandel in den Mittelpunkt. Die wirtschaftliche Unzufriedenheit sowie überraschende Zugewinne bei nicht weißen Wählern sicherten ihm den Sieg. Harris hingegen blieb vor allem bei weiblichen und urbanen Wählergruppen hinter den Erwartungen zurück.
Der Wahlausgang zeigt: Die amerikanische Wählerschaft ist tief gespalten, doch in Krisenzeiten scheint der Ruf nach Veränderung besonders laut zu werden – und das, obwohl der Wahlsieger nicht selten selbst Teil des Problems ist.
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