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Beschlussfähigkeit einer geschäftsführenden Bundesregierung

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Zwei Monate nach der Bundestagswahl 2017 hat Bundespräsident Steinmeier der Regierung Merkels die Entlassungsurkunde überreicht. Damit sind die Minister aus ihrem Amt enthoben und von ihren Verpflichtungen entbunden. Das Kabinett hingegen bleibt bestehen und regiert geschäftsführend weiter. Doch was genau bedeutet dies und welche Beschlussfähigkeit und Handlungsfähigkeit hat ein solches geschäftsführend regierende Kabinett? Eigentlich endet die alte GroKo erst, wenn sich der neue Bundestag konstituiert. Doch auf diese Konstituierung muss man, in Anbetracht der laufenden Regierungsverhandlungen, wohl noch eine Weile warten. Nichtsdestotrotz ist die alte GroKo ihrer Pflichten, Verantwortungen und ihres Amtes am 24. Oktober enthoben worden. Jetzt regiert eine geschäftsführende Bundesregierung in Form des aktuellen Kabinetts; an der Spitze nach wie vor Alt-Bundeskanzlerin Angela Merkel.

Diese geschäftsführende Bundesregierung wird nun so lange im Amt bleiben, bis anders entschieden wird bzw. bis sich endlich eine neue Regierung gebildet und konstituiert hat. Eine Frist, bis wann sich die neue Bundesregierung zu bilden habe, gibt es nicht. Doch führungslos kann und darf ein Land nicht sein; deswegen schreibt die Verfassung für solche Fälle vor, wer die Amtsgeschäfte zu übernehmen hat. Hier gibt das Grundgesetz, Artikel 69, Absatz 2 genauer Auskunft: „Die Amtszeit einer Regierung und ihrer Kanzlerin endet mit dem Zusammentritt des neuen Bundestages. Sofern aber noch kein neuer Nachfolger für das Kanzleramt bestimmt ist, übernimmt der bestehende Bundeskanzler weiterhin die ihm aufgetragenen Aufgaben und Geschäfte.“ So auch im Falle einer geschäftsführenden Bundesregierung, in der das Kabinett mit Bundeskanzlerin Angela Merkel weisungsbefugt ist und somit Handlungsfähigkeit besitzt.

Die ersten Beschlüsse
Als der 19. Deutsche Bundestag das erste Mal zusammentraf, war es auch die geschäftsführende Bundesregierung unter Angela Merkel, die zur Weiterführung der Geschäfte aufrief und animierte. Die erste Amtshandlung dieses Zusammenkommens endete mit der Wahl des Bundestagspräsidenten und seinen Stellvertretern. Damit wird der stellvertretenden Bundesregierung Handlungskompetenz im Bereich der Personalbesetzung auf oberster Ebene zuteil. Die Wahl endete mit großer Mehrheit positiv für den ehemaligen Bundesfinanzminister Wolfang Schäuble. Als Stellvertreter wurden Friedrich (CSU), Oppermann (SPD), Kubicki (FDP), Paul (Die Linke) sowie Roth (Bündnis 90 / Die Grünen) gewählt.

Ebenfalls ist durch das GBG geregelt, dass die geschäftsführende stellvertretende Regierung mit den selben Befugnissen, Beschlüsse zu fassen, ausgestattet ist, wie eine reguläre Regierung. Damit einhergehend kann eine solche stellvertretende Regierung auch Gesetzesentwürfe erarbeiten und diese beschließen. Ebenfalls können Verwaltungsordnungen erlassen werden. Ihre Kompetenzen reichen sogar so weit, dass sie nach eigenem Belieben einen neuen Bundeshaushalt dem Bundestag vorlegen darf. Theoretisch besitzt eine solche Regierung genauso viel Macht und Handlungsfähigkeit wie eine konstituierte Regierung. Praktisch allerdings sieht es etwas anders aus, denn in der Regel wird von einer geschäftsführenden, stellvertretenden Regierung erwartet, dass sie keine „weitreichenden Entscheidungen“ trifft; das Einbringen eines neuen Haushaltplans vor den Bundestag würde aber zu solch weitreichenden Entscheidungen führen. Auch werden keine Entscheidungen dahingehend getroffen, die eine Bindung der nachfolgenden Regierung beinhalten würde. Auch hier wird auf finanzielle Entscheidungen angespielt. Betroffen sein können aber auch personelle Entscheidungen und hier hat sich die geschäftsführende Regierung mit der Wahl zum Bundespräsidenten und seinen Vertretern weit aus dem Fenster gelehnt. Auch faktisch ist die Handlungskompetenz einer solchen Regierung eingeschränkt, denn sie regiert ohne parlamentarische Mehrheit. Ist das eine neue Tür für mehr ehrliche Demokratie, die sich gerade zu öffnen beginnt? Es fehlt ihr auch die wichtige Mehrheit und Koalition im Bundestag, damit Gesetzesentwürfe verabschiedet werden könnten. Dennoch stellt die stellvertretende, geschäftsführende Regierung irgendwie einen experimentellen Vorläufer zum aktuell totgeschwiegenen Regierungskonzept einer Minderheitenregierung dar. Denn wenn Merkel und die CDU/CSU sich dazu entscheiden sollten, mit einer Minderheit zu regieren, so wird sie auf ähnliche Verhältnisse in Bundestag, Rat und Kabinett stoßen, denen sie sich auch jetzt aktuell gegenüber sieht.

Auch Verfassungsrechtler legen nahe, dass sich eine geschäftsführende Regierung, die nur für den Übergang gedacht ist, Zurückhaltung zu üben hat. Besonders gilt es zu vermeiden, durch Beschlüsse die nachfolgende Regierung zu binden und in ihrer Handlungskompetenz zu beschneiden.

Außer der personellen Besetzung und Änderung des Bundespräsidenten können keine weiteren Personen berufen, bzw. bestimmt werden. Dies schließt besonders die Neubesetzung der Ministerien mit einem Ministerpräsidenten aus. Interessant aber ist, dass durch Steinmeiers Rücktrittsaufforderung die einzelnen Ministerien ohne Präsident dastehen. Denn eigentlich sieht eine typische geschäftsführende Regierung auch vor, dass die Ministerpräsidenten im Amt bleiben; sofern diese nicht aus diversen Gründen auszufallen drohen. Merkel steht somit nicht nur ohne eine Mehrheit und Koalition im Bundestag dar, sondern auch ohne Ministerpräsidenten und Ressortchefs, die maßgebend für die Leitung ihrer Ministerien verantwortlich sind und zu einer stabilen, demokratischen und handlungsfähigen Regierung bedürfen.

Interessant in diesem Zusammenhang ist, dass der Bundeskanzler, also unsere Frau Merkel, aus „zwingenden Gründen der Unzumutbarkeit“ ablehnen könnte, dem Gesuch des Bundespräsidenten nachzukommen, die geschäftsführende Regierung zu führen. Sie besitzt somit ein Weigerungsrecht, das ausschließlich und alleine wiederum vom Bundestagspräsidenten angenommen und akzeptiert werden kann. Bei einer Ablehnung von Seiten Merkels ist der Bundestagspräsident weiter dazu verpflichtet, eine Nachfolge zu finden. In der Regel wird dabei auf den Vizekanzler zurückgegriffen. Angela Merkel hat sich aber der Herausforderung gestellt und bekommt schon mal jetzt einen kleinen Vorgeschmack, wie es sich in einer Minderheitenregierung regieren könnte.

Mit einer geschäftsführenden Regierung wird allerdings dem Bundeskanzler Macht entzogen. Denn die Vertrauensfrage darf nicht gestellt werden. Denn der Bundeskanzler amtiert nicht „kraft parlamentarischen Vertrauens des neuen Bundestages“. Somit wird dem Bundeskanzler die Kompetenz entzogen, den Bundestag auflösen zu können. Neben der nicht möglichen Vertrauensfrage gilt im gleichen Atemzug aber auch, dass das Parlament kein Misstrauensvotum einlegen kann. Das sind aber auch die einzigen Rechte, die dem Parlament genommen werden. Es behält alle „übrigen parlamentarischen Kontrollrechte“.

Ebenfalls wird dem geschäftsführenden Bundestag die Option eröffnet, den neuen Bundeskanzler zu wählen. Dazu ist der Bundespräsident verpflichtet, einen Wahlvorschlag binnen einer angemessenen Zeitspanne und Frist dem Parlament zu unterbreiten. Dies wird besonders dann interessant, wenn sich die Koalitionsverhandlungen zu sehr in die Länge ziehen. Wird so ein neuer Bundeskanzler gewählt, ist man einen weiteren Schritt der Minderheitenregierung näher gekommen. Denn damit wird das geschäftsführende Parlament zum regulären Parlament und gemeinsam mit dem neuen Bundeskanzler können die Ministerien besetzt werden.

Wird allerdings kein neuer Regierungschef gewählt, steuert Deutschland auf Neuwahlen und eine Auflösung des Parlaments zu.

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