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Besoffen mit dem E-Scooter

andibreit (CC0), Pixabay
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Der Angeklagte befuhr im Frühjahr 2022 nach Mitternacht die Niedenau in Frankfurt am Main. Seine Blutalkoholkonzentration lag bei mindestens 1,64 Promille. Er hatte sich nach einem vorausgegangenen Barbesuch, bei dem er Wodka-Soda und Bier getrunken hatte, spontan dazu entschlossen, für die Rückfahrt ins Europaviertel einen E-Scooter zu nutzen.

Das Amtsgericht hat ihn wegen fahrlässiger Trunkenheit im Verkehr zu einer Geldstrafe von 30 Tagessätzen zu je 20 € und einem Fahrverbot von sechs Monaten verurteilt. Die Fahrerlaubnis wurde dem Angeklagte nicht entzogen. Hiergegen wendet sich die Amtsanwaltschaft mit ihrer Sprungrevision. Das OLG hat das amtsgerichtliche Urteil daraufhin insoweit aufgehoben, soweit es die Entziehung der Fahrerlaubnis und die Bestimmung einer Sperrfrist für die Neuerteilung abgelehnt hat.

Die Fahrerlaubnis sei zwingend zu entziehen, wenn die gesetzlichen Voraussetzungen hierfür gegeben seien (§ 69 Abs. 1 S. 1 StGB), begründete das OLG die Entscheidung. Dies sei der Fall, „wenn sich aus der Tat ergibt, dass der Täter zum Führen von Kraftfahrzeugen ungeeignet ist“. Es bestehe weder Raum für ein Ermessen des Tatrichters noch finde eine Verhältnismäßigkeitsprüfung statt. Die Begehung einer Trunkenheitsfahrt – wie hier – begründe eine Regelvermutung für die Ungeeignetheit des Täters zum Führen von Kraftfahrzeugen.

Nur wenn sich die Tatumstände von denen eines Durchschnittsfalls deutlich abheben würden, könne in seltenen Ausnahmen von der Entziehung der Fahrerlaubnis abgewichen werden. Derartige Gründe habe das Amtsgericht hier zu Unrecht angenommen:

Der Umstand, dass der Angeklagte nicht Auto, sondern E-Scooter gefahren ist, sei unerheblich. Nach der Wertung des Verordnungsgebers seien auch Elektrokleinstfahrzeuge – wie E-Scooter – Fahrzeuge (§ 1 eKFV) und unterlägen damit den für sie geltenden allgemeinen Vorschriften.

Es überzeuge auch nicht der Hinweis des Amtsgerichts, dass die Benutzung eines E-Scooters durch einen betrunkenen Fahrer andere Menschen nicht in gleichem Maße gefährde wie die Trunkenheitsfahrt eines Kraftfahrzeugfahrers. „Der Sturz eines Fußgängers oder Radfahrers infolge eines Zusammenstoßes mit dem E-Scooter (könne) ganz erhebliche, unter Umständen sogar tödliche Verletzungen verursach (en)“, betonte das OLG und verwies zudem auf mögliche Ausweichmanöver stärker motorisierter Verkehrsteilnehmer durch alkoholbedingte Fahrfehler eines E-Scooter-Fahrers. Mit der Entziehung der Fahrerlaubnis solle nicht nur verhindert werden, dass der Täter weiterhin betrunken Kraftfahrzeuge fahre. Bezweckt werde vielmehr ganz allgemein der Schutz der Sicherheit des Straßenverkehrs.

Der Angeklagte habe hier durch seine gedankenlose Nutzung eines E-Scooters in erheblich alkoholisiertem Zustand die Katalogtat der fahrlässigen Trunkenheitsfahrt erfüllt und sich damit grundsätzlich als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen erwiesen. Das Amtsgericht habe nun die Sache neu zu verhandeln und zu entscheiden, da nicht ausgeschlossen werden könne, dass der neue Tatrichter Feststellungen treffe, die die Regelvermutung hier tragfähig widerlegen könnten.

Die Entscheidung ist nicht anfechtbar.

Oberlandesgericht Frankfurt am Main, Urteil vom 08.05.2023, Az. 1 Ss 276/22
(vorausgehend Amtsgericht Frankfurt, Urteil vom 06.10.2022, Az. 981 Ds 938 Js3 3612/22)

Die Entscheidung ist in Kürze unter

www.rv.hessenrecht.hessen.deÖffnet sich in einem neuen Fenster abrufbar.

Erläuterungen:

§ 316 StGB Trunkenheit im Verkehr

(1) Wer im Verkehr (§§ 315 bis 315e) ein Fahrzeug führt, obwohl er infolge des Genusses alkoholischer Getränke oder anderer berauschender Mittel nicht in der Lage ist, das Fahrzeug sicher zu führen, wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft, wenn die Tat nicht in § 315a oder § 315c mit Strafe bedroht ist.

(2) Nach Absatz 1 wird auch bestraft, wer die Tat fahrlässig begeht.

§ 69 StGB Entziehung der Fahrerlaubnis

(1) 1Wird jemand wegen einer rechtswidrigen Tat, die er bei oder im Zusammenhang mit dem Führen eines Kraftfahrzeuges oder unter Verletzung der Pflichten eines Kraftfahrzeugführers begangen hat, verurteilt oder nur deshalb nicht verurteilt, weil seine Schuldunfähigkeit erwiesen oder nicht auszuschließen ist, so entzieht ihm das Gericht die Fahrerlaubnis, wenn sich aus der Tat ergibt, daß er zum Führen von Kraftfahrzeugen ungeeignet ist. 2Einer weiteren Prüfung nach § 62 bedarf es nicht.

(2) Ist die rechtswidrige Tat in den Fällen des Absatzes 1 ein Vergehen

1…
2.der Trunkenheit im Verkehr (§ 316),
. …

so ist der Täter in der Regel als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen anzusehen.

(3) Die Fahrerlaubnis erlischt mit der Rechtskraft des Urteils. 2Ein von einer deutschen Behörde ausgestellter Führerschein wird im Urteil eingezogen.

§ 1 eKFV Anwendungsbereich

(1) Elektrokleinstfahrzeuge im Sinne dieser Verordnung sind Kraftfahrzeuge mit elektrischem Antrieb und einer bauartbedingten Höchstgeschwindigkeit von nicht weniger als 6 km/h und nicht mehr als 20 km/h, die folgende Merkmale aufweisen:

1.Fahrzeug ohne Sitz oder selbstbalancierendes Fahrzeug mit oder ohne Sitz,
2.eine Lenk- oder Haltestange von mindestens 500 mm für Kraftfahrzeuge mit Sitz und von mindestens 700 mm für Kraftfahrzeuge ohne Sitz,
3.eine Nenndauerleistung von nicht mehr als 500 Watt, oder von nicht mehr als 1400 Watt, wenn mindestens 60 Prozent der Leistung zur Selbstbalancierung verwendet werden. Die Nenndauerleistung ist nach dem Verfahren gemäß DIN EN 15194:2018-11[1] oder den Anforderungen der Regelung Nr. 85 der Wirtschaftskommission der Vereinten Nationen für Europa (UNECE) – Einheitliche Bedingungen für die Genehmigung von Verbrennungsmotoren oder elektrischen Antriebssystemen für den Antrieb von Kraftfahrzeugen der Klassen M und N hinsichtlich der Messung der Nutzleistung und der höchsten 30-Minuten-Leistung elektrischer Antriebssysteme (ABl. L 323 vom 7.11.2014, S. 52) zu bestimmen,
4.eine Gesamtbreite von nicht mehr als 700 mm, eine Gesamthöhe von nicht mehr als 1400 mm und eine Gesamtlänge von nicht mehr als 2000 mm und
5.eine maximale Fahrzeugmasse ohne Fahrer von nicht mehr als 55 kg.

(2) …

(3) Elektrokleinstfahrzeuge im Sinne der Absätze 1 und 2 dürfen nur nach Maßgabe der folgenden Vorschriften auf öffentlichen Straßen verwendet werden.

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