echtsanwalt Maurice Högel über neue Betrugsmaschen im Netz und wie sich Verbraucher schützen können
Interviewer: Herr Högel, früher waren es vor allem ältere Menschen, die auf Betrugsmaschen wie den Enkeltrick hereinfielen. Doch inzwischen geraten auch jüngere Menschen verstärkt ins Visier von Betrügern. Was hat sich verändert?
Maurice Högel: Die Methoden der Betrüger haben sich weiterentwickelt und sind heute viel raffinierter. Früher waren es klassische Telefonbetrügereien – heute nutzt man soziale Netzwerke, Dating-Plattformen und Kleinanzeigenportale. Besonders perfide ist das sogenannte „Lovescamming“, bei dem sich Betrüger als vermeintliche Traumpartner ausgeben, um emotionalen Druck aufzubauen und dann Geld zu ergaunern.
Interviewer: Wie genau funktioniert das „Lovescamming“?
Maurice Högel: Die Betrüger erstellen gefälschte Profile auf Dating-Apps oder Social-Media-Plattformen und bauen über Wochen oder Monate eine emotionale Bindung zum Opfer auf. Dann folgt die dramatische Wendung: Plötzlich gibt es einen Notfall – eine angebliche Krankheit, ein gesperrtes Konto oder eine geplante gemeinsame Zukunft, die wegen fehlendem Geld auf der Kippe steht. Das Opfer soll dann Geld überweisen, oft in hohen Summen.
Interviewer: Warum sind gerade jüngere Menschen anfällig für diese Masche?
Maurice Högel: Viele junge Menschen verbringen viel Zeit im Netz und sind es gewohnt, über digitale Kanäle Beziehungen aufzubauen. Sie rechnen nicht damit, dass sich hinter einem sympathischen Profil eine professionelle Betrügerbande verbirgt. Dazu kommt, dass sich Scham und emotionale Manipulation oft mit finanziellen Verlusten vermischen – viele Opfer trauen sich gar nicht, das Problem anzuzeigen.
Interviewer: Betrug gibt es aber nicht nur auf Dating-Plattformen, sondern auch auf Kleinanzeigenmärkten. Welche Gefahren lauern dort?
Maurice Högel: Gerade Plattformen wie eBay Kleinanzeigen oder Vinted sind ein Eldorado für Betrüger. Es gibt zwei Hauptmethoden:
- Fake-Verkäufer verlangen Vorkasse, liefern aber nie die Ware.
- Betrügerische Käufer täuschen Zahlungen vor, indem sie gefälschte Überweisungsbestätigungen senden oder Käufer auf unsichere Zahlungswege locken.
Besonders tückisch sind Phishing-Links, die Opfer auf gefälschte Zahlungsseiten führen und sensible Bankdaten oder Kreditkarteninformationen stehlen.
Interviewer: Welche Tipps geben Sie Verbrauchern, um sich vor solchen Betrugsmaschen zu schützen?
Maurice Högel: Es gibt einige einfache, aber sehr effektive Schutzmaßnahmen: Misstrauen bewahren – Wenn ein Angebot zu gut klingt, um wahr zu sein, ist es das meistens auch.
Keine Zahlungen an Unbekannte leisten – Besonders nicht über Western Union, Bitcoin oder Geschenkkarten, da diese nicht rückverfolgbar sind.
Bilder und Texte überprüfen – Eine Google-Bildersuche kann helfen, Fake-Profile zu entlarven.
Kommunikation auf sicheren Plattformen halten – Betrüger drängen oft auf WhatsApp oder Telegram, weil sie dort leichter unerkannt bleiben.
Bei Unsicherheiten die Polizei oder Verbraucherzentrale kontaktieren – Es gibt spezialisierte Beratungsstellen für Internetbetrug.
Interviewer: Viele Opfer schämen sich, wenn sie auf eine Betrugsmasche hereingefallen sind. Was raten Sie diesen Menschen?
Maurice Högel: Das Wichtigste ist: Keine falsche Scham! Betrüger sind hochprofessionell, ihre Taktiken sind genau darauf ausgelegt, Menschen in eine emotionale oder finanzielle Zwangslage zu bringen. Es kann jeden treffen – egal, ob jung oder alt. Wichtig ist, den Vorfall zu melden, um weitere Opfer zu verhindern.
Interviewer: Wird die Polizei den Betrügern wirklich habhaft?
Maurice Högel: Die Ermittlungen sind schwierig, da viele Täter aus dem Ausland operieren und digitale Identitäten leicht gefälscht werden. Doch jede Anzeige hilft, Muster zu erkennen und Plattformbetreiber unter Druck zu setzen, Sicherheitsmaßnahmen zu verbessern. Zudem können Banken in manchen Fällen Zahlungen zurückholen, wenn sie schnell genug informiert werden.
Interviewer: Abschließend – was ist Ihr wichtigster Rat an Verbraucher?
Maurice Högel: Seien Sie wachsam und vertrauen Sie auf Ihr Bauchgefühl. Wer online unverhältnismäßig schnell Vertrauen aufbaut oder Geld fordert, sollte sofort skeptisch werden. Lieber einmal zu viel hinterfragen als einmal zu wenig – denn in der digitalen Welt ist nicht jeder, der nett erscheint, auch ein ehrlicher Mensch.
Interviewer: Herr Högel, vielen Dank für das aufschlussreiche Gespräch!
Maurice Högel: Sehr gerne! Bleiben Sie sicher im Netz.
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