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Betrugsmasche an der Haustür: Vorsicht vor falschen Energie-Mitarbeitern Interview mit Rechtsanwalt Maurice Högel von der Kanzlei BEMK

geralt (CC0), Pixabay
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Die aktuelle Betrugsmasche an der Haustür sorgt für Verunsicherung: Falsche Energie-Mitarbeiter geben sich als offizielle Vertreter aus, um an persönliche Daten zu gelangen und ungewollte Stromverträge abzuschließen. Rechtsanwalt Maurice Högel von der Kanzlei BEMK erklärt im Interview, wie diese Masche funktioniert, welche rechtlichen Konsequenzen sie hat und wie Betroffene sich schützen können.

Frage: Herr Högel, wie läuft diese Betrugsmasche typischerweise ab?

Maurice Högel: Die Täter treten unangekündigt an der Haustür auf und geben sich als Mitarbeiter einer offiziellen Behörde oder eines Energieunternehmens aus. Sie erklären, dass es um die Überprüfung der Stromversorgung geht – etwa die Kontrolle von Zählerständen oder Eichfristen. Um Vertrauen zu schaffen, wirken sie sehr professionell: Sie sind höflich, treten seriös auf und tragen manchmal sogar Kleidung, die an lokale Netzbetreiber erinnert. Sobald sie Zugang zu den Stromzählern haben, notieren sie Gerätenummern und fragen nach persönlichen Daten wie Name, Adresse und Bankverbindung. Das Ganze wird dann mit einer Unterschrift „quittiert“, die später für einen ungewollten Vertragsabschluss genutzt wird.

Frage: Was passiert mit diesen Daten und warum sind sie für die Betrüger so wertvoll?

Högel: Die Daten werden verwendet, um im Namen der Betroffenen neue Stromverträge bei anderen Anbietern abzuschließen. Die Betrüger kassieren dafür Vermittlungsprovisionen, die je nach Vertragshöhe bis zu 200 Euro betragen können. Die Opfer erfahren von diesem Vertragswechsel oft erst Wochen später, wenn sie Post von ihrem alten Energieanbieter erhalten, der die Kündigung bestätigt, oder von einem neuen Anbieter, der sie begrüßt. Besonders perfide ist, dass die Opfer durch die Unterschrift häufig unwissentlich eine Vollmacht zum Vertragswechsel erteilt haben.

Frage: Sind solche Methoden rechtlich gesehen zulässig?

Högel: Nein, natürlich nicht. Es handelt sich hierbei um Betrug im Sinne des Strafgesetzbuches, da die Täter falsche Tatsachen vorspiegeln, um sich einen finanziellen Vorteil zu verschaffen. Außerdem ist die Erschleichung von Unterschriften auf Dokumenten, die für einen Vertragsabschluss genutzt werden, ebenfalls eine strafbare Handlung. Betroffene können gegen die Täter strafrechtlich vorgehen und außerdem zivilrechtliche Schritte einleiten, um aus den ungewollten Verträgen herauszukommen.

Frage: Welche Schritte sollten Betroffene unternehmen, wenn sie merken, dass sie Opfer dieser Masche geworden sind?

Högel: Zunächst sollten sie sich umgehend an die Polizei wenden und den Vorfall anzeigen. Es ist wichtig, möglichst viele Informationen zu den Tätern festzuhalten, falls noch Kontakt bestand – etwa Namen, Telefonnummern oder die Beschreibung der Personen. Danach sollten sie ihren bisherigen Energieversorger und den neuen Anbieter kontaktieren, um die Verträge zu prüfen und gegebenenfalls anzufechten. Auch die Verbraucherzentralen können hierbei unterstützen. In vielen Fällen ist es möglich, den ungewollten Vertrag wegen Täuschung oder mangelnder Zustimmung rückgängig zu machen.

Frage: Wie können sich Menschen gegen solche Betrugsmaschen schützen?

Högel: Der wichtigste Schutz ist Vorsicht und ein gesundes Misstrauen. Offizielle Mitarbeiter von Energieversorgern kündigen Besuche immer schriftlich und im Voraus an – unangemeldetes Erscheinen sollte sofort stutzig machen. Folgende Punkte kann ich empfehlen:

Tür nicht öffnen: Lassen Sie Unbekannte nicht in Ihr Haus oder Ihre Wohnung, wenn Sie sich nicht sicher sind, wer sie sind.
Keine Daten herausgeben: Geben Sie keine persönlichen Informationen, Zählernummern oder Zählerstände an Fremde weiter – weder an der Tür noch am Telefon.
Selbst prüfen: Fragen Sie direkt bei Ihrem Energieversorger nach, ob tatsächlich ein Mitarbeiter geschickt wurde.
Polizei einschalten: Sollten Sie den Verdacht haben, dass es sich um Betrüger handelt, informieren Sie umgehend die Polizei.

Frage: Betrüger setzen inzwischen auch auf Telefonkontakt. Wie kann man sich davor schützen?

Högel: Am Telefon gilt das gleiche Prinzip wie an der Haustür: Seriöse Energieversorger fragen niemals unangekündigt nach persönlichen Daten wie Zählernummern oder Bankverbindungen. Legen Sie bei solchen Anrufen am besten sofort auf und rufen Sie die offizielle Hotline Ihres Anbieters an, um zu klären, ob der Kontakt rechtmäßig war.

Frage: Sind solche Betrugsmaschen ein neues Phänomen?

Högel: Nein, solche Betrügereien gibt es schon länger, aber sie nehmen in Krisenzeiten oder bei Unsicherheiten in der Bevölkerung zu. Aktuell sind viele Menschen aufgrund steigender Energiepreise verunsichert, was Kriminelle gezielt ausnutzen. Die Schwelle, solche Daten zu erlangen, ist leider sehr niedrig, was diese Maschen für Betrüger besonders attraktiv macht.

Frage: Was raten Sie Betroffenen, die durch die Betrugsmasche in ungewollte Verträge geraten sind?

Högel: Betroffene sollten sich nicht scheuen, rechtliche Hilfe in Anspruch zu nehmen. Ein Anwalt kann prüfen, ob der Vertrag aufgrund der Täuschung angefochten werden kann. In den meisten Fällen ist es möglich, den Vertrag rückabzuwickeln und Schadenersatzansprüche geltend zu machen. Es ist auch sinnvoll, den Vorfall der Verbraucherzentrale zu melden, um andere vor ähnlichen Betrugsfällen zu warnen.

Frage: Möchten Sie abschließend noch etwas betonen?

Högel: Ja, es ist wichtig, wachsam zu bleiben und im Zweifelsfall lieber vorsichtig zu sein. Kriminelle nutzen die Gutgläubigkeit und Hilfsbereitschaft vieler Menschen aus, um ihre Ziele zu erreichen. Vertrauen Sie auf Ihr Bauchgefühl, und scheuen Sie sich nicht, skeptisch nachzufragen oder die Tür einfach wieder zu schließen. Seriöse Anbieter werden dies verstehen und sich vorher ankündigen.

Vielen Dank, Herr Högel, für die wertvollen Einblicke und Tipps.

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