BGH-Entscheidung II ZB 17/22 Hanseatische Immobilienfonds USA II GmbH & Co KG

Published On: Montag, 16.09.2024By

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS

II ZB 17/​22

vom

4. Juni 2024

in dem Rechtsstreit

Dr. Manfred Oberreuther, Erhard-Kästner-Straße 12, Wolfenbüttel,

Musterkläger und
Musterrechtsbeschwerdeführer,
– Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte Scheuch und Lindner –
gegen

HCI Real Estate Asset Management GmbH, Herdentorsteinweg 7, Bremen,

Musterbeklagte und
Musterrechtsbeschwerdegegnerin,
– Prozessbevollmächtigter: Rechtsanwalt Dr. Winter –

Beteiligte:
Susat GmbH, Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, Domstraße 15, Hamburg,

Nebenintervenientin auf Seiten der
Musterbeklagten,
– Prozessbevollmächtigte II. Instanz: Rechtsanwälte Luther,
Rothenbaumchaussee 20, Hamburg –

Beigetretene auf Seiten des Musterklägers:

1. Volker Weirauch, Lehmstek 3a , Bad Zwischenahn,

2. Peter Springer, Auf dem Maindamm 12, Ginsheim-Gustavsburg,

3. Brigitte Groß, Schülerstraße 30, Griesheim,

4. Dietrich Blumenthal, Schöneweibergasse 85, Griesheim,

5. Jutta Reinmold, Erzebergstraße 2, Bad Emstal,

6. Winfried Ulrich, Dernburgstraße 15 SF, Berlin,

– Prozessbevollmächtigte zu 1 bis 6: Rechtsanwälte Scheuch und Lindner –

Beigeladene:

1. Sigrid Reineke, Vor dem Slaventore 8, Lemgo,

2. Dieter Reineke, Vor dem Slaventore 8, Lemgo,

3. Norbert Funk, Prinz-Eugen-Straße 10, Griesheim,

4. Alexander Becker, Wilhelm-Leuschner-Straße 31, Griesheim,

5. Dr. Gerold Eilers, Heinrich-Reimers-Straße 6, Emden,

6. Dr. Jörg-Eberhard Neuser, Karl-Liebknecht-Straße 27, Griesheim,

7. Dr. Frank Wieners, Durlacher Straße 38, Berlin,

8. Ursel Heemsoth, Sperberweg 17, Petersfehn,

9. Dr. Gerold Hünermund, Auf der Heide 21, Isernhagen,

10. Regine Hünermund, Auf der Heide 21, Isernhagen,

11. Annegret Janßen, Seghorner Weg 2, Westerstede-Torsholt,

12. Michael Kalinowski, Hielscherstraße 5, Berlin,

13. Uwe Müller, Ruomser Straße 1, Geislingen

Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 4. Juni 2024 durch den Vorsitzenden Richter Born, die Richterin B. Grüneberg, den Richter Sander, den Richter Dr. von Selle und die Richterin Adams

beschlossen:

Die Rechtsbeschwerde des Musterrechtsbeschwerdeführers gegen den Musterentscheid des 1. Zivilsenats des Hanseatischen Oberlandesgerichts in Bremen vom 22. Juni 2022 wird zurückgewiesen.

Die Gerichtskosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens und die außergerichtlichen Kosten der Musterrechtsbeschwerdegegnerin sowie die durch die Nebenintervention im Rechtsbeschwerdeverfahren verursachten Kosten tragen der Musterrechtsbeschwerdeführer und die Beigetretenen wie folgt:

Musterrechtsbeschwerdeführer 11,15 %
Beigetretener zu 1 17,58 %
Beigetretener zu 2 7,21 %
Beigetretene zu 3 7,12 %
Beigetretener zu 4 23,61 %
Beigetretene zu 5 7,12 %
Beigetretener zu 6 26,21 %.

Ihre außergerichtlichen Kosten im Musterrechtsbeschwerdeverfahren tragen der Musterrechtsbeschwerdeführer und die Beigetretenen selbst.

Der Streitwert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird hinsichtlich der Gerichtskosten auf bis zu 290.000 € festgesetzt.

Gründe:

A.
1

Der Musterkläger, die Beigetretenen und die Beigeladenen nehmen die Musterbeklagte wegen ihrer in den Jahren 2006 und 2007 begründeten Beteiligungen als Direktkommanditisten oder als Treugeber an der „Hanseatische Immobilienfonds USA II GmbH & Co. KG“ (im Folgenden: Fondsgesellschaft) auf Schadensersatz in Anspruch.

2

Die Musterbeklagte (vormals firmierend als Hanseatische Immobilien Treuhand GmbH) war nach den Prospektangaben Gründungs- und Treuhandkommanditistin der Fondsgesellschaft. Alleinige Gesellschafterin der Musterbeklagten war die HCI Hanseatische Schiffstreuhand GmbH, deren alleinige Gesellschafterin die HCI Capital AG war.

3

Das Beteiligungskonzept des Fonds wurde entwickelt von der HCI Immobilien Consult GmbH, deren Gesellschafterin ebenfalls die HCI Hanseatische Schiffstreuhand GmbH war. Nach den Prospektangaben übernahmen die Fondsgesellschaft als Emittentin und die HCI Hanseatische Capitalberatungsgesellschaft für Immobilien mbH als Anbieterin, die auch mit dem Vertrieb der Anlage betraut war, die Verantwortung für den Inhalt des Prospekts. Persönlich haftende Gesellschafterin der Fondsgesellschaft war die Hanseatische Immobilienfonds USA II Verwaltungsgesellschaft mbH, deren alleinige Gesellschafterin die HPI Hanseatic Properties International GmbH und deren alleinige Gesellschafterin wiederum die HCI Capital AG war. Alleinige Gesellschafterin der HCI Hanseatische Capitalberatungsgesellschaft für Immobilien mbH war die HCI Hanseatische Capitalberatungsgesellschaft mbH, deren alleinige Gesellschafterin wiederum die HCI Capital AG war.

4

Das Landgericht Bremen hat dem Oberlandesgericht mit Beschluss vom 26. Oktober 2017 Feststellungsziele zur Herbeiführung eines Musterentscheids vorgelegt, mit denen die Feststellung verlangt wird, dass der am 29. Juli 2005 herausgegebene Prospekt der Fondsgesellschaft in mehreren Punkten unrichtig, unvollständig und irreführend sei (Feststellungsziele 1.1 bis 1.8), die Musterbeklagte im Hinblick auf die Beteiligungen an der Fondsgesellschaft gegenüber den Anlegern Haftungsschuldnerin aus Prospekthaftung im weiteren Sinne sei (Feststellungsziel 2) und schuldhaft nach den Grundsätzen der Prospekthaftung im weiteren Sinne gehandelt habe (Feststellungsziel 3).

5

Das Oberlandesgericht hat mit Musterentscheid vom 22. Juni 2022 den Musterfeststellungsantrag betreffend das Feststellungsziel 2 als unbegründet zurückgewiesen und festgestellt, dass die Musterfeststellungsanträge betreffend die Feststellungsziele 1.1 bis 1.8 und 3 gegenstandslos sind.

6

Gegen den Musterentscheid haben der Musterkläger und drei Beigeladene Rechtsbeschwerde eingelegt, mit der sie sämtliche Feststellungsziele weiterverfolgen. Drei weitere Beigeladene sind innerhalb der Frist des § 20 Abs. 3 Satz 1 KapMuG dem Rechtsbeschwerdeverfahren auf Seiten des Musterrechtsbeschwerdeführers beigetreten. Der Senat hat mit Beschluss vom 7. Dezember 2022 die Musterbeklagte zur Musterrechtsbeschwerdegegnerin bestimmt.

B.
7

Die zulässige Rechtsbeschwerde des Musterrechtsbeschwerdeführers hat keinen Erfolg. Über die Rechtsbeschwerden der drei Beigeladenen ist nicht gesondert zu befinden, da diese in einen Beitritt umzudeuten sind (vgl. BGH, Beschluss vom 17. Dezember 2020 – II ZB 31/​14, ZIP 2021, 346 Rn. 31, 42).

I.
8

Das Oberlandesgericht hat seinen Musterentscheid (OLG Bremen, NZG 2022, 1727) im Wesentlichen wie folgt begründet:

9

Der Musterverfahrensantrag sei zwar zulässig, auch wenn das Landgericht keine Feststellungen zu der zwischen den Parteien streitigen Frage getroffen habe, ob der Prospekt im Rahmen des Vertriebs der Beteiligung an den Musterkläger und die Kläger der ausgesetzten Verfahren tatsächlich verwendet wurde.

10

Das Feststellungsziel 2 sei aber unbegründet, weil eine Haftung der Musterbeklagten aus Prospekthaftung im weiteren Sinne wegen des Vorrangs der spezialgesetzlichen Prospekthaftung nach § 13 Abs. 1 VerkProspG i.V.m. § 44 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BörsG in der bis zum 31. Mai 2012 geltenden Fassung (im Folgenden jeweils: aF) ausgeschlossen sei. Der Anwendungsbereich der spezialgesetzlichen Prospekthaftung sei eröffnet. Die Musterrechtsbeschwerdegegnerin sei nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs Prospektveranlasserin im Sinne von § 44 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BörsG aF, da sie Gründungsgesellschafterin und Treuhandkommanditistin der Fondsgesellschaft sowie als Schwestergesellschaft mit der HCI Immobilien Consult GmbH als Konzeptentwicklerin, der HCI Hanseatische Capitalberatungsgesellschaft für Immobilien mbH als mit dem Vertrieb der Anlage betraute Anbieterin und der Hanseatische Immobilienfonds USA II Verwaltungsgesellschaft mbH als persönlich haftende Gesellschafterin der Fondsgesellschaft verflochten gewesen sei. Wegen ihrer gesellschaftsrechtlichen Einbindung und ihrer Funktion in der Umsetzung des Fondskonzepts als Treuhandkommanditistin, an der sie jedenfalls aufgrund ihrer Vergütungen nach dem Treuhandvertrag ein wirtschaftliches Eigeninteresse gehabt habe, sei sie als hinter dem Prospekt stehende Person anzusehen. Im Anwendungsbereich der spezialgesetzlichen Prospekthaftung sei nach der jüngeren Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs eine Haftung der Gründungsgesellschafter für etwaige Prospektfehler nach den Grundsätzen der Prospekthaftung im weiteren Sinn auf der Grundlage der Regelungen zur Haftung für Verschulden bei Vertragsschluss (§ 311 Abs. 2, § 241 Abs. 2, § 280 Abs. 1 BGB) grundsätzlich ausgeschlossen. Dass die Musterrechtsbeschwerdegegnerin nicht nur Gründungsgesellschafterin, sondern auch Treuhandkommanditistin der Fondsgesellschaft gewesen sei, ändere daran nichts.

11

Wegen der Unbegründetheit des Feststellungsziels 2 seien die Feststellungsziele 1.1 bis 1.8 und 3 für gegenstandslos zu erklären, da insoweit das Sachentscheidungsinteresse entfallen sei. Die Feststellungsziele 1 und 3 seien ausschließlich auf einzelne Voraussetzungen einer Haftung der Musterbeklagten aus Prospekthaftung im weiteren Sinne bezogen, die wegen des Vorrangs der spezialgesetzlichen Prospekthaftung aber von vorneherein ausgeschlossen sei. An einer weitergehenden Auslegung der Feststellungsziele dahingehend, dass sie auch auf Ansprüche auf anderweitiger Grundlage bezogen sein sollten, bestünde im Übrigen auch kein Interesse der Kläger der ausgesetzten Verfahren, da Ansprüche aus spezialgesetzlicher Prospekthaftung jedenfalls nach § 45 Abs. 1 BörsG aF verjährt seien und etwaige der Musterbeklagten zuzurechnende Pflichtverletzungen durch unzutreffende mündliche Zusicherungen im Rahmen des Vertriebs vom Anwendungsbereich des § 1 Abs. 1 Nr. 2 KapMuG nicht erfasst würden. Dasselbe gelte – unabhängig davon, dass die Feststellungsziele 1 und 3 nicht erkennbar auf eine solche Haftung bezogen seien und nach den obigen Ausführungen nicht anzunehmen sei, dass eine Haftung auf treuhandvertraglicher Grundlage von der Ausschlusswirkung der spezialgesetzlichen Prospekthaftung ausgenommen wäre – für eine vom Musterkläger geltend gemachte Haftung der Musterbeklagten aus besonderer treuhandvertraglicher Grundlage, die der Musterkläger auf eine unterbliebene Richtigstellung unrichtiger Prospektangaben stütze, da diese Haftung nicht selbst an eine falsche, irreführende oder unterlassene Kapitalmarktinformation als Mittel der schriftlichen Aufklärung und damit an eine in einem Musterverfahren verallgemeinerungsfähig zu klärende Frage anknüpfe.

II.
12

Diese Ausführungen halten im Ergebnis einer rechtlichen Überprüfung stand.

13

1. Die gemäß § 20 Abs. 1 Satz 1 und 2 KapMuG i.V.m. § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Abs. 2 Nr. 1 ZPO statthafte Rechtsbeschwerde ist zulässig. Sie ist rechtzeitig eingelegt und begründet worden (§ 20 Abs. 1 Satz 1 KapMuG i.V.m. § 575 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 ZPO) und formuliert einen ordnungsgemäßen Rechtsbeschwerdeantrag (§ 20 Abs. 1 Satz 1 KapMuG i.V.m. § 575 Abs. 3 Nr. 1 ZPO). Die Formulierung, den angefochtenen Beschluss aufzuheben und nach den „Schlussanträgen des Musterklägers im Kapitalanleger-Musterverfahren zu entscheiden“, lässt erkennen, welche Abänderung beantragt wird (vgl. BGH, Beschluss vom 19. Juli 2022 – XI ZB 32/​21, WM 2022, 1684 Rn. 12; Beschluss vom 27. Februar 2024 – II ZB 14/​22, juris Rn. 32 ff.; jeweils mwN).

14

2. Die Rechtsbeschwerde ist jedoch unbegründet.

15

a) Das Oberlandesgericht hat das auf Feststellung einer Haftung der Musterbeklagten aus sogenannter Prospekthaftung im weiteren Sinne gerichtete Feststellungsziel 2 im Ergebnis zu Recht als unbegründet zurückgewiesen.

16

aa) Das Feststellungsziel 2, dessen Auslegung durch das Oberlandesgericht der uneingeschränkten Nachprüfung durch das Rechtsbeschwerdegericht unterliegt (vgl. BGH, Beschluss vom 27. Februar 2024 – II ZB 14/​22, juris Rn. 36 mwN), ist darauf gerichtet, die Eigenschaft der Musterbeklagten als Haftungsschuldnerin, mithin ihre Passivlegitimation für Ansprüche von Anlegern aus sogenannter Prospekthaftung im weiteren Sinne wegen der Verletzung von vorvertraglichen Aufklärungspflichten als Gründungs- und Treuhandkommanditistin festzustellen. Entgegen der Annahme des Oberlandesgerichts ist es nicht auf eine Haftung der Musterbeklagten wegen gesellschaftsvertraglichen Aufklärungspflichten beschränkt, sondern umfasst auch Aufklärungspflichtverletzungen, die der Musterbeklagten aufgrund ihrer Stellung als Treuhandkommanditistin obliegen.

17

Durch das Feststellungsziel 2 soll die Haftung der Musterbeklagten „aus Prospekthaftung im weiteren Sinne“ festgestellt werden. Eine Beschränkung dieses Feststellungsbegehrens hinsichtlich der vertraglichen Grundlage der haftungsbegründenden Aufklärungspflichtverletzung ist dem nicht zu entnehmen. Das gilt auch für die Begründung des Vorlagebeschlusses. Danach machen die Kläger geltend, sie seien „auf Basis des Emissionsprospekts“ eingeworben worden und hätten ihre Beteiligung jeweils nur „im Vertrauen auf die Richtigkeit der Prospektabgaben“ gezeichnet. Eine Differenzierung zwischen der Verletzung von gesellschaftsrechtlichen und treuhandvertraglichen vorvertraglichen Aufklärungspflichten der Musterbeklagten oder gar eine Beschränkung der geltend gemachten Haftung auf Ansprüche auf gesellschaftsrechtlicher Grundlage ergibt sich daraus nicht. Damit umfasst das Feststellungsziel auch eine Haftung der Musterbeklagten aus Prospekthaftung im weiteren Sinne wegen Verletzung der ihr als Treuhänderin obliegenden vorvertraglichen Aufklärungspflichten einschließlich der Aufklärungspflichtverletzung durch Unterlassung einer gebotenen Richtigstellung unrichtiger Prospektangaben. Hierbei handelt es sich, anders als vom Oberlandesgericht angenommen, auch um ein nach § 1 Abs. 1 Nr. 2 Fall 2 KapMuG zulässiges Feststellungsziel.

18

Nicht umfasst von dem Feststellungsziel 2 ist dagegen, anders als die Rechtsbeschwerde meint, der Fall einer vorvertraglichen Aufklärungspflichtverletzung dadurch, dass der Prospekt den Klägern nicht oder nicht rechtzeitig übergeben wurde, da die Kläger die Haftung der Musterbeklagten laut Vorlagebeschluss damit begründen, dass sie auf die Richtigkeit der Prospektangaben vertraut hätten, was eine Kenntnisnahme der schriftlichen Prospektangaben voraussetzt. Einer anderen Auslegung des Feststellungsziels stünde zudem entgegen, dass es dann auf eine Aufklärungspflichtverletzung ohne Bezug zu einer öffentlichen Kapitalmarktinformation und damit auf kein nach § 1 Abs. 1 Nr. 2 KapMuG zulässiges Feststellungsziel gerichtet wäre und Feststellungsziele grundsätzlich so auszulegen sind, dass sie auf ein prozessual zulässiges Ergebnis gerichtet sind (vgl. BGH, Beschluss vom 30. April 2019 – XI ZB 13/​18, BGHZ 222, 15 Rn. 16 f.; Beschluss vom 19. Januar 2021 – XI ZB 35/​18, BGHZ 228, 237 Rn. 21; Beschluss vom 15. März 2022 – XI ZB 31/​20, WM 2022, 921 Rn. 16 f.; Beschluss vom 26. April 2022 – XI ZB 27/​20, WM 2022, 1169 Rn. 16; Beschluss vom 20. September 2022 – XI ZB 34/​19, NZG 2023, 799 Rn. 57). Gleiches gilt für den weiteren Fall einer Haftung wegen unterlassener Richtigstellung von mündlichen Angaben zu der Beteiligung, die ohne Bezug zu einem verwendeten Prospekt erfolgt sind. Auch dies ist – ebenso wie die Behauptung einer Haftung wegen mündlicher, über den Prospektinhalt hinausgehender oder davon abweichender Zusicherungen – kein zulässiger Gegenstand eines Feststellungsziels und damit als von dem Feststellungsziel 2 nicht mit umfasst anzusehen.

19

bb) Die Musterbeklagte unterliegt keinen gesellschaftsrechtlichen Aufklärungspflichten, deren Verletzung zu einer Haftung gemäß § 311 Abs. 2, § 241 Abs. 2, § 280 Abs. 1 BGB führen kann.

20

(1) Nach der neueren Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist eine gesellschaftsrechtliche Haftung der Gründungs- bzw. Altgesellschafter wegen Verletzung der vorvertraglichen Aufklärungspflicht gemäß § 311 Abs. 2, § 241 Abs. 2, § 280 Abs. 1 BGB (sogenannte Prospekthaftung im weiteren Sinne) durch Verwendung eines unrichtigen, unvollständigen oder irreführenden Prospekts als Mittel der schriftlichen Aufklärung entgegen der Annahme des Oberlandesgerichts im Anwendungsbereich der spezialgesetzlichen Prospekthaftung gemäß § 13 VerkProspG aF, §§ 44 ff. BörsG aF zwar nicht ausgeschlossen (BGH, Urteil vom 24. Oktober 2023 – II ZR 57/​21, BGHZ 238, 302 Rn. 9). Im Hinblick auf die Ausgestaltung der spezialgesetzlichen Prospekthaftung für Altgesellschafter durch die Regelungen des Verkaufsprospektgesetzes bestehen vorvertragliche Aufklärungspflichten nach § 311 Abs. 2, § 241 Abs. 2 BGB aber nur für solche Altgesellschafter, die entweder selbst den Vertrieb der Beteiligungen an Anleger übernehmen oder in sonstiger Weise für den von einem anderen übernommenen Vertrieb Verantwortung tragen (BGH, Beschluss vom 27. Juni 2023 – II ZR 57/​21, ZIP 2023, 1588, 1589; Beschluss vom 11. Juli 2023 – XI ZB 20/​21, WM 2023, 1692 Rn. 35, 41 ff.; Beschluss vom 11. Juli 2023 – XI ZR 60/​22, AG 2023, 585 Rn. 6 f.; Urteil vom 24. Oktober 2023 – II ZR 57/​21, BGHZ 238, 302 Rn. 11, 27; Beschluss vom 12. Dezember 2023 – II ZR 87/​23, juris Rn. 10, 12). Etwas anderes ergibt sich nicht daraus, dass der Gründungs- bzw. Altgesellschafter zugleich die Stellung eines Treuhandkommanditisten hat (vgl. BGH, Beschluss vom 20. September 2022 – XI ZB 34/​19, NZG 2023, 799 Rn. 60 bereits unter Verweis auf die hiesige Entscheidung des Oberlandesgerichts).

21

(2) Danach hat das Oberlandesgericht hier eine mögliche Haftung der Musterbeklagten aus der sogenannten Prospekthaftung im weiteren Sinne zu Recht verneint.

22

(a) Der zeitliche Anwendungsbereich der spezialgesetzlichen Prospekthaftung gemäß § 13 VerkProspG aF, §§ 44 ff. BörsG aF ist eröffnet. Auf den am 29. Juli 2005 veröffentlichten Verkaufsprospekt und Ansprüche wegen (unterstellter) Fehlerhaftigkeit dieses Prospekts finden gemäß § 32 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 VermAnlG das Verkaufsprospektgesetz und die §§ 44 bis 47 des Börsengesetzes jeweils in der bis zum 31. Mai 2012 geltenden Fassung Anwendung.

23

(b) Die Musterbeklagte hat weder selbst den Vertrieb der Beteiligungen an Anleger übernommen, noch hat sie für den von einem anderen übernommenen Vertrieb Verantwortung getragen.

24

Mit dem Vertrieb der Anlage betraut war die HCI Hanseatische Capitalberatungsgesellschaft für Immobilien mbH [Prospekt S. 28, 104, 115f.]. Für deren Vertrieb trug die Musterbeklagte keine Verantwortung. Sie hatte weder in der Vertriebsgesellschaft eine beherrschende Stellung inne, noch hat sie die Vertriebsgesellschaft im eigenen Namen oder als geschäftsführungsbefugte Kommanditistin im Namen der Fondsgesellschaft mit dem Vertrieb beauftragt (vgl. BGH, Urteil vom 24. Oktober 2023 – II ZR 57/​21, BGHZ 238, 302 Rn. 30 f.). Nach § 6 Nr. 1 des Gesellschaftsvertrags war allein die persönlich haftende Gesellschafterin zur Geschäftsführung und Vertretung der Fondsgesellschaft befugt. Der Umstand, dass die Musterbeklagte über die HCI Capital AG als
Alleingesellschafterin ihrer Alleingesellschafterin (der HCI Hanseatische Schiffstreuhand GmbH) mit der Vertriebsgesellschaft (über deren Alleingesellschafterin HCI Hanseatische Capitalberatungsgesellschaft mbH) als „Schwestergesellschaft“ gesellschaftlich verbunden war, begründet für sich genommen noch keine Vertriebsverantwortung (BGH, Beschluss vom 27. Juni 2023 – II ZR 57/​21, ZIP 2023, 1588; Beschluss vom 11. Juli 2023 – XI ZB 20/​21, WM 2023, 1692 Rn. 44; Urteil vom 24. Oktober 2023 – II ZR 57/​21, BGHZ 238, 302 Rn. 30).

25

(c) Soweit die Rechtsbeschwerde geltend macht, dass die Musterbeklagte entgegen der Annahme des Oberlandesgerichts und entgegen entsprechender höchstrichterlicher Rechtsprechung (vgl. BGH, Beschluss vom 11. Januar 2022 – XI ZB 1/​21, NZG 2022, 671 Rn. 22; Beschluss vom 11. Januar 2022 – XI ZB 13/​20, NZG 2022, 761 Rn. 23; Beschluss vom 11. Januar 2022 – XI ZB 17/​20, NZG 2022, 1200 Rn. 22; Beschluss vom 26. April 2022 – XI ZB 32/​19, WM 2022, 1277 Rn. 39 mwN) nicht als Prospektverantwortliche im Sinne von § 44 Abs. 1 Satz 1 BörsG aF anzusehen und damit persönlich vom Anwendungsbereich der spezialgesetzlichen Prospekthaftung nicht erfasst sei, kommt es darauf für die Frage, ob sie einer vorvertraglichen Aufklärungspflicht nach § 311 Abs. 2, § 241 Abs. 2 BGB unterlag, nicht an. Gründungs- bzw. Altgesellschafter, die weder selbst den Vertrieb übernommen haben oder sonst Vertriebsverantwortung tragen, sind auch dann nicht allein aufgrund ihrer Gesellschafterstellung nach den Grundsätzen der Haftung für Verschulden bei Vertragsschluss für die Aufklärung der Anleger verantwortlich, wenn sie nicht Adressaten der Regelung der spezialgesetzlichen Prospekthaftung sind (BGH, Urteil vom 24. Oktober 2023 – II ZR 57/​21, BGHZ 238, 302 Rn. 32).

26

cc) Die Musterbeklagte unterliegt auch aus dem Treuhandverhältnis keinen Aufklärungspflichten, deren Verletzung zu einer Haftung gemäß § 311 Abs. 2, § 241 Abs. 2, § 280 Abs. 1 BGB führen kann.

27

(1) Die Haftung eines Treuhandkommanditisten aufgrund vorvertraglicher Aufklärungspflichtverletzung durch Verwenden eines fehlerhaften Verkaufsprospekts (vgl. dazu BGH, Urteil vom 16. März 2017 – III ZR 489/​16, WM 2017, 708 Rn. 17 f.; Urteil vom 8. April 2021 – III ZR 62/​20, WM 2021, 1330 Rn. 46 f.) entspricht derjenigen eines Gründungsgesellschafters oder bleibt sogar, was offenbleiben kann, hinter dieser zurück (vgl. BGH, Beschluss vom 20. September 2022 – XI ZB 34/​19, NZG 2023, 799 Rn. 61; Beschluss vom 22. November 2022 – XI ZB 28/​21, WM 2023, 174 Rn. 23). Durch die zusätzliche Stellung als Treuhandkommanditist und seine Funktion bei der Umsetzung des Fondskonzepts allein wird im Hinblick auf den Vertrieb der Beteiligung keine weitergehende Verantwortlichkeit des Gesellschafters für die Aufklärung des Anlegers geschaffen als durch seine Stellung als Gründungsgesellschafter. Dementsprechend hat der Anleger auch keinen Anlass, einem Gründungsgesellschafter aufgrund dessen zusätzlicher Funktion als Treuhandkommanditist im Stadium der Vertragsanbahnung ein größeres Verhandlungsvertrauen entgegenzubringen. Ebenso wie bei einem Gründungskommanditisten, der nicht Treuhandkommanditist ist, gilt dies nur dann, wenn dieser entweder selbst den Vertrieb übernommen hat oder in sonstiger Weise für den von einem anderen übernommenen Betrieb Verantwortung trägt.

28

Davon abgesehen verwirklicht die Haftung nach § 13 VerkProspG aF, §§ 44 ff. BörsG aF in der Person eines Gründungs- und zugleich Treuhandkommanditisten stets auch die Voraussetzungen des Verschuldens bei Vertragsschluss mittels Verwendens eines fehlerhaften Verkaufsprospekts (§ 280 Abs. 1 BGB i.V.m. § 311 Abs. 2 BGB), unabhängig davon, ob es um den Abschluss des Gesellschafts- oder des Treuhandvertrags geht (vgl. BGH, Beschluss vom 20. September 2022 – XI ZB 34/​19, NZG 2023, 799 Rn. 60; Beschluss vom 22. November 2022 – XI ZB 28/​21, WM 2023, 174 Rn. 22). Auch danach ist es weder geboten noch sachgerecht, einen Gründungs- und Treuhandkommanditisten zusätzlich der schärferen Haftung für ein Verschulden bei Vertragsschluss nach den allgemeinen Grundsätzen zu unterwerfen.

29

(b) Dagegen macht die Rechtsbeschwerde ohne Erfolg geltend, den Gründungs- und Treuhandkommanditisten treffe nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (vgl. BGH, Urteil vom 16. März 2017 – III ZR 489/​16, ZIP 2017, 715 Rn. 17 f., 26 f.; Urteil vom 8. April 2021 – III ZR 62/​20, ZIP 2021, 1454 Rn. 46 f.) unabhängig von seiner Gesellschafterstellung unmittelbar aus dem Treuhandverhältnis eine eigenständige vorvertragliche Aufklärungspflicht, die ihn zu einer Plausibilitätsprüfung des Prospekts und gegebenenfalls zur Richtigstellung unrichtiger Prospektangaben verpflichte.

30

Die Haftung des Gründungs- und Treuhandkommanditisten wegen unterlassener Richtigstellung von Prospektangaben setzt, wie die Musterbeklagte zutreffend einwendet, die Verwendung eines fehlerhaften Prospekts und damit das durch die spezialgesetzliche Prospekthaftung sanktionierte Verhalten notwendig voraus. Die unterlassene Richtigstellung stellt insoweit lediglich eine Verstärkung bzw. Fortsetzung der bereits vorliegenden haftungsbegründenden Pflichtverletzung dar, die ihrerseits an die Verwendung des Prospekts im Sinne von § 13 VerkProspG aF, §§ 44 ff. BörsG aF anknüpft. Da die Haftung eines Treuhandkommanditisten aufgrund vorvertraglicher Aufklärungspflichtverletzung durch Verwendung eines fehlerhaften Prospekts derjenigen eines Gründungsgesellschafters entspricht oder sogar hinter ihr zurückbleibt, kann die unterlassene Richtigstellung fehlerhafter Prospektangaben keine weitergehende Haftung begründen. Dass die treuhandvertraglichen Aufklärungspflichten unabhängig von der Gesellschafterstellung des Treuhänders unmittelbar aus dem Treuhandverhältnis entstehen (vgl. BGH, Urteil vom 8. April 2021 – III ZR 62/​20, ZIP 2021, 1454 Rn. 47), ändert daran nichts.

31

dd) Entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde hätte das Oberlandesgericht das Feststellungsziel 2 auch nicht teilweise für begründet erklären oder zumindest teilweise als unzulässig abweisen müssen, weil es – so die Rechtsbeschwerde – auf Feststellung einer Haftung der Musterbeklagten aus Prospekthaftung im weiteren Sinne wegen jeder Form der Verwendung des (fehlerhaften) Prospekts und damit auch auf eine „mittelbare Prospektverwendung“ gerichtet sei, die von der spezialgesetzlichen Prospekthaftung nicht erfasst werde. Das gelte etwa für den Fall, in dem der Anlageberater/​-vermittler den Prospekt (nur) als Arbeitsgrundlage für das mit dem Anlageinteressenten geführte mündliche Gespräch verwendet habe, indem er lediglich den Inhalt des Prospekts mündlich wiedergegeben und keine davon abweichenden oder darüber hinausgehenden mündlichen Zusicherungen oder Erklärungen abgegeben habe, sowie erst recht für eine Haftung als Treuhandkommanditistin wegen unterlassener Richtigstellung fehlerhafter Prospektangaben.

32

Damit dringt die Rechtsbeschwerde bereits deshalb nicht durch, weil Gründungs- und Treuhandkommanditisten, die – wie die Musterbeklagte – weder selbst den Vertrieb übernommen haben noch sonst Vertriebsverantwortung tragen, nach den obigen Ausführungen auch dann nicht allein aufgrund ihrer Gesellschafter- und Treuhänderstellung nach den Grundsätzen der Haftung für Verschulden bei Vertragsschluss für die Aufklärung der Anleger verantwortlich sind, wenn sie nach der spezialgesetzlichen Prospekthaftung keine Haftung trifft. Aus einer etwaigen Begrenzung des Adressatenkreises der spezialgesetzlichen Prospekthaftung kann für die Reichweite der Pflicht zur vorvertraglichen Aufklärung nichts abgeleitet werden (vgl. BGH, Urteil vom 24. Oktober 2023 – II ZR 57/​21, BGHZ 238, 302 Rn. 32).

33

Lediglich ergänzend ist daher anzumerken, dass der Fall der Verwendung des Prospekts durch den Vermittler als Arbeitsgrundlage für das Anlegergespräch in Form der mündlichen Wiedergabe des Prospektinhalts ohne abweichende oder weitergehende Erklärungen nach der Rechtsprechung des XI. Zivilsenats entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde von der spezialgesetzlichen Prospekthaftung nach § 13 VerkProspG aF, §§ 44 BörsG aF erfasst wird (vgl. BGH, Beschluss vom 26. September 2023 – XI ZR 311/​22, juris; Beschluss vom 5. März 2024 – XI ZB 17/​22, WM 2024, 887 Rn. 56).

34

Über den außerdem von der Rechtsbeschwerde genannten Fall, dass der Prospekt nicht oder nicht rechtzeitig übergeben wurde, war nicht zu entscheiden, da er, wie eingangs ausgeführt, von dem Feststellungsziel 2 nicht umfasst ist.

35

b) Da der Antrag zu dem Feststellungsziel 2 in der Sache unbegründet ist, ist der Vorlagebeschluss hinsichtlich der Feststellungsziele 1 und 3 gegenstandslos.

36

Der dem Musterverfahren zugrundeliegende Vorlagebeschluss wird hinsichtlich eines Feststellungsziels gegenstandslos, wenn die Entscheidungserheblichkeit dieses Feststellungsziels aufgrund der vorausgegangenen Prüfung im Musterverfahren entfallen ist (vgl. BGH, Beschluss vom 19. Juli 2022 – XI ZB 32/​21, WM 2022, 1684 Rn. 31; Beschluss vom 5. März 2024 – XI ZB 17/​22, WM 2024, 887 Rn. 59; jeweils mwN).

37

Das ist hier bei den Feststellungszielen 1 und 3 der Fall.

38

Hinsichtlich des Feststellungsziels 3 ergibt sich bereits aus dem Wortlaut des Antrags, aber auch aus dem Inhalt des Vorlagebeschlusses, dass der Antrag ausdrücklich nur auf eine Feststellung schuldhaften Handelns der Musterbeklagten in Bezug auf ihre Haftung aus Prospekthaftung im weiteren Sinne durch Verwendung eines fehlerhaften Prospekts gerichtet ist.

39

Die mit dem Feststellungsziel 1 begehrte Feststellung von Prospektfehlern soll nach der Begründung des Vorlagebeschlusses ebenfalls nur als anspruchsbegründende Voraussetzung für eine Haftung der Musterbeklagten unter dem Aspekt der vorvertraglichen Pflichtverletzung durch Verwendung eines fehlerhaften Prospekts als Mittel der schriftlichen Aufklärung einschließlich der unterlassenen Richtigstellung fehlerhafter Prospektangaben getroffen werden. Da eine solche Haftung aus Rechtsgründen, wie oben ausgeführt, nicht gegeben ist, kommt es auf Feststellungen zu Prospektfehlern oder zum Verschulden der Musterbeklagten jedoch nicht mehr an.

40

3. Eine Vorlage an den Großen Senat für Zivilsachen ist nicht veranlasst. Die von der Rechtsbeschwerde insoweit geltend gemachte Abweichung von den von ihr genannten Entscheidungen des III. Zivilsenats liegt nicht vor. Der Entscheidung in dem Verfahren III ZR 62/​20 (BGH, Urteil vom 8. April 2021 – III ZR 62/​20, ZIP 2021, 1454 Rn. 2, 45) lag eine Beteiligung im Mai 2005 und damit noch vor Inkrafttreten der Regelungen des Gesetzes zur Verbesserung des Anlegerschutzes vom 28. Oktober 2004 (BGBl. I S. 2630) zur Haftung nach § 13 VerkProspG, §§ 44 ff. BörsG für unrichtige und unvollständige Angaben in einem Prospekt im Sinne des § 8g VerkProspG am 1. Juli 2005 zugrunde. Die Entscheidung in dem Verfahren III ZR 489/​16 (BGH, Urteil vom 16. März 2017 – III ZR 489/​16, ZIP 2017, 715 Rn. 20) betraf eine Treuhandkommanditistin, die nicht zu den Gründungsgesellschaftern gehörte und die keinen eigenen Gesellschaftsanteil an der Fondsgesellschaft hielt (siehe auch zur Haftung einer Gründungs- bzw. Alt- und Treuhandkommanditistin BGH, Beschluss vom 13. September 2022 – XI ZB 13/​21, ZIP 2022, 2486 Rn. 2, 22 ff., 31 [unter Bezugnahme auf den Beschluss vom 19. Juli 2022 – XI ZB 32/​21, WM 2022, 1684 Rn. 2, 18 f., 23 ff., 25]; Beschluss vom 20. September 2022 – XI ZB 3/​20, WM 2022, 2381 Rn. 3, 31, 34 [unter Bezugnahme auf den Beschluss vom 15. März 2022 – XI ZB 31/​20, ZIP 2022, 945 Rn. 25 ff., 28]; Beschluss vom 13. Dezember 2022 – XI ZB 20/​20, juris Rn. 2, 12, 15; Beschluss vom 13. Dezember 2022 – XI ZB 21/​20, NZG 2023, 755 Rn. 3, 13, 16; die Verfassungsbeschwerden gegen diese Beschlüsse wurden nicht zur Entscheidung angenommen).

III.
41

Die Entscheidung über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens folgt aus § 26 Abs. 1 KapMuG. Danach haben der Musterrechtsbeschwerdeführer und die auf seiner Seite Beigetretenen die gesamten Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens nach dem Grad ihrer Beteiligung zu tragen. Der Grad der Beteiligung ergibt sich aus dem jeweiligen Umfang der Beschwer (vgl. Riedel in Vorwerk/​Wolf, KapMuG, 2. Aufl., § 26 Rn. 7; Wieczorek/​Schütze/​Reuschle, ZPO, 5. Aufl., § 26 KapMuG Rn. 4).

42

Hinsichtlich der durch die Nebenintervention verursachten Kosten folgt die Kostenentscheidung aus § 101 Abs. 1 Halbsatz 1 ZPO, der insoweit mangels spezialgesetzlicher Regelung in § 26 KapMuG als allgemeine Kostenregelung Anwendung findet (vgl. Riedel in Vorwerk/​Wolf, KapMuG, 2. Aufl., § 26 Rn. 1).

IV.
43

Die Entscheidung über die Festsetzung des Streitwerts für die Gerichtskosten folgt aus § 51a Abs. 2 GKG. Infolgedessen sind bei der Streitwertbemessung auch die in den Ausgangsverfahren geltend gemachten Ansprüche der Beigeladenen zu berücksichtigen, die zwar dem Rechtsbeschwerdeverfahren nicht beigetreten sind, ihre Klage aber nicht innerhalb der Monatsfrist des § 8 Abs. 3 Nr. 2, § 24 Abs. 2 KapMuG zurückgenommen haben (vgl. BGH,
Beschluss vom 26. April 2022 – XI ZB 27/​20, ZIP 2022, 1267 Rn. 33). Dabei waren die in den Aussetzungsbeschlüssen der jeweiligen Verfahren gemäß § 8 Abs. 4 KapMuG für den Senat bindend mitgeteilten Einzelwerte zugrunde zu legen (vgl. BGH, Beschluss vom 1. Dezember 2020 – II ZB 19/​19, NZG 2021, 562 Rn. 4; Beschluss vom 15. August 2022 – XI ZB 32/​19, juris Rn. 4; Beschluss vom 6. Februar 2023 – XI ZB 23/​20, juris Rn. 2), die einen Gesamtwert von 275.393,15 € ergeben.

Born B. Grüneberg Sander
von Selle Adams

Vorinstanzen:
LG Bremen, Entscheidung vom 26.10.2017 – 4 O 1585/​14 –
OLG Bremen, Entscheidung vom 22.06.2022 – 1 Kap 1/​17 –

Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja

JNEU:

nein

BGB § 311 Abs. 2, § 241 Abs. 2

a)

Nach dem Inkrafttreten des Gesetzes zur Verbesserung des Anlegerschutzes vom 28. Oktober 2004 (BGBl. I S. 2630) treffen die Altgesellschafter einer Publikumskommanditgesellschaft Aufklärungspflichten nach § 311 Abs. 2, § 241 Abs. 2 BGB gegenüber dem beitrittswilligen Anleger nur dann, wenn sie entweder selbst den Vertrieb der Beteiligungen an Anleger übernehmen oder in sonstiger Weise für den von einem anderen übernommenen Vertrieb Verantwortung tragen (Bestätigung von BGH, Urteil vom 24. Oktober 2023 – II ZR 57/​21, BGHZ 238, 302).

b)

Dies gilt auch dann, wenn der Altgesellschafter zugleich die Stellung eines Treuhandkommanditisten innehat. Aus der zusätzlichen Stellung als Treuhandkommanditist und seiner Funktion bei der Umsetzung des Fondskonzepts allein ergeben sich keine weitergehenden Aufklärungspflichten.

BGH, Beschluss vom 4. Juni 2024 – II ZB 17/​22 – OLG Bremen
LG Bremen

 

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