Die Online-Anzeigen für binäre Optionen hören sich oft gewinnbringend an – und in der Werbung einiger Anbieter sind bekannte Gesichter zu sehen: Carsten Maschmeyer und Boris Becker zum Beispiel, es gibt aber auch Werbung mit Fußballclubs wie FC Bologna oder Atletico Madrid. „Binäre Optionen werden als einfache und vielversprechende Geldanlage dargestellt, eine Vielzahl der Anbieter ist aus unserer Sicht jedoch fragwürdig“, so Beate Weiser, Referentin Geldanlage und Altersvorsorge im Marktwächter Finanzen der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg.
Aus Sicht der Verbraucherzentralen sind binäre Optionen höchstens etwas für professionelle oder institutionelle Anleger, nicht aber für Privatanleger. Es droht immer der Verlust des gesamten eingesetzten Geldes. Aufgrund der Risiken sollten Sie von binären Optionen trotz der teilweise aggressiven Werbung lieber Abstand nehmen. Binäre Optionen sind nichts weiteres als eine Wette – und wer dabei falsch liegt, verliert sein Geld.
Verbraucher beschweren sich bei den Verbraucherzentralen außerdem zunehmend über Broker von binären Optionen. Die Marktwächter haben den Markt stichprobenartigen untersucht. Die Geschäftspraktiken sind teils dubios, die Firmen im Ausland (zum Beispiel Zypern oder die Schweiz) nicht greifbar. Es kann sein, dass Verbraucher eingezahlte Einlagen und möglicherweise auch ihren Gewinn nicht zurückerhalten.
Eine Binäre Option kann als Basiswert eine Einzelaktie, Indizes wie den Dax, Rohstoffkurse oder Wechselkurse haben. Konkret könnte die binäre Option zum Beispiel vorsehen, dass der Dax bis zum Ende der nächsten Stunde den Wert von 12.000 Punkten erreicht, der Goldkurs bis zum Tagesende den Wert von 1.300 Punkten oder der Wechselkurs vom Dollar zum Euro bis zum Monatsende die Parität von 1:1.
Falls der Basiswert bis zum Laufzeitende den vorgegebenen Kurs bzw. Preis erreicht, erhalten die Anleger von binären Optionen in der Tat hohe Renditen von durchaus 70 bis 90 Prozent, in Einzelfällen sind sogar Renditen von mehreren hundert Prozent möglich. Wird der vorgegebene Kurs dagegen nicht erreicht, ist das eingesetzte Kapital, je nach Ausgestaltung, ganz oder zumindest zum großen Teil verloren.
Unlautere Werbung
Oft wird Seriosität mit unlauteren Mitteln vorgegaukelt. So fand das Marktwächter-Team falsche Forenbeiträge und vermeintliche Nachrichtenartikel im Design renommierter Nachrichtenportale. Verbraucher berichteten auch von unerlaubten Werbeanrufen (Cold Calls) der Broker.
Die wollen oft erst einmal Geld sehen: Zum Teil konnte erst gegen eine obligatorische Einlage von circa 250 Euro ein Tradingkonto eröffnet werden. Ein Anbieter wirbt zum Beispiel mit einer „Geld-zurück-Garantie für Ihren ersten Trade!“, die jedoch an Bedingungen geknüpft ist.
Zudem sind die schlecht übersetzten Geschäftsbedingungen der recherchierten Broker oft verwirrend und die Regelungen zur Auszahlung der Beträge unklar. Betroffene haben den Verbraucherzentralen gemeldet, dass sie ihr Geld nicht zurückbekommen haben, auch wenn sie ihr Konto – ohne je damit zu traden – wieder kündigten.
Über folgende Broker haben sich Betroffene bei den Verbraucherzentralen beschwert: www.anyoption.de (Ourobo-ros Derivatives Trading Limited, Zypern), www.24option.com (Rodeler Ltd., Zypern), www.option888.com (Capital Force ltd, Samoa). Die Liste von fragwürdigen Anbietern in der Branche lässt sich jedoch beliebig fortführen – die zyprische Regierungsorganisation CySec führt zum Beispiel eine eigene Liste mit Warnungen.
Sitz im Ausland wird bei Konflikten zum Problem
Weil fast alle Anbieter im Ausland sitzen, können Verbraucher ihr Recht nur schwer durchsetzen. „Die Rückforderung einbezahlter Einlagen müsste im Zweifelsfall über einen langen Rechtsweg eingeklagt werden. Viele Broker sind gar nicht greifbar“, sagt Beate Weiser. Auf den Webseiten fehlen oft Impressum und Kontaktangaben. Etliche AGB sind in Deutschland nach Auffassung des Marktwächters rechtswidrig.
Typische Merkmale von binären Optionen
- Zum vereinbarten Zeitpunkt wird dem Anleger entweder alles oder nichts gezahlt.
- Tritt die Erwartung des Anlegers nicht ein, dass der Basiswert bis zum Laufzeitende eine bestimmte Höhe erreicht, verliert er sein gesamtes eingesetztes Kapital.
- Die Risikohinweise sind zwar auf den meisten Webseiten zu finden, jedoch nur kleingedruckt in der Fußzeile der Webseiten.
- Von Anlegern wurden zudem Nutzungsgebühren verlangt – unabhängig von der tatsächlichen Nutzung irgendeiner Leistung.
Binäre Optionen gleichen daher mehr einem Glücksspiel als einer Geldanlage.
Alles fing so harmlos an. Peter R. war im Krankenstand. „Ich hatte jede Menge Zeit.“ Der Handwerker stöberte im Internet und stieß auf diese verlockende Anzeige: „Mit 500 Euro zum Millionär“. Das verspricht ein Unternehmen namens „Option888“. Geld verdienen per Knopfdruck, das reizte Peter R. schon. Er klopfte via E-Mail an und erhielt umgehend Antwort. Wenig später stieg er mit 250 Euro ein. Er überwies das Geld online. Dafür musste er sich mit Name und Telefonnummer registrieren. Und schon wurde ihm ein persönlicher Trader (Händler) zugeteilt: Bastian Meister trat in sein Leben.
Ob es Bastian Meister wirklich gibt, lässt sich bis heute nicht mit Sicherheit sagen. Damals schien er sehr real. Im Handumdrehen verhalf er Peter R. zu ersten kleinen Gewinnen. Der Vorarlberger setzte Summen darauf, dass der Kurs einer Fremdwährung oder einer Aktie einen bestimmten Wert erreichte. Zu Beginn klappte das auch hervorragend. Schließlich überwies Peter R. Beträge im fünfstelligen Bereich auf eine tschechische Bank und eine in Montenegro. Sein virtuelles Konto explodierte schier. Die Warnungen seiner eigenen Hausbank schlug er in den Wind.
Stattdessen erwirkte er ein erhöhtes Kreditkartenlimit von 10.000 Euro und machte eine Lebensversicherung flüssig. Nur den Hauskredit erhöhte er nicht, obwohl Bastian Meister darauf drängte. Aber inzwischen war auch der Vater von Peter R. dem angeblich so netten Stuttgarter Finanzhändler verfallen und hatte seinerseits 60.000 Euro in „Option888“ investiert. Insgesamt haben Peter R. und sein Vater 197.000 Euro überwiesen. Die angeblichen Gewinne – „der Bonus betrug sogar einmal 500.000 Euro“ – sahen sie nur auf dem Bildschirm. Als Peter R. dann Anfang April mal etwas von dem Geld auch haben wollte, wurde der Kontakt zu Bastian Meister einsilbig. Ende April reiste der Unterländer auf ein Sportlager. Zuvor veränderte er die Zugriffscodes auf sein Konto bei „Option888“. Er wähnte sich sicher. Als er zurückkehrte, war das Geld weg. Bastian Meister tauchte nie wieder auf.