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Blutiger Machtkampf um Russlands größten Onlinehändler

Chickenonline (CC0), Pixabay
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Ein dramatischer Konflikt um die Kontrolle von Wildberries, Russlands führendem Onlinehändler, hat in dieser Woche einen tragischen Höhepunkt erreicht. Am Mittwoch eskalierte die Situation in der Zentrale des Unternehmens in Moskau: Eine Schießerei forderte mehrere Todesopfer. Hintergrund des blutigen Machtkampfs ist die geplante Fusion von Wildberries durch dessen Gründerin Tatjana Bakaltschuk, einer der reichsten Frauen Russlands. Die Ankündigung hat nicht nur familiäre Konflikte verschärft, sondern auch politische Akteure auf den Plan gerufen – darunter den einflussreichen tschetschenischen Machthaber Ramsan Kadyrow. Auch der Kreml ist involviert.
Schüsse im Herzen Moskaus

Die genauen Umstände des Vorfalls am Mittwoch bleiben noch unklar. Es steht jedoch fest, dass in der Wildberries-Zentrale, nur wenige Schritte vom Kreml entfernt, Schüsse fielen, die zwei Menschen das Leben kosteten und mehrere Verletzte forderten. Der Streit zwischen Tatjana Bakaltschuk und ihrem Ex-Mann Wladislaw Bakaltschuk eskalierte damit auf eine neue, gewaltsame Ebene. Beide beschuldigen sich nun gegenseitig, für die Schießerei verantwortlich zu sein. Am Donnerstag wurde Wladislaw Bakaltschuk von den Behörden festgenommen.

Tatjana Bakaltschuk gab an, ihr Ex-Mann sei in Begleitung bewaffneter Männer in die Firmenzentrale eingedrungen, wo es zu einer Konfrontation mit den Sicherheitskräften gekommen sei. Diese habe schließlich in den tödlichen Schüssen gemündet. Nach Angaben der Behörden starben zwei Sicherheitskräfte, und insgesamt 30 Personen wurden festgenommen.
„Friedliche Verhandlungen“ oder geplanter Angriff?

Wladislaw Bakaltschuk weist alle Vorwürfe zurück. Gegenüber dem russischen Wirtschaftsmagazin RBC erklärte er, dass er lediglich zu „friedlichen Verhandlungen“ über den Bau eines neuen Lagerhauses in der Unternehmenszentrale erschienen sei, als er und seine Begleiter angegriffen wurden. Unter den Verletzten befinden sich Berichten zufolge mehrere Mixed-Martial-Arts-Kämpfer sowie ein russischer Boxer. Diese Details werfen Fragen über die Art der „Verhandlungen“ auf, da offensichtlich professionell ausgebildete Kämpfer in den Vorfall verwickelt waren.

Besonders brisant: Einer der Verletzten soll Mitglied eines Kampfvereins sein, der von Ramsan Kadyrow gegründet wurde. Kadyrow, der Machthaber der russischen Teilrepublik Tschetschenien, hat sich schon in der Vergangenheit in den Streit um Wildberries eingeschaltet und sich auf die Seite von Wladislaw Bakaltschuk gestellt.
Wildberries: Vom Otto-Katalog zur russischen Erfolgsgeschichte

Wildberries wurde 2004 von Tatjana Bakaltschuk gegründet und entwickelte sich in den letzten Jahren zu einem der größten und erfolgreichsten Onlinehändler Russlands. Das Unternehmen verzeichnete im vergangenen Jahr einen Umsatz von rund 24 Milliarden Euro und wickelt laut der „New York Times“ täglich bis zu zwölf Millionen Bestellungen ab. Was einst als Plattform für berufstätige Mütter begann, die wenig Zeit für den Einkauf hatten, ist heute ein Gigant, der alles von Bekleidung bis hin zu Elektronik verkauft.

Die Ankündigung Bakaltschuks, ihr Unternehmen mit dem Werbekonzern Russ fusionieren zu wollen, löste im Sommer Spannungen aus – nicht nur zwischen den Geschäftspartnern, sondern auch in ihrer Ehe. Nach der Trennung im Juli schien der Streit um Wildberries endgültig zu eskalieren.
Kadyrow und der Kreml mischen mit

Wladislaw Bakaltschuk wandte sich inmitten des Streits öffentlich an Ramsan Kadyrow. In einem Appell an den tschetschenischen Machthaber beschuldigte er seine Ex-Frau, die Familie verlassen und sich mit „fremden Unternehmen“ eingelassen zu haben. Kadyrow erklärte daraufhin in einem Video, dass er an der Seite Wladislaw Bakaltschuks stehe und die „feindliche Übernahme“ von Wildberries durch Tatjana verhindern wolle. „Die Frau muss nach Hause zurückkehren“, sagte er und machte den Konflikt um ein milliardenschweres Unternehmen zu einer Frage von traditionellen Familienwerten – eine Darstellung, die in den russischen Medien breite Aufmerksamkeit fand.

Auch der Kreml ist in den Streit involviert. Berichten zufolge soll Maxim Oreschkin, ein hochrangiger Beamter in der Präsidialverwaltung, den Deal zwischen Wildberries und Russ betreut haben. Präsident Wladimir Putin soll die Fusion persönlich abgesegnet haben. Es bleibt unklar, warum Tatjana Bakaltschuk überhaupt die Fusion mit dem vergleichsweise kleineren Unternehmen Russ anstrebt. In den russischen Medien kursieren zahlreiche unbestätigte Spekulationen über die Hintergründe des Deals.
Keine Entspannung in Sicht

Die blutige Eskalation hat die Situation weiter verschärft. Tatjana Bakaltschuk wandte sich nach den Schüssen weinend in einer Videobotschaft an ihren Ex-Mann: „Wladislaw, was tust du? Wie wirst du deinen Eltern und unseren Kindern in die Augen sehen?“ Sie beschuldigte ihn, einen Versuch zur feindlichen Übernahme des Unternehmens gestartet zu haben, der jedoch gescheitert sei.

Wladislaw Bakaltschuk hingegen sieht sich als Opfer eines „Attentatsversuchs“ und hat selbst die Polizei eingeschaltet. Trotz seiner Festnahme bestreiten seine Anwälte jegliche Vorwürfe, darunter Mord, versuchter Mord und widerrechtliche Amtsanmaßung.
Ein Blick in die Zukunft

Es bleibt ungewiss, wie sich der Machtkampf um Wildberries weiterentwickeln wird. Klar ist nur, dass die Verstrickung von politischen Akteuren wie Kadyrow und dem Kreml die Situation zusätzlich verschärft. Was ursprünglich als geschäftlicher Streit begann, hat sich zu einem gefährlichen, blutigen Machtkampf entwickelt, der nicht nur eine der erfolgreichsten Frauen Russlands in den Mittelpunkt rückt, sondern auch die politischen Machenschaften hinter den Kulissen offenlegt.

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