Vom Nischen-TV-Sender zum Milliarden-Unternehmen – doch die Risiken bleiben gewaltig.
Es klingt wie ein Kapitel aus einem Börsenmärchen mit politischem Drehbuch: Die US-amerikanische, pro-Trump ausgerichtete Nachrichtenseite Newsmax hat ihr Börsendebüt gefeiert – und was für eines. Die Aktie, die ursprünglich für 10 US-Dollar pro Stück angeboten wurde, explodierte innerhalb weniger Tage auf über 230 Dollar. Kurzzeitig lag der Marktwert von Newsmax bei rund 20 Milliarden US-Dollar, beinahe auf Augenhöhe mit Mediengigant Fox Corp.
Doch so rasant wie der Kursanstieg ist auch das Risiko – denn hinter dem Börsen-Hype steht mehr als nur ein gesundes Geschäftsmodell.
IPO mit politischem Rückenwind
Newsmax-CEO Chris Ruddy, der durch den Börsengang auf dem Papier zum Milliardär wurde, sieht in dem Ansturm auf die Aktie mehr als nur wirtschaftlichen Erfolg:
„Amerikaner haben gegen das Medien-Establishment gestimmt – und Anleger tun jetzt dasselbe. Sie sagen: Wir wollen mehr Newsmax.“
Mit dieser Interpretation trifft Ruddy den Nerv vieler Zuschauer, die Newsmax als patriotisches Gegengewicht zu etablierten Nachrichtensendern wie CNN oder MSNBC sehen. Und tatsächlich: Schon im Vorfeld des IPOs wurde auf dem Sender kräftig die Werbetrommel gerührt – nicht nur subtil, sondern direkt mit Appellen an die Zuschauer, „Mitbesitzer von Newsmax“ zu werden
„Meme-Aktie“ mit Klagepotenzial
Die Euphorie hat jedoch einen Haken – oder besser gesagt: mehrere. Denn Newsmaxs finanzielle Lage ist alles andere als rosig. Im Jahr 2024 schrieb der Sender einen Verlust von 72 Millionen US-Dollar. Ein Grund dafür: kostspielige Vergleiche und Anwaltskosten im Zusammenhang mit Verleumdungsklagen, die auf die Berichterstattung rund um die US-Wahl 2020 zurückgehen.
So zahlte Newsmax im Fall Smartmatic eine Vergleichssumme von 40 Millionen Dollar, weitere 76,9 Millionen Dollar wurden laut SEC-Dokumenten für Anwaltskosten fällig. Und mit Dominion Voting Systems, das auf 1,6 Milliarden Dollar Schadenersatz klagt, steht noch der nächste juristische Showdown bevor – Verhandlungsbeginn ist der 28. April.
Trotzdem: Die IPO-Kampagne verfing – und tausende Kleinaktionäre investierten, oft mehr aus ideologischer Nähe denn aus wirtschaftlicher Kalkulation.
Trumps Glückwünsche und ein Hauch von „Truth Social 2.0“
Donald Trump selbst ließ es sich nicht nehmen, Newsmax-Chef Ruddy eine Glückwunschnachricht zu schicken. Kein Wunder: Newsmax gilt als enger Verbündeter des Ex-Präsidenten und war in den letzten Jahren sein mediales Sprachrohr, insbesondere in der heißen Phase der Wahlintegritäts-Debatten.
Ruddy verglich seine Börsenstrategie offen mit dem Modell von Trumps eigener Medienfirma, die mit dem Börsengang von Trump Media & Technology Group („Truth Social“) ebenfalls eine Aktienrallye ausgelöst hatte – wenngleich auch dort die wirtschaftlichen Grundlagen schwach sind.
Von der Nische zur Wall Street – aber wie lange?
Trotz der enormen Kursgewinne bleibt die Skepsis groß. Newsmax hat – Stand heute – eine vergleichsweise kleine Zuschauerschaft, produziert billig, kämpft mit hohen rechtlichen Risiken und einem Geschäftsmodell, das stark auf eine politische Zielgruppe zugeschnitten ist.
Branchenbeobachter sprechen bereits von einer „Meme-Aktie“, vergleichbar mit GameStop oder AMC – getrieben durch Emotion, nicht durch Zahlen.
Fazit: Sensation mit Verfallsdatum?
Die ersten Tage nach dem Börsengang waren für Newsmax ein voller Erfolg – zumindest optisch. Doch ob die Aktie langfristig eine Erfolgsgeschichte bleibt, ist fraglich. Die Mischung aus politischem Hype, treuer Fanbase, juristischen Altlasten und einer wackeligen Geschäftsgrundlage ergibt ein explosiv-volatile Mischung.
Für Anleger mit einem langen Atem – und einem stabilen Magen – könnte es spannend bleiben. Für alle anderen gilt: Vorsicht bei „Fernsehaktien“, die zu viel versprechen – vor allem zwischen Werbung und Meinung.
Kurzübersicht:
IPO-Preis: $10
Aktueller Höchststand: $233
Verluste 2024: –72 Mio. USD
Noch offene Klagen: Dominion Voting Systems (1,6 Mrd. USD)
Risiko: Hoch
Politische Nähe: Klar pro-Trump
CEO Ruddy: „Es ist erst der Anfang.“
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