Die libysche Zentralbank hat ihre Tätigkeiten vorübergehend eingestellt, nachdem ihr IT-Leiter entführt wurde. Laut einer offiziellen Erklärung vom Sonntag wurde Musaab Muslam von unbekannten Gruppen verschleppt. Andere Mitarbeiter erhielten ebenfalls Drohungen. Bis zur Freilassung des IT-Leiters werden alle Bankgeschäfte und Abteilungen suspendiert.
Diese Maßnahme betrifft auch das Depot für Einnahmen aus dem staatlichen Ölgeschäft, welche etwa 95% der Staatseinnahmen ausmachen. Die Zentralbank verwaltet diese Gelder und ist für die Auszahlung öffentlicher Gehälter im ganzen Land zuständig.
Der Vorfall ereignet sich vor dem Hintergrund eines anhaltenden Machtkampfes in Libyen zwischen zwei rivalisierenden Fraktionen: der Regierung von Ministerpräsident Abdul Hamid Dbaiba im Westen und den Kräften um Feldmarschall Chalifa Haftar im Osten. Diese Spaltung hat zu parallelen Regierungsstrukturen geführt.
Die Zentralbank verurteilte die Entführung als „mafiaähnliche Methode“. US-Botschafter Richard Norland warnte kürzlich vor möglichen Konsequenzen für Libyens Zugang zu internationalen Finanzmärkten, sollte die Führung der Zentralbank gewaltsam ausgetauscht werden.
Experten sehen in der Situation ein erhöhtes Risiko für eine erneute militärische Eskalation in Libyen, insbesondere angesichts der jüngsten Aktivitäten von Haftars Libysche Nationalarmee. Der Konflikt wird zusätzlich durch ausländische Interessen und Einflussnahmen kompliziert.
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