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BS INVEST Gesellschaft für Beteiligungsvermittlung mbH & Co. KG

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Hanseatisches Oberlandesgericht

Az.: 14 Kap 3/​18

Beschluss

In der Sache

Roland Framhein, Heimburgstraße 3, 22609 Hamburg

– Musterkläger –

Prozessbevollmächtigte:
Rechtsanwälte Mittelstein, Alsterarkaden 20, 20354 Hamburg, Gz.: Ro/​B 77704/​15

gegen

1)

Bernhard Schulte GmbH & Co. KG, vertreten durch d. Bernhard Schulte Verwaltungsgesellschaft mbH, diese vertreten durch die Geschäftsführer Ian Bevering, Tobias Pinker, Dr. Heinrich Udo Schuklte und Peter Christian Breuel, Vorsetzen 54, 20459 Hamburg

– Musterbeklagte –

2)

BS INVEST Gesellschaft für Beteiligungsvermittlung mbH & Co. KG, vertreten durch die BS INVEST Verwaltungsgesellschaft mbH, diese vertreten durch den Geschäftsführer Andreas Spott, Vorsetzen 54, 20459 Hamburg

– Musterbeklagte –

3)

Bernhard Schulte Shipmanagement (Deutschland) GmbH & Co. KG, vertreten durch die Bernhard Schulte Shipmanagement Verwaltungsgesellschaft mbH, diese vertreten durch die Geschäftsführer Jan Warmke und André Delau, Vorsetzen 54, 20459 Hamburg

– Musterbeklagte –

4)

BS Treuhand- und Verwaltungsgesellschaft mbH, vertreten durch d. Geschäftsführer Christoph Schmelter-Volkmann und Andreas Spott, Vorsetzen 54, 20459 Hamburg

– Musterbeklagte –

Prozessbevollmächtigte zu 1 – 4:
Rechtsanwälte Dr. Schackow & Partner Rechtsanwälte PartG mbB, Jungfernstieg 30, 20354 Hamburg, Gz.: 180/​180/​10421/​16 CK

Nebenintervenient zu 2:
Institut für Seeverkehrswirtschaft und Logistik, vertreten durch Prof. Dr. Frank Arendt und Birgit Borowy, Universitätsallee 11 – 13, 28359 Bremen

Prozessbevollmächtigte:
Rechtsanwälte Ahlers & Vogel, Contrescarpe 21, 28203 Bremen

Nebenintervenientin zu 1 – 4:
Baker Tilly GmbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Steuerberatungsgesellschaft, vertreten durch ihre Geschäftsführer Christian Hensell, Martina Hertwig, Roger Hönig, Thomas Mattheis, Jörn Mühlenkamp und Torsten Püst, Valentinskamp 88, 20355 Hamburg

Prozessbevollmächtigte:
Rechtsanwälte Luther, Rothenbaumchaussee 20, 20148 Hamburg, Gz.: Lu/​GS/​sl 17/​095103

Nebenintervenientin zu 1 – 4:
TPW GmbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Steuerberatungsgesellschaft, vertreten durch d. Geschäftsführer, Valentinskamp 88, 20355 Hamburg

Prozessbevollmächtigte:
Rechtsanwälte Luther, Rothenbaumchaussee 20, 20148 Hamburg, Gz.: Lu/​sch 17/​095000

beschließt das Hanseatische Oberlandesgericht – 14. Zivilsenat – durch den Richter am Oberlandesgericht Dr. Lohmann, den Richter am Amtsgericht Dr. Lanzius und den Richter am Oberlandesgericht Dr. Leverenz am 25.05.2021:

1.

Der Verkündungstermin am 04.06.2021 wird aufgehoben.

2.

Die mündliche Verhandlung wird wieder eröffnet.

3.

Der Musterkläger und die Beigeladenen erhalten Gelegenheit zur Stellungnahme zu den nachstehenden Hinweisen des Senats bis zum 25.06.2021.

4.

Die Musterbeklagten und Nebenintervenientinnen erhalten Gelegenheit zur Stellungnahme zu den nachstehenden Hinweisen des Senats (unter I.2.) und zum Schriftsatz des Musterklägers (insbesondere zu den Ergänzungs-/​Erweiterungsanträgen) bis zum 25.06.2021.

Gründe:

I.

Unabhängig davon, ob die vom Musterkläger beanstandeten und in der Verhandlung vom 26.03.2021 erörterten Prospektfehler vorliegen, sind die im Beschluss vom 26.03.2021 neu gefassten Feststellungsziele 1.) bis 3.) unter Berücksichtigung der neueren Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH, Beschluss vom 19. Januar 2021 – XI ZB 35/​18 –, Rn. 20 ff., juris) bereits dann gegenstandslos, wenn eine Haftung der Musterbeklagten als (Rechtsnachfolger der) Gründungsgesellschafter aus §§ 311 Abs. 2, 141 Abs. 2, 280 Abs. 1 BGB nicht auf die Verwendung eines Prospekts als solche gestützt werden kann. Die vom Musterkläger und den Beigeladenen in den Ausgangsverfahren geltend gemachte Prospekthaftung im weiteren Sinne wird durch die für Prospektverantwortliche geltenden Regelungen der spezialgesetzlichen Prospekthaftung (§ 13 VerkProspG, §§ 44 ff. BörsG a.F.) verdrängt. Diese unterliegt der von den Musterbeklagten erhobenen Verjährungseinrede. Entscheidend ist damit, ob die Musterbeklagten zu 1) bis 4) Prospektverantwortliche im Sinne von § 44 Abs. 1 Satz 1 BörsG a.F. sind.

1.

Neben denjenigen, die für den Prospekt die Verantwortung übernommen haben, haften auch diejenigen Personen und Unternehmen für wesentliche Prospektunrichtigkeiten oder -unvollständigkeiten, von denen der Erlass des Prospekts bzw. die wirtschaftliche Initiative ausgeht und die hinter dem Prospekt stehen und seine eigentlichen Urheber sind. „Veranlasser ist, wer hinter dem Emittenten steht und neben der Geschäftsleitung besonderen Einfluss ausübt. … ; insbesondere sollen auch Konzernmuttergesellschaften in die Haftung einbezogen werden …“ Von „einer Prospektverantwortlichkeit eines Hintermannes“ ist „unter anderem dann auszugehen, wenn dieser auf die Konzeption des konkreten, mit dem Prospekt beworbenen und vertriebenen Modells maßgeblich Einfluss genommen hat und damit letztendlich auch für die Herausgabe des Prospektes verantwortlich ist. Dabei können die gesellschaftsrechtliche Funktion des Hintermannes sowie ein erhebliches wirtschaftliches Eigeninteresse für eine Einflussnahme auf die Konzeption des Modells sprechen. Nicht entscheidend ist, ob eine Mitwirkung unmittelbar bei der Gestaltung des Prospektes gegeben ist; ausschlaggebend dagegen ist, ob der Prospekt mit Kenntnis des Verantwortlichen in den Verkehr gebracht worden ist“ (BGH, Beschluss vom 19. Januar 2021 – XI ZB 35/​18 –, Rn. 24, juris).

2.

Nach diesen Maßstäben dürften die Musterbeklagten zu 1) und 2), nach dem bisherigen Parteivortrag aber nicht die Musterbeklagte zu 4) als Prospektverantwortliche oder „Veranlasser“ anzusehen sein. Für die Musterbeklagte zu 3) ist zweifelhaft, ob sie eine mit den Musterbeklagten zu 1) und 2) vergleichbare Stellung innehatte. Anknüpfungspunkte für ein erhebliches wirtschaftliches Eigeninteresse der Musterbeklagten an der Konzeption des Anlagemodells folgen daraus, dass die Musterbeklagten nicht nur Gründungsgesellschafterinnen der Beteiligungsgesellschaften sind, sondern darüber hinaus vertragliche und gesellschaftsrechtliche Verflechtungen der Musterbeklagten untereinander sowie mit den vier Einschiffgesellschaften bestehen:

a) Die Emittentinnen sind jeweils Konzernunternehmen der „SCHULTE Gruppe“ (Seite 15 des Prospekts), an deren Spitze die Musterbeklagte zu 1) steht. Die Musterbeklagte zu 1) ist des Weiteren die „Muttergesellschaft“ der anderen – ebenfalls in der „SCHULTE Gruppe“ angesiedelten – Gründungsgesellschaften (Seiten 15 und 25 des Prospekts) und der persönlich haftenden Gesellschafterinnen der Beteiligungsgesellschaften (Seite 70 des Prospekts). Sie ist auch an weiteren Partnern des Beteiligungsangebots beteiligt (Seite 15 des Prospekts). So war die Musterbeklagte zu 1)

am Kommanditkapital von allen vier Beteiligungsgesellschaften beteiligt und hat von dem bei Prospektlegung jeweils gezeichneten Kommanditkapital in Höhe von insgesamt € 400.000,- jeweils einen Anteil von € 286.000,- (= 71,5 %) übernommen (Seiten 17, 88, 99 ff. des Prospekts);

alleinige Gesellschafterin der vier Komplementärinnen-GmbH der Beteiligungsgesellschaften (Seiten 78/​79 unten und 80/​81 oben des Prospekts);

alleinige Kommanditistin der Musterbeklagten zu 3) und 4) und an der prospektverantwortlichen Musterbeklagten zu 2) kommanditistisch beteiligt (Seiten 80/​81 des Prospekts).

Ferner agierte die Musterbeklagte zu 1) als vorbereitender Bereederer (Seiten 10, 20, 44, 71 und 80 des Prospekts) und Platzierungsgarantin (Seiten 9, 10, 44, 50, 65, 68 und 80 des Prospekts). Daneben übernahm sie die Gewährung von Kontokorrentkrediten und die Finanzierung der Anzahlungsraten der Schiffskaufpreise (Seiten 68 und 71 des Prospekts).

b) Die Musterbeklagte zu 2) war als Tochter der Musterbeklagten zu 1) Anbieterin der Beteiligungsgesellschaften (Seiten 4, 10, 45 und 80 des Prospekts). Sie übernahm die Auswahl und Vermittlung der Schiffe (Seite 20 des Prospekts). Sie wird im Prospekt als Prospektverantwortliche genannt (Seiten 5 und 21). Sie hielt zudem als Gründungsgesellschafterin jeweils eine Kommanditbeteiligung in Höhe von € 13.000,- (von bei Prospektlegung gezeichneten € 400.000,-) an den Schiffsgesellschaften.

c) Die Musterbeklagte zu 3) ist Rechtsnachfolgerin der Gründungsgesellschafterin Vorsetzen Bereederungs- und Schiffahrtskontor GmbH & Co. KG (VBSK), die „Tochter“ der Musterbeklagten zu 1) und „Schwester“ der prospektverantwortlichen Musterbeklagten zu 2) war. Die Rechtsvorgängerin der Musterbeklagten zu 3) fungierte als Vertragsreeder (Seiten 6, 10, 40, 44, 68, 80 und 107 ff. des Prospekts). Als Vergütung erhielt sie einen Betrag in Höhe von 2 % der Charter- und Frachteinnahmen sowie eine erfolgsabhängige Vergütung in Höhe von 3,5 % des jährlichen Betriebsergebnisses der Schiffsgesellschaften (§ 5 des Bereederungsvertrages, S. 109 des Prospekts). Ihre Kommanditbeteiligung an den vier Schiffsgesellschaften betrug jeweils € 100.000,- von den bei Prospektlegung jeweils gezeichneten € 400.000,- (= 25 %).

d) Die Musterbeklagte zu 4) unterhielt als Gründungsgesellschafterin jeweils eine Kommanditbeteiligung an den Schiffsgesellschaften in Höhe von € 1.000,- (von bei Prospektlegung jeweils gezeichneten € 400.000,-). Sie war „Tochter“ der Musterbeklagten zu 1) und „Schwester“ der prospektverantwortlichen Musterbeklagten zu 2); ihr Geschäftsführer war als Prokurist bei der Musterbeklagten zu 1) und bei verschiedenen Gesellschaften der Schulte-Gruppe tätig (Seite 47 des Prospekts). Die Musterbeklagte fungierte als Treuhänderin (Seiten 10, 21, 47, 65, 80 und 103 ff. des Prospekts). Sie erhielt – neben einer jährlichen Vergütung (Seite 69 des Prospekts) – eine einmalige Vergütung in der Investitionsphase (Seite 68 des Prospekts; ferner § 7 Nr. 7 d) des Gesellschaftsvertrages, Seite 91 des Prospekts, und § 9 des Treuhandvertrages, Seite 106 des Prospekts).

II.

Die Feststellungsanträge zu Ziffern 4.) und 5.) des Vorlagebeschlusses des Landgerichts dürften unbegründet sein, wenn und soweit die Musterbeklagten zu 1) bis 4) Prospektverantwortliche bzw. „Veranlasser“ sein sollten.

III.

Im Verhältnis zu den Prospektverantwortlichen und „Veranlassern“ müssten auch die vom Musterkläger (hilfsweise) beantragten Erweiterungen des Feststellungsziels zu 2.) (siehe Schriftsatz vom 06.05.2021, Seiten 6 und 8 f.) sowie der Hilfsantrag auf Erweiterung um ein weiteres Feststellungsziel (Seiten 12 f. des Schriftsatzes vom 06.05.2021) zurückgewiesen werden. Die Sachdienlichkeit bzw. Entscheidungserheblichkeit der neu beantragten Feststellungen für die Ausgangsverfahren wäre zu verneinen.

 

Dr. Lohmann

Richter
am Oberlandesgericht

Dr. Lanzius

Richter
am Amtsgericht

Dr. Leverenz

Richter
am Oberlandesgericht

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