BS INVEST Gesellschaft für Beteiligungsvermittlung mbH & Co. KG
Hanseatisches OberlandesgerichtAz.: 14 Kap 3/18 Beschluss – In der Sache Roland Framhein, Heimburgstraße 3, 22609 Hamburg – Musterkläger –Prozessbevollmächtigte: gegen
– Musterbeklagte –
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– Musterbeklagte –Prozessbevollmächtigte zu 1 – 4: Nebenintervenient zu 2: Prozessbevollmächtigte: Nebenintervenientin zu 1 – 4: Prozessbevollmächtigte: Nebenintervenientin zu 1 – 4: Prozessbevollmächtigte: – beschließt das Hanseatische Oberlandesgericht – 14. Zivilsenat – durch den Richter am Oberlandesgericht Dr. Lohmann, den Richter am Amtsgericht Dr. Lanzius und den Richter am Oberlandesgericht Dr. Leverenz am 25.05.2021: –
– Gründe:– I. Unabhängig davon, ob die vom Musterkläger beanstandeten und in der Verhandlung vom 26.03.2021 erörterten Prospektfehler vorliegen, sind die im Beschluss vom 26.03.2021 neu gefassten Feststellungsziele 1.) bis 3.) unter Berücksichtigung der neueren Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH, Beschluss vom 19. Januar 2021 – XI ZB 35/18 –, Rn. 20 ff., juris) bereits dann gegenstandslos, wenn eine Haftung der Musterbeklagten als (Rechtsnachfolger der) Gründungsgesellschafter aus §§ 311 Abs. 2, 141 Abs. 2, 280 Abs. 1 BGB nicht auf die Verwendung eines Prospekts als solche gestützt werden kann. Die vom Musterkläger und den Beigeladenen in den Ausgangsverfahren geltend gemachte Prospekthaftung im weiteren Sinne wird durch die für Prospektverantwortliche geltenden Regelungen der spezialgesetzlichen Prospekthaftung (§ 13 VerkProspG, §§ 44 ff. BörsG a.F.) verdrängt. Diese unterliegt der von den Musterbeklagten erhobenen Verjährungseinrede. Entscheidend ist damit, ob die Musterbeklagten zu 1) bis 4) Prospektverantwortliche im Sinne von § 44 Abs. 1 Satz 1 BörsG a.F. sind. 1. Neben denjenigen, die für den Prospekt die Verantwortung übernommen haben, haften auch diejenigen Personen und Unternehmen für wesentliche Prospektunrichtigkeiten oder -unvollständigkeiten, von denen der Erlass des Prospekts bzw. die wirtschaftliche Initiative ausgeht und die hinter dem Prospekt stehen und seine eigentlichen Urheber sind. „Veranlasser ist, wer hinter dem Emittenten steht und neben der Geschäftsleitung besonderen Einfluss ausübt. … ; insbesondere sollen auch Konzernmuttergesellschaften in die Haftung einbezogen werden …“ Von „einer Prospektverantwortlichkeit eines Hintermannes“ ist „unter anderem dann auszugehen, wenn dieser auf die Konzeption des konkreten, mit dem Prospekt beworbenen und vertriebenen Modells maßgeblich Einfluss genommen hat und damit letztendlich auch für die Herausgabe des Prospektes verantwortlich ist. Dabei können die gesellschaftsrechtliche Funktion des Hintermannes sowie ein erhebliches wirtschaftliches Eigeninteresse für eine Einflussnahme auf die Konzeption des Modells sprechen. Nicht entscheidend ist, ob eine Mitwirkung unmittelbar bei der Gestaltung des Prospektes gegeben ist; ausschlaggebend dagegen ist, ob der Prospekt mit Kenntnis des Verantwortlichen in den Verkehr gebracht worden ist“ (BGH, Beschluss vom 19. Januar 2021 – XI ZB 35/18 –, Rn. 24, juris). 2. Nach diesen Maßstäben dürften die Musterbeklagten zu 1) und 2), nach dem bisherigen Parteivortrag aber nicht die Musterbeklagte zu 4) als Prospektverantwortliche oder „Veranlasser“ anzusehen sein. Für die Musterbeklagte zu 3) ist zweifelhaft, ob sie eine mit den Musterbeklagten zu 1) und 2) vergleichbare Stellung innehatte. Anknüpfungspunkte für ein erhebliches wirtschaftliches Eigeninteresse der Musterbeklagten an der Konzeption des Anlagemodells folgen daraus, dass die Musterbeklagten nicht nur Gründungsgesellschafterinnen der Beteiligungsgesellschaften sind, sondern darüber hinaus vertragliche und gesellschaftsrechtliche Verflechtungen der Musterbeklagten untereinander sowie mit den vier Einschiffgesellschaften bestehen: a) Die Emittentinnen sind jeweils Konzernunternehmen der „SCHULTE Gruppe“ (Seite 15 des Prospekts), an deren Spitze die Musterbeklagte zu 1) steht. Die Musterbeklagte zu 1) ist des Weiteren die „Muttergesellschaft“ der anderen – ebenfalls in der „SCHULTE Gruppe“ angesiedelten – Gründungsgesellschaften (Seiten 15 und 25 des Prospekts) und der persönlich haftenden Gesellschafterinnen der Beteiligungsgesellschaften (Seite 70 des Prospekts). Sie ist auch an weiteren Partnern des Beteiligungsangebots beteiligt (Seite 15 des Prospekts). So war die Musterbeklagte zu 1)
Ferner agierte die Musterbeklagte zu 1) als vorbereitender Bereederer (Seiten 10, 20, 44, 71 und 80 des Prospekts) und Platzierungsgarantin (Seiten 9, 10, 44, 50, 65, 68 und 80 des Prospekts). Daneben übernahm sie die Gewährung von Kontokorrentkrediten und die Finanzierung der Anzahlungsraten der Schiffskaufpreise (Seiten 68 und 71 des Prospekts). b) Die Musterbeklagte zu 2) war als Tochter der Musterbeklagten zu 1) Anbieterin der Beteiligungsgesellschaften (Seiten 4, 10, 45 und 80 des Prospekts). Sie übernahm die Auswahl und Vermittlung der Schiffe (Seite 20 des Prospekts). Sie wird im Prospekt als Prospektverantwortliche genannt (Seiten 5 und 21). Sie hielt zudem als Gründungsgesellschafterin jeweils eine Kommanditbeteiligung in Höhe von € 13.000,- (von bei Prospektlegung gezeichneten € 400.000,-) an den Schiffsgesellschaften. c) Die Musterbeklagte zu 3) ist Rechtsnachfolgerin der Gründungsgesellschafterin Vorsetzen Bereederungs- und Schiffahrtskontor GmbH & Co. KG (VBSK), die „Tochter“ der Musterbeklagten zu 1) und „Schwester“ der prospektverantwortlichen Musterbeklagten zu 2) war. Die Rechtsvorgängerin der Musterbeklagten zu 3) fungierte als Vertragsreeder (Seiten 6, 10, 40, 44, 68, 80 und 107 ff. des Prospekts). Als Vergütung erhielt sie einen Betrag in Höhe von 2 % der Charter- und Frachteinnahmen sowie eine erfolgsabhängige Vergütung in Höhe von 3,5 % des jährlichen Betriebsergebnisses der Schiffsgesellschaften (§ 5 des Bereederungsvertrages, S. 109 des Prospekts). Ihre Kommanditbeteiligung an den vier Schiffsgesellschaften betrug jeweils € 100.000,- von den bei Prospektlegung jeweils gezeichneten € 400.000,- (= 25 %). d) Die Musterbeklagte zu 4) unterhielt als Gründungsgesellschafterin jeweils eine Kommanditbeteiligung an den Schiffsgesellschaften in Höhe von € 1.000,- (von bei Prospektlegung jeweils gezeichneten € 400.000,-). Sie war „Tochter“ der Musterbeklagten zu 1) und „Schwester“ der prospektverantwortlichen Musterbeklagten zu 2); ihr Geschäftsführer war als Prokurist bei der Musterbeklagten zu 1) und bei verschiedenen Gesellschaften der Schulte-Gruppe tätig (Seite 47 des Prospekts). Die Musterbeklagte fungierte als Treuhänderin (Seiten 10, 21, 47, 65, 80 und 103 ff. des Prospekts). Sie erhielt – neben einer jährlichen Vergütung (Seite 69 des Prospekts) – eine einmalige Vergütung in der Investitionsphase (Seite 68 des Prospekts; ferner § 7 Nr. 7 d) des Gesellschaftsvertrages, Seite 91 des Prospekts, und § 9 des Treuhandvertrages, Seite 106 des Prospekts). II. Die Feststellungsanträge zu Ziffern 4.) und 5.) des Vorlagebeschlusses des Landgerichts dürften unbegründet sein, wenn und soweit die Musterbeklagten zu 1) bis 4) Prospektverantwortliche bzw. „Veranlasser“ sein sollten. III. Im Verhältnis zu den Prospektverantwortlichen und „Veranlassern“ müssten auch die vom Musterkläger (hilfsweise) beantragten Erweiterungen des Feststellungsziels zu 2.) (siehe Schriftsatz vom 06.05.2021, Seiten 6 und 8 f.) sowie der Hilfsantrag auf Erweiterung um ein weiteres Feststellungsziel (Seiten 12 f. des Schriftsatzes vom 06.05.2021) zurückgewiesen werden. Die Sachdienlichkeit bzw. Entscheidungserheblichkeit der neu beantragten Feststellungen für die Ausgangsverfahren wäre zu verneinen. –
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