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Bürger packt eure Pässe ein, sonst wird es teuer – EuGH bestätigt Pflicht zum Mitführen eines Passes bei Reisen in der EU

mohamed_hassan (CC0), Pixabay
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beck aktuell berichtet, dass es einen Finnen erwischt hatte, der bei der Einreise aus dem Ausland seinen Pass nicht dabei hatte. Jetzt sollte er Strafe bezahlen.

Finne hatte bei Wiedereinreise Pass nicht dabei

Ein Finne reiste im August 2015 an Bord eines Vergnügungsboots von Finnland nach Estland und zurück. Während dieser Reise durchquerte er die internationalen Gewässer zwischen Finnland und Estland. Er besaß zwar einen gültigen finnischen Pass, führte diesen jedoch während dieser Reise nicht mit sich. Daher konnte er sich bei einer Grenzkontrolle bei seiner Rückkehr nicht ausweisen. Seine Identität konnte jedoch anhand seines Führerscheins festgestellt werden. Die finnische Staatsanwaltschaft leitete gegen den Mann wegen der Verletzung der Staatsgrenze in einem minder schweren Fall ein Strafverfahren ein. Denn nach finnischem Recht müssen finnische Staatsangehörige unter Androhung von strafrechtlichen Sanktionen einen gültigen Personalausweis oder Pass mit sich führen, wenn sie in einen anderen Mitgliedstaat reisen oder wenn sie aus einem anderen Mitgliedstaat in das Hoheitsgebiet Finnlands einreisen, ohne dass es auf das benutze Verkehrsmittel und den gewählten Weg ankommt.

Hohe Geldstrafe als Sanktion mit Unionsrecht vereinbar?

In erster Instanz wurde zwar eine Straftat festgestellt, das finnische Gericht verhängte aber keine Strafe, weil es sich um eine minder schwere Straftat gehandelt habe und die dafür zu berechnende Geldstrafe überhöht gewesen wäre: Die für das Überschreiten der Staatsgrenze ohne gültigen Personalausweis oder Pass in einem minder schweren Fall vorgesehene Geldstrafe beträgt in der Regel 20% des monatlichen Nettoeinkommens des Täters (hier: 95.250 Euro). Nach gescheiterter zweiter Instanz legte die Staatsanwaltschaft Rechtsmittel beim obersten finnischen Gerichtshof ein. Dieses Gericht rief dann den EuGH an, um klären zu lassen, ob eine solche Geldstrafe als Sanktion für das Überschreiten der Staatsgrenze ohne gültigen Personalausweis oder Pass mit dem Recht der Unionsbürger auf Freizügigkeit nach Art. 21 AEUV1 vereinbar ist.

EuGH: Sanktionsbewehrte Pflicht zum Mitführen eines Passes zulässig

Der EuGH hält zunächst fest, dass ein Mitgliedstaat seine Staatsangehörigen verpflichten kann, einen Personalausweis oder Reisepass mitführen, wenn sie in einen anderen Mitgliedstaat reisen oder aus einem anderen Mitgliedstaat in ihren Mitgliedstaat einreisen. Dies diene der Umsetzung der Freizügigkeitsrichtlinie 2004/38/EG, wonach die Ausübung des Rechts der EU-Staatsangehörigen, sich in einen anderen Mitgliedstaat zu begeben, davon abhänge, dass sie eines dieser beiden gültigen Dokumente bei sich tragen. Diese Formalität solle die Ausübung des Rechts auf Freizügigkeit durch problemlose Identifizierung bei möglichen Überprüfungen erleichtern. Durch eine entsprechende Verpflichtung trage ein Mitgliedstaat somit zur Einhaltung dieser Formalität bei. Verstöße gegen diese Formalität können die Mitgliedstaaten laut EuGH auch mit Sanktionen, auch mit strafrechtlichen, belegen, sofern die Grundsätze der Verhältnismäßigkeit und der Nichtdiskriminierung beachtet werden. Hinsichtlich „Rückkehrern“ stellt der EuGH aber klar, dass nur die Vorlage des Passes verlangt werden kann, davon aber nicht das Einreiserecht abhängig gemacht werden darf.

Aber unverhältnismäßig schwere Geldstrafe

Die Sanktion, die im finnischen Recht für das Überschreiten der Staatsgrenze ohne gültigen Personalausweis oder Reisepass in einem minder schweren Fall (Pass lediglich nicht mitgeführt) vorgesehen sei, beanstandet der EuGH aber als unangemessen. Zwar stehe es den Mitgliedstaaten frei, eine Geldstrafe zu verhängen, um den Verstoß gegen ein Formerfordernis in Bezug auf die Ausübung eines durch das Unionsrecht verliehenen Rechts zu ahnden, doch müsse diese Sanktion in angemessenem Verhältnis zur Schwere des Verstoßes stehen. Eine schwere Geldstrafe, wie etwa eine Geldstrafe, die 20% des durchschnittlichen Nettomonatseinkommens des Täters betrage, stehe nicht im Verhältnis zur Schwere des Verstoßes.

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