Die Bevölkerung nimmt tatsächlich ihr Demonstrationsrecht wahr. Das Handelsblatt berichtet über die Bürgerbewegung Finanzwende, die anlässlich der Versammlung der Geschädigten rund um Container-Investments auf das Versagen der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungen aufmerksam machte. Das Handelsblatt berichtet weiter: „Es ist eine der ersten Aktionen der vom Grünen-Bundestagsabgeordneten Gerhard Schick gegründeten Bürgerbewegung „Finanzwende“.“ Die Grünen hatten bereits im Parlament in Berlin die Bundesregierung versucht zu Aktivitäten zu bewegen. Diebewertung.de hatte darüber ausführlich berichtet.
Einen juristischen Vorstoß wagt hingegen der Berliner Rechtsanwalt Wolfgang Schirp der die BaFin verklagt hat. Die Rechtslage ist allerdings extrem schwierig.
Hier nochmals die Erläuterungen:
Derzeit droht die Insolvenz der auf Direktinvestments in Container spezialisierten P&R-Gruppe zum größten deutschen Anlageskandal der jüngeren Vergangenheit zu werden. Am 15. März
2018 haben drei Leasing- und Vertriebsfirmen der Container-Investmentfirma P&R aus Grünwald bei München Insolvenz beantragt. Am 26. April 2018 haben zwei weitere Gesellschaften der P&R Gruppe Insolvenzantrag gestellt. Am 17. Mai 2018 wurde bekannt, dass von 1,6 Millionen Containern wohl 1 Million Container gar nicht im Bestand von P&R sind. Betroffen sind über 50 000 Anleger. Die Anleger hatten die Möglichkeit sich an Schiffscontainern zu beteiligen und direkt Eigentum zu erwerben. Rendite sollte durch die Vermietung der Container erzielt werden. Dieses Modell ist schon deshalb problematisch, weil Schiffscontainer weltweit unterwegs sind und daher niemand sein Eigentum und dessen Verwertung kontrollieren konnte (anders z.B. bei einem Herzschrittmacher oder einer Armbanduhr)… Die Grünen wundern sich, dass die Aufsichtsbehörde nichts unternommen habe, da doch auch schon vor dem Insolvenzantrag beispielsweise die Stiftung Warentest in ihrer Zeitschrift „Finanztest“ vom Juli 2017 vor P&R und berichtete über massive Mietunterdeckungen von jährlich knapp 200 Mio. Euro. Damit
wurde die Tragfähigkeit des Geschäftsmodells öffentlich in Frage gestellt. Eine direkte Reaktion der Aufsichtsbehörden dazu gab es aber anscheinend nicht, so die Grünen im Bundestag und wünschen Aufklärung von der Bundesregierung. Diese hat nun geantwortet.
Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistung hat laut Bundesregierung korrekt gehandelt
Anhand von konkreten Fragen der Prospekte der Anlageentscheidung versuchen die Grünen herauszufinden, ob die Aufsicht funktioniert hat. Diese Fragen beantwortet die Bundesregierung ausführlich und stellt anhand der Rechtsgrundlagen den Prüfungsmaßstab der Behörde da.
Prospekte formal in Ordnung
Die Prospekte seien korrekt, eine Nachschußpflicht im Sinne eines Gesetzes zur Prospektprüfung bestehe nicht. Es seien Container, die im Eigentum der Anleger stehen. Das sei keine verbotene Nachschußpflicht, sondern Ausdruck der zivilrechtlichen Eigentümerstellung. Auch die Frage nach dem Alter der Container sei nicht prospektpflichtig. Und so weiter und so weiter.
Blinder Fahrlehrer prüft den Führerscheinneuling
Das System beschreibt die Bundesregierung ungefähr so. Es sei durch einen blinden Fahrlehrer durch eine Riechprobe bei dem Führerscheinbewerber und das Abtasten des Körpers festzustellen, ob dieser am Straßenverkehr teilnehmen dürfe. Das sei bekanntlich in der Führerscheinausbildungsverordnung so vorgesehen. Oder juristisch vornehmer formuliert: „Die BaFin überprüft die Vollständigkeit, Verständlichkeit und Kohärenz des Verkaufsprospektes, nicht aber das Produkt bzw. die Werthaltigkeit der Vermögensanlage und die diese ausmachenden Faktoren. Dementsprechend nimmt sie keinen Abgleich der Gegebenheiten von Märkten bzw. Marktpreisen oder der Werthaltigkeit von Anlageobjekten der Realwirtschaft, die je nach Geschäftsbereich
und Anlageobjekt von unterschiedlichsten Faktoren, womöglich in manchen Fällen auch dem Alter, abhängig sein kann, mit den Angaben im Prospekt vor.“
Eindrucksvoll bestätigt die Behörde, dass ihre Beamten im Grunde nur als Korrekturassistenten für die deutsche Sprache tätig werden.
„Ebenfalls nicht zum Umfang der Kohärenzprüfung gehört die Beurteilung, ob das dargestellte Produkt angemessen oder plausibel ist. Eine Prüfung der inhaltlichen
Richtigkeit von Prospektangaben findet nach dem gesetzlich festgelegten Rahmen der Prospektprüfung also nicht statt und ist auch nicht möglich. Folglich wird
weder die Bonität des Emittenten überprüft noch die Seriosität oder die Funktionsfähigkeit bzw. wirtschaftliche Tragfähigkeit seines Geschäftsmodells. Dementsprechend
findet daher auch keine Bilanzanalyse der Finanzzahlen im Prospekt statt. Ebenso wenig beurteilt die BaFin die Erfolgswahrscheinlichkeit eines
Produkts. Sie prüft auch nicht die einer Prognose zugrunde liegenden Annahmen. Durch die Prospektprüfung können negative Marktentwicklungen oder unternehmerische
Fehlentscheidungen von Anbietern und Emittenten von Vermögensanlagen nicht verhindert werden.“
Aufsicht über Geschäftsbetrieb nicht vorgesehen – auch bei Auffälligkeiten
Die Bundesregierung räumt ein, dass „sogenannte Sonderprüfungen sind nur bei Unternehmen wie beispielsweise Banken zulässig seien, die erlaubnispflichtige Tätigkeiten erbringen
und daher der laufenden Aufsicht der BaFin unterliegen. Emittenten von Vermögensanlagen unterliegen als solche nicht der laufenden Aufsicht der BaFin, da mit der Prospektprüfung keine Erlaubnis der Geschäftstätigkeit verbunden ist.“
Die Bundesregierung erläutert, dass jeder Prospekt ca. 150 Stunden von Beamten geprüft wird. Die Bevölkerung fragt: wozu gibt es eine Aufsicht und eine Behörde, die gar keine Aufsicht vornimmt. Details hier: http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/19/042/1904203.pdf
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