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Bundesgerichtshof entscheidet zu den Strafzumessungsumständen der fremdenfeindlichen Beweggründe und Ziele

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Urteil vom 20. August 2020 – 3 StR 40/20

Das Landgericht Koblenz hat den Angeklagten wegen gemeinschädlicher Sachbeschädigung sowie Verstoßes gegen das Uniformverbot nach dem Versammlungsgesetz verurteilt. Von Strafe hat es abgesehen. Zuvor hatte es das Verfahren wegen der gegen den Angeklagten erhobenen Vorwürfe der mitgliedschaftlichen Beteiligung an einer kriminellen Vereinigung eingestellt. Auf die Revision der Staatsanwaltschaft hat der Bundesgerichtshof das Urteil im Strafausspruch aufgehoben und die Sache an das Landgericht zurückverwiesen.

 

Nach den vom Landgericht getroffenen Feststellungen besprühten der Angeklagte und seine Komplizen in der Nacht vom 19. auf den 20. Juli 2011, um Propaganda für ihre politische Anschauung zu betreiben, vier Schulgebäude mit zahlreichen Graffitiparolen an, so etwa mit „Hitzefrei statt Völkerbrei“, „Die Deutsche Jugend wehrt sich“ und „Bad G. bleibt deutsch“. In den späten Abendstunden des 8. November 2011 beteiligte sich der Angeklagte an dem sog. „Marsch der Unsterblichen“, einer damals neuen Aktionsform der rechten Szene. Hinter einem Banner mit der Aufschrift „Volkstod stoppen“ marschierten die Teilnehmer mit brennenden Fackeln durch eine Innenstadt und skandierten Parolen, unter anderem „frei, sozial und national“. Absprachegemäß trugen sie weiße Gesichtsmasken und dunkle Kleidungsstücke, die aufgrund der Lichtverhältnisse einheitlich schwarz wirkten. Der Aufmarsch erweckte den Eindruck einer Militärformation und erinnerte an Fackelzüge des „Dritten Reichs“.

 

Der für Staatsschutzstrafsachen zuständige 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat die Strafzumessung als durchgreifend rechtsfehlerhaft beanstandet, weil die Staatsschutzkammer keine Gesamtabwägung der strafzumessungsrelevanten Umstände vorgenommen hat. Vielmehr hat sie allein strafmildernde Gesichtspunkte in den Blick genommen, insbesondere die Belastungen für den Angeklagten infolge der langen Verfahrensdauer und die mit der Untersuchungshaft verbundenen besonderen Nachteile. Dagegen hat sie eine fremdenfeindliche Tatmotivation des Angeklagten unberücksichtigt gelassen. Wie die Vorschrift des § 46 Abs. 2 StGB in der Fassung vom 12. Juni 2015 nunmehr ausdrücklich regelt, sind rassistische, fremdenfeindliche oder sonstige menschenverachtende Beweggründe und Ziele indes regelmäßig strafzumessungsrechtlich beachtlich. Das gilt auch für Taten, die bereits vor dem Inkrafttreten des Gesetzesänderung begangen wurden, weil diese lediglich klarstellende Bedeutung hatte. Berücksichtigung kann allerdings nicht die Gesinnung als solche finden. Die Einstellung des Täters ist vielmehr nur dann von Bedeutung, wenn sie in der Tat zum Ausdruck kommt. Dies war hier nach den Feststellungen der Fall.

 

Über die Rechtsfolgen der Taten muss infolgedessen durch eine andere Strafkammer des Landgerichts neu entschieden werden.

 

Vorinstanz:

 

LG Koblenz – 2090 Js 29752/10 12 KLs – Urteil vom 16. Juli 2019

 

Maßgebliche Vorschriften:

 

  • 46 – Grundsätze der Strafzumessung

 

(1) 1Die Schuld des Täters ist Grundlage für die Zumessung der Strafe. 2Die Wirkungen, die von der Strafe für das künftige Leben des Täters in der Gesellschaft zu erwarten sind, sind zu berücksichtigen.

 

(2) 1Bei der Zumessung wägt das Gericht die Umstände, die für und gegen den Täter sprechen, gegeneinander ab. 2Dabei kommen namentlich in Betracht:

 

die Beweggründe und die Ziele des Täters, besonders auch rassistische, fremdenfeindliche oder sonstige menschenverachtende,

 

die Gesinnung, die aus der Tat spricht, und der bei der Tat aufgewendete Wille,

 

 

(3) …

 

  • 60 – Absehen von Strafe

 

1Das Gericht sieht von Strafe ab, wenn die Folgen der Tat, die den Täter getroffen haben, so schwer sind, dass die Verhängung einer Strafe offensichtlich verfehlt wäre. 2Dies gilt nicht, wenn der Täter für die Tat eine Freiheitsstrafe von mehr als einem Jahr verwirkt hat.

 

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