Bundeskriminalamt
Bekanntmachung
eines Feststellungsbescheides
nach § 2 Absatz 5 in Verbindung mit § 48 Absatz 3 des Waffengesetzes (WaffG)
zur waffenrechtlichen Beurteilung des Gegenstands
„Assassin’s Creed Hidden Blade“
Vom 27. September 2023
Auf Grund des § 2 Absatz 5 WaffG vom 11. Oktober 2002 (BGBl. I S. 3970, 4592; 2003 I S. 1957), das zuletzt durch Artikel 228 der Verordnung vom 19. Juni 2020 (BGBl. I S. 1328) geändert worden ist, erging am 5. September 2023 der folgende
Feststellungsbescheid
Gegenstand dieser Entscheidung nach § 2 Absatz 5 WaffG ist der vorgelegte Gegenstand „Assassin’s Creed Hidden Blade“.
Beschreibung:
Bei dem Antragsgegenstand handelt es sich um eine Art Klingeneinrichtung beziehungsweise Konstruktion, die mittels angebrachter Klettbänder (ca. 2 cm breit und ca. 35 cm lang) an der Unterseite des Unterarms befestigt wird. Mit „eingefahrener“ Klinge beträgt die Gesamtlänge des Gegenstands circa 26 cm. Aus dem vorderen Ende der Konstruktion ragt eine Stahlsehne heraus, an deren Ende ein Fingerring befestigt ist. Durch Zug an der Stahlsehne wird ein Mechanismus ausgelöst, der eine circa 19 cm lange Klinge aus der Konstruktion hervorschnellen lässt. Der Mechanismus ist mit dem eines Springmessers vergleichbar.
Die Klinge ist circa 22,3 mm breit und hat eine Stärke von circa 1,6 mm. Sie ist gerade, nicht angeschliffen und verjüngt sich im vorderen Bereich (ca. 5 cm) zu einer Spitze. Zudem ist sie über die gesamte Länge in der Klingenmitte mit einem ca. 3,3 mm breiten Schlitz ausgestattet, der etwa 31 mm von der Spitze entfernt endet.
Wie bei einem Springmesser lässt sich auch die Klinge des Antragsgegenstands über einen entsprechenden Mechanismus wieder „einfahren“.
Abbildung 1: „Assassin’s Creed Hidden Blade“, Trageweise Unterarm, eingefahrene Klinge
Abbildung 1: „Assassin’s Creed Hidden Blade“, Trageweise Unterarm, eingefahrene Klinge
Abbildung 2: „Assassin’s Creed Hidden Blade“, Trageweise Unterarm, ausgefahrene Klinge
Abbildung 2: „Assassin’s Creed Hidden Blade“, Trageweise Unterarm, ausgefahrene Klinge
Abbildung 3: „Assassin’s Creed Hidden Blade“, Seitenansicht, eingefahrene Klinge
Abbildung 3: „Assassin’s Creed Hidden Blade“, Seitenansicht, eingefahrene Klinge
Dem vorliegenden Antrag zufolge werden derartige Konstruktionen in vielfältiger Form im Internet unter der oben genannten Bezeichnung „Assassin’s Creed Hidden Blade“ angeboten. Sie werden dort zum Teil als Spielgerät für Rollenspiele oder Kostümpartys beworben. Herstellerangaben zur Wesensbestimmung sind im vorliegenden Fall jedoch nicht bekannt.
Nach dem Kenntnisstand des Bundeskriminalamtes (BKA) basiert die Bezeichnung auf dem gleichnamigen Videospiel beziehungsweise der Videospielreihe „Assassin’s Creed“ des Entwicklungsstudios Ubisoft Montreal. Der Hauptprotagonist des Videospiels verfügt über eine vergleichbare, am Handgelenk verborgene, Waffe mit einer Dolch-Klinge. Das entsprechende Logo des Videospiels findet sich auf dem Antragsgegenstand wieder.
Der Gegenstand ist vergleichsweise massiv und schwer. Die Klinge hingegen ist durch den längsverlaufenden Schlitz instabil und im ausgefahrenen Zustand wackelig beziehungsweise lose. Zudem sind die angebrachten Klettbänder wenig geeignet, den Antragsgegenstand fest am Unterarm anzubringen. Hierzu sind die Bänder zu dünn und zu kurz.
Beurteilung:
Es ist zu prüfen und zu beurteilen, ob es sich bei dem vorgelegten Gegenstand um eine Waffe im Sinne der Definitionen des § 1 Absatz 2 Nummer 2 WaffG handelt. Zudem ist zu prüfen, ob der Gegenstand den waffenrechtlichen Verboten der Anlage 2 Abschnitt 1 unterliegt. Abschließend ist zu prüfen, ob es sich um einen Gegenstand im Sinne des § 42a Absatz 1 WaffG handelt.
1.
§ 1 Absatz 2 Nummer 2 Buchstabe a WaffG
Nach § 1 Absatz 2 Nummer 2 Buchstabe a WaffG sind Waffen tragbare Gegenstände, die ihrem Wesen nach dazu bestimmt sind, die Angriffs- oder Abwehrfähigkeit von Menschen zu beseitigen oder herabzusetzen, insbesondere Hieb- und Stoßwaffen. Hieb- und Stoßwaffen sind Gegenstände, die ihrem Wesen nach dazu bestimmt sind, unter unmittelbarer Ausnutzung der Muskelkraft durch Hieb, Stoß, Stich, Schlag oder Wurf Verletzungen beizubringen.
2.
§ 1 Absatz 2 Nummer 2 Buchstabe b WaffG
Nach § 1 Absatz 2 Nummer 2 Buchstabe b WaffG sind Waffen tragbare Gegenstände, die, ohne dazu bestimmt zu sein, insbesondere wegen ihrer Beschaffenheit, Handhabung oder Wirkungsweise geeignet sind, die Angriffs- oder Abwehrfähigkeit von Menschen zu beseitigen oder herabzusetzen, und die im WaffG genannt sind.
3.
§ 2 Absatz 3 WaffG
Nach § 2 Absatz 3 WaffG ist der Umgang mit Waffen oder Munition, die in der Anlage 2 Abschnitt 1 zu diesem Gesetz genannt sind, verboten.
4.
§ 42a Absatz 1 WaffG
Es ist verboten, Anscheinswaffen, Hieb- und Stoßwaffen nach Anlage 1 Abschnitt 1 Unterabschnitt 2 Nummer 1.1 oder Messer mit einhändig feststellbarer Klinge (Einhandmesser) oder feststehende Messer mit einer Klingenlänge über 12 cm zu führen.
Ergebnis der waffenrechtlichen Prüfung:
1.
Bei dem vorgelegten und oben beschriebenen Gegenstand „Assassin’s Creed Hidden Blade“ handelt es sich nicht um eine Waffe gemäß § 1 Absatz 2 Nummer 2 Buchstabe a WaffG in Verbindung mit Anlage 1 zu § 1 Absatz 4 WaffG Abschnitt 1 Unterabschnitt 2 Nummer 1.1.
2.
Bei dem vorgelegten und oben beschriebenen Gegenstand „Assassin’s Creed Hidden Blade“ handelt es sich nicht um eine Waffe gemäß § 1 Absatz 2 Nummer 2 Buchstabe b WaffG in Verbindung mit Anlage 1 zu § 1 Absatz 4 WaffG Abschnitt 1 Unterabschnitt 2 Nummer 2.1 ff.
3.
Bei dem vorgelegten und oben beschriebenen Gegenstand „Assassin’s Creed Hidden Blade“ handelt es sich nicht um eine verbotene Waffe gemäß der Anlage 2 zu § 2 Absatz 2 bis 4 WaffG Abschnitt 1 Nummer 1.3.
4.
Bei dem vorgelegten und oben beschriebenen Gegenstand „Assassin’s Creed Hidden Blade“ handelt es sich nicht um einen Gegenstand im Sinne des § 42a Absatz 1 WaffG.
Begründung:
1.
Nach einschlägiger Kommentierung und Rechtsprechung zum Waffenrecht ist bei der Zweck- bzw. Wesensbestimmung vor allem auf den Herstellerzweck abzustellen. Da dieser vorliegend nicht bekannt ist, sind objektive Kriterien der Konstruktion für die waffenrechtliche Einstufung heranzuziehen und die konstruktiven Merkmale für eine gesamtheitliche Betrachtung zusammenzuführen.
Aus Sicht des BKA ist die Waffeneigenschaft im Sinne des § 1 Absatz 2 Nummer 2 Buchstabe a WaffG in Verbindung mit Anlage 1 zu § 1 Absatz 4 WaffG Abschnitt 1 Unterabschnitt 2 Nummer 1.1, insbesondere auf Grund der objektiven Kriterien der Konstruktion, zu verneinen. Die Zwecktauglichkeit als Hieb- und Stoßwaffe ist auf Grund der oben dargestellten Ausgestaltung der Klinge und der Befestigung nicht gegeben.
Im Sinne der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum Waffengesetz zu Anlage 1 Abschnitt 1 Unterabschnitt 2 Nummer 1.1 sind keine Hieb- und Stoßwaffen solche Geräte, die zwar Hieb- und Stoßwaffen (§ 1 Absatz 2 Nummer 2 Buchstabe a in Verbindung mit Anlage 1 Abschnitt 1 Unterabschnitt 2 Nummer 1.1) nachgebildet, aber wegen abgestumpfter Spitzen und stumpfer Schneiden offensichtlich nur für den Sport (zum Beispiel Sportflorette, Sportdegen, hingegen nicht geschliffene Mensurschläger), zur Brauchtumspflege (zum Beispiel historisch nachgebildete Degen, Lanzen) oder als Dekorationsgegenstand (zum Beispiel Zierdegen, Dekorationsschwerter) geeignet sind.
Die Gesamtschau als Dekorationsgegenstand beziehungsweise als Nachbildung der Hieb- und Stoßwaffe aus dem oben genannten Videospiel erscheint überzeugend und begründet, sie lässt nicht auf eine Verwendung typischerweise als Waffe schließen.
2.
Waffen im nichttechnischen Sinne zeichnet aus, dass sie nicht dazu bestimmt sind, die Angriffs- oder Abwehrfähigkeit von Menschen zu beseitigen oder herabzusetzen, aber insbesondere wegen ihrer Beschaffenheit, Handhabung oder Wirkungsweise hierzu geeignet sind. Um hierbei eine sozial unangemessene Ausweitung des Geltungsbereichs des WaffG auf bloße Alltagsgegenstände zu verhindern, sind die Waffen im nichttechnischen Sinne ausdrücklich und abschließend in Anlage 1 zu § 1 Absatz 4 WaffG Abschnitt 1 Unterabschnitt 2 Nummer 2 aufgezählt. Hierzu zählen unter anderem Springmesser (siehe Nummer 2.1.1). Hierbei handelt es sich um Messer, deren Klingen auf Knopf- oder Hebeldruck hervorschnellen und hierdurch oder beim Loslassen der Sperrvorrichtung festgestellt werden können.
Zwar entspricht die grundsätzliche Funktionsweise des Antragsgegenstands der eines Springmessers, jedoch ist die Klinge wegen ihrer Beschaffenheit nicht dazu geeignet, die Angriffs- oder Abwehrfähigkeit von Menschen zu beseitigen oder herabzusetzen.
3.
Auf Grund der Ergebnisse zu den Nummern 1 und 2 kann dem vorliegenden Objekt auf Grund der Gesetzessystematik keine Verbotseigenschaft anhaften.
4.
Auf Grund der Ausgestaltung der Klinge des Antragsgegenstands handelt sich nicht um ein Einhandmesser im Sinne des WaffG.
Hinweise:
1.
Nach § 2 Absatz 5 Nummer 2 Satz 2 WaffG wurden die zuständigen Bundes- und Landesbehörden zu dem obigen Antrag angehört.
2.
Dieser Feststellungsbescheid bezieht sich auf den oben beschriebenen Gegenstand „Assassin’s Creed Hidden Blade“ und gilt nicht für dessen Modifikationen, Nachbauten etc.
Rechtsbehelfsbelehrung:
Gegen diesen Bescheid kann innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe Widerspruch erhoben werden. Der Widerspruch ist beim Bundeskriminalamt, 65173 Wiesbaden, einzulegen.
Wiesbaden, den 27. September 2023
SO 13–5164.01-Z-539
Bundeskriminalamt
Im Auftrag
Komárek
Kommentar hinterlassen