Kurz nach dem Start der neuen Legislaturperiode des Bundestages stand die aktuelle Sitzung des Bundesrates ganz im Zeichen europäischer Gesetzesinitiativen. Gleichzeitig nutzten die Länder das Plenum, um mit eigenen Vorstößen erste politische Signale an den Bundestag und die neue Bundesregierung zu senden.
Strengere Strafen für K.O.-Tropfen gefordert
Ein zentrales Thema war ein Gesetzentwurf aus Nordrhein-Westfalen, der das heimliche Verabreichen von K.O.-Tropfen künftig härter bestrafen soll. Anlass ist ein Urteil des Bundesgerichtshofs aus dem Jahr 2024, in dem die Tropfen nicht als „gefährliches Werkzeug“ eingestuft wurden – trotz ihrer gesundheitsgefährdenden Wirkung. Der Entwurf sieht vor, den Einsatz von Giften oder gesundheitsgefährdenden Stoffen bei Sexual- und Raubdelikten künftig der Verwendung von Waffen gleichzustellen. Dies würde eine Mindeststrafe von fünf Jahren ermöglichen. Der Vorschlag wurde zur weiteren Beratung in die zuständigen Ausschüsse überwiesen.
Länder fordern praxistauglichere Agrarpolitik
Mit Blick auf die Herausforderungen der Land- und Forstwirtschaft legte Rheinland-Pfalz eine Entschließung zur Vereinfachung der Agrarpolitik vor. Gefordert werden unter anderem der Abbau bürokratischer Hürden, klarere Rahmenbedingungen für Betriebe und eine zielgerichtete Anpassung der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) ab dem Jahr 2028. Auch Investitionen in Klimaanpassung, digitale Verwaltung und ein pragmatischer Umgang mit Pflanzenschutzmitteln gehören zu den Vorschlägen. Die Entschließung soll nach Ausschussberatung zu einem späteren Zeitpunkt im Plenum abgestimmt werden.
Wolfsmanagement: Bundesrat will EU-Schutzstatus lockern
Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern und Thüringen setzen sich in einer gemeinsamen Initiative für ein besseres Wolfsmanagement ein. Der Bundesrat fordert, dass sich die Bundesregierung auf EU-Ebene für eine Änderung des Schutzstatus des Wolfes einsetzt. Die steigende Zahl der Tiere führe besonders im ländlichen Raum zu Konflikten, heißt es. National solle der Wolf ins Jagdrecht aufgenommen werden, um flexible Maßnahmen zum Schutz der Nutztierhaltung zu ermöglichen.
80 Jahre Kriegsende: Bundesrat mahnt zu Frieden und Demokratie
In einer weiteren Entschließung erinnerte der Bundesrat an den 80. Jahrestag des Endes des Zweiten Weltkriegs am 8. Mai 1945. Er würdigte die Befreiung Europas vom Nationalsozialismus und rief zum entschlossenen Einsatz gegen Antisemitismus, Extremismus und Fremdenfeindlichkeit auf. Der Bundesrat betonte die besondere Verantwortung Deutschlands für Frieden und Freiheit in Europa und würdigte den Beitrag von Ländern und Kommunen zur europäischen Zusammenarbeit.
EU-Vorlagen im Fokus: Bürokratieabbau und Nachhaltigkeitsbericht
Im ersten Teil der Sitzung befasste sich die Länderkammer mit mehreren Vorlagen aus Brüssel. Unter anderem ging es um das Arbeitsprogramm der EU-Kommission unter dem Titel „Ein einfaches und schnelleres Europa“. Ziel ist eine deutliche Entlastung von Unternehmen – unter anderem durch verschobene Berichtspflichten bei der Nachhaltigkeitsberichterstattung (CSRD) und der Lieferkettenrichtlinie (CSDDD). Der Bundesrat begrüßt diese Maßnahmen und fordert deren zügige Umsetzung.
Kommunale Altschulden, Straßenverkehr und Digitalisierung
Zudem standen letzte Gesetzentwürfe der alten Bundesregierung zur Beratung an – darunter eine Grundgesetzänderung zur Übernahme kommunaler Altschulden durch den Bund sowie Änderungen am Straßenverkehrsgesetz mit Fokus auf das Anwohnerparken. Weiterhin stimmte der Bundesrat über vier Verordnungen ab, unter anderem zur Digitalisierung gerichtlicher Verfahren und zur Grundbucheinsicht bei Infrastrukturprojekten.
Transparenz und Beteiligung
Wie üblich wurde die Sitzung ab 9:30 Uhr live auf der Website des Bundesrates sowie in der Bundesrats-App übertragen. Einzelne Redebeiträge und Videos standen bereits am Vormittag in der Mediathek zur Verfügung. Über den Kurznachrichtendienst X wurde zeitnah über die Sitzung informiert.
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