Der Bundesrat hat sich in seiner heutigen Sitzung gleich zu mehreren europapolitischen und finanzpolitischen Themen geäußert. Im Mittelpunkt standen das Arbeitsprogramm der EU-Kommission für 2025, Vorschläge zur Entlastung von Unternehmen bei Nachhaltigkeits- und Sorgfaltspflichten sowie eine geplante Grundgesetzänderung zur Unterstützung hochverschuldeter Kommunen.
EU-Kommission will Regelungen vereinfachen – Bundesrat fordert umfassenden Ansatz
Unter dem Titel „Gemeinsam vorankommen: Eine mutigere, einfachere und schnellere Union“ hat die EU-Kommission ihr Arbeitsprogramm für das Jahr 2025 vorgestellt. Im Zentrum stehen Maßnahmen zur Vereinfachung von EU-Vorschriften, schnellere Umsetzungen sowie eine bessere Handhabung auf nationaler Ebene. Die Kommission kündigte unter anderem sogenannte „Omnibus“-Vereinfachungsvorschläge an, mit denen Rechtsvorschriften effizienter und verständlicher gestaltet werden sollen.
In seiner Stellungnahme begrüßt der Bundesrat diese Pläne ausdrücklich, fordert jedoch einen umfassenden Ansatz, der über Einzelmaßnahmen hinausgeht. Die Kommission solle jene Vorschläge priorisieren, die rasch und systematisch umsetzbar seien.
Besonders hervorgehoben wurde die Bedeutung von Entlastungen für kleine und mittlere Unternehmen (KMU). Diese seien mit über 99 % aller Unternehmen das Rückgrat der europäischen Wirtschaft, verfügten aber im Vergleich zu Großunternehmen über geringere Verwaltungskapazitäten und seien besonders von Berichtspflichten betroffen.
Kritik an Bürokratie: Wettbewerbsfähigkeit in Gefahr
In ihrer Mitteilung verweist die Kommission auf den Draghi-Bericht von 2024, der eine wachsende regulatorische Belastung als Risiko für die europäische Wettbewerbsfähigkeit beschreibt. Der Bundesrat teilt diese Einschätzung und unterstützt daher die geplanten Maßnahmen – wie etwa die Einführung eines „Realitäts-Checks“ durch Unternehmensfeedback, die Vereinfachung des EU-Finanzrahmens sowie Eignungsprüfungen und Stresstests für bestehende Regelungen.
Nachhaltigkeitsberichterstattung: Bundesrat befürwortet Aufschub
Zudem nahm der Bundesrat Stellung zu einem Vorschlag der EU-Kommission, die Pflichten zur Nachhaltigkeitsberichterstattung (CSRD) und die Sorgfaltspflichten entlang der Lieferkette (CSDDD) zeitlich anzupassen. Ziel ist es, insbesondere kleinere und mittlere Unternehmen von übermäßiger Bürokratie zu entlasten und Rechtsklarheit herzustellen.
Die Länder begrüßen diesen Schritt. Die Kommission schlägt vor, den Geltungsbeginn einiger Regelungen der CSRD bis 2028 zu verschieben. Dadurch würden etwa 80 % der bisher betroffenen Unternehmen aus dem Anwendungsbereich herausgenommen. Auch die Anforderungen der Lieferkettenrichtlinie sollen vereinfacht und deren Anwendung um ein Jahr auf Juli 2028 verschoben werden.
Der Bundesrat fordert die Bundesregierung auf, sich auf EU-Ebene für eine zügige Umsetzung einzusetzen und dafür zu sorgen, dass die neuen Anwendungsfristen verbindlich geregelt werden. Bis dahin sei unklar, welche Pflichten ab 2027 konkret auf Unternehmen zukommen.
Grundgesetzänderung: Bund soll Kommunen bei Altschulden helfen dürfen
Ein weiteres Thema war die geplante Grundgesetzänderung zur kommunalen Altschuldenhilfe. Der Bundesrat erhob keine Einwände gegen den Entwurf, der der Bundesregierung noch aus der vorherigen Legislaturperiode vorliegt. Die Änderung würde es dem Bund ermöglichen, einmalig die Hälfte der Liquiditätskredite überschuldeter Kommunen zu übernehmen, sofern das jeweilige Bundesland zuvor seine Kommunen vollständig entschuldet hat.
Laut Gesetzesbegründung belaufen sich die kommunalen Altschulden auf rund 31 Milliarden Euro. Der hohe Schuldenstand, verbunden mit struktureller Schwäche, gefährde die Handlungsfähigkeit vieler Städte und Gemeinden. Die Bundesregierung betont, dass die Länder zugleich für eine nachhaltige Finanzausstattung der Kommunen sorgen müssten, um ein erneutes Anwachsen solcher Schuldenberge zu verhindern.
Ausblick
Die Bundesregierung wird die Stellungnahmen des Bundesrats bei der Ausarbeitung ihrer eigenen Position berücksichtigen und kann nun entscheiden, ob sie das Vorhaben zur Grundgesetzänderung dem neu gewählten Bundestag vorlegt. Die Hinweise des Bundesrates zur EU-Gesetzgebung wurden sowohl an die Bundesregierung als auch direkt an die EU-Kommission übermittelt.
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