Mit Beschluss vom 09. April 2024 hat der Zweite Senat des Bundesverfassungsgerichts entschieden, dass § 37 Abs. 1 Nr. 5 des Landesbeamtengesetzes Nordrhein-Westfalen (LBG NRW) in den Fassungen vom 21. April 2009 und vom 14. Juni 2016 mit Art. 33 Abs. 5 des Grundgesetzes (GG) unvereinbar und nichtig ist. Diese Vorschrift erlaubte die jederzeitige Versetzung von Polizeipräsidenten in den einstweiligen Ruhestand.
Der Kläger des Ausgangsverfahrens, der ehemalige Polizeipräsident von Köln, wurde im Januar 2016 nach den Ereignissen der „Kölner Silvesternacht“ 2015/2016 in den einstweiligen Ruhestand versetzt. Das Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen setzte das Verfahren aus und legte die Frage der Verfassungsmäßigkeit des § 37 Abs. 1 Nr. 5 LBG NRW dem Bundesverfassungsgericht vor.
Das Bundesverfassungsgericht urteilte, dass diese Regelung gegen das Lebenszeitprinzip verstößt, das im Art. 33 Abs. 5 GG verankert ist. Dieses Prinzip sichert die Unabhängigkeit der Beamten und schützt sie vor willkürlicher Entlassung. Die Einstufung von Polizeipräsidenten als politische Beamte, die eine Versetzung in den einstweiligen Ruhestand ohne weiteres ermöglicht, war nicht durch besondere Anforderungen des Amtes gerechtfertigt.
Ein Polizeipräsident in Nordrhein-Westfalen leitet eine von 18 Kreispolizeibehörden, die für die Gefahrenabwehr, die Strafverfolgung und die Verkehrsüberwachung zuständig sind. Diese Position erfordert keine fortwährende Übereinstimmung mit den politischen Zielen der Landesregierung, wie es für politische Beamte typisch wäre. Die Aufgaben und Entscheidungsräume eines Polizeipräsidenten rechtfertigen nicht die Durchbrechung des Lebenszeitprinzips.
Die organisatorische Struktur und die Kommunikationspflichten der Polizeipräsidenten in Nordrhein-Westfalen unterstützen ebenfalls nicht die Einstufung als politische Beamte. Meldungen über wichtige Ereignisse gehen an höhere Behörden, was die Entscheidungsgewalt der Polizeipräsidenten einschränkt und die Notwendigkeit eines besonderen politischen Vertrauensverhältnisses zur Regierung in Frage stellt. Darüber hinaus sind auch Landräte in Nordrhein-Westfalen Leiter von Kreispolizeibehörden und unterliegen nicht der Versetzungsmöglichkeit in den einstweiligen Ruhestand.
Der Beschluss des Bundesverfassungsgerichts unterstreicht die Bedeutung des Lebenszeitprinzips im Beamtenrecht und schützt Polizeipräsidenten vor politisch motivierten Personalentscheidungen. Das Urteil ist wegweisend für die zukünftige Ausgestaltung des Beamtenrechts in Deutschland.
Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Die Verteidigung und die Generalstaatsanwaltschaft München haben die Möglichkeit, Revision beim Bundesgerichtshof einzulegen.
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