Das Bundesverfassungsgericht nimmt aktuell zwei Verfassungsbeschwerden zum Anlass, die laxe Praxis von Gerichten im Bereich Presserecht zu rügen.Die Landgerichte gingen zu Lasten der Journalisten zu weit. Aufmerksame Leser wundern sich: morgens steht etwas in der Zeitung oder im Internet und einige Tage später ist das Thema verschwunden und taucht nie wieder auf. Warum? Das deutsche Presserecht mit einstweiligen Verfügungen boxt manche Themen aus der Presse.
Kaum veröffentlicht und dann schon verboten? Wie geht das?
Deutsche Presseorgane offline oder Internetseite, die ein ordentliches Impressum haben, können einfach verklagt werden. Manche Unternehmen oder Prominente beschäftigen sozusagen standardmäßig Rechtsanwälte, die immer tätig werden. Die eigene Internetreputation oder die des Unternehmens kann in Deutschland relativ leicht geschützt werden, wenn die Person oder Firma, die die Störungsmaßnahmen veranlasst, namentlich bekannt und greifbar ist. Schwierig wird es bei anonymen Äußerungen oder bei Internetseiten aus dem Ausland. Hier können deutsche Urteile wenig ausrichten.
Es gelten im Presserecht die Grundsätze der Eigenkontrolle und des Übertragungsgrundsatzes im Internet. Das ist einfach, weil der Betroffene oder das Unternehmen einfach kontrollieren muss, was wo veröffentlicht wird. Die Rechtsgrundsätze des deutschen Presserechts gelten auch für Internetveröffentlichungen. Das Presserecht gilt als Expertenrecht: Warum? Weil Demokratie und Rechtsstaat nur durch Informationen funktionieren und auch die Presse- und Meinungsfreiheit geschützt werden. Mit anderen Worten: es gibt ein Spannungsverhältnis. Verboten ganz klar: Lügen, Verleumdungen, Beleidigungen…. es großes Dunkelfeld. Außerdem ändert sich das Presserecht wie die Mode….
Die Waffe – die einstweilige Verfügung
Mit einer einstweiligen Verfügung kann ein Betroffener versuchen eine Berichterstattung zu unterbinden. Dann entscheidet das Gericht zum Beispiel: „dem Internetportal Diebewertung.de wird es bei Strafe bis zu 100 Tausend Euro verboten, weiterhin zu behaupten, dass Rechtsanwalt Klaus Meier seinen Doktortitel zusammengetrümmert hat“.
So eine Eilentscheidung wird von einem Landgericht erlassen, wenn der Betroffene dem Gericht glaubhaft macht, dass das Presseerzeugnis oder Internetseite zu weit gegangen sind. Regelmäßig muss der Unterlegene hohe Kosten tragen und überlegt sich dann zweimal die Veröffentlichungspraxis in der Zukunft.
Welche Rechtspraxis rügt das Bundesverfassungsgericht in den Entscheidungen?
Das Bundesverfassungsgericht äußert sich selten und lehnt in den meisten Fällen eine Entscheidung einfach ab, weil man seitens des Gerichts keine Notwendigkeit der Korrektur anderer Gerichte sieht. Anders aber hier: 1 BvR 1783/17, 1 BvR 2421/17, Ende Oktober 2018
Das Bundesverfassungsgericht findet die Rechtspraxis nicht gut, dass die Pressekammern der Landgerichte häufig einfach einstweilige Verfügungen erlassen, ohne das Presseorgan anzuhören. Außerdem wird es gerügt, dass die Gerichte Klägern helfen würden durch Telefonate mit Antragstellern bei denen rechtliche Hinweise gegeben werden würden. Das sei rechtsstaatlich nicht in Ordnung. Falls rechtliche Hinweise gegeben werden, sollten diese dokumentiert werden und auch der Gegenseite bekannt gemacht werden.
Die schwierige Suche nach der Gerechtigkeit
Das Bundesverfassungsgericht wiederholt im Grunde Selbstverständlichkeiten: Anhörung der Gegenseite (also der Zeitung oder der Internetseite) und keine einseitigen Tipps. Das Bundesverfassungsgericht wirft aber ein Schlaglicht auf die Rechtswirklichkeit in Deutschland: manche Personen und Sachverhalte werden von der Presse gemieden, weil man sich schnell eine Klatsche holen kann. Andere Presseorgane bestehen fast nur noch aus Geschichten und Bilderstrecken im Konsens entstanden sind. Langeweile ist die Folge. ….
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