Prato in der Textilhauptstadt in der Toskana eröffnet sich eine andere Welt.
Italienisches Altstadtflair weicht einer geschäftigen chinesischen Arbeitsrealität. In den Hinterhöfen reiht sich eine Textilfabrik an die nächste. Der Zutritt ist Besuchern verschlossen. Fensterscheiben sind mit Zeitungspapier zugeklebt. Dahinter wird rund um die Uhr gearbeitet. Von der Arbeitsstätte führt eine Treppe in die fensterlosen Schlafräume. Billig-Materialen aus China werden hier zu Kleidung, Schuhen und Accessoires verarbeitet und mit dem Gütesiegel „Made in Italy“ versehen.
Rund 60 Prozent der Ware sind für den Export bestimmt. Händler aus ganz Europa kaufen in der Umgebung von Florenz die Ware ein, die später unter anderem in den Modeboutiquen Wiens landet. In den 1980er-Jahren waren chinesische Einwanderer als billige Arbeitskräfte in italienischen Unternehmen willkommen. Als sie ihr eigenes Business aufbauten, schlug die Stimmung aber um. Chinesische Produzenten konnten die italienische Konkurrenz bald abhängen, da sie billiger und schneller arbeiten. Einheimische Geschäfte mussten hohe Umsatzeinbrüche hinnehmen, während der chinesische Sektor floriert.
Unter geschickter Umgehung der schleppenden italienischen Bürokratie ist ein neuer, wenn auch meist im Untergrund agierender, Wirtschaftssektor entstanden
Kommentar hinterlassen