Chinas Wirtschaft steckt in einer tiefen Krise, die durch langsames Wachstum, schwachen Konsum, sinkende Immobilienpreise und steigende Arbeitslosigkeit geprägt ist. Auch die jüngsten Konjunkturdaten, die am Freitag veröffentlicht wurden, bestätigen den Abwärtstrend. Trotz milliardenschwerer Hilfspakete zur Stabilisierung zeigen sich bisher keine wesentlichen Erholungstendenzen.
Wirtschaftswachstum weiter abgeschwächt
Im Sommer wuchs die chinesische Wirtschaft mit einer Rate von 4,6 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum. Das ist das niedrigste Wachstum seit Anfang 2023 und liegt 0,1 Prozentpunkte unter dem Wert des zweiten Quartals. Angesichts dieser Entwicklung zweifeln viele Experten daran, dass das von Peking ausgegebene Wachstumsziel von fünf Prozent für dieses Jahr erreicht werden kann.
Maßnahmen gegen die Immobilienkrise
Am Tag vor der Veröffentlichung der Konjunkturzahlen hatte die Regierung angekündigt, über 500 Milliarden Euro in den angeschlagenen Immobiliensektor zu pumpen. Die Mittel sollen dazu dienen, unfertige Bauprojekte fertigzustellen und Bestandsimmobilien zu renovieren. Bereits zuvor waren Zinsen für bestehende Immobilienkredite gesenkt und Regeln für den Wohnungskauf gelockert worden.
Die Krise im Immobiliensektor hat das Vertrauen vieler Chinesinnen und Chinesen in den Markt und die Regierung erschüttert. Der Wert zahlreicher Immobilien, in die viele ihre Ersparnisse investiert hatten, ist stark gefallen, was die Konsumlaune weiter dämpft. Viele Menschen sparen derzeit lieber, anstatt Geld auszugeben, was die ohnehin schwache Erholung der Wirtschaft weiter belastet.
Niedrige Inflation und schwacher Außenhandel
Das zurückhaltende Konsumverhalten spiegelt sich auch in den Inflationsdaten wider. Die Inflation sank von 0,6 Prozent im August auf 0,4 Prozent im September. Auch die Handelsdaten blieben hinter den Erwartungen zurück. Sowohl Exporte als auch Importe verzeichneten Rückgänge, was auf geopolitische Spannungen und Handelskonflikte mit den USA und der EU zurückzuführen ist.
Hohe Jugendarbeitslosigkeit und demografische Herausforderungen
Die Arbeitslosigkeit, insbesondere bei jungen Menschen, bleibt ein großes Problem. Die Arbeitslosenquote für die Altersgruppe zwischen 16 und 24 Jahren liegt bei 18,8 Prozent. Hinzu kommt der demografische Wandel, der durch die frühere Einkindpolitik verursacht wurde und das wirtschaftliche Potenzial Chinas langfristig einschränken könnte. Laut Thomas Gitzel, Chefökonom der VP Bank, können die staatlichen Hilfen kurzfristig zwar etwas Stabilität bringen, das langfristige Wachstumspotenzial werde jedoch durch diese strukturellen Probleme gebremst.
Zweifel an der Effektivität staatlicher Maßnahmen
Viele Investoren und Analysten kritisieren die bisherigen Maßnahmen der Regierung als unzureichend. Zwar wurde angekündigt, spezielle Staatsanleihen auszugeben, um den großen staatlichen Banken zu helfen, doch konkrete Zahlen dazu fehlen bisher. Medienberichte sprechen von möglichen zusätzlichen Schulden in Höhe von 774 Milliarden Euro über die nächsten drei Jahre.
Strukturelle Probleme und Überkapazitäten
Die chinesische Wirtschaftsstrategie, die über Jahrzehnte die industrielle Produktion bevorzugt hat, stößt zunehmend an ihre Grenzen. In vielen Sektoren bestehen große Überkapazitäten, was nicht selten zu Fabrikschließungen und Arbeitsplatzverlusten führt. Ein Beispiel ist die Solarzellenproduktion, bei der chinesische Fabriken inzwischen doppelt so viele Solarzellen herstellen können, wie weltweit tatsächlich gebraucht werden.
Risiko eines Teufelskreises
Analysten warnen, dass die chinesische Wirtschaft in einen Teufelskreis aus steigenden Schulden, sinkenden Preisen und zunehmender Zahlungsunfähigkeit geraten könnte. Ohne eine grundlegende Neuausrichtung, die ein Gleichgewicht zwischen Investitionen und Konsum schafft, wird es schwer, den Abwärtstrend zu stoppen. Experten sind sich einig, dass es nicht ausreicht, lediglich weitere Kredite zu vergeben, um die Krise in den Griff zu bekommen.
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