Der Verwaltungsrat des Europäischen Ausschusses für Systemrisiken hat auf seiner Sitzung am 25. Juni 2020 drei Kanäle (Channels) identifiziert, durch die das Corona-Virus das EU-Finanzsystem und seine Fähigkeit, Finanzdienstleistungen für die Realwirtschaft bereitzustellen, erheblich beeinträchtigen könnte.
Erstens könne der schwere wirtschaftliche Schock zu weitverbreiteten Zahlungsausfällen in der Realwirtschaft führen – insbesondere bei Unternehmen und Haushalten, die bereits überschuldet waren und mit Einkommensunsicherheit konfrontiert sind. Zweitens bestünden – obwohl sich die Asset-Preise jüngst erholt hätten – weiterhin Risiken im Zusammenhang mit einer hohen Volatilität auf den Finanzmärkten. Drittens könne das Problem der Staatsverschuldung wieder auftreten. Die drei Quellen des systemischen Risikos seien miteinander verknüpft.
Der ESRB nimmt die Gefahren der Corona-Pandemie schon länger in den Blick (siehe „ESRB: Verluste in der Realwirtschaft beeinträchtigen Stabilität des Finanzsystems zunehmend“, „ESRB beschließt erste Maßnahmen zum Umgang mit systemischen Risiken in der Krise“ und „ESRB beschließt zweites Maßnahmenpaket“) und verfolgt diesen Weg weiter. Er verwies auf seine „Empfehlung zur Überwachung der Auswirkungen der Schuldenmoratorien auf die Finanzstabilität sowie staatliche Garantieregelungen und andere haushaltspolitische Maßnahmen zum Schutz der Realwirtschaft als Reaktion auf die COVID-19-Pandemie“ und entsprechende Ausfüll-Vorlagen für Aufsichtsbehörden.
Vor dem Hintergrund der Liquiditätsrisiken, die sich aus Margin Calls ergeben, wird der ESRB die Struktur des Clearingmarkts in Europa aus Sicht der Finanzstabilität und seine Widerstandsfähigkeit in Stresszeiten analysieren. Im Mittelpunkt dieser Arbeiten stehen laut ESRB die Vernetzung und Konzentration bei der Erbringung von Clearingdiensten durch zentrale Gegenparteien und Clearingmitglieder – auch im Hinblick auf eine verstärkte Marktaktivität.
Darüber hinaus tauschte sich der Verwaltungsrat über das Szenario für den EU-weiten Stresstest der Europäischen Bankenaufsichtsbehörde EBA im Jahr 2021 aus. Eine Insight Note des beratenden Advisory Scientific Committee (ASC) wird in den kommenden Wochen erwartet.
Zur Rolle der Aufsichtsbehörden sagt der ESRB: Sie hätten bislang gemeinsam mit den EU-Organen, Regierungen und Zentralbanken verhindert, dass die Wirtschaftskrise zu einer Finanzkrise wurde.
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