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Daniel Blazek zum Thema Geno eG

geralt (CC0), Pixabay
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Der Insolvenzverwalter über das Vermögen der GENO Wohnbaugenossenschaft eG fordert rückständige Einlagen von Genossen zur Masse. Mit der Begründung, dass die zugrunde liegenden Stundungsregelungen in der jeweiligen Beitrittserklärung und Satzung nichtig sind, bezieht sich dies nicht nur auf die turnusgemäß fälligen und ausgebliebenen Raten bis zur Insolvenzeröffnung, sondern auf sämtliche Zahlungen auf die jeweilige übernommene genossenschaftliche Beteiligung. Entsprechend in Anspruch zu nehmen sind Genossen, die bei Insolvenzeröffnung noch nicht ausgeschieden waren. Verbraucheranwälte greifen dies werblich auf und halten mit unterschiedlichen, eher aus dem Kapitalmarktrecht stammenden Argumenten dagegen.

Als Betroffener sollten Sie bedenken, dass das Genossenschaftsrecht ein spezieller Teil des Gesellschaftsrechts ist, mit eigenem Gesetz (Genossenschaftsgesetz – GenG), ein paar juristischen Kommentaren und einiges an Rechtsprechung. Die klassischen kapitalmarktrechtlichen Ansätze sind eher subsidiär. Aus den bisher geführten GENO-Verfahren ergibt sich, dass das richtige Verständnis von den gesetzlichen Begriffen und Regelungen erheblich ist.

Außerdem sollte bedacht werden, dass die sog. Grundsätze zur fehlerhaften Gesellschaft bzw. des fehlerhaften Gesellschaftsbeitritts gelten; sie sind in der Rechtsprechung gerade in Anbetracht von Genossenschaften entwickelt worden. Die Grundsätze besagen im Wesentlichen, dass derjenige, der sich auf einen fehlerhaften Gesellschaftsbeitritt beruft oder die Gesellschaft kündigt oder Schadensersatz oder eine Rückabwicklung aus anderen Gründen (z.B. Anfechtung wegen arglistiger Täuschung oder Widerruf) geltend macht, sich gerade nicht auf eine Rückabwicklung ex tunc berufen, sondern nur mit Wirkung für die Zukunft (ex nunc) von der Gesellschaft lösen kann. Bis zu diesem Zeitpunkt ist er wie ein (faktischer) Gesellschafter mit allen Rechten und Pflichten zu behandeln. Dies gilt selbst im Fall der Sittenwidrigkeit und der Nichtigkeit; vgl. BGH II ZR 138/08, B. v. 16. März 2009, Gründe II. 2.; BGH II ZR 292/06, B. v. 05. Mai 2008, Gründe III. 2. a); BGH II ZR 109/01, U. v. 16. Dezember 2002, Gründe III. 1.. Diese Grundsätze gelten auch bei fehlerhaftem und sogar bei nichtigem Genossenschaftsbeitritt.

Demzufolge ist es im Gesellschaftsrecht grundsätzlich unerheblich, ob ein Vertrag formwirksam zustande kommt, solange er faktisch in Vollzug gesetzt wurde. Gemäß den Grundsätzen zur fehlerhaften Gesellschaft entstehen Zahlungsverpflichtungen aus dem Vertrag nichtsdestotrotz.

Zu den genossenschaftsrechtlichen Begrifflichkeiten: Der „Geschäftsanteil“ (Oberbegriff) ist eine gesellschaftsrechtlich erhebliche Zahl, ein „Betrag“, siehe § 7 GenG. Er umfasst sowohl den Pflichtanteil, das heißt Einzahlungen auf den Geschäftsanteil, zu welchen jedes Mitglied verpflichtet ist (sich beteiligen muss, § 7 Nr. 1 Fall 2 GenG), als auch auf weitere, freiwillig übernommene Geschäftsanteile (sich beteiligen kann/darf, § 7 Nr. 1 Fall 1 GenG). Also ist der „Geschäftsanteil“, der den statuarischen Pflichtanteil und weitere freiwillige Anteile enthalten kann, der „Höchstbetrag“, bis zu welchem sich das jeweilige Mitglied beteiligen darf (sein individueller Genossenschaftsanteil). Ratenzahlungen wiederum, die grundsätzlich im GenG auch nicht verboten sind, kommen indes nur hinsichtlich § 7 Nr. 1 Hs. 2 GenG in Betracht (Pflichtanteile). Soweit aber weitere Geschäftsanteile über den Pflichtanteil im Sinne von § 7 Nr. 1 Fall 2 GenG („Einzahlungen auf den Geschäftsanteil, zu denen jedes Mitglied verpflichtet ist“) hinaus übernommen werden sollen, gelten die Voraussetzungen bzw. das Verbot des § 15b Abs. 2 GenG. Diese Vorschrift zielt explizit auf die Übernahme eines oder mehrerer „weiterer Geschäftsanteile“ ab. Diese Vorschrift regelt, dass eine Beteiligung mit weiteren Geschäftsanteilen nur zulässig ist – außer bei einer „Pflichtbeteiligung“ (womit nicht der „Pflichtanteil“ gemeint ist) –, wenn zuvor alle Geschäftsanteile bis auf den zuletzt neu übernommenen, voll eingezahlt sind. Mit einer Pflichtbeteiligung wiederum ist gemeint, dass Mitglieder zwingend mehrere Geschäftsanteile übernehmen müssen, was für alle gleichermaßen festgelegt ist; § 7a Abs. 2 GenG.

Soweit laut GENO-Satzung und laut der jeweiligen Beitrittserklärung geregelt ist, dass der Genosse einen (!) Anteil zur Begründung der Mitgliedschaft übernehmen muss (!), ist dies der „Pflichtanteil“. Die „weiteren Geschäftsanteile“, die in Raten geleistet werden, sind freiwillig übernommene. Sie stellen auch keine „Pflichtbeteiligung“ dar, weil sie nicht für jedes Mitglied gleichermaßen statuarisch vorgeschrieben sind, sondern in ihrer Höhe und hinsichtlich der Raten individuell festgelegt werden können.

Bei diesen freiwillig übernommenen Geschäftsanteilen jedoch war die Vorschrift des § 15b Abs. 2 GenG zu beachten (nur zulässig, wenn zuvor alle Geschäftsanteile bis auf den zuletzt neu übernommenen, voll eingezahlt sind). Mit den Ratenzahlungen auf die freiwilligen Anteile wurde bei der GENO Wohnbaugenossenschaft eG jedoch gegen diese Vorschrift verstoßen.

Infolgedessen haben bereits mehrere Landgerichte den jeweiligen Genossen zur Zahlung sämtlicher Genossenschaftsanteile verurteilt. Der Insolvenzverwalter ist gesetzlich gehalten, diese Ansprüche zur Masse zu fordern im Interesse aller Gläubiger. Dabei kann der jeweilige Genosse unter Darlegung seiner wirtschaftlichen Verhältnisse ggf. auch einen Vergleichsschluss anstreben.

Daniel Blazek, Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht, BEMK Rechtsanwälte PartGmbB, Juli 2020.

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