Das will Bitcoin sein. Doch eine neue Studie zeigt, dass die Kryptowährung zu Beginn stark vom Altruismus der ersten User abhing und dass einige wenige von ihnen sehr mächtig waren. Kurz gesagt: Auch Bitcoin „menschelt“.
Wie Bitcoins funktionieren, ist für Außenstehende noch immer recht schwierig zu durchschauen. In den Schlagzeilen dominieren zumeist negative Aspekte, dann wenn Hacker versuchen Lösegeld zu erpressen, um gesperrte Daten wieder freizugeben. Gefordert werden dann im Einzelfall auch mal Millionen von Dollar, eben gezahlt in Bitcoin.
Dass sich Kriminelle von der Kryptowährung angezogen fühlen, ist dagegen kein Wunder. Anonyme oder pseudonyme Handlungen sind dem System von Beginn an eingeschrieben.
Um sie zu ermöglichen, setzten die Schöpfer auf technische Lösungen. Sie wollten den Zahlungsverkehr enthierarchisieren und demokratisieren. Kryptos wollen Geld nicht wie bei konventionellen Währungen mittels Zentralbanken und Münzämtern in Umlauf bringen, sondern dezentral durch die Rechenleistung gleichberechtigter Computer.
Als Kernproblem des üblichen Geldes erachteten die Bitcoin-Schöpfer dabei eine sehr menschliche Eigenschaft: Vertrauen. „Der Zentralbank muss vertraut werden, dass sie die Währung nicht entwertet, doch die Geschichte des Festgeldes ist voll von Verrat an diesem Vertrauen“, heißt es in einem der Bitcoin-Urdokumente. Damit Enttäuschungen dieser Art nicht mehr vorkommen, sollte eine elektronische Währung her, „die auf einem kryptografischen Beweis beruht und kein Vertrauen in Mittelsmänner benötigt“.
Dass Vertrauen speziell in der Gründungsphase von Bitcoin aber eine zentrale Rolle spielte, zeigt eine neue Studie, die ein Team um die Datenforscherin Alyssa Blackburn vom Aidan Lab des Baylor College of Medicine in Houston durchgeführt hat. Die als Preprint erschienene, also noch nicht von der Fachgemeinde komplett begutachtete Arbeit widerspricht einer Reihe von Mythen der Fans von Kryptowährungen.
Allem voran dem Glauben, dass die Schaffung von und Transaktionen mit Bitcoins anonym verlaufen. Die Forscherinnen und Forscher untersuchten Leaks von der zentralen Bitcoin-Datenbank (blockchain) aus den ersten zwei Jahren ihres Bestehens – ab Januar 2009. Aus den rund 320 Gigabyte Daten konnten sie schließen, wer am Erstellen der ersten Bitcoins – im Jargon „Schürfen“ genannt – beteiligt war. Entgegen der Selbstbeschreibung war die Macht der frühen Schürfer äußerst ungleich verteilt – und alles andere als dezentral. Nur 64 Einzelpersonen waren in dieser Frühphase für den Großteil der Handlungen verantwortlich.
„Diese Machtkonzentration ist nicht sonderlich überraschend. Das Originelle der Studie ist aber, dass sie Namen nennt“, kommentiert Beat Weber, Kryptoexperte und Ökonom an der Oesterreichischen Nationalbank (OeNB). Zwei Namen werden konkret genannt, beides verurteilte Kriminelle – auch die anderen der „Bitcoin 64“ könnte das Team um Blackburn enttarnen. „Da unser Ziel war, sozioökonomisches Verhalten zu untersuchen und nicht handelnde Personen aufzudecken, nennen wir keine weiteren Identitäten“, heißt es in der Studie. Die Methode könnten aber Polizei und andere Behörden anwenden, kommentiert die „New York Times“.
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