Die Insolvenzrecht 2021 Änderungen, welche ab dem 01.01.2021 in Kraft treten, sehen vor, dass Unternehmen, die aufgrund der Coronakrise in finanzielle Schwierigkeiten geraten sind und nicht zahlungsfähig sind, auch ohne die Einleitung eines Insolvenzverfahrens sanieren dürfen. Die Bundesregierung beschloss diesbezüglich einen Gesetzesentwurf zur Restrukturierung des Insolvenzrechts.
Laut der Bundesjustizministerin Christiane Lambrecht der SPD können Unternehmen, welche die Mehrheit ihrer Gläubiger von einem soliden Plan einer Sanierung überzeugen, das Sanierungskonzept auch ohne die Einleitung eines Insolvenzverfahrens durchführen.
Der Leiter der Wirtschaftsforschung von Creditreform, Patrick-Ludwig Hantzsch hält den Beschluss für sinnvoll und ist der Meinung, dass dieser noch rechtzeitig zum Auslaufen des Insolvenzmoratoriums kommt. Den Kern des neuen Gesetzes bildet das sogenannte StaRUG. Das ist ein Gesetz zur Stabilisierung und Restrukturierung von Unternehmen. Die Insolvenzrecht 2021 Änderungen sollen zur präventiven Vorsorge vor negativen Entwicklungen neue Instrumente bieten.
Insolvenz das Scham-Thema
Für einen Sanierungsplan waren vor diesem neuen Gesetzt 100 % der Stimmen der Gläubiger notwendig. Nun reichen bereits 75 % der Stimmen aus. Außerdem können innerhalb des Verfahrens laufende Veträge gekündigt werden. Damit die Insolvenz als Chance wahrgenommen werden kann, sind diese im Vergleich zur heutigen Praxis massiven Eingriffe notwendig. Patrick-Ludwig Hantzsch vermutet, dass dahinter auch ein psychologischer Aspekt steckt.
Geschäftsleiter sowie Gesellschafter wollen sich mit dem Thema Insolvenz, welches ein absolutes Scham-Thema für diese darsteller, beschäftigen. Folge davon ist, dass sich Schwierigkeiten stapeln, bis eine Rettung zu spät ist. Durch die Gesetzesänderungen kann Insolvenz als Chance gesehen werden, ohne das Wort Insolvenz zu erwähnen. Laut Patrick-Ludwig Hantzsch senke das den Druck und es kann offener mit einer Restrukturierung umgegangen werden.
Bei den Gläubigern wirft die neue Behandlung von finanziell angeschlagenen Unternehmen jedoch Fragen nach Forderungsausfällen auf. Muss der Kreditor dann leer ausgehen, wenn finanziell geschwächte Unternehmen die Verträge einseitig auflösen können? Für nicht angemessen und nicht durchgängig berücksichtigt im Entwurf halten bspw. die R+V Versicherung sowie dessen Tochter Kravag als wichtige Gläubigergruppe die Sicherungsinteressen von Kautions- und Kreditversicherern. Eine Sprecherin halte den Entwurf in einigen Punkten für nachbesserungswürdig.
Die Zielsetzung des Entwurfs würde nichtsdestotrotz begrüßt werden und man schließe sich dabei an den GDV, dem Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft. Der Grund hierfür sei, dass die Gesetzesänderungen durch einen neuen Rechtsrahmen den Fortbestand insolvenzbedrohter, aber fortführungsfähiger Unternehmen durch frühzeitige Neuordnung sichere.
Gesetzesänderungen nicht für Kleinbetriebe
Das neue Gesetz ist in allen Fällen sehr kompliziert und komplex. Patrik-Ludwig Hantzsch ist der Meinung, dass erst die Anwendung in der Praxis zeigen werde, wie veratungsintensiv das neue Verfahren sein werde. Beratungen sind jedoch stets mit Kosten verbunden, weshalb lediglich größere Unternehmen die neuen Möglichkeiten in Anspruch nehmen können, welche über entsprechende Mittel und notwendigem Know-How verfügen. Laut Patrik-Ludwig Hantzsch seien diese für Kiosks von nebenan eher ungeeignet.
Im März wurde aufgrund von Corona die Pflicht eines Insolvenzantrags ausgesetzt. Im Oktober wurde die Pflicht wieder für zahlungsunfähige Unternehmen in Kraft getreten. Ist ein Unternehmen überschuldet, muss es ab Januar 2021 Insolvenz anmelden, außer im Falle, dass dem Unternehmen eine positive Prognose über dessen Fortbestand attestiert wird. Sprich Unternehmen die trotz Überschuldung noch zahlungsfähig sind, besteht keine Insolvenzantragspflicht. Ab 2021 müssen diese bei Problemen aufgrund Überschuldung wieder Insolvenz beantragen. Die Alternative ist, dass eine Lösung für die Finanzprobleme durch ein von den Gläubigern abgesprochenes Sanierungsverfahren gefunden werden kann.
Anhaltende Pandemiebedingte Schwierigkeiten
Laut Holger Schwannecke, ZDH-Generalsekräter, komme das Gesetzt gerade zur richtigen Zeit. Angesichts der anhaltenden wirtschaftlichen Unsicherheiten aufgrund der Pandemie bräuchten Unternehmen effiziente Sanierungsmaßnahmen noch bevor die Insolvenz eintrift und eine Abwicklung droht. Das Sanierungsverfahren der Regierung sei praxisnah und ausgewogen. Es benötige nur wenige Korrekturen.
Hintergrund
Die europäische Richtlinie 2019/1023 gibt vor, dass Unternehmen ein Verfahren zu Verfügung gestellt bekommen müssen, welches Möglichkeiten bietet, die Schulden innerhalb von maximal drei Jahren zu beseitigen. Bis zum 17.07.2021 muss diese Richtlinie in nationales Recht umgesetzt werden.
Die Bundesregierung hat mit dem Beschluss des Gesetzesentwurfes die Vorgaben der EU-Richtlinie damit umgesetzt. Bisher dauerte das Verfahren im Regelfall bis zu sechs Jahre. Von nun an wird es drei Jahre dauern. Die Richtlinie gilt nicht nur für unternehmerisch tätige Schuldner, sondern wie empfohlen auch für Verbraucher und Verbraucherinnen. Bisher mussten Verbindlichkeiten für die Restschuldbefreiung in einer bestimmten Höhe vom Schuldner getilgt werden. Dies ist nicht mehr erforderlich. Bestimmten Obliegenheiten und Pflichten müssen Schuldner und Schuldnerinnen trotzdem nachkommen, damit eine Restschuldbefreiung erlangt werden kann. Das Nachgehen einer Erwerbstätigkeit bzw. die Bemühung um eine Erwerbstätigkeit zuerlangen kann als Beispiel hierfür dienen. In der sogenannten Wohlverhaltensphase werden Schuldner sowie Schuldnerinnen stärker zur Abgabe von erlangtem Vermögen gebeten. Falls in der Wohlverhaltensphase nicht angemessene Verbindlichkeiten begründet werden, entsteht ein neuer Grund, um eine Restschuldbefreiung zu versagen.
Für Verbraucher und Verbraucherinnen wird die Verkürzung des Verfahrens bis zum 30.07.2025 befristet. Ziel ist die Beurteilung der Auswirkungen des Antrags-, Wirtschafts- und Zahlungsverhalten von Verbrauchern und Verbraucherinnen. Bis zum 20.06.2024 soll dem deutschen Bundestag von der Bundesregierung ein Bericht erstattet werden. Dieser Bericht soll als Grundlage für eine eventuelle Entfristung dienen. In dem Bericht soll auch auf eventuelle Hindernisse hingewiesen werden, welche von den bisherigen Möglichkeiten zur Speicherung von insolvenzrelevanten Informationen von Auskunfteien für einen finanziellen Neuanfang nach der Restschuldbefreiung ausgehen.
Die Verfahrensverkürzung soll nicht zu einer erneuten Verkürzung bei Verschuldung des Schuldners bzw. der Schuldnerin führen. Die Sperrfrist wird deshalb von derzeitig 10 auf 11 Jahre erhöht. In Wiederholungsfällen wird das Verfahren zur Restschuldbefreiung auf fünf Jahre erhöht.
Auf alle Insolvenzverfahren, die ab dem 01.10.2020 beantragt wurden, soll die Verkürzung des Verfahrens zur Restschuldbefreiung auf drei Jahre angewandt werden. Schuldner sowie Schuldnerinnen können demnach auch bei einem wirtschaftlichen Neubeginn unterstützt werden, welche aufgrund von Corona in Insolvenz gehen mussten. Das derzeitige sechsjährige Verfahren soll Monat für Monat verkürzt werden, für Insolvenzanträge, die ab dem 17.12.2019 beantragt wurden.
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