Das Schweizer Rentensystem basiert auf einem Drei-Säulen-Prinzip, das eine umfassende soziale Absicherung für die Bevölkerung bieten soll. Die erste Säule, die Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHV), bildet das Fundament dieses Systems. Sie ist eine staatliche Versicherung und hat das Ziel, den grundlegenden Lebensunterhalt im Alter oder im Falle eines Todes eines Angehörigen sicherzustellen.
1. Die drei Säulen des Schweizer Rentensystems
- Erste Säule: AHV (Alters- und Hinterlassenenversicherung)
Die AHV deckt den Grundbedarf im Alter oder bei Tod des Ehepartners oder eines Elternteils. Sie ist obligatorisch und für alle Einwohnerinnen und Einwohner der Schweiz sowie für alle Erwerbstätigen verpflichtend. - Zweite Säule: Berufliche Vorsorge (BVG, Pensionskasse)
Die zweite Säule dient dazu, den gewohnten Lebensstandard im Alter zu erhalten. Sie ist für alle Arbeitnehmer obligatorisch und ergänzt die AHV. - Dritte Säule: Private Vorsorge
Die dritte Säule ist freiwillig und umfasst individuelle Sparmaßnahmen und Versicherungen, die für zusätzlichen finanziellen Schutz im Alter sorgen.
2. Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHV) im Detail
Die AHV ist eine staatliche Versicherung und wurde 1948 eingeführt. Sie ist der wichtigste Bestandteil der ersten Säule des Schweizer Rentensystems. Sie verfolgt zwei Hauptziele:
- Altersrente
Diese wird ab dem Erreichen des Rentenalters gezahlt und soll den grundlegenden Lebensbedarf im Alter sichern.- Ordentliches Rentenalter:
- Für Männer: 65 Jahre
- Für Frauen: 64 Jahre (wird ab 2025 schrittweise auf 65 Jahre angehoben)
- Es besteht auch die Möglichkeit, die Rente vorzeitig zu beziehen (mit Abschlägen) oder den Bezug aufzuschieben (mit Zuschlägen).
- Ordentliches Rentenalter:
- Hinterlassenenrente
Diese Leistung wird an Hinterbliebene gezahlt, wenn ein Versicherter verstirbt.- Witwen- oder Witwerrente: Ehepartner, die bestimmte Voraussetzungen erfüllen (z. B. Kinderbetreuung), können Anspruch auf eine Rente haben.
- Waisenrente: Kinder eines verstorbenen Versicherten erhalten bis zum Alter von 18 Jahren (oder bis 25 bei Ausbildung) eine Waisenrente.
3. Wer ist AHV-pflichtig?
- Erwerbstätige Personen:
Alle Personen, die in der Schweiz arbeiten, sind verpflichtet, AHV-Beiträge zu zahlen – unabhängig davon, ob sie als Angestellte oder Selbstständige tätig sind. - Nicht erwerbstätige Personen:
Auch Personen ohne Erwerbseinkommen, wie Studierende, Hausfrauen/-männer oder Rentner, müssen AHV-Beiträge leisten, sofern sie in der Schweiz wohnen. Sie zahlen einen Mindestbeitrag. - Grenzgänger:
Personen, die in der Schweiz arbeiten, aber im Ausland wohnen, unterliegen ebenfalls der AHV-Pflicht.
4. Finanzierung der AHV
Die AHV wird durch ein Umlageverfahren finanziert:
- Die aktuell arbeitende Bevölkerung zahlt Beiträge, aus denen die laufenden Renten der älteren Generation finanziert werden.
- Die Beiträge werden von Arbeitgebern und Arbeitnehmern je zur Hälfte gezahlt. Der aktuelle Beitragssatz beträgt 8.7 % des Bruttolohns (4.35 % Arbeitgeber und 4.35 % Arbeitnehmer).
- Selbstständige tragen den vollen Beitragssatz selbst.
Die AHV erhält zusätzlich Finanzmittel aus der Mehrwertsteuer, staatlichen Zuschüssen und anderen Quellen.
5. Rentenhöhe
Die Höhe der AHV-Rente hängt von zwei Hauptfaktoren ab:
- Beitragsdauer: Wer die vollen Beiträge über die gesamte Versicherungsdauer (in der Regel ab 18 Jahren bis zum Rentenalter) leistet, erhält eine volle Rente. Fehlende Beitragsjahre führen zu Rentenkürzungen.
- Durchschnittliches Erwerbseinkommen: Je höher das über die Jahre erzielte Einkommen, desto höher die AHV-Rente – bis zu einer festgelegten Maximalrente.
Im Jahr 2024 liegen die monatlichen Renten wie folgt:
- Minimalrente: 1’225 CHF
- Maximalrente: 2’450 CHF
Ehepaare dürfen zusammen maximal 3’675 CHF (150 % der Maximalrente) beziehen.
6. Leistungen der Hinterlassenenversicherung
Die AHV zahlt Hinterlassenenrenten an Witwen, Witwer und Waisen.
- Witwenrente: Frauen erhalten diese, wenn sie Kinder haben oder zum Zeitpunkt des Todes des Ehepartners mindestens 45 Jahre alt sind.
- Witwerrente: Männer erhalten diese, wenn sie Kinder unter 18 Jahren betreuen.
- Waisenrente: Für Kinder eines verstorbenen Elternteils, bis zum 18. Lebensjahr (oder 25 bei Ausbildung).
7. Aktuelle Herausforderungen und Reformen
Die AHV steht vor großen Herausforderungen, vor allem durch die alternde Bevölkerung. Immer weniger Erwerbstätige müssen die Renten einer wachsenden Zahl von Rentnern finanzieren. Um die AHV langfristig zu sichern, sind in den letzten Jahren Reformen durchgeführt worden, darunter:
- Erhöhung des Rentenalters für Frauen auf 65 Jahre.
- Erhöhung der Mehrwertsteuer, um zusätzliche Mittel für die AHV zu generieren.
- Diskussionen über eine Flexibilisierung des Rentenalters und weitere Anpassungen laufen weiterhin.
Fazit
Die AHV bildet das Fundament der Altersvorsorge in der Schweiz und sichert den Grundbedarf im Alter sowie im Falle des Todes eines Partners oder Elternteils. Sie ist solidarisch aufgebaut: Jeder zahlt ein und erhält im Rentenalter eine Grundsicherung. Durch ihre zentrale Rolle im sozialen Netz der Schweiz steht die AHV jedoch unter Reformdruck, um auch künftigen Generationen eine sichere Rente gewährleisten zu können.
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